Drei Warnungen und die Konsequenzen für Anleger

Die Schuldenwirtschaft gerät in die heiße Phase, die Eurokrise ist ein Teil von ihr. Wenn schon das kleine Griechenland für so viel Aufregung sorgt, was mag da bald noch kommen? Eine aktuelle Analyse.

Börsianer wissen ebenso wenig über die Zukunft wie Banker oder Politiker, Architekten oder Tierärzte. Aber manchmal scheinen sie sogar hellseherische Fähigkeiten zu besitzen. Wie am vergangenen Freitag, als sie Aktien in luftige Höhen und Anleihen in den Keller beförderten. Denn damit nahmen sie das vorweg, was am Sonntag auf der Tagesordnung der Euroländer stand: Lieber einen faulen Kompromiss schließen, als die Griechen und die mit ihnen sympathisierenden Italiener oder Franzosen vor den Kopf zu stoßen. Also ließe sich daraus voreilig schließen: Aktien hui (weil man ihnen im nahenden Zeitalter der politisch initiierten Geldentwertung wenigstens einen Rest an Sachwert- bzw. Schutzfunktion zubilligt), dagegen Anleihen pfui (weil ihre Kurse wegen der Geldentwertung abzustürzen drohen). Doch ganz so einfach ist das nicht, wie wir nachher sehen werden.

Interessanterweise haben sich am Freitag gleich zwei amerikanische Finanz-Koryphäen mit Warnungen vor einem Anleihencrash zu Wort gemeldet: Larry Fink, Boss des zurzeit mächtigsten Vermögensverwalters der USA, und Bill Gross, Chef des Janus Fund. Wer eins und eins zusammenzählt, erinnert sich in diesem Kontext bestimmt noch an eine Warnung von EZB-Präsident Mario Draghi, bezogen auf Euroanleihen, ausgesprochen am 3. Juni: „Eine Lektion ist, dass wir uns an Perioden mit größeren Kursausschlägen gewöhnen müssen.“

Die Anleihenblase droht zu platzen

Fink, Gross, Draghi – das reicht, um ihre Warnungen und damit die Gefahr für Anleihen hüben wie drüben ernst zu nehmen. Zumal die Bewertung weiterhin schwindelerregend ist. Dazu zwei Beispiele: Zehnjährige US-Staatsanleihen rentieren aktuell mit 2,35 Prozent. Zum Vergleich der Bewertung von Anleihen und Aktien zieht man üblicherweise das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) heran. Es ergibt sich für Anleihen, indem ihr Rückzahlungskurs (100 Prozent) durch den Nominalzins geteilt wird. Das führt in diesem Fall aus Anlegersicht zu uninteressanten, weil zu hohen KGV-Ergebnissen. Anhand welcher Indizes man das amerikanische Aktien-KGV auch immer messen mag, es liegt allemal weit darunter. Nun zu zehnjährigen Bundesanleihen. Ihre aktuelle Rendite beträgt 0,72 Prozent, ihr KGV ist lächerlich hoch. Dagegen liegt das deutsche Aktien-KGV je nach Berechnungsmodus nur irgendwo zwischen 12 und 18.

Aus den Rechenbeispielen lassen sich verschiedene Schlüsse ziehen. Die beiden wichtigsten: Anleihen sind hoffnungslos überbewertet, Bundesanleihen noch viel mehr als US-Staatsanleihen. Und weil die Überbewertung einer Blase entspricht, die jeden Tag platzen kann, erscheint es opportun, die Folgen für andere Anlageklassen unter die Lupe zu nehmen, vornehmlich für Aktien, Wohnimmobilien und Gold.

Die Zeit der Immobilien-Schnäppchen ist vorbei

Jemand könnte auf die verrückte Idee kommen, dass das KGV der Aktien sich dem der Anleihen zumindest bis zu einem gewissen Grad von unten nach oben annähert. Das hieße, der Deutsche Aktienindex würde sich verdoppeln oder noch mehr. Verrückt ist das deshalb, weil die Annäherung des KGV der Anleihen an das der Aktien von oben nach unten die viel wahrscheinlichere Variante ist – siehe Draghis Warnung. Außerdem sind steigende Anleiherenditen immer schon Gift für die Kurse der Aktien gewesen, weil sie in Konkurrenz zu deren Dividenden stehen. Rückläufige Aktienkurse dürften spätestens dann an der Tagesordnung sein, wenn das internationale Kapital sich von der deutschen Börse verabschiedet, und sei es nur wegen der im Vergleich zu Deutschland viel höheren amerikanischen Anleiherenditen.

KGV-Überlegungen erscheinen auch angebracht, wenn es um vermietete Wohnimmobilien geht. Ihr Preis entspricht dem Kurs von Aktien, ihre Jahresmiete dem Gewinn. Beträgt zum Beispiel der Preis einer mittelgroßen Eigentumswohnung in bester Lage 500.000 Euro und die Jahresmiete 15.000 Euro, stellt sich das KGV auf 33,3. Für weniger gute Lagen zahlt man zwar weniger, aber ob das KGV dann günstiger ausfällt, muss im Zeitalter der Mietpreisbremse bezweifelt werden. Außerdem ist zu beachten, dass die Anschaffungskosten nicht allein wegen der bis zuletzt gestiegenen Preise, sondern auch wegen der in den meisten Bundesländern erhöhten Grunderwerbsteuer erheblich an der Miete nagen. Daraus folgt: Nur noch ausgesprochene Kenner bestimmter Lagen finden heute Immobilien-Schnäppchen, während Laien sich auf ihre selbst genutzte Immobilie beschränken sollten.

Gold wird als Antipode zu Staatsanleihen interessant

Mit dem Gold ist es so eine Crux. Es wirft zwar keine Zinsen ab, ist aber der klassische Antipode zum sogenannten Papiergeld, dessen Wert – gemessen an der Kaufkraft – stetig zurückgeht. Sein Preis hat sich in letzter Zeit trotz des einen oder anderen Hüpfers tendenziell beruhigt. Es bleibt dabei, dass viel Nachfrage aus asiatischen Ländern kommt, während im Westen vor allem die Amerikaner mit Käufen knausern. Bundesbank-Präsident Jens Weidmann hat das Motiv für die Geldanlage in Gold neulich aus Anlass eines Interviews mit gleich drei europäischen Zeitungen wie folgt treffend beschrieben:
„Richtig ist, dass Gold in den Augen vieler eine Krisenanlage darstellt, weil hier keine Forderungen gegenüber Dritten aufgebaut werden, wie etwa beim Kauf von Staatsanleihen oder anderen Schuldtiteln. Deswegen wird gerade in Zeiten hoher Unsicherheit mehr Gold nachgefragt.“ Beurteilen Sie selbst, inwieweit wir es gerade mit unsicheren Zeiten zu tun haben. Jedenfalls steht so viel fest: Dass sich das ganze Währungslamento schon seit mehr als fünf Jahren und verstärkt seit einem halben Jahr ausgerechnet um das kleine Griechenland dreht, lässt nichts Gutes für den Fall ahnen, dass nun auch Frankreich und Italien ein wenig auf die griechische Linie umschwenken. Fazit: Mischung macht’s, Gold gehört in derart unsicheren Zeiten als Antipode von Staatsanleihen und anderen Schuldtiteln dazu.

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