Italien: Salvini mit Strafanzeigen gegen Premier Conte

Man kann sagen, jetzt herrscht mehr als Krisenstimmung - der Sommer ist heiß, der Herbst verspricht noch heißer zu werden.

imago Images/Insidephoto

Oppositionsführer und Legachef Matteo Salvini, in den Beliebtheitswerten der Italiener immer noch ganz weit oben, geht aufs Ganze. Während sich der ehemalige Innenminister auf seinen eigenen Prozess Anfang Oktober in Catania vorbereitet – es geht dabei um seine Verantwortung der „Porti chiusi“, der geschlossenen Häfen, vor über einem Jahr, als er das Schiff Open Arms nicht in den Hafen ließ (solange die EU nicht über eine Verteilung der Migranten entschied) – leitet Salvini mit seiner Lega eine Klage gegen Italiens Premierminister Giuseppe Conte in die Wege. Kaum vorzustellen, dass beide einst in einer Koalition gemeinsam regierten.

Man kann sagen, jetzt herrscht mehr als Krisenstimmung – der Sommer ist heiß, der Herbst verspricht noch heißer zu werden.

Ob Salvinis Handeln klug ist? Vermutlich ist es getragen vom Wissen um die Unterstützung der Bürger, auch einiger Bürgermeister von Küsten- und Hafenstädten, die Salvini für sich in Anspruch nehmen kann. Denn einige Bürgermeister schlagen schon selbst Alarm, dass sie mit den täglich, fast stündlich ankommenden Massen an illegalen Migranten nicht mehr fertig werden.

Zuletzt ergingen auch mehrmals Hilferufe an die Regierung aus Lampedusa, sogar per Brief: „Wie viele sollen denn noch hier ankommen?“. Oder wie der erste Bürger Trapanis, Giacomo Tranchina, meint, es sei nicht länger hinnehmbar, dass ihre Insel überschwemmt und von Rom alleingelassen werde. So lehnte Bürgermeister Giacomo Tranchina dann auch die Einfahrt des Schiffes ab, das für die Quarantäne von Einwanderern verwendet wurde. Immer mehr ankommende „Flüchtlinge“ seien zudem Corona-positiv und würden sich an Land angekommen, sofort unkontrolliert auf Wanderschaft begeben. So berichten über die Maßnahme des Bürgermeisters auch Nachrichtenagenturen und die Tageszeitung Il Libero.

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Aber auch über Salvinis Plan berichten sie, dass er und die Lega Premier Conte anzeigen und auf der Anklagebank sehen wollen. Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Nachricht. Salvini, live in einer Radiosendung dazu: „Ich lasse nicht zu, dass Italien das Migrantencamp Europas wird. Mit der Lega und den Anwälten erarbeiten wir eine Anzeige gegen Giuseppe Conte … “, und zwar mit den Vorwürfen, der Unterstützung und Zuwiderhandlung beim Beenden des Menschenschmuggels und unterlassener Hilfeleistung sowie der mutwilligen Begünstigung der Verbreitung des Covid-19-Virus.

Laut Salvini wolle diese Regierung mit den Sozialisten um Conte das Land in eine Krankenstation Europas verwandeln, aber im Ausnahmezustand einfach weiter regieren, als wäre das alles normal?

Die Nachricht mit der Anzeige gegen Conte brachte Salvini just zu dem Moment in Umlauf, als wieder einmal in einer Nacht – allein in Lampedusa – innerhalb von acht Stunden – weitere 276 „Flüchtlinge” angekommen waren, und bereits einen Tag zuvor 250 illegale Migranten an Land gegangen sind.

Insgesamt gibt es 1.400 Migranten im Hotspot der Insel (bei einer Kapazität von 200 Personen), und die Dunkelziffer der Unregistrierten soll deutlich höher liegen. Aber nun trifft es auch absolute Tourismusregionen wie Sardinien, im weltweit beliebten Urlaubsland Italien. Migranten, Covid-19 und eine Regierung, die keinerlei Linie erkennen lässt außer die, den Bürgern Italiens mit Sperren und Lockdowns in touristischen Gebieten zu drohen oder diese gar durchzusetzen.

So ließ der Verantwortliche der Forza Italia, Ugo Cappellaci als früherer Präsident der autonomen Region Sardinien, seinem Zorn freien Lauf: „Die Regierung muss für den Absturz des Tourismus Schadenersatz zahlen. Und zwar für den Mangel an Covid-Kontrollen auf Sardinien.“

Angesichts der Tatsache, dass die Instrumente der Politik nicht greifen und die zahlreichen vorgelegten Inspektionsdokumente, die von den Gesundheitsämtern, oder gar auf eigene Kosten veranlasst wurden, das Gewissen der Regierung weiterhin nicht rühren, sei es an der Zeit, „Basta!“ – genug – zu sagen.

Der Wutausbruch von Ugo Cappellacci wiegt sehr schwer. Er machte bekannt, dass er die Anwälte angewiesen habe, das Strafverfahren einzuleiten wegen einer schuldhaft verursachten Epidemie.

Außerdem strebt er ein Zivilverfahren gegen die den Parteivorstand der Giallorossi, Gelbroten (Fünf Sterne Bewegung) an, um den Schaden zu kompensieren, der Sardinien sowohl in Bezug auf das Image als auch im Tourismussektor zugefügt wurde.

Momentan werde der Schaden im Tourismussektor wissenschaftlich beziffert, „Wir überprüfen die Bedingungen für eine Sammelklage gegen Conte und Co.“, droht der Stellvertreter und Koordinator von Forza Italia auf Sardinien. Dann all die positiv getesteten Einwanderer in den Städten, hier bestehe stets die Gefahr weiterer Ausbrüche.

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Der Politiker der Forza Italia erklärte sogar, als die Region Sardinien die Idee zur Einführung eines Gesundheitspasses mit Testabstrichen für Passagiere beantragte, die noch vor ihrer Anreise auf die Insel getestet würden, wandte sich die Regierung entschieden dagegen und argumentierte, dass diese Idee gegen die Verfassung verstoße. Stattdessen beginne die Regierung erst jetzt zögerlich mit Tests bei den Migranten aus Übersee.

Viele Selbstständige stehen vor den Scherben ihrer Existenz und wurden bisher eher minimalst, mit dem sprichwörtlichen Tropfen auf dem heißen Stein entschädigt, also quasi gar nicht.

Italien blickt nun in einen unheilvoll dräuenden Herbst und darauf, was im Prozess im Oktober aus Salvini wird. Der weiß immerhin einen Großteil der Bürger hinter sich. Conte wird sich eher hilfesuchend an Ursula von der Leyen oder Angela Merkel wenden.

Und im September sollen noch die Regionalwahlen in den Marken (Ancona) und im südlichen Apulien, sowie ein Referendum über eine Reduzierung der Parlamentarier stattfinden – alles im Schatten der Pandemie. Schon kursieren Gerüchte, nein, Nachrichten aus der Regierung heraus, dies alles zu verschieben.

Möglich scheint derzeit in Italien alles zu sein.


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Kommentare ( 34 )

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Dill Schweiger
3 Jahre her

FOOOOOOOOOORZA SALVINI!!!

RenaC.
3 Jahre her

Merkel vor Jahren: „Wir haben Großes vor!“ Was sollte das Große sein?? Das alte Europa, das Abendland, zu vereinen, indem Grenzen fallen und alle die gleichen Taler in der Tasche haben ?? Nein, das sollte nur die (kaum gelingende)Vorstufe sein. Das eigentlich“Große“ soll sein, einen genetischen melting-pot von aussterbenden Europäern mit fruchtbaren Völkern aus den Krisengebieten dieser Erde zu schaffen – eine zweite Neue Welt, in der alle mangels gemeinsamer Wurzeln und Historie gezwungenermaßen auf eine Stimme hören. Der Unterschied zur UDSSR, die von ihren alten Völkern wieder gesprengt wurde. wäre die erhoffte genetische Durchmischung. Der totalitäre Anspruch wäre allerdings… Mehr

Andreas aus E.
3 Jahre her

Ein Schiff namens „Open Arms“, also „Blanke Waffe“, hätte ich mit Salve der Küstenartillerie begrüßt.
Ebenso „Ocean Wiking“ – Wikinger waren seinerzeit an Küsten nicht durchweg Sympathieträger.
Nun „Sea Watch“ – Big Brother ist watching you…
Ist das Zufall, oder wählen die Schlepper absichtlich solche Namen für ihre Seelenverkäufer?

christin
3 Jahre her

Bedauerlich Italien, ihr Italiener badet das aus, was eine deutsche Kanzlerin euch eingebrockt hat.

Sonny
3 Jahre her
Antworten an  christin

Veto – nicht nur die Italiener baden das aus, auch der deutsche Steuerzahler (der nicht gefragt wurde).

christin
3 Jahre her
Antworten an  Sonny

und nochmal meine Antwort, natürlich wurde der Steuerzahler befragt und zwar bei der Wahl 2017 und er hat sich mehrheitlich für ein weiter so ausgesprochen

christin
3 Jahre her
Antworten an  christin

Nicht mehr als Recht

hassoxyz
3 Jahre her

Was ist der Unterschied zwischen Salvini und Conte ? Der bürgerlich-konservative Salvini ist ein Diener seines Landes Italien, der sozialistische Conte hingegen ein Diener Merkels, UvdLs und verschiedener linksextremer Schlepper-NGOs. Conte ist Merkel natürlich dankbar für die vielen Corona-Milliarden aus Deutschland. Dafür zeigt er sich erkenntlich, indem er Salvini mit allen schmutzigen Tricks bekämpft und seine Häfen für noch mehr Illegale öffnet, die weiter nach Norden sollen, wie Merkel es will. Diese EU ist inzwischen so korrupt, daß es zum Himmel stinkt. Wie werden die Menschen in Italien reagieren angesichts der wachsenden Armut und der weiter explodierenden Migrantenströme ? Italiener… Mehr

outoffocus
3 Jahre her

Die Sea Watch 4 steuert gerade schnurstracks auf Malta zu. Also geht dann Morgen wieder das Gezeter los in welchen Hafen sie einlaufen darf. Malta oder weiter nach Sizilien.

reiner
3 Jahre her

die sollen ruhig 100 millionen hier reinlassen,dann war es das mit merkeldeutschland und der eu… kann die polizei oder das militär nicht verstehen,die so etwas auf dauer dulden..kein eid kann mich binden,solche spiele zum eigenen nachteil mit zu machen.

country boy
3 Jahre her

Die von Ihnen aufgeworfenen Fragen sollten unsere Politiker uns vor der Bundestagswahl beantworten müssen. Selber können wir sie nicht fragen. Dafür haben wir unseren ÖRR. Dem ÖRR geben die Bürger jedes Jahr 10 Milliarden Euro. Glauben Sie, dass die Journalisen unseres ÖRR unseren Politikern vor den Wahlen diese Fragen stellen werden, und dadurch den Wahlbürger ins Bild setzen werden?

JoeCocker
3 Jahre her

Der Sog an Armutsmigranten wird erst dann enden, wenn’s nichts mehr zu holen gibt. Wie im alten Rom.

schwarzseher
3 Jahre her
Antworten an  JoeCocker

Bis nichts mehr zu holen ist, dauert es wohl noch einige Zeit, denn dafür sind der Fleiß und die Ersparnisse der Fleißigen zur Zeit noch zu beträchtlich. Danach erst kommt der wirtschaftliche, zivilisatorische und kulturelle Zusammenbruch einer heillos verschuldeten, “ bunten „, sprich orientalisch-afrikanischen Gesellschaft von Gewaltätigen und Unqalifizierten, die ihre durch nichts zu rechtfertigenden Ansprüche an die Gesellschaft ( alles ehemals zivilisierte, kultivierte, verantwortungsbewußte und erfinderische junge und alte weiße Männer ) gewaltsam einfordern. Dem nicht mehr aufzuhaltenden Niedergang der USA wird der Niedergang Europas folgen.

JoeCocker
3 Jahre her

Nix neues. Das ist die ganze Zeit schon so.