Bundesheer-Experte widerspricht Selenskyj: 200.000 Soldaten sind ausgefallen

Personal- und Munitionsmangel sind die Hauptprobleme der Ukraine. Es starben deutlich mehr Soldaten, als Selenskyj zugegeben hat, die meisten davon durch Artillerie, sagt Militärexperte Major Albin Rentenberger. Die russische Übermacht könnte die Ukraine zu mehreren Rückzügen zwingen.

IMAGO / SOPA Images
Wolodymyr Selenskyj, Kiew, Ukraine, 25. Februar 2024

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach kürzlich erstmals von 31.000 getöteten ukrainischen Soldaten. Diese Zahl ist wohl zu niedrig. Beim österreichischen Bundesheer geht man von 70.000 gefallenen Soldaten auf ukrainischer Seite aus. Insgesamt seien 200.000 ausgefallen. 130.000 wurden entweder verletzt, oder sie sind vermisst oder Kriegsgefangene. Das berichtet der Militärexperte Major Albin Rentenberger von der Wiener Landesverteidigungsakademie nun im ORF.

300.000 russische Soldaten ausgefallen

Bei den Russen dürften 300.000 Soldaten ausgefallen sein, von denen 100.000 gestorben sind. Also sowohl bei Russland als auch bei der Ukraine sind etwa ein Drittel aller ausgefallenen Soldaten im Krieg getötet worden.

Angesichts der russischen Übermacht ist das ein für die Ukraine ungünstiges Verhältnis: Auf einen ausgefallenen ukrainischen Soldaten kommen „nur“ 1,5 russische.

70 bis 80 Prozent der Ausfälle durch Artillerie

Neben dem Personalmangel ist der Artilleriemangel das nächste Problem Kiews – und es verstärkt die Engpässe an der Front zusätzlich, denn: „70 bis 80 Prozent der Ausfälle sind durch Artillerie verursacht“, berichtet Major Rentenbacher. „Deshalb sprechen wir auch von einem Krieg der Artillerie.“ Russland würde 10.000 Granaten am Tag verschießen. „Dem kann die Ukraine nur 2000 entgegenhalten. Dieser Artillerie-Munitionsmangel ist ein ganz großes Problem für die Ukraine im Jahr 2024.“

Die Ukraine wurde damit klar in die Defensive gedrängt. Angesichts der Übermacht der Russen bei Artillerie und Soldaten werde die Ukraine heuer wohl den ein oder anderen Verlust von Territorium in Kauf nehmen, sagt der Militärexperte. Sie werde sich auf Stellungen zurückziehen, von denen aus sie sich besser verteidigen kann.

Wo sind junge Soldaten?

Europa hat mittlerweile in die Waffenindustrie investiert. Bis zum Jahresende könnten wieder vermehrt Waffen und Munition in der Ukraine eintreffen. Doch das Personalproblem könnte möglicherweise noch gravierender sein. Seit der Invasion vor zwei Jahren haben sechs Millionen Ukrainer das Land verlassen. Unter ihnen sind zahlreiche Männer zwischen 20 und 40 Jahren. Das spiegelt sich in der Bevölkerungspyramide mittlerweile wider. Es fehlt vor allem an knapp über 20-jährigen Männern und Frauen.

Auch Russlands Demographie ist auf Dauer ungünstig für einen jahrelangen Abnützungskrieg, doch bei Kiew ist der Einschnitt noch stärker. Da wird die Mobilisierung weiterer Männer natürlich schwierig.

Der Beitrag ist zuerst auf exxpress.at erschienen.

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Kommentare ( 45 )

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joly
1 Monat her

Die menschliche Ressource liegt auch im Argen, weil die Ukrainerinnen wohl zu häufig für westliche Familien geboren haben. Zu Hunderten lagen diese bestellten und geborenen Säuglinge in den Gebärstationen, weil sie nicht abgeholt wurden. Schon vergessen? Und heute sind diese gebärfähigen Frauen in den westlicheren Gefilden und gebären wieder keinen Nachwuchs für die Ukraine. Der wäre für den Wiederaufbau aber dringend erforderlich.

Wilhelm Roepke
1 Monat her

Tja, die Verhandlungsvariante wird immer wahrscheinlicher, denn wenn keiner mehr zum Kämpfen übrig ist, müssen die Herrschaften halt doch miteinander reden, so schmerzhaft das für die Ukraine auch ist.

Thomas
2 Monate her

Ist auffällig wie viele Opas (50-60 vom Aussehen her) an der ukrainischen Front sind. Einen Krieg führt man normalerweise mit jungen Männern zwischen 18 und 25. Wenn die weg sind ist der Krieg meistens verloren.

Fatmah
2 Monate her

Deutschland hat 1989 den 2 Plus 4 Vertrag mit Frankreich, Großbritanien, Russland und den USA geschlossen. Und 35 Jahre später führt Deutschland Krieg gegen einen der Vertragspartner in dem dessen Kriegsgegner mit deutschem Geld und Waffen gepimpt wird? Einen Krieg der uns analog zu USA/Syrien , Großbritanien/Argentinien, Sowjetunion/Afghanistan, USA/Irak gar nichts angeht aber als „unser Krieg“ verkauft werden soll, in dem Bürger einer Kriegspartei hier besser gestellt werden als EU Bürger? Wo bitte wurde hier falsch abgebogen?

joly
1 Monat her
Antworten an  Fatmah

Es wäre eine gute Idee mal hinzu zufügen, dass dieser Vertrag Deutschland verbietet mit Waffen ohne UN-Genehmigung in einem Krieg tätig zu werden. Russland könnte nun diesen Vertrag wegen Vertragsbruch durch Deutschland kündigen. Die Konsequenzen wären irre fatal. Die Rückabwicklung aller Verträge und die Teilung Deutschlands.

Altchemnitzer
2 Monate her

Der Mangel an Soldaten ist beherrschbar. Macron wied die männliche Bevölkerung Frankreichs für das sterben in der Ukraine motivieren.

joly
1 Monat her
Antworten an  Altchemnitzer

nun in den Banliös hat Macron massenhaft aggressive und überflüssige Jungmänner als Kanonenfutter. Erst danach müsste er die Legion etrangere einsetzen und dann erst seine Armee. Da kann man leicht eine dicke Lippe riskieren. Abgesichert ist er ja auch noch – durch seine Frappe de Force.

Urbanus
2 Monate her

Was macht eigentlich die ehemals wichtigste Frau der westlichen Hemisphäre, Angela Merkel. Wo ist eigentlich der Papst, der Pontifex, der Brückenbauer. Der Abgesandte Gottes auf Erden. Das kann nicht wahr sein.

Johny
2 Monate her

Habe immer nach den Sinn gesucht, das viele junge kampferfahrenen Männer aus Kriegsgebieten geholt worden. Jetzt ist alles klar.

Brauer
2 Monate her

Soviele Menschenleben für durchgeknallte Verbrecher-Politiker auf allen Seiten!
Stoppt den Wahnsinn endlich!

Britsch
2 Monate her
Antworten an  Brauer

Helmut Schmidt sagte z.B öfter in etwa „lieber 100Stunden ergebnislos verhandeln auch wenn dadurch nur die Abgabe eines Schusses verhindert werden kann“

AndreasH
2 Monate her

Die genannten österreichischen Zahlen decken sich mit den US-Schätzungen. Auch dort geht man von ca. 200.000 ukrainischen Ausfällen (Casualties) aus, davon 70.000 Tote. Man geht jedoch von etwas höheren russischen Verlusten aus nämlich 315.000, während die Briten 350.000 Verluste bei den Russen sehen. In jedem Fall sind es fürchterliche Zahlen, aber die Ukraine ist im Recht und kann solange weiter ihr Territorium verteidigen und versuchen, es zurück zu erobern, wie es ihr beliebt.

Michael Palusch
2 Monate her
Antworten an  AndreasH

Man geht jedoch von etwas höheren russischen Verlusten aus Das wäre dann wahrscheinlich das erste Mal in der Militärgeschichte, dass der Verteidiger (Stichwort: Gegenoffensive) höhere Verluste hätte als der Angreifer. Alles was von Russland bisher eingenommen wurde, ob Mariupol oder jetzt Awdejewka, fiel durch die Blockade der Rückzugs- und Versorgungswege der ukrainischen Armee. Auf die Eroberung durch Strassenkämpfe mit hohem Blutzoll wurde dabei auf russischer Seite wohlwissend verzichtet und die ukrainische Gegenoffensive verpuffte mit katastrophalen Verlusten an Mensch und Material an den dichtgestaffelten russischen Verteidigungslinien. Ich erinnere nur daran, dass vor noch nicht allzulanger Zeit im Gespräch war, wehrfähige ukrainische… Mehr

Bambu
2 Monate her

Immer wieder sagen Militärexperten, dass dieser Krieg nicht zu gewinnen ist und politisch beendet werden muss. Jeder einzelne Tag mehr ist ein weiterer Tag sinnlosen Sterbens auf beiden Seiten. Wenn Macron tatsächlich Bodentruppen entsenden wird oder sich gar die NATO einmischt, dann haben wir schneller einen Atomkrieg als uns lieb ist. Wollen wir das wirklich? Selensky sitzt in der Ukraine nicht mehr so fest im Sattel. Seine Entscheidung Walerij Saluschnyj als Oberkommandierenden der Streitkräfte der Ukraine zu entlassen, weil er aufgrund seiner Beliebtheit zu einem ernsthaften politischen Gegner Selenskys werden könnte, trägt nicht gerade dazu bei, dass die Bevölkerung Selensky… Mehr