Ron DeSantis – der Mann, der ganz nach oben will

Am Wahlergebnis in den USA ist manches noch unklar, nur eines nicht: Ron DeSantis, der wiedergewählte Gouverneur von Florida, ist der strahlende Sieger. Manches spricht dafür, dass er als Patriarch im guten Sinne Donald Trump bei den Republikanern den Rang abläuft.

IMAGO/Zuma Wire, Collage: TE

Die Midterms in den USA sind so gut wie gelaufen, die erwartete „rote Welle“ blieb aus. Das Repräsentantenhaus wird jetzt zwar von den Republikanern dominiert, der Senat scheint allerdings in demokratischer Hand zu bleiben. Wieder einmal gab es Unstimmigkeiten, in Arizona waren im wichtigsten County 20 Prozent der Wahlmaschinen defekt, in Pennsylvania gab es erneut Probleme mit der Briefwahl. Es bleibt abzuwarten, ob sich Ergebnisse dort noch ändern. Aber eines ist sicher: Der strahlende Sieger dieser Midterms war Ron DeSantis, der Govenor von Florida.

Das erste Mal, dass ich Ron DeSantis (44) bewusst wahrgenommen habe, war Halloween 2018. Er trat zusammen mit Trump und dem damaligen Govenor Rick Scott bei einer Trump Rally anlässlich der Midterms 2018 auf. DeSantis kam gemeinsam mit seiner Frau Casey (42) und stellte sich den Zuschauern vor. Unvergessen blieb, dass er mehrfach erwähnte, er sei der einzige Kandidat für den Posten des Govenors, gegen den nicht wegen Korruption ermittelt würde.

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Heute, fast auf den Tag genau vier Jahre später, wird deutlich, was er damals ausdrücken wollte. Zum einen, dass er integer ist, Prinzipien hat, klar, strukturiert und ehrlich ist. Zum anderen machte er damals bereits klar, wie wichtig seine Frau Casey und seine Familie für ihn sind. Die beiden sind mit ihren drei kleinen Kindern Madison (geb. 2016), Mason (geb. 2018) und Mamie (geboren 2020) mittlerweile eine Art Bilderbuch-First-Family, die von den Floridians heiß geliebt wird.

Der Lebenslauf von DeSantis zeigt einen Mann, der ganz nach oben will. The American Dream. Er war nicht nur Kapitän des College-Baseballteams von Yale, er schloss sein Geschichtsstudium dort mit Magna Cum Laude ab. Anschließend studierte er in Harvard Jura, trat als Offiziersanwärter in die Marinegerichtsbarkeit ein und schloss 2005 sein Jurastudium mit einem Cum Laude Abschluss als J.D. (Juris Doctor) an der „Naval Justice School“, einer Akademie für Marinerichter, ab. Anschließend arbeitete er als Rechtsberater in Guantanamo und dem Irak und unterrichtete Militärrecht in Florida. 2010, mit nur 32 Jahren, schied er hochdekoriert aus dem Militärdienst aus.

DeSantis’ nächstes Ziel war die Politik. Genauso geradlinig wie in seiner ersten Karriere beim Militär ging es hier aufwärts. 2012 kandidierte er als Kongressabgeordneter, gewann mit 57 Prozent der Stimmen und wurde 2014 wiedergewählt. 2018 kam die Kandidatur als Gouverneur, die er knapp gewann, 2022 dann die haushoch gewonnene Wiederwahl. Sogar Miami, seit zwei Jahrzehnten eine demokratische Hochburg, wählte rot. Seine Memoiren könnten den Untertitel tragen: Der Mann will nach oben!

DeSantis ist allerdings mehr als nur jemand, der die Karriereleiter rasant nach oben durchmarschiert. Er ist zugleich ein Patriarch im besten Sinne. DeSantis sorgt nicht nur für seine Familie, er sorgt auch für seine Floridians. Mit klaren Regeln und immer unter dem Motto: Der Staat soll für Law & Order und eine gute Infrastruktur sorgen, sich aber ansonsten aus dem Leben der Bürger heraushalten. Eine Einstellung, die deutschen Politikern immer fremder wird. Sein Wahlkampfmotto: Keep Florida free. Ein Ziel, was ihm nicht leicht gemacht wurde.

Erst ein Jahr im Amt, musste DeSantis, genau wie alle anderen Staatenlenker, mit der Corona-Pandemie umgehen. Die ersten drei Monate schloss er Schulen und viele Geschäfte, da unklar war, was Corona für den Menschen bedeutet. Im Gegensatz zu Deutschland, wo in einer Art Blindflug operiert wurde, stellte er aber bereits bei der Schließung einen 3-Stufen-Plan für die Wiedereröffnung vor. Jeder konnte sehen, welche Kriterien erfüllt sein mussten, um die nächste Stufe zu erreichen. Die Öffnung kam schnell.

Bereits im Juni 2020 schickte er die Kinder wieder in die Schulen und entschuldigte sich im Oktober dafür, ihnen drei Monate ihr Recht auf Schulunterricht genommen zu haben. Eine Maskenpflicht ließ er nicht in den Händen der Schulen, sondern entschied, dass Eltern entscheiden sollten, ob ihr Kind Maske trägt oder nicht. Ein riskanter Alleingang, kein anderer Govenor stellte so schnell den Normalzustand wieder her wie er. Aber heute ist klar: In Florida starben nicht mehr Menschen als in den anderen Staaten, und das trotz der vergleichsweise alten Bevölkerungsstruktur. Ich habe die Coronazeit abwechselnd in Deutschland und in Florida erlebt und fühlte mich hier deutlich besser aufgehoben als im chaotischen‚ und dauerreglementierten Deutschland.

DeSantis etablierte Florida als „No Woke Zone“, untersagte LGBTQ-Unterricht für Vorschule und Erstklässler, erkennt Transfrauen nicht als Sieger im Frauensport an, stärkt und unterstützt die Polizei und verweigert sich der Neuinterpretation der amerikanischen Geschichte durch BLM und Kolonial-Aktivisten. Immer klar, immer offen und direkt, aber niemals ausfallend. Seine Politik sprach sich herum. Der Slogan „Make Florida America“ geisterte bald durchs Netz. Täglich ziehen 1000 Amerikaner aus anderen, restriktiven und woken Staaten nach Florida, um wieder ihre amerikanische Vorstellung von Freiheit leben zu können. Hier gibt es mehr Sicherheit und bessere Schulen bei deutlich geringeren Steuern. Dazu boomt die Wirtschaft. Ein Paradies für viele, nicht nur wegen der täglich scheinenden Sonne.

© IMAGO/Zuma Wire

Im Oktober 2021 gab DeSantis bekannt, dass seine Frau Brustkrebs hatte. Es gab keine Heimlichtuerei, von Anfang an wurde offen kommuniziert. „Casey is a true fighter, she will never, never, never give up“, beschrieb DeSantis seine Frau. Casey unterzog sich unter dem Auge der Öffentlichkeit den Behandlungen und im März 2022 galt sie als krebsfrei.

Was für ein Powercouple die beiden sind, zeigte sich, als sie in dieser Zeit zu einer Kämpferin nicht nur gegen den eigenen Krebs, sondern auch für die Unterstützung anderer wurde. Casey DeSantis trug maßgeblich dazu bei, 100 Millionen Dollar an wiederkehrenden Mitteln für die Krebsforschung und -versorgung im Haushaltsplan 2022/2023 zu sichern. Direkt nach ihrer eigenen Therapie reiste sie durch den Staat und besuchte Krankenhäuser und Patienten, um auf die Bedeutung der Früherkennung hinzuweisen. Nach dem Hurrikan Ian, der Florida im September 2022 heimsuchte und teilweise zerstörte, sammelte sie innerhalb weniger Wochen 50 Millionen Dollar für den Wiederaufbau. Die eigene Erfahrung mit der Krankheit seiner Frau bewog DeSantis zu einem Gesetz, das jedem Einwohner Floridas das Recht auf Besuch im Krankenhaus gab. Auch bei einer Pandemie.

DeSantis’ überaus bemerkenswerter Sieg bei den Midterms 2022 lässt den letzten Schritt auf der Karriereleiter als folgerichtig erscheinen: DeSantis for President. Bisher galt Trump als heißester Kandidat für die Kandidatur. Da die von ihm gestützten Kandidaten aber nicht gewinnen konnten (Stand 9. November 2022), ist sein Standing angekratzt. Jetzt ist der Zeitpunkt für DeSantis, anzugreifen.

DeSantis wird es schaffen, da waren sich heute Morgen alle Nachbarn einig. Und sie waren gespannt, wie er es anstellen wird, Trump auszubooten. „Trump hat viel für Amerika getan, aber er sollte selbst sehen, dass es einen jungen Macher wie DeSantis braucht, um die Probleme unserer Zeit zu lösen“, meinte Bob von gegenüber. Die jüngsten Sticheleien Trumps gegen den Govenor gefielen ihm gar nicht. Bei der Rally in Pennsylvania hatte Trump den Govenor „Ron DeSanctimonious“, Ron den Scheinheiligen genannt. Jetzt droht er damit, Dinge über DeSantis zu wissen und zu veröffentlichen, die diesem nicht so lieb wären.

Wie reagiert DeSantis? Er hat sich bereits vor diesen Äußerungen von Trump leicht distanziert. Nicht offen, aber er fehlte bei der großen Trump Rally zwei Tage vor den Wahlen in Miami. Sicherlich nicht zufällig. Wer DeSantis kennt, ist sicher: Er hat bereits einen Plan. Der ehemalige Marine-Leutnant ist stark im Angriff und der Durchsetzung seiner Ziele. Es bleibt spannend.

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Kommentare ( 49 )

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fatherted
1 Jahr her

jaja ……das vorletzte mal wollte auch Jeb Bush…auch aus Florida heraus….mal eben Präsident werden….was daraus wurde wissen ja wohl alle. Die Reps kommen nicht an Trump vorbei….dem traue ich zu auch als Einzelkandidat anzutreten und den Reps die Hälfte der Stimmen abzunehmen…dann würde es zwar wieder ein Dem werden…..aber die Reps wären für weitere 4 Jahre draußen und endgültig gespalten.

Lepanto
1 Jahr her

John Doyle erklärts auf YT ziemlich gut: Trumpism without Trump doesn’t exist und De Santis, obwohl er einen guten Job in Florida macht, ist letztlich nur containment.

Milo siehts ebenso.

Exilant99
1 Jahr her

Ich bin für Trump 2024. Leute wie DeSantis werden auf bundestaatlicher Ebene mehr gebraucht. Als Gouverneur von Florida kann er mehr beeinflussen als Präsident und seinen Staat weiter als Bollwerk gegen die Woke Ideologie ausbauen.

Exilant99
1 Jahr her

Greta Thunbergs letzte Rede anhören. Da hat sie alles gesagt was man wissen muss. Oder die Statements von Extinction Rebellion lesen, wo explizit der Klassenkampf, Kampf gegen Rassismus, Kampf gegen die „weiße Weltherrschaft“ propagiert wird.

Was DeSantis angeht. Der ist gegen den Green Deal von Biden und gegen BLM.

Niklas
1 Jahr her

DeSantis hat während Corona richtig Cohones bewiesen. Als ihm alle die Lüge entgegenbrüllten, er würde Abertausende von Menschen in den Tod schicken, hat er sich auf seinen gesunden Menschenverstand verlassen und die Prinzipien der Freiheit gegen die anbrandende Flut verteidigt. Er ist der richtige Mann für Amerika. Trump ist es nicht mehr, er hat zu viele Fehler gemacht.

gorbi
1 Jahr her

Als Trumpunterstützer finde ich seinen Kampf gegen de Santis irritierend.. Anstatt für Amerika einzutreten und den jüngeren Sympathieträger zu unterstützen, zeigt Trump , dass er auch nur ein Mensch ist. Und vor Neid nicht gefeit ist

Wilhelm Roepke
1 Jahr her

DeSantis würde ich wählen. Trump oder Biden nicht.

IJ
1 Jahr her

Desantis ist ein Glücksfall für Florida, die Republikaner und die USA. Er wird der Republikanischen Partei helfen, sich endlich und ohne große Risiken von Trump und den Hardcore-Trumpisten zu befreien. Wenn er es schafft, Trump kaltzustellen (Trumps aktuelle Drohung gegen ihn ist einfach nur widerlich) wird es für ihn ein direkter Durchmarsch auf den Präsidenten-Sessel in 2024. Ich hoffe, dass Desantis siegreich bei einer Fernsehdebatte auf Trump zeigt und den Satz präsentiert: „You are fired!“. Darauf warten nicht nur unzählige Demokraten, die ihn schon allein für diesen Ausspruch wählen würden, sondern auch zahllose Republikaner – wahrscheinlich die Mehrheit. Sie haben… Mehr

Last edited 1 Jahr her by IJ
Ciceronianus
1 Jahr her

Danke für dieses gute Portrait, das ist genau der Journalismus, den Tichy braucht, um ganz nach oben zu kommen. Wie Ron DeSantis 🙂

Por La Libertad
1 Jahr her

Rand Paul wäre ein guter Kandidat für 2024, wenn er denn
antritt. Bei ihm weiß ich wenigstens, so wie bei seinem Vater,
dass er ein vernünftiger, qualifzierter Politiker ist, der
wirklich Werte vertriit.

Klaus M.
1 Jahr her
Antworten an  Por La Libertad

Ich würde ihm schon deshalb Erfolg wünschen, weil er (wie schon sein Vater) für eine nicht-interventionistische Aussenpolitik steht. Ich bezweifle jedoch, ob ein Libertarian bei einer Präsidentschaftswahl mehrheitsfähig wäre