Klimawandel sei Dank: Die Sahara grünt schneller

Der Klimawandel hat wohl auch zumindest eine positive Folge: Die Sahara dürfte sehr viel früher wieder feuchter und grüner werden, als es sonst der Fall wäre.

imago images / Cavan Images

Mit dem Klimawandel und höheren Temperaturen des Mittelmeers gelangt immer mehr feuchte Luft aus dem östlichen Mittelmeer an den Südrand der Sahara. Die Sahara ist die größte Wüste der Welt. Sie ist so groß wie die USA oder etwa die 26-fache Fläche Deutschlands. Die Sahara ist größtenteils eine Stein- oder Felswüste, beziehungsweise eine Kies- oder Geröllwüste, die bekanntere Sandwüste macht etwa 20 Prozent der Fläche aus. Vor 11.000 bis 5.500 Jahren gab es in der Sahara grüne Savanne mit Flüssen, Seen und Wäldern.

Forscherinnen und Forscher des Max-Planck-Instituts für Meteorologie (MPI) um den Leiter Martin Claußen haben seit einigen Jahren das Wechselspiel von Klima und Vegetation simuliert. Sie sind zu der Einschätzung gekommen, die Erderwärmung könnte auch positive Auswirkungen auf Afrika haben. Unter der Überschrift „Die Wüste grünt“ schreiben die Wissenschaftler: „In der Sahara könnten sich bei einer mäßigen Erderwärmung Pflanzen ausbreiten – so wie es auch in der Vergangenheit ab und an geschah.“ Durch die Erderwärmung werde „die Verdunstung wie unter einem Kochtopfdeckel zunehmen“, was wiederum zu höheren Niederschlägen führe. 

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Untersuchungen der Wüste haben ergeben, dass es dort immer wieder feuchtere Perioden gegeben hat. Erst vor rund 5.500 Jahren wurde es dann wieder trockener. In den letzten Jahren ist eine Zunahme der Vegetation im Süden erkennbar. Thilo Thielke zitiert Martin Claußen in der Frankfurter Allgemeinen Woche 49/2019: „Der Feind dieser Entwicklung sei gerade nicht der Klimawandel, sondern die Überbevölkerung. Überweidung und falsches Landmanagement könnten die Vegetation schnell wieder vernichten.“

Auch der Geograph Stefan Kröpelin konnte bereits beobachten, dass der Klimawandel die Sahara offenbar sehr viel früher wieder ergrünen lässt, als es allein nach dem natürlichen Zyklus der Fall wäre. Kröpelin ist Wissenschaftler an der Forschungsstelle Afrika des Instituts für Ur- und Frühgeschichte der Universität Köln und kennt die Sahara so gut wie kaum ein anderer. „Ich fahre jedes Jahr in die gleichen Gebiete. Sie liegen abseits von Siedlungen und werden nicht mal mehr von Nomaden genutzt. Und da ist seit Ende der 1980er Jahre ein vorsichtiger Trend zum Wiederergrünen der Sahara auszumachen“, sagte er im Gespräch mit n-tv am 8. November 2017. „Die Niederschläge nehmen völlig zweifelsfrei zu. Der Grasbewuchs kommt wieder. Später kommen die Mäuse und Vögel, dann gibt es mehr Weiden, und schließlich kehren die Gazellen zurück.“

Die grüne Mauer

Die „Grüne Mauer“ (The Great Green Wall/ La Grande Muraille Verte) ist ein Projekt der Afrikanischen Union, mitfinanziert von der Weltbank und dem BMZ (Globale Umweltfazilität). Das Konzept geht auf den britischen Forstwissenschaftler Richard St. Barbe Baker zurück. Die Mauer wurde bereits 2007 beschlossen, und seit 2010 gibt es eine gemeinsame Agentur „Great Green Wall Agency“, der die betroffenen Länder Senegal, Mauretanien, Mali, Burkina Faso, Niger, Nigeria, Tschad, Sudan, Äthiopien, Eritrea und Djibouti angehören. Diese grüne Mauer soll sich von Dakar bis nach Djibouti (7.700 km) erstrecken und die Sahara daran hindern, sich noch mehr auszubreiten. Sie soll mit Bäumen „gebaut“ werden, die dicht aneinandergereiht werden, um für ein feuchtes Klima zu sorgen. Die Bäume sollen eine Barriere für den Wind bilden, Feuchtigkeit in Luft und Boden erhöhen und die landwirtschaftliche Nutzung des Gebietes verbessern. Bislang wurden 15 % der Mauer gepflanzt. Im Senegal wächst die grüne Mauer jährlich um ca. 5.000 Hektar. Die meisten Bäume sind einheimische Akaziengewächse, die keine Bewässerung brauchen. Das Gummi arabicum der Bäume kann für Lebensmittelzusatzstoffe und in Marmeladen verwendet werden. Das Programm gibt den Menschen vor Ort neue Lebensmöglichkeiten. Tierarten wie Antilopen sind zurückgekehrt. Insgesamt will der Staat Senegal 340.000 Hektar bewalden. In anderen Ländern, wie im Nordteil von Nigeria, ist bislang wenig geschehen. 

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Vorläufer dieses Projekts sind Baumpflanzprojekte von Thomas Sankara in Burkina Faso, das Green Belt Movement (Grüngürtelbewegung) der Kenianerin Wangari Maathai und der einfache Bauer Yacouba Sawadogo in der Provinz Yatenga in Burkina Faso, der bereits in den 80er Jahren des vorherigen Jahrhunderts mit der uralten Zai-Methode (Pflanzenlöcher werden mit einem Gemisch aus Asche, Blättern und Dung) Böden regenerierte und alleine am Rande der Sahelzone einen Wald von 30 Hektar pflanzte. Inzwischen hat sich der Grundwasserspiegel rund um Yacoubas Wald gehoben.

Hans-Josef Fell (Präsident der Energy Watch Group) im Interview mit der Deutschen Welle, „Afrika braucht eine grüne Mauer“, 14.06.2017: „Hier werden große Landstriche wiederbegrünt. Landstriche, die eigentlich versteppt sind, oder ganz arid geworden sind, wo kaum noch etwas wächst. Bisher hat sich die Sahara von Nordniger in den Süden immer weiter ausgebreitet. Dem soll etwas entgegengebracht werden, und die beste Lösung ist natürlich Begrünung. Dazu werden Bäume, die dort besonders gut gedeihen, auf traditionelle Art angepflanzt und die Entwicklung von landwirtschaftlichen Flächen angetrieben.“

Der australische Agrarökonom Tony Rinaudo erhielt 2018 den Alternativen Nobelpreis („Right Livelyhood Award“) für seine in den 1980er und 1990er Jahren entwickelte Wiederaufforstungstechnik (Farmer Managed Natural Regeneration FMNR). Rinaudo („Der Waldmacher“) entdeckte, dass zerstörter Wald in einem unterirdischen Wurzelnetzwerk fortlebt und dort auch wiederbelebt werden kann. (Die Bäume waren übrigens in den 1960er Jahren im Rahmen von „Entwicklungshilfe“ gefällt worden, um großflächige „industrielle“ Landwirtschaft mit großen Maschinen zu ermöglichen.)

Seine leicht von Bauern anzuwendende natürliche Methode zur Renaturierung verödeter Landschaften hatte er im Niger entwickelt. Das Land ist fast viermal so groß wie Deutschland und besteht zu zwei Dritteln aus Wüste. 50.000 Quadratkilometer Land wurden mit mehr als 200 Millionen Bäumen aufgeforstet. Davon profitierten bislang 1,8 Millionen Menschen, die unter anderem die Getreideproduktion um 500.000 Tonnen steigerten. Die Wiederaufforstung hat maßgeblich dazu beigetragen, dass Niger seine Pro-Kopf-Produktion von Hirse und Sorghum, die 90 Prozent des Nahrungsmittelverbrauchs im Lande decken, seit 1980 stabil halten konnte – trotz des hohen Bevölkerungswachstums. Rund 40 Bäume pro Hektar schützen die Feldfrüchte vor Wind und Sonne und verbessern die Bodenfruchtbarkeit.

Inzwischen wird die Methode erfolgreich in Äthiopien, Tschad, Burkina Faso, Mali und natürlich im Niger angewandt.

Durch die geringen Kosten und die Vorteile für die Landwirtschaft verbreiten die Bauern die von Rinaudo gelehrten Techniken selbständig von Dorf zu Dorf. Die meisten Landwirte, die FMNR anwenden, sind Kleinbauern mit wenig technischem Gerät und kleinen Grundflächen.

Mit dem Verfahren konnten nicht nur Ernteerträge gesteigert, sondern auch das Mikroklima verändert werden, so dass Niederschläge wieder zunahmen. Das Überraschende ist, dass die Methode sehr einfach ist und dass nicht Millionen von Euro oder Dollar dafür ausgegeben werden müssen. Noch immer sind sich nur wenige Regierungen, Hilfsorganisationen und Geldgeber dem ganzen Potenzial dieser Methode bewusst. Vielleicht liegt das an dem geringen Mittelabfluss?

Mehr Hintergrundinfos zu Afrika:
Volker Seitz, Afrika wird armregiert oder Wie man Afrika wirklich helfen kann. Deutscher Taschenbuch Verlag (dtv), 288 Seiten, 12,90 €.


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Kommentare ( 27 )

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Britsch
3 Jahre her

Ich hätte mir gewünsch; daß mehr auf das eingegangen worden wä#re was der einfache Bauer fertig gebracht hat. Der anfangs für verückt gehalten wurde, nicht nur von Einheimischen / seines Gleichen sondern auch und vor Allem von „wissenschaftlichen Experten“ und Entwicklungshelfern, Entwiclungshilfe „Industrie“. Die dessen Leistung möglichst klein reden will. Ein ganz einfacher „ungebildeter“ Bauer. Ohne Jegliche finanzielle Unterstützung und zutun von „Experten“ was der geschafft hat, kann doch gar nicht sein Da könnte man ja direkt auf den Gedanken kommen ob das Geld für die Ganzen Entwicklungshilfeprojekte nicht z.B. der Kenntnis des einfachen einheimiscghen Bauern folgend viel besser angelegt… Mehr

Waehler 21
3 Jahre her

Hab ich nur krudes Zeug in der Schule gelernt? Ist der Mensch an der Wüstenbildung in Afrika Schuld? Nein, nein und nochmals nein. Der Mensch versucht ein Normklima herzustellen, wobei eventuelle Abweichungen von Herrn Habeck verboten werden. Die Regenmengen sind trotz Erderwärmung gleich groß/klein geblieben. Das bedeutet, wenn irgendwo Regen fällt, kann dieser nicht mehr woanders fallen. Sollte dieser grüne Wall erfolg haben, heißt das, dass die Passatzonen verschoben werden und dies dürfte auch Auswirkung auf das Deutsche Klima haben, jedenfalls mehr als das CO2. Um es klar zu sagen, wir haben dann das gleiche Klima wie es heute Spanien… Mehr

Jrgen D.
3 Jahre her

Für die Sahara Anrainer ist es positiv, wenn sie mehr Regen und besseren Boden haben , um mehr Nahrungsmittel anzubauen. Ist das nun auf den Klimawandel zurückzuführen, also mehr Sonnenstunden oder auf den menschlichen Beitrag mehr CO2 in der Atmosphäre. mir fehlt aktuell der Durchblick. Was sagt PIK dazu, die waren ja nur nur Millimeter vor dem endgültigen erklären des Erdklimas. Gibt es Aussagen der Klimahüpfer? Es ist unverantwortlich, dass auf dieser unsicheren Datenbasis langfristige essentielle Entscheidungen getroffen werden.

AHamburg
3 Jahre her

erzählt das bloß nicht unseren Potsdamer Klimafreunden um Wichtighuber und Rahmsdorf. Die wollen nur Panik und Endzeitanalysen hören.

Schwabenwilli
3 Jahre her

Tja, wenn die rasend schnell wachsende Bevölkerung das Grün aber schneller wegfuttert als es nachwachsen kann………….

Rasio Brelugi
3 Jahre her

Zitat: „Auch der Geograph Stefan Kröpelin konnte bereits beobachten, dass der Klimawandel die Sahara offenbar sehr viel früher wieder ergrünen lässt, als es allein nach dem natürlichen Zyklus der Fall wäre.“ (Zitatende)

Welchen „natürlichen Zyklus“ jenseits der Klimaänderungen soll es denn geben?

StefanB
3 Jahre her

Der Artikel gibt Hoffnung, dass „etwas geht“, wenn man mit Verstand an eine Sache herangeht.

Da die grüne Mauer noch lange nicht fertig ist, hier mein Vorschlag: Alle Klimahüpfkinder (auch die, die schon erwachsen sind) werden für ein Jahr im Rahmen der Entwicklungshilfe nach Afrika geschickt, um dort (gleichberechtigt) beim weiteren Anbau der Bepflanzung zu helfen. 😉

Andreas aus E.
3 Jahre her

Endlich mal erfreuliche Meldungen aus Afrika.

Christa Born
3 Jahre her

Wenn die Guten mal draufkommen dass das hauptsächlich „Weisse“ sind (sie selbst), die sich da in der „Entwicklungshilfe“ (dieser Begriff…!! White Supremacy vom Feinsten) bei den „Schwarzen“ tummeln. Auweia. Forscherinnen und Forscher des Max-Planck-Instituts, Töchter und Söhne des weissen Mannes – oweh. Schlimmer geht’s ja nimmer. Selbst den Afrikanern ist das schon aufgefallen.

Kaltverformer
3 Jahre her

Pfui Herr Seitz. Schämen sie sich 🙂
Weiß doch jeder das der Klimawandel böse und und ein Weißer ist und wir alle ab 2030 verbrannt sein werden.

Das um und auf in Afrika ist Bevölkerungskontrolle und Bildung.
Aktuell wird jede Produktivitätssteigerung schlicht und ergreifend weg gefressen.