Regierung habe „keine Ambition zur Begrenzung“ – Chef der französischen Migrationsbehörde wirft hin

Guillaume Larrivé, Präsident des französischen Amts für Einwanderung und Integration (OFII), ist mit sofortiger Wirkung zurückgetreten. In einem offenen Brief begründet er den Schritt mit der „fehlenden Ambition“ der neuen Regierung, die Migration spürbar zu begrenzen. Larrivé kritisiert offen die Abkehr von Rückführungen, Visa-Kürzungen und Reformplänen und warnt vor wachsendem Kontrollverlust.

picture alliance / abaca | Bourguet Philippe/BePress

In Frankreich ist der oberste Migrationsverwalter zurückgetreten – nicht wegen Skandal, Versagen oder Überforderung, sondern wegen zu wenig politischem Willen. Guillaume Larrivé, Chef des französischen Amts für Einwanderung und Integration (OFII), erklärt in einem offenen Brief, warum er seinen Posten niederlegt: Die Regierung habe jede Ambition aufgegeben, die Einwanderung zu reduzieren.

„Ich habe diese Aufgabe angenommen, um bei der Reduzierung der Einwanderung und der Förderung der Assimilation zu helfen“, schreibt Larrivé. Doch nach der Regierungserklärung des neuen Premierministers Sébastien Lecornu sei klar: Es soll gar nichts mehr reduziert werden. Die Regierung kapituliert, bevor sie begonnen hat – und das in einem Land, das in dieser Frage längst mit dem Rücken zur Wand steht.

Larrivé war im September 2024 von Präsident Macron ernannt worden – auf Vorschlag von Bruno Retailleau, damals Innenminister. Der Auftrag war klar umrissen: legale Migration steuern, Integration fördern, Visa begrenzen, Rückführungen durchsetzen. Doch mit dem Abtritt der alten Regierung ist dieser Kurs offenbar passé.

Stattdessen: verwässerte Signale, absehbare Überforderung, ein fortgesetztes Spiel mit der Geduld der eigenen Bevölkerung. Larrivé spricht offen von einem sich verschärfenden „Einwanderungschaos“. Keine Reduktion der Visa-Zahlen, keine Anstrengung zur Rückführung, keine Reformen mit Substanz – Frankreich lasse die Kontrolle bewusst fahren.

In seiner Rücktrittserklärung lobt Larrivé zwar die ursprünglichen Reformansätze der Vorgängerregierung. Doch es bleibt ein bitterer Nachgeschmack: All die Pläne, Ankündigungen, Absichtserklärungen – sie hatten offenbar nie die Rückendeckung, die nötig gewesen wäre, um aus ihnen Realität zu machen.

Die Reaktionen aus dem Lager der Migrationsanwälte offenbaren zusätzlich, wie groß der Graben inzwischen ist: Chirinne Ardakani, spezialisiert auf Ausländerrecht, begrüßt Larrivés Rücktritt ausdrücklich – und wünscht sich, „alle Mitglieder des OFII-Verwaltungsrats“ mögen es ihm gleichtun. Die Anwältin moniert, dass das Amt ohnehin nicht für Begrenzung zuständig sei, sondern für Integration. Der Titel „Amt für Einwanderung und Integration“ – für sie offenbar nur halbrichtig verstanden.

Doch gerade darin liegt das eigentliche Problem. In einem Staat, der seine Verwaltungseinheiten nicht mehr klar zwischen Kontrolle und Fürsorge trennt, geht die Souveränität immer mehr verloren. Integration ohne damit verbundene Zielsetzung und Kontrolle wird zum bloßen Wunschbild und unerreichbar. Begrenzung ohne Rückhalt zur leeren Geste. Und Behörden, die als technokratische Dienstleister der Humanitätsrhetorik degradiert werden, verlieren jede Wirksamkeit.

Guillaume Larrivé hat daraus die einzig logische Konsequenz gezogen: den Rückzug. Seine Mission – die Begrenzung und Steuerung der Migration – sei „nicht mehr erfüllbar“. Eine Diagnose, die man sich auch diesseits des Rheins dringend zu Herzen nehmen sollte.

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Kommentare ( 29 )

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29 Comments
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Manfred_Hbg
1 Monat her

Zitat: „Doch nach der Regierungserklärung des neuen Premierministers Sébastien Lecornu sei klar: Es soll gar nichts mehr reduziert werden. Die Regierung kapituliert, bevor sie begonnen hat – und das in einem Land, das in dieser Frage längst mit dem Rücken zur Wand steht.“ > Nicht anders geht es doch auch bei uns in „Schland“ zu. Was hier aber ausdrücklich zu sagen und zu begrüßen ist: dass hier jener „franz. Präsident für Einwanderung und Integration, Guillaume Larrivé, nicht nur Rückgrad am zeigen ist, sondern das er auch Ar…. in der Hose hat und mit seinen Rücktritt nicht bis zum Sant Nimmerseinstag… Mehr

OJ
1 Monat her

Avanciert Frankreich in den nächsten Jahren zum dritte Welt Land❓

November Man
1 Monat her
Antworten an  OJ

 Wenn es nach den Ratingagenturen Fitch und S&P geht ist es schon so weit.

Unglaeubiger
1 Monat her

Ein Mensch mit so etwas Ähnlichem namens Charakter! So jemand kann man in D nicht erwarten, den Pöstchen, Ämter und vor allen Dingen Money, Money sind wichtiger als Anstand und Charakter! Wer ist bei uns Integrationsminister??? Egal, unsichtbar, unhörbar – und absolut verzichtbar, wäre da nicht Money, Money, Money.

Vati5672
1 Monat her

Jeder

der eine Obergrenze möchte oder gar einen Paß sehen ist faschistoid – nazi.
Mindestens.

NochNicht2022
1 Monat her

Ein Quatsch-Auftrag an den „obersten Migrationsverwalter“ (sic!): „Legale Migration steuern, Integration fördern, Visa begrenzen, Rückführungen durchsetzen.“ Könnte auch für die Bullshit-Regierung von Fritze kommen. Richtig ist hingegen folgender Befehl (in Kurzform) an die für den Grenzschutzverantwortlichen vor Ort (ersatzweise Militär, wenn es solche Organe gar nicht mehr geben sollte) sowie die „Gendamerie nationale“: „Absolute Zurückweisung von Fremdpersonen ohne Aufenthaltstitel an der Grenze zu ’sicheren‘ Nachbarstaaten. Unverzügliche Inhaftierung solcher Personen, wenn sie im Inland aufgegriffen werden. Abschiebung innerhalb von 14 Tagen. Ansonsten Inhaftierung bis zu drei Jahren. Bei Personen ohne Papiere: Sofortige Inhaftierung bis zu drei Jahren bis zum Abschluß der… Mehr

verblichene Rose
1 Monat her
Antworten an  NochNicht2022

Ist das mit den drei Jahren irgendeine gesetzliche Vorgabe?
Warum nicht unbegrenzt schmoren lassen? 6 qm pro Person dürften übrigens völlig ausreichend sein. 

Raul Gutmann
1 Monat her

Wenn jen- und diesseits des Rheins die gleiche verhängnisvolle Politik betrieben wird, ist das weniger eine Grund zur Zufriedenheit – die „Erbfeinde schreiten gemeinsam“ -, sondern vielmehr Grund zu Sorge.
Den Berliner Verlorenen mag der Holocaust als Exculpation dienen, doch was können die den Interessen des französischen Volkes entgegenhandelnden Politiker im Élysée-Palast zu ihrer Verteidigung anführen?

November Man
1 Monat her

Nicht nur England und Frankreich haben große Probleme mit der unkontrollierten Zuwanderung. Deutschland hat sogar massive Probleme mit der immer weiter ausufernden Massenzuwanderung. Bei uns hat sich sogar das Stadtbild verändert. Jeder kann es jeden Tag sehen. Manche spüren es sogar am eigenen Leib. Und manche bezahlen mit ihrem Leben.
Selbst der ansonsten unfähige Kanzler sagt: „Aber wir haben natürlich immer im Stadtbild noch dieses Problem, und deswegen ist der Bundesinnenminister ja auch dabei, jetzt in sehr großem Umfang auch Rückführungen zu ermöglichen und durchzuführen.“
Wobei man die Worte auch von diesem Schatten-Kanzler nicht ernst nehmen kann.

andreas donath
1 Monat her
Antworten an  November Man

Und die lächerlichen Scheinmaßnahmen des Dauergrinsers Dobrindt auch nicht, alles Show. Von CDU und CSU ist keine Umkehr zu erwarten.

Boris G
1 Monat her

Wilhelm, Du hast es erkannt: Fast alle diversen Gesellschaften sind grausam gescheitert – Frankreich wird keine Ausnahme sein.

Ohanse
1 Monat her

„Arrivee“ heißt „Ankunft“. Wäre vielleicht besser, jemanden zu beschäftigen, der „Laurevoir“ oder „Ladieu“ heißt.

Klaus Kabel
1 Monat her

England, Frankreich, Deutschland werden die ersten muslimischen Staaten Westeuropas sein. Das einzige Mittel, dies noch zu verhindern, wäre die gewaltsame Rückführung derMuslime durch Militär- und Polizeiaktionen. Freiwillig gehen die nicht mehr. Zuweit hat sich dieses Krebsgeschwür schon in unsere Gesellschaften eingefressen. Unsere Enkel dürften vor der Entscheidung stehen, das Land zu verlassen oder zu konvertieren.

Last edited 1 Monat her by Klaus Kabel
P.Schoeffel
1 Monat her
Antworten an  Klaus Kabel

Eine drastische Kürzung der Alimentierung oder ihre vollständige Streichung für alle illegal Eingereisten würde durchaus helfen, vermute ich.

NochNicht2022
1 Monat her
Antworten an  P.Schoeffel

Bei den Tschechen hieß das einmal „Odsun“. Abschiebung, nichts weiter. Da hat sich bis heute – außer den betroffenen Sudentendeutschen vereinzelt selbst – niemand völkerrechtlich beschwert. Scheint also doch zulässig zu sein!

Haba Orwell
1 Monat her
Antworten an  Klaus Kabel

> Das einzige Mittel, dies noch zu verhindern, wäre die gewaltsame Rückführung derMuslime durch Militär- und Polizeiaktionen.

Ein Bürgerkrieg wäre genauso idiotisch und verheerend wie ein Krieg gegen Russland. Wenn es so geworden ist, muss man irgendwie mit Muslimen leben. Sogar in Gaza blieb bis heute eine christliche Gemeinde (eigentlich mehrere, darunter katholische) – die größte Gefahr droht diesen nicht gerade von Muslimen. https://de.wikipedia.org/wiki/St.-Porphyrius-Kirche

andreas donath
1 Monat her
Antworten an  Haba Orwell

Sie glauben wohl auch noch an die Mär vom friedlichen Islam …….