USA und Katar weisen EU in die Schranken

Während die ehemalige Außenministerin Annalena Baerbock auf der Klimakonferenz COP30 zum Kampf gegen den temperaturbedingten Weltuntergang aufruft, wird Brüssel auf Druck der USA und Katar klimapolitisch in die Schranken gewiesen.

picture alliance / Anadolu | COP 30 Press Office / handout

Der 13. November 2025 könnte ein Wendepunkt in der Geschichte der Europäischen Union gewesen sein. Möglicherweise wurden wir zu Zeugen des Anfangs vom Ende des europäischen Klimasozialismus.

Medial wurde der Tag im Parlament in seiner Bedeutung entschärft, indem der Fokus der Berichterstattung auf die Neuregelung des Lieferkettengesetzes gelenkt wurde, während sich Fundamentales auf anderer Ebene ereignete.

Man kann es politisch nicht hoch genug hängen, vielleicht sollte man gar von einer Singularität in der jüngeren EU-Politik sprechen: Das Europaparlament gab den Weg frei, die Berichtspflichten für Unternehmen im Rahmen der Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD) sowie die sogenannten Sorgfaltspflichten (CSDDD) drastisch aufzuweichen. Der unaufhaltsame Weg in das Klimadiktat wurde jäh zum Halten gebracht.

Das Ende der ESG-Fabrik

Die Verfechter der ESG-Doktrin, nach der die Privatwirtschaft vom Gesetzgeber dazu gezwungen wird, die in Parteizirkeln flottierenden Umwelt- und Sozialstandards in die Unternehmensführung einzuweben, erlebten ihren ersten herben Rückschlag.

Die Berichtspflichten und Sorgfaltspflichten für Unternehmen wurden derart abgemildert, dass die zuvor vorgeschriebene Ausarbeitung klimakompatibler Übergangspläne auf Unternehmensebene künftig entfällt. Die Verantwortung für Verstöße gegen die noch bestehenden Regelungen liegt nun wieder auf nationaler Ebene und nicht mehr bei der Brüsseler Behörde, wodurch multilaterale Lieferketten von massiven Kontrollen befreit werden – die Wirtschaft kann sich ein Stück weit aus dem Klammergriff der Regulatoren befreien.

Für Unternehmen aus der fossilen Energiebranche eröffnen sich neue Marktanreize: Exportgeschäfte nach Europa lassen sich einfacher abwickeln, da regulatorische Hürden gesenkt und bürokratische Berichtspflichten drastisch abgebaut wurden.
Insgesamt sorgt die Anpassung dafür, dass Unternehmen ihre Lieferketten flexibler gestalten können, Investitionen in erneuerbare oder CO₂-neutrale Projekte weniger zwingend sind und europäische Märkte wieder attraktiver für Exporteure fossiler Energie werden.

Einbruch der Realität

Die EU-Kommission sah sich zuletzt wachsendem Druck sowohl aus Washington als auch vom wichtigen Flüssiggaslieferanten Katar ausgesetzt. US-Handelsminister Howard Lutnick rief bereits vor Monaten US-Konzerne dazu auf, das europäische ESG-Regelwerk schlanker Hand zu ignorieren, sollte es Betriebsabläufe entscheidend hemmen – ein offener Affront gegenüber Ursula von der Leyen, die sich gern als moralisch überlegene, unantastbare Hüterin des EU-Handels inszeniert.

Gemeinsam initiierten beide Kräfte eine Offensive, um das klimapolitische Abwehrbollwerk Brüssel zu Fall zu bringen, wo man sich offenkundig in einem Zustand kognitiver Dissonanz verhakt hatte und die unübersehbare Drift geopolitischer Macht nicht wahrhaben will.

Wir sind in die Epoche der Ressourcendominanz eingetreten. Und Europa bezieht rund 60 Prozent seiner notwendigen Energie aus dem Ausland. Sein widersinniger Krieg gegen grundlastfähige Energieträger wie Kernkraft und Kohleverstromung hat die Abhängigkeit verschärft.

In Brüssel und den EU-Filialhauptstädten wird man nun lernen müssen, was es heißt, als ressourcenschwacher Handelspartner in Verhandlungssituationen einzutreten, in denen für jedermann sichtbar auch die Kapitalbasis Europas durch die EU-Politik massiv geschwächt wurde.

Europa hat seine angestammte dominante Position verloren. US-Präsident Trump stellte in der Verhandlungsrunde mit der EU bloß ins Fenster, was hinter verschlossenen Türen längst allen klar war.

Am Ende siegt die Angst vor der Straße

Letzten Endes war Brüssels Kniefall vor Washington die logische Konsequenz dieser Abhängigkeit. Die postkoloniale Extraktionsära – als Frankreich günstig an Uran gelangte oder Europa im Nahen Osten seine Dominanz ausspielte – gehört endgültig der Vergangenheit an.

Andere Kräfte, die ressourcenstarken Regionen dieser Welt, geben nun den Ton an. Europa wird sich fügen müssen, Allianzen suchen. Es muss ökonomisch robuster werden, wenn es in der Zukunft eine Rolle spielen will. Sein Weg in den Ökosozialismus war eine Illusion, die nun zerplatzt ist. Deutschlands Krise, die beschleunigte Deindustrialisierung, ist nur der Anfang, eine Momentaufnahme der ökonomischen Neuordnung der Welt.

Am Ende siegte die Angst der Politik vor der Straße: Ein Europa, dem regelmäßig Blackouts drohen, wäre schlicht nicht mehr regierbar.

Baerbock bespielt das Klimatheater

Während in Brüssel längst die Realität Einzug hält und die Verantwortlichen zu ersten Konzessionen gezwungen sind, gibt sich die ehemalige deutsche Außenministerin Annalena Baerbock – inzwischen Präsidentin der UN-Generalversammlung – weiterhin als unerschütterliche Hauptdarstellerin im ernüchterten Klimatheater.

Am Samstag trat Baerbock in Belém in Brasilien beim großen Klimatheater COP30 auf, sichtlich bemüht, dem lahmenden Klimaclub wieder Beine zu machen.

Baerbock erklärte mit maximaler Emphase und im Ton der Klimapredigerin, die Klimakrise sei „die größte Bedrohung unserer Zeit“. Rund „3,6 Milliarden Menschen, also beinahe die Hälfte der globalen Bevölkerung“ seien „gegenwärtig durch die Folgen des Klimawandels stark gefährdet“. Dürren, Überschwemmungen, Extremhitze und die daraus resultierende Versorgungsunsicherheit verstärkten den „Teufelskreis aus Hunger, Armut, Vertreibung, Instabilität und Konflikten“.

Ein wenig Klima-Apokalyptik im Thunberg-Stil, dargeboten vor ausgesuchtem Publikum – Klimaprofiteure unter sich. Von den angeblich 3,6 Milliarden Darbenden dürfte sich niemand für den Klimaclub interessieren, sofern er nicht an dessen Subventionsmechanismus gekoppelt ist.

Niemand bezweifelt, dass drastische Klimaveränderungen im Verlauf der Menschheitsgeschichte immer wieder zu massiven Verwerfungen führten – zu Völkerwanderungen, Not und Elend. Doch es ist höchste Zeit, den aktuellen CO2-Klimazirkus zu beenden, jenes Karussell, das sich um eine künstlich konstruierte Welt dreht, die mit der realen Lebenswelt der Menschen verschwindende Schnittmengen teilt.

Das Klimabusiness wurde als klassisches Insider-Outsider-Modell konstruiert. Die Profiteure der Klimasubventionsmaschine erdulden die bisweilen bizarr, infantil wirkende Weltenretter-Attitüde von Baerbock und anderen Symbolfiguren der Abzockerbewegung oder treten gar affirmativ an deren Seite.

In diesem Sinne könnte Baerbock tatsächlich als eine Botschafterin von Vereinten Nationen gelten – nämlich derer, die an der Konstruktion der globalen Klima-Extraktionswirtschaft mitwirken. Sie betreiben eine Politik, die wissentlich und willentlich Gesellschaften destabilisiert.

Die doppelte Moral der grünen Extraktionspolitik

Möglicherweise kann Baerbock den von der COP30 eingeladenen indigenen Teilnehmern, die gegen die Abholzung des Regenwaldes protestierten, erläutern, weshalb ihre grüne Lobby in Europa ganze Wälder niederlegt, um unökonomische Windmühlen an deren Stelle zu setzen.

Bei der Gelegenheit könnte die ehemalige Außenministerin auch ein ökonomisches Seminar darüber abhalten, wie genau die systematische Steuerabzocke der produktiven Teile der Gesellschaft – die zu nichts anderem führt als zu Armut und zur Verlagerung von Produktion an andere Standorte – die globale Temperatur senken soll.

Baerbocks moralische Durchschlagskraft dürfte durch den schrittweisen Rückzug der Brüsseler Klimakirche gelitten haben. Katar und Washington müssen sich nicht freikaufen. Aber der kleine Bäckerei-Betrieb um die Ecke wird bis zur Betriebsaufgabe mit Klimaabgaben zur Ader gelassen.

Nach innen treten, nach außen buckeln. Das ist die neue Strategie der EU-Politik.
Denjenigen, die es immer noch nicht wahrhaben wollen, sei es noch einmal in aller Deutlichkeit gesagt: Es geht in diesem Kampf gegen die Mittelschicht nicht um die Rettung des Weltklimas. Es geht um die vom Gesetzgeber legitimierte und von willfährigen Unternehmen exekutierte Extraktion unseres Vermögens. Und die USA haben dieser Praxis zum wiederholten Male die rote Karte gezeigt.

Um es mit Baerbocks Worten zu sagen: Die USA zwingen die EU zu einer klimapolitischen 360 Grad-Volte.

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Kommentare ( 9 )

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horrex
26 Tage her

Ach Gottchen, nee,
hab grad Apoclypse und Eukalyptus verwechselt 😉

Sonny
29 Tage her

baerbock ist längst erledigt, genauso wie ihre Klimasekte.
Sorgen wir dafür, dass die politisch nie wieder ein Bein auf den Boden bekommt.

Manfred_Hbg
1 Monat her

Zitat: „Um es mit Baerbocks Worten zu sagen: Die USA zwingen die EU zu einer klimapolitischen 360 Grad-Volte.“

> Und das ist auch gut so. – Bleibt dann noch zu hoffen, dass das Leyen’sche EU-Brüssel nun auch noch bezüglich deren Überwachungs- und Zensurträume in die Schranken gewiesen wird.

Waldschrat
1 Monat her

Vielleicht kann die Ex-Außenministering den Dorfbewohnern in manchen Regionen Brasiliens (z.B. Cerrado) erklären, warum ihre Dörfer für Eukalyptus-Plantagen weichen sollen und damit Sümpfe trocken legen, die Lebensraum eines artenreichen Ökosystems sind, den Grundwasserspiegel absenken, Gewässer dadurch trockenfallen. Nach wenigen Jahren wird aus dem Eukalyptus Holzkohle gewonnen und daraus sogenannter „Grünerr Stahl“. Gewinner sind einige wenige, in Europa und Brasilien, dort meist auch ausländische Konzerne. Alles unter dem Vorwand Klimaschutz. Das ist an Bigotterie nicht zu überbieten. Und wir bezahlen den ganzen Schmarrn mit unserem Steuergeld.

Mausi
29 Tage her
Antworten an  Waldschrat

Ja. Eukalpthus ist ein hochproblematischer Baum. Er ist invasiv. Kommt ursprünglich aus Indonesien und Australien. Trocknet den Boden bis in große Tiefe aus, seine Öle brennen gerne, bietet keinen Lebensraum für heimische Tierarten. Vor allem ist er auch deswegen problematisch, weil er als invasive Art nicht einfach gefällt werden kann und weg ist der Baum. Er treibt nämlich willigst aus den unterirdischen Teilen wieder aus.

Waldschrat
29 Tage her
Antworten an  Mausi

In vielem haben Sie recht, allerdings ist der Eukalyptus nicht wirklich invasiv. Das würde bedeuten, er breitet sich von alleine aus. Das tut er nicht. Er wird ganz gezielt vom Menschen angepflanzt, egal, ob in Südeuropa oder Südamerika oder anderswo. Bei den Plantagen in Brasilien handelt es sich um Monokulturen, grässlich anzusehen, da fliegt kein Insekt, da hört man keinen Vogel mehr.

Reimund Gretz
1 Monat her

Das sollte jedem klar werden, also sagt es weiter. „Offener Brief an Deutschland“ @bundeskanzler #Merz hören Sie doch endlich auf nur #Phrasen zu verbreiten! Sie geben etwas vor zu tun, zu dem Sie in dieser #Koalition nicht in der Lage sind! Zur Lage der Nation!: In Deutschland geht es um das #Ganze, um die #Zukunft des Landes! Viel zu lange wurden keine, oder Fehlentscheidungen getroffen wir haben keine Zeit mehr, wenn das Land den Anschluss an die Welt nicht verlieren will. Wir können uns keine weiteren Fehlentscheidungen leisten, uns nicht ständig im klein, klein verlieren und vor allem können Entscheidungen… Mehr

Jens Frisch
1 Monat her

Dürren, Überschwemmungen, Extremhitze […]„Teufelskreis aus Hunger, Armut, Vertreibung, Instabilität und Konflikten“
Oh Gott – wir müssen alle sterben – gefühlt seit 40 Jahren, vom Ozonloch, saurer Regen, Corona und Klima war irgendwie auch schon immer:
Könntet ihr bitte mal verbal abrüsten?
https://www.youtube.com/watch?v=PrV5vy2TZM8

CasusKnaxus
29 Tage her
Antworten an  Jens Frisch

Ideologen lieben Apocalyse Now – Szenarien, ist deren Droge. Die brauchen das, sonst rien ne va plus. Zauber aus.