Gold – Das Edelmetall im Visier der Spekulanten

Über Gold wird in diesen Tagen wegen des Preisrückgangs viel geschrieben. Das meiste lenkt davon ab, dass das Edelmetall zu den Profiteuren der explodierenden weltweiten Schulden gehören wird.

Börsenkommentatoren machen es sich einfach: Sie verwenden mit Vorliebe Begriffe, die Spannung verheißen. Doch in Wahrheit verbreiten sie überwiegend heiße Luft. Drei aktuelle Beispiele: Amazon erzielt überraschend einen Gewinn. BASF verdient weniger als erwartet. Experten sehen den Goldpreis weiter fallen. Drei Floskeln, drei Mal nichts dahinter: überraschend, weniger als erwartet, Experten. Wer ist überrascht, wer hat was erwartet, wer sind die Experten? Die Antworten bleiben aus, stattdessen wendet sich das Interesse neuen Daten am amerikanischen Arbeitsmarkt zu. Die, heißt es, seien überraschend so robust, dass der Goldpreis darunter leide, weil die erste Zinserhöhung nach langer Zeit den Dollar stärken werde und das Gold damit zu schwächen drohe.

Alles nur ein Jux durchgeknallter Kommentatoren? Ganz und gar nicht, die meinen es mangels besseren Wissens wirklich ernst, frei nach dem Motto: robuster Arbeitsmarkt = bessere Konjunktur = Zinserhöhung = gut für den Dollar = schlecht fürs Gold. Und die sogenannten sozialen Netze sorgen dafür, dass die vermeintlichen Überraschungen, Erwartungen und Expertenmeinungen mit rasender Geschwindigkeit zu den kleinen und großen Börsenspielern durchdringen – auf dass diese je nach Anlagetemperament zu Bonus- oder Discount-Zertifikaten greifen. An denen verdienen dann wenigstens die Banken. Tags darauf lässt der Einkaufsmanagerindex erkennen, dass es um die Konjunktur doch nicht so rosig bestellt ist, und die Anleger schwenken zu Airbag-Zertifikaten über. An denen verdienen wieder die Banken. Die Börsenspieler gehen überwiegend leer aus.

Am Goldmarkt geschah etwas Ungeheuerliches

An dem konstruierten Zusammenhang zwischen dem robusten amerikanischen Arbeitsmarkt und dem Goldpreis lässt sich am besten erkennen, worauf das Spiel hinausläuft: Es soll den Goldmarkt in Bewegung bringen. Denn an relativ ruhigen Goldpreisen, wie sie in den vergangenen Monaten üblich waren, können Banken nicht viel Geld verdienen. Kennzeichnend ist das folgende Zitat aus der Internetseite finanzen.net bei Goldpreisen zwischen 1080 und 1090 Dollar je Unze: „So haben in den vergangenen Tagen die Analysten von Goldman Sachs und Morgan Stanley ihre Kursziele signifikant reduziert. Letztere hält sogar Preise von 800 Dollar für möglich. Mit Goldpreisen im dreistelligen Bereich rechnen auch die Analysten von ABN Amro, Société Générale und DZ Bank.“

Über den Unsinn solcher Prognosen braucht man nicht zu streiten, sie entsprechen dem Blick in die Glaskugel. Ob sie den Goldmarkt zusätzlich in Bewegung bringen werden, ist zwar zu bezweifeln, aber einige Hundertschaften von Spielern können sie durchaus dazu verführen, entsprechende Zertifikate zu kaufen. Falls die Analysten ihre Schularbeiten gemacht haben, wird ihnen nicht entgangen sein, dass am Goldmarkt vorher mit Futures (Terminkontrakten) geradezu Ungeheuerliches geschehen war. Im Internet beschreibt es goldseiten.de wie folgt:
„Es handelte sich um eine offenbar koordinierte Aktion an zwei verschiedenen Börsen. Der erste Crash fand nicht in Shanghai, sondern an der New Yorker Terminbörse Comex statt, als eine so gewaltige Menge an Gold-Futures verkauft wurde, dass die Transaktion gleich zweimal ein automatisches Handelsstopp von jeweils 20 Sekunden auslöste. Kurz darauf erfolgte dann nicht nur der Verkauf von fünf Tonnen des Edelmetalls an der Shanghaier Goldbörse. Fast zeitgleich wurde an der Shanghai Futures Exchange eine weitere enorme Gold-Futures-Transaktion abgewickelt. Erst das Zusammenspiel aller drei Transaktionen konnte den Kurs derart abstürzen lassen und löste damit gleichzeitig eine Welle von Stop-Loss-Verkäufen aus.“

Sind Anleger wirklich zu dumm?

Angenommen, diese Diagnose trifft in Grundzügen zu, warum gibt es dann nicht genug Gegenkräfte, die das niedrige Goldpreisniveau zu Käufen nutzen? Die gibt es, allerdings noch nicht in genügendem Umfang. Anleger in Europa rennen derzeit den Goldhändlern geradezu die Verkaufsräume ein, doch sie kaufen Münzen und Barren nicht gleich tonnenweise. Im Übrigen bauen Spekulanten immer noch ihre in Goldfonds investierten Bestände per Saldo ab. Woher soll also ein Preisschub nach oben kommen? Dazu haben die Ökonomen der Vermögensverwaltung PSM, die vom „Elitereport“ Jahr für Jahr die höchste Auszeichnung „summa cum laude“ erhalten hat, eine dezidierte Meinung: Das weltweite Kreditvolumen betrage aktuell 200.000 Milliarden Dollar, der Wert des weltweit geförderten Goldes dagegen nur 5.300 Milliarden Dollar, entsprechend mageren 2,65 Prozent des Kreditvolumens. Und jährlich komme eine Neuverschuldung in Höhe von 4.000 Milliarden Dollar dazu, immerhin drei Viertel des Goldwerts. Und die Goldmenge lässt sich im Gegensatz zu den beliebig vermehrbaren Schulden nicht mal eben nach oben puschen.

Sind Anleger zu dumm, um im Bewusstsein solcher Zahlen nicht den Großteil ihres Geldes in Gold anzulegen? Welche Anleger? Spekulanten, die an den Terminbörsen mit Futures handeln, verhalten sich prozyklisch. Sie sind am schnellen Geld interessiert, ganz egal, ob der Goldpreis steigt oder fällt; die Verschuldung der Welt spielt sich bestenfalls in ihren Hinterköpfen ab. Ähnliches gilt für die meisten Banker; für sie ist Gold in Tresoren totes Kapital, an dem sie kaum etwas verdienen können. Und private Anleger? Wie erwähnt, kaufen die einen Gold, weil es jetzt preiswert zu haben ist. Doch die Mehrzahl von ihnen wird durch die vielen negativen Schlagzeilen eher abgeschreckt. Dieses Phänomen ist typisch für jede Börsenentwicklung.

Reichlich Gold kaufen!

Was lernen wir aus all dem? Erstens, dass der jüngste Rückgang des Goldpreises überwiegend auf Termingeschäften beruht, die von heute auf morgen die Richtung ändern können. Zweitens, dass der Preisrückgang im Zusammenhang mit negativen Schlagzeilen den Großteil der privaten Anleger verunsichert. Drittens, dass ein Edelmetall, dessen Wertschätzung sich über Jahrtausende und über alle fünf Kontinente erstreckt, einen inneren Wert hat, der im Zuge der weltweiten Verschuldung auf Dauer nur steigen kann. Und viertens, dass der nächste nachhaltige Preisanstieg nur eine Frage der Zeit ist. Fazit: Sukzessive kaufen, und das bitte reichlich!

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