Leitfaden des britischen Gesundheitsdienstes: Verwandtenehe hat auch Vorteile

Seit Heinrich VIII. existiert ein Schlupfloch für die Verwandtenehe im UK, das heute meist Pakistanis nutzen. Doch Labour zeigt wenig Lust auf ein Verbot. Nicht weniger infiltriert scheint der Nationale Gesundheitsdienst NHS: Er spricht von sozialen Vorteilen der schädlichen Praxis.

picture alliance / empics | Dominic Lipinski

An dieser Geschichte lässt sich erneut ein tiefe, über lange Jahre gehegte Dysfunktionalität des britischen politischen Systems ablesen, die freilich nicht erst mit der neuen Labour-Regierung angefangen hat. Es sind die Tories, die sich nun – kurz nach ihrer rund zwanzigjährigen Regierungszeit – mit dem Vorschlag gemeldet haben, die Heirat von Cousins ersten Grades zu verbieten. Im Dezember letzten Jahres hatte der vormalige Minister ohne Portfolio, Richard Holden, das Verbot gefordert. Sein Grund: Aus den Verwandtenehen gehen häufig genug Kinder mit Geburtsfehlern hervor.

Eine Erlaubnis zur Ehe zwischen „Cousins“ gab es spätestens seit der Zeit Heinrichs VIII., der mit Catherine Howard die Cousine ersten Grades der früheren Königin Anne Boleyn heiraten wollte – also wohlgemerkt keine Blutsverwandte, sondern die angeheiratete Cousine seiner Ex-Frau. Heute wird das Schlupfloch vor allem von pakistanischstämmigen Einwohnern der Inseln genutzt, was ebenfalls nicht erst seit gestern bekannt sein dürfte. Laut Untersuchungen werden zwei Drittel aller Ehen in Pakistan unter Verwandten geschlossen – in der britischen Diaspora sollen es sogar mehr sein. In ländlichen Gegenden Pakistans steigt der Anteil auf vier Fünftel an, also 80 Prozent.

Nun mag es so sein, dass der britische Staat hier lange nicht so hinschaute und die negativen Folgen dieser Praxis der Verwandtenehe erst heute bemerkt werden. Anfang des Jahres gab es auf der Website der BBC einen Artikel, der von „neuen Erkenntnissen“ zur „schlechten Gesundheit von Kindern“ sprach. Darin der Satz über eine heute 29-Jährige: „Es erschien völlig normal, ihren Cousin zu heiraten. Ihre Mutter, eine pakistanische Migrantin, ging davon aus, dass alle ihre drei Töchter so handeln würden.“

Doch wenn Cousins heiraten und ihre Kinder dann wiederum Cousins ehelichen, dann ist es klar, dass sich das Risiko des Auftretens von Erbkrankheiten potenziert. Schon bei der ersten solchen Eheschließung verdoppelt sich das Risiko von drei auf sechs Prozent. In Städten wie Sheffield, Glasgow oder Birmingham stammen mittlerweile 20 Prozent der erblich belasteten Kinder aus pakistanischstämmigen Familien. Die Behandlungskosten sind erheblich.

Gemeint sind so unschöne Dinge wie Mukoviszidose, Sichelzellanämie oder erbliche Rachitis. Manche Familien haben zwei und mehr Kinder, die weder hören noch sehen können, nicht selbständig essen können und auf lebenslange Unterstützung angewiesen sind. Solche Fälle waren in den meisten Staaten ein völlig hinreichender Grund, um Ehen unter nahen Verwandten zu verbieten.

NHS-Bildungsprogramm Genomik: Es gibt auch Vorteile

Aber auf der Insel widerspricht nun eine Organisation, die es eigentlich besser wissen müsste. Es ist der Nationale Gesundheitsdienst (NHS England) oder genauer gesagt sogar dessen „Bildungsprogramm Genomik“, das in der vergangenen Woche einen neuen Leitfaden veröffentlichte. Und danach hätten Ehen unter Vetter und Base auch ein Gutes: Sie führen zu einem „stärkeren Unterstützungssystem“ innerhalb der „Großfamilie“ und damit zu „wirtschaftlichen Vorteilen“. Ja, das war ohne Zweifel schon immer einer der Hauptgründe für die Verwandtenehe: Das Geld sollte in der Familie bleiben. Man wollte generell lieber untereinander bleiben. Man könnte also auch von einem Zeichen mangelnder Integration sprechen.

Das NHS und speziell sein „Genomik-Bildungsprogramm“ will sich also auf die ‚Vielfalt‘ im Königreich einlassen, stellt die „sozialen“ Stärken des Phänomens in den Vordergrund und verharmlost die klaren Nachteile aus der Sicht der Genetik. Ein ganzes Rechts- und Gesundheitssystem beugt sich den Invasoren, scheint von ihnen infiltriert zu sein.

Der konservative Abgeordnete Richard meint: „Unser NHS sollte aufhören, vor schädlichen und unterdrückenden kulturellen Praktiken in die Knie zu gehen.“ Die Tories wollen nun also „ein Ende der Cousin-Ehe auch, weil es eine Hintertür für die Zuwanderung ist“. Wäre Holden doch nur ein Jahr früher tätig geworden, dann wäre das Verbot vielleicht schon Gesetz. Aber der Zeitpunkt des Vorschlags zeigt, wie sehr auch die konservativen Tories vor den muslimischen Immigranten in die Knie gingen, als sie an der Macht waren. Nun kann sich eben Labour taub stellen für ihre „vernünftigen Forderungen“. Vorher waren Boris Johnson und Rishi Sunak über diese Probleme hinweggegangen.

Kulturrelativistische Quislinge

Holden tönt nun sogar, Keir Starmer müsse seine Angst vor „den frauenfeindlichen Gemeinschaftskontrolleuren und ihren Quislingen“ (!) ablegen. Ja, Holden spricht von „Quislingen“, so nennt man die norwegischen Kollaborateure der Nazis, die etwa in der Gestalt von „kulturrelativistisch besessenen Soziologieprofessoren“ auftreten. Eine richtige Beobachtung, die er aber während seiner Zeit auf der Regierungsbank anscheinend nicht hatte äußern können. Heute fordert er, Starmer solle auf die „überwältigende Mehrheit aller Gemeinschaften in Großbritannien“ hören und die merkwürdige Ehe-Praxis der Pakistanis verbieten, die doch in allen anderen Belangen Narren- und Rechtsfreiheit genießen, von organisiertem Kindesmissbrauch bis hin zu offenem gewalttätigem Mobbing, wie es nun ein junger Brite berichtet, der aus seiner Heimat allem Anschein nach vertrieben wurde.

Daneben schlagen auch Experten hörbar die Hände über dem Kopf zusammen. So meint der Fachmann für das englische Recht im Bannkreis des Islams und Mitgründer der Pharos Foundation, Patrick Nash, die Cousin-Ehe sei schlichtweg verbotswürdiger Inzest: „Es braucht keinen ‚Ausgleich‘ zwischen dieser kulturellen Lebensweise und den schwerwiegenden Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit, die sie mit sich bringt.“ Das NHS solle seine gütigen Worte für die Verwandtenehe schnellstmöglich von seiner Website nehmen und sich dafür entschuldigen. Niemand dürfe über diese Frage irregeführt werden, so Nash.

In einem Fachartikel schreibt Nash: „Die Cousin-Ehe ist im Nahen Osten, in Westasien und Nordafrika sowie unter den Auswanderern aus diesen Gemeinschaften, die jetzt in Nordamerika, Europa und Australien leben, weit verbreitet.“ Das gelte etwa auch für Syrien und den Iran (30–39 %) oder den Sudan und Afghanistan (40–49 %). Vorherrschend sei die Verwandtenehe in Katar und Saudi-Arabien mit 50 bis 59 Prozent, Pakistan (65 %) und Kuwait (68 %). Diese Zahlen sollten auch deutsche Bürger und Politiker hellhörig machen. Doch hierzulande ist man noch zu sehr mit der vollständigen Aufnahme und Verdauung der islamischen Vielehe beschäftigt. Da bleibt wohl noch kein Raum für Studien zur nahöstlichen Verwandtenehe.

Eine bewusstlose KI scheint den NHS übernommen zu haben

Und nun kann der Gegenwind für einen solchen Vorschlag nicht fehlen. Labour schweigt ohnehin und hat sicher keine eigenen Pläne für ein Verbot gemacht. Daneben sind es vor allem die politischen Vertreter der britischen Muslime, die einen einen rein pädagogischen Ansatz vorschlagen. Sensibilisierungs- und öffentliche Gesundheitskampagnen sollen es neben der genetischen Beratung richten. So argumentiert etwa der Abgeordnete im Unterhaus Iqbal Mohamed, früher Labour-Mitglied, seit 2024 parteilos aus Protest gegen Starmers angeblich pro-israelische Einstellung. Man dürfe die betroffenen Gruppen nicht „stigmatisieren“ oder vor den Kopf stoßen.

Am Ende ließ ein NHS-Sprecher wissen, die Aussagen des Genomik-Bildungsprogramms seien gar keine Stellungnahme des NHS, sondern lediglich eine „Zusammenfassung der existierenden wissenschaftlichen Forschung und der öffentlichen Debatte“. In der Spezialabteilung des NHS für Genomik hat anscheinend die KI übernommen und eine „existierende Forschung“ zusammengefasst, wobei aber wie gewohnt etwas ziemlich Weichgespültes herauskam. Die interessanten Teile der aktuellen Forschung – etwa jene von Patrick Nash – ließ man jedenfalls weg.

Daneben stellt sich die Frage, was die Männer mit den markanten Positionen – wie Holden, oder auch Robert Jenrick – noch in der alten Konservativen Partei wollen. Denn die ist längst von links so sehr wokisiert, dass man sich nicht einmal sicher sein kann, dass eine Position wie die Ablehnung der Verwandtenehe darin mehrheitsfähig wäre. Reform UK hat sich übrigens noch nicht positioniert und muss dies wohl auch gar nicht tun. Nigel Farage ist derzeit mit seinen Erwiderungen auf den Labour-Parteitag beschäftigt, auf dem Keir Starmer es für unbritisch erklärte, gegen die Zuwanderung aus fremden Kulturkreisen zu sein. Das ist schon fast schwer zu verstehen, so viele Verneinungen in einem Satz. Aber so sehr gehen die Begriffe eben bei den Global-Sozialisten durcheinander.

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Kommentare ( 55 )

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F. Hoffmann
2 Monate her

Da sind die Emirate schon weiter. In Dubai gibt es ein Genetik Institut, bei dem sich potenzielle Paare (in der Regel von den Familien verpaart) prüfen lassen können, ob ein Risiko für eine erbliche Erkrankung für die Nachkommen besteht. In Syrien gibt es ein Nord-Süd-Gefälle was Verwandtenehen angeht, ca. 30% im Norden, bis zu 60% im Süden. Ende 2015 berichtete man auch auf Medizinkongressen, daß man exotische Infektionskrankheiten, z.B., bei Kindern erwartet hätte, aber stattdessen mit einer großen Zahl von Erbkrankheiten bei diesen konfrontiert wurde.

Marcel Seiler
2 Monate her

Die sozialen Vorteile von Verwandtschaftsehen gibt es nur in Gesellschaften, in dem der Schutz des einzelnen der Familie oder dem Clan überlassen ist – also archaischen Gesellschaften. Deshalb gibt es die Verwandtenehe massenhaft in archaisch geprägten Gesellschaften. In modernen Gesellschaften mit staatlichem Gewaltmonopol hat die Familie diese Aufgabe aber nicht.

Wenn der NHS die sozialen Vorteile von Verwandtenehe preist, so befürwortet er damit die Transformation der britischen Gesellschaft zu einer archaischen (hier: islamisch-archaischen) Gesellschaft. Wenn etwas verrückt ist, dann das.

Brotfresser
2 Monate her

Da denke ich doch sogleich an Wolfgang Schäuble, der da sagte, wir bräuchten die Zuwanderung auch um einer „Inzucht unter Deutschen“ vorzubeugen …
Damals dachte ich mir auch, da brauchen wir natürlich den Zuzug aus Kulturen, in denen die Verwandtenehe Gang und Gäbe ist.
Zumal in Europa (offensichtlich nicht mehr in GB) die Ehe zwischen Cousin und Cousine seit etwa 1200 verboten ist!
Aber was soll’s… nil nisi bene!

Ludwig von Gerlach
2 Monate her

Par. 1307 BGB – seit 1896 unverändert -schließt auch in Deutschland die Ehe zwischen Cousin und Cousine nicht aus. Auch das Alte Testament kennt ein solches Verbot nicht (Lev. 18, 6-18 und 20, 11-21). Das hat man in Europa trotz der Degenerationserscheinungen im Hause Habsburg über Jahrhunderte hingenommen. Das Problem liegt nicht darin, dass viele Pakistaner Cousinen heiraten, sondern dass sich zu viele von ihnen in GB aufhalten. Wenn Pakistaner in Pakistan Cousinen heiraten und in Pakistan wohnen – so what. Bitte nicht unnütze Nebenkriegsschauplätze eröffnen.

Urs von Baerlichingen
2 Monate her

Eine gute Nachricht! Wenn die Genossen von NHS recht haben, dann zeigt sich auch für Buntland ein neuer Silberstreif am Regenbogenhorizont!

Manfred_Hbg
2 Monate her

Zitat 1: „danach hätten Ehen unter Vetter und Base auch ein Gutes: Sie führen zu einem „stärkeren Unterstützungssystem“ innerhalb der „Großfamilie“ und damit zu „wirtschaftlichen Vorteilen“. “ > Na klar, …und demnächst erzählen sie den Bürger dann auch noch solch Bullshit wie z.Bsp das die Heirat von 9, 10 oder 13-jährigen jungen „Frauen“ auch was Gutes hat weil es frisches, gesundes oder unbelastetes Blut in die bunte Gesellschaft bringt. Irgendeinen Shit werden sie sich schon zusammenreimen. _ _ _ _ _ Zitat 2: „Das gelte etwa auch für Syrien und den Iran (30–39 %) oder den Sudan und Afghanistan (40–49… Mehr

andreas
2 Monate her

Mehrfach habe ich, auch bei TE, die kritische Frage gestellt, ob bei den Gewalttaten, die diese Pseudoflüchtlinge ausführen, Inzuchtdepression vorliegt. Auswirkungen sind oft psychische Instabilität und verminderte geistige Fähigkeiten. Die Herkunftsländer sind oft auch deshalb in einem erbärmlichen Zustand, weil der Durchschnittliche IQ bei 80 bis 85 liegt, wobei man das nicht als Prozentzahl sehen darf: bei einem IQ von 80 schafft jemand grade mal halb soviele einfache Berechnungen pro Zeiteinheit wie ein Mensch mit IQ 100 . Nachzulesen sind die Werte für verschiedene Länder z.b. bei Lynn und Vanhanen „IQ and the wealth of nations“.

PaulKehl
2 Monate her
Antworten an  andreas

Da hat man auch einen anderen Blick auf Berichte über Schüler, die keine Treppen steigen, keine Schnürsenkel binden können und noch Windeln tragen.- Der niedrige IQ erklärt sich auch aus der Mißachtung der Bildung im Mohammedanertum über Generationen hinweg.

Teide
2 Monate her

Leitfaden des britischen Gesundheitsdienstes: Verwandtenehe hat auch Vorteile“
Natürlich hat das auch Vorteile. Das Geld bleibt in der Familie und meine Schwester braucht keine neuen Papiere.

Der kleine Muck
2 Monate her

Zusammen mit dem gezielten Einschleppen von Hochkostenpatienten (>100.000EUR/Jahr) ein weiterer Baustein für das Ende des Sozialstaates. Nur weiter so.

karlotto
2 Monate her

Der City of London ist es recht , dumme Völker wehren sich nicht.