Volks(wagen) oder der Populismus der Konzerne

VW will eine neue "Elektroabteilung" aufbauen. Hauptquartier natürlich - Berlin. Noch mehr liebedienerische Vorstände und Manager werden wir im Kanzleramt und Ministerien zu Kreuze kriechen sehen: Ach, nur die letzten 100 Milliönchen noch! Dann schaffen wir den Elektroantrieb.

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Umbauen, entstauben, entrümpeln. So steht‘s jetzt in Zeitungsberichten als Bilanz über die neuen, markigen Worte aus dem Hauptquartier des größten deutschen Autoherstellers, VW.

Das ist so recht nach dem Geschmack der Kompetentesten in der öffentlichen Meinungsäußerung, der grünen Zeitungs- und TV-Leute. Die schreiben und senden schon seit langem Berichte, dass deutsche Autohersteller die Zukunft verpassten, weil sie nicht eifrig genug auf die neue (alte) Technik des Elektroautos setzten. Nur mit der kann man schließlich die Welt vor dem bösen CO2 retten.

Konzernlenker aber müssen zuerst an ihre Unternehmen denken und sehen, was technisch machbar und wofür ein Markt vorhanden ist. Das haben sie bisher nach innen glücklicherweise getan.

Denn zwischen Anspruch und Wirklichkeit klaffen erhebliche Lücken. Es gibt keine grundlegenden technischen Fortschritte in der zentralen Technik des Elektroautos, den Batterien, die einen wie auch immer gearteten „Umbau“ rechtfertigen würden. Er ist in den Forscherstuben auch nicht in Sicht. Neue Wunderbatterien, von denen so viel berichtet wird, sind Glaube und vor allem PR.

Die Fortschritte liegen in vielen Details der Batterietechnik, vor allem in der Fertigung, im Aufbau der Batterie, in der Reduzierung des Innenwiderstandes, in der „Überwachung“ vor allem der Innentemperaturen, um die Brandgefahr zu reduzieren. Kapazitätsgrenzen sind naturbedingt und können nicht auf Befehl erweitert werden.

Ein vollkommen neues Konzept für neue Materialpaarungen, das erst eine deutlich höhere Energiedichte und damit letztlich größere Reichweite des Elektroautos erlauben würde, ist nicht in Sicht. Die Energiedichte bisher verwendeter Lithiumionen-Akkus kann kaum noch höher als 0,15 kWh/kg getrieben werden bei einem theoretisch möglichen Höchstwert von 0,15 kWh/kg. Kohlenwasserstoffe, unter die Benzin und Diesel fallen, haben dagegen einen drastisch höheren Energiegehalt von rund 12 kWh/kg.

Energiedichten von 1 – 5 kWh/kg sind nur mit Metall/Luft-Batterien denkbar: in der Batterietechnik schon hohe Werte, doch immer noch praktisch unbrauchbar gegenüber Benzin und Diesel. Und: Die Dinger halten nicht. Relativ leicht herstellbare Zink/Luft-Batterien erreichen schon bis zu 0,5 kWh/kg, aber die Alterung des Elektrolyten ist das zentrale Problem.

Am Forschungshorizont ist keine, überhaupt keine Lösung für eine entscheidende Steigerung der Kapazität absehbar. Nur die würde eine entscheidende Leistungssteigerung erlauben und damit ein alltagstaugliches Elektrofahrzeug näher rücken lassen.

Noch immer stellt der Antrieb mit Benzin oder Diesel in seiner Effizienz den Elektroantrieb in den Schatten. So schön sich Elektroautos auch fahren – die gesamte „Umweltbilanz“ des „Stromers“ vom Abbau der Rohstoffe bis zur Entsorgung ist auch alles andere als berauschend.

Grundlagenforschung in Sachen Elektrochemie ist notwendig. Die ist – wie jede naturwissenschaftliche Forschung – mühsam, von Fehlschlägen geplagt und wurde in Deutschland vor Jahren schon beerdigt; heute spielt die Musik vor allem in Japan und in den USA.

Wenn weltweit kein Käufer einsieht, warum er ein deutlich teureres Auto mit erheblich weniger Reichweite kaufen soll, ist es ungeschickt, die Welt mit solchen Autos beglücken zu wollen. Das geht nicht lange gut.

Warum also jetzt der elektro-populistische Auftritt des VW-Chefs? Immerhin verfehlt er nicht seine Wirkung auf die Elektroautogläubigen. Breiter Beifall im Blätterwald tut der von diversen Behörden geschundenen VW-Seele gut: Vom gewagten „So kommt VW aus der Krise“ über „VW setzt auf Elektroautos“ bis hin zu einem „VW wagt den großen Sprung“ – das allerdings klingt sehr nach „langer Marsch“, das Ergebnis ist bekannt.

Jetzt soll die neue „Elektroabteilung“ aufgebaut werden. Hauptquartier natürlich – Berlin. Wir werden noch mehr liebedienerische Vorstände und Manager im Kanzleramt und Ministerien zu Kreuze kriechen sehen: Ach, nur die letzten 100 Milliönchen noch! Dann schaffen wir den Elektroantrieb.

Nicht bekannt wurde, mit wie vielen Steuergeldern der Einzug der neuen Elektroabteilung in Berlin versüßt wird. Die Ladenhüter werden jetzt mit Staatsknete verhökert. Die EU-Kommission hat die deutsche Prämienlösung für Elektroautos durchgewunken: Eine „unerlaubte Beihilfe“ für die Automobilindustrie sei in der Kaufprämie nicht zu sehen. Weg frei also für das nächste Milliardengrab.

Fahren täten viele schon wollen, aber dürfen trauen sie sich nicht angesichts sehr magerer Leistungsfähigkeit nicht. Zu teuer – zu geringe Reichweite. Kein Zufall, wenn nur Gutbetuchte sich einen „Stromer“ als Zweit- oder Drittauto zulegen. Für das richtige Autofahren steht das Auto in der Garage. Benötigen die eine Kaufprämie?

VW-Chef Matthias Müller hat leiser zwar, aber immerhin nachgeschoben, dass Verbrennungsmotoren auch in 15 Jahren noch „zwei Drittel des Marktvolumens ausmachen“. Ein wenig Realismus klingt da nach außen durch.

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