Das Christentum ist weiterhin die meistverfolgte Religion der Welt

In Berlin wollen CDU und SPD einen „Internationalen Tag gegen Islamfeindlichkeit“. Dabei sind Christen die weltweit am meisten verfolgte Religionsgruppe. Allein in Nigeria wurden rund 5.000 Menschen ihres Christseins wegen getötet. Medien und Politik schweigen.

IMAGO / Le Pictorium

Die neue Große Koalition in Berlin weiß, was Prioritäten sind. Den 15. März wollen Union und SPD als „Internationalen Tag gegen Islamfeindlichkeit“ öffentlich thematisieren und würdigen. Ein mutiges Unterfangen, angesichts der um sich greifenden Islamophobie in Deutschland, wo sich bekanntlich muslimische Frauen nicht mehr in christlich geprägte Viertel wagen können, wenn sie Kopftuch tragen. Dabei sollte der heutige Karfreitag eigentlich den Blick auf die wirklich bedrohte Religionsgemeinschaft dieses Planeten richten.

Denn tagtäglich tragen unzählige Christen in der Welt ihr Kreuz, sind Opfer von Verfolgung und erleiden das Martyrium im Namen des Herrn. Die größte Christenverfolgung der Geschichte habe nicht im Römischen Reich stattgefunden, sondern finde aktuell, in der Gegenwart, statt – so Josef Pühringer von der kirchlichen Stiftung Pro Oriente. Eine neue Entwicklung sei in Südamerika zu beobachten, wo autoritäre Regime wie in Nicaragua gezielt Christen wegen ihres Glaubens töteten. Der sozialistische Diktator Daniel Ortega habe sogar die Prozessionen an den Kar- und Ostertagen verboten.

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Laut dem christlichen Hilfswerk Open Doors sind weltweit mehr als 360 Millionen Christen einem hohen bis extremen Maß an Verfolgung und Diskriminierung ausgesetzt. Die Organisation ordnet weltweit fünfzig Länder den Rubriken „extreme Verfolgung“ und „sehr hohe Verfolgung“ zu. Unter den TOP 10 sind überwiegend muslimisch geprägte Länder wie Somalia, Jemen, Eritrea, Libyen, Pakistan, der Iran, Afghanistan und der Sudan; auffällig ist, dass instabile Staaten wie Somalia, Eritrea und Libyen die vorderen Plätze belegen.

Doch sollte man Christenverfolgung nicht als reines Phänomen muslimisch-traditioneller Staaten abtun. Denn Platz 1 der Liste belegt das atheistisch-kommunistische Nordkorea. Auch die Volksrepublik China belegt mit Rang 16 einen nennenswerten Platz, angesichts seiner gewaltigen Bevölkerungszahl und der dort bestehenden Untergrundkirche. Indien, das in westlichen Medien so gut wie gar keine Erwähnung findet, belegt Rang 11. Das Image als „größte Demokratie der Welt“ kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Politik der hindu-nationalistischen Regierung fruchtet. Davon sind übrigens nicht nur Christen, sondern auch Muslime betroffen.

Einen speziellen Fall stellt das zwischen muslimischem Norden und christlichem Süden zerrissene Nigeria dar, das mit 213 Millionen Einwohnern zu den größten Ländern des Globus zählt. Die dortige Jagd islamischer Milizen auf christliche Bewohner hat es nur im Zuge des Pfingstmassakers in einer Kirche in die Medien geschafft. Ansonsten bleibt die Berichterstattung karg. Rund 100 Millionen Nigerianer bekennen sich zum christlichen Glauben.

Dass am 1. März mit Bola Tinubu ein Vertreter der Regierungspartei gewonnen hat, weckt wenig Hoffnungen für eine Änderung der Verhältnisse. Schon sein Vorgänger Muhammadu Buhari stand den Christenverfolgungen indifferent gegenüber. Wie Buhari ist er Muslim. Zwischen Oktober 2021 und September 2022 wurden laut Open Doors weltweit 5.621 Christen ihres Glaubens wegen ermordet – 5.014 davon allein in Nigeria. Weitere 4.726 Christen wurden als entführt gemeldet. Die Dunkelziffern liegen vermutlich höher. Die Organisation spricht von einer „gezielten Vertreibung und Auslöschung der christlichen Bevölkerung“.

Dass Nigeria dennoch nicht auf Platz 1 der Weltrangliste liegt, hängt mit der Art der Christenverfolgung zusammen. Sie ist in Nigeria nicht staatlich organisiert, sondern akzentuiert sich durch Übergriffe von islamischen Gruppierungen.

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Länder wie Nordkorea und China organisieren die Christenverfolgung dagegen „von oben“. Dazu gehört die Schließung und Zerstörung von Kirchen, die Festnahme von Geistlichen, Einschüchterung von Gläubigen oder inszenierte Prozesse gegen bekannte christliche Gestalten, wie etwa den populären Kardinal Joseph Zen. Religiöse Inhalte dürfen auf Online-Plattformen nur mit staatlicher Lizenz verbreitet werden, ansonsten droht strafrechtliche Verfolgung. Der Pastor einer Hauskirche wurde etwa nur deswegen festgenommen, weil er christliche Literatur im Internet anbot.

Dieses autoritäre Modell herrscht auch in Ländern wie Myanmar, Malaysia, Algerien und der Türkei vor. Zu Letzterer berichtet Open Doors: „Während des Berichtszeitraums wurden etliche Kirchengebäude beschädigt, entweiht, in Moscheen umgewandelt oder anderweitig angegriffen. Insbesondere christliche Asylbewerber und Flüchtlinge (einschließlich Konvertiten vom Islam) aus Ländern wie Iran, Afghanistan und Syrien waren erheblicher Diskriminierung und Misshandlung ausgesetzt.“ Während eine Organisation wie Ditib hierzulande die Macht des türkischen Staates im Namen der Religionsfreiheit ausbaut, zeigt sich derselbe Staat gegenüber den eigenen Minderheitsreligionen unbarmherzig.

Neben Nigeria konstatiert das Hilfswerk auch für andere Staaten Afrikas eine Zunahme von Gewalt gegen Christen. Christliche Dörfer werden dort regelrecht terrorisiert. Die muslimische Bevölkerung solidarisiert sich in vielen Fällen mit anti-christlichen Milizen. Dabei bestehen keine Skrupel, auch geschützte Bereiche anzugreifen. Am 7. Juli 2022 griffen Milizen der „Allied Democratic Forces“ in der Demokratischen Republik Kongo ein von Christen geführtes Krankenhaus an und töteten 13 Menschen.

Afghanistan ist nach der Taliban-Übernahme von Rang 1 auf Rang 9 gefallen. Das mag zuerst verwundern, hängt aber nicht mit der Toleranz der Taliban, sondern vielmehr mit den unbekannten Umständen seit dem Abzug westlicher Truppen zusammen. Zudem sind zahlreiche Christen geflohen; ein Punkt, der für viele islamische Länder zutrifft. Dass der Christenverfolgungswert in manchen dieser Länder sinkt, hängt demnach damit zusammen, dass es dort schlicht keine Christen mehr gibt. Der Exodus im Nahen Osten hält an. Neben den internen Verfolgungsmechanismen spielt die Türkei auch hier als auswärtige Macht eine unrühmliche Rolle. Zitat zu Syrien:

„Christen im Nordosten Syriens sind den Angriffen der Türkei auf ihre Dörfer ausgesetzt, bei denen Dutzende von Kirchen, christliche Friedhöfe, Schulen und andere wichtige Gebäude schwer beschädigt wurden. Deshalb verlassen viele ihre überwiegend von Christen bewohnte Region.“

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Christen sind weiterhin die meistverfolgte Religionsgemeinschaft der Welt. Dass auf der Welt auch Muslime verfolgt werden, ist Fakt; allerdings gibt es in der islamischen Welt eine breite Solidarität mit den Glaubensbrüdern. Auf wen sollen die Christen in der Welt zählen? Auf einen säkularisierten Westen, der potenzielle Verfolger und Verfolgte gleichsetzt, und beim Leidensschrei der orientalischen Christenheit mit den Achseln zuckt, weil er glaubt, dass ein Christ in einem muslimischen Land ebenso diskriminiert wird wie ein Muslim? Oder denkt, dass ein Konvertit zum Christentum in einem muslimischen Lager genauso viel Achtung erfährt wie ein muslimischer Flüchtling?

Die einzige potenzielle Lobby der verfolgten Christenheit kann daher nur in den zumindest historisch christlich geprägten Staaten liegen. Deren bequeme Flucht in Relativismus und Gleichmacherei ist eher Hypothek denn Hilfe für die Märtyrer, die ganz im Sinne der frühen Kirchen das eigentliche Rückgrat des Christentums bilden. Denn: „Und ihr werdet um meines Namens willen von allen gehasst werden; wer aber bis zum Ende standhaft bleibt, der wird gerettet.“

Im sicheren Berlin, wo Diskussionen über ein Tanzverbot an Ostern die größte spirituelle Herausforderung darstellt, indes woanders christliche Dörfer niedergebrannt werden, ist die Thematisierung von Islamophobie ein ideologisch komfortabler Modus, um das, was in der Welt wirklich vor sich geht, auszuklammern. Da wäre die Einführung eines Internationalen Tages gegen die Christenverfolgung, wie ihn im Januar der AfD-Abgeordnete Jürgen Braun im Bundestag vorgeschlagen hat, wesentlich zielführender.

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Kommentare ( 44 )

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9 Monate her

Der schwedische sozialistische Ministerpräsident PALME hat zu seiner Zeit richtig ausgesprochen: Wir leben im post-christlichem Zeitalter. Der Beginn der Christenverfolgung kann man getrost auf den 14. Juli 1789 setzen – Französische Revolution. Nicht umsonst ist in der modernen Charta der Entstehung der Europäischen Union der Beginn der Entstehung Europas auf die Französische Revolution angesetzt. In der Charta steht in der Präambel, daß  Europa 1789 entstanden ist. Es wird mit keinem Wort das Christentum sogar erwähnt. Der russische Schriftsteller und Denker Fedor Dostojewskij schrieb Ende des 19. Jahrhundert, daß der Sozialismus, Kommunismus mit einer Wirtschaftslehre nichts zu tun hat. Es ist reiner… Mehr

Johann Thiel
1 Jahr her

Danke lieber Herr Gallina für den aufrüttelnden Artikel und dafür, jene zu benennen, die bereit sind diese Dinge auch im Bundestag zu thematisieren.

abel
1 Jahr her

Der ÖRR muß fallen, dann ändern auch die Kirchen Ihre Politik. Wenn ich sehe wie bei uns nur noch die grünsten der GRÜNEN Pfarrer(innen) werden.

abel
1 Jahr her

An die Stelle von Christentum ist im Westen der Gott des Konsums eingeführt worden. Ja, die 10-Grundregeln der Religion sind eine Herausforderung für jeden einzelnen. Ich selbst konnte Sie nie ganz erfüllen, aber sie sind wichtig im Leben. Negativ hinzukommt das gerade im Westen die Linken und die Grünen die Kirchen übernommen haben. In Deutschland besonders.

AlexR
1 Jahr her

Irgendwann wird uns die „Weltreligion“ namens Islam alle beherrschen. Und unsere idiotischste Regierungen seit Merkel im besten Deutschland aller Zeiten unterstützen das auch noch. Ganz vorne dabei eine GrünInn namens KGE, die sich auf neue Menschen freut. Ein nicht unwesentlicher Teil dieser neuen Menschen sind missionarisch unterwegs. Aber das wird von der Hampel und wurde von den Merkelregierungen als Fortschritt deklariert. Weil u.a. braucht Deutschland ja Fachkräfte. Fachkräfte im zerteilen eines Hammels? Oder bei den über Hand nehmenden Messerattacken? Oder den „Einzelfällen“ in Illerkirchberg? Alles kein Problem, wenn es sich um einen der Gäste von Frau Merkel handelt. Bei indigenen… Mehr

Nibelung
1 Jahr her
Antworten an  AlexR

Das kommt alles noch und wird sich auch im christlichen Westen verstärken, im Herzland des Christentums. Es war schon immer die Eigenheit aller Eroberer, die ungefragt eingedrungen sind und sich nun breit machen und es nur eine Frage der Zeit ist über eigene Population Mehrheiten zu schaffen und im Gegensatz zu den Europäern in Amerika und anderswo müssen sie noch nicht einmal Gewalt anwenden, sie wählen uns nur einfach ab und machen uns damit unbedeutend und rechtlos im eigenen Land. Anscheinend sind die hierzulande so dämlich und kapieren garnicht was hier abläuft, denn mit Strategie hat das nichts mehr zu… Mehr

abel
1 Jahr her
Antworten an  AlexR

Vielleicht in Deutschland. Leider wird das aber erneut zu einem Religionskrieg in Europa führen. Hauptschlachtfeld wie im 30-jährigen Krieg ist dann Deutschland.

Georg J
1 Jahr her

Machen wir uns nichts vor: das Christentum und seine Werte stören den „Wokeism“. Der christliche Glaube und seine spirituellen Werte spielen bei keiner einzigen deutschen Partei auch nur irgendeine Rolle. Christentum ist „out“ im politischen Geschäft. Aber die Lücke, die durch die Abkehr vom christlichen Glauben enstanden ist, auch bei den Parteien, wird durch andere „Sinngebungsgeschichten“ gefüllt, am Prominentesten durch die „Klimareligion“. Eine Merz-CDU ist auf Grund der Abwendung von christlichen Werten spirituell komplett ausgehöhlt, deswegen der Klimapartei der Grünen so devot zugeneigt. Die Merz- CDU hat keine eigene Identität mehr.

Last edited 1 Jahr her by Georg J
beko
1 Jahr her
Antworten an  Georg J

Ich versuche ja zu verstehen, aber was ist „Wokeism“? Zudem bitte ich zu bedenken, dass sicherlich der Glauben von gewissen Pseudo-Religionen abgelöst wurde und immer noch wird – zumindest in Deutschland oder nur in Deutschland?! Und wenn ja, warum gerade in Deutschland? Oder handelt es sich eher um Weltuntergangsszenarien, die wohl auch bereits seit Aufkommen des Christentums fester Bestandteil der Beeinflussung der Gläubigen geworden sind. Etwa wie die Beichte vor dem Herren – sprich Ablasshandel. Oder die Angst vor dem Teufel, die auch eine solche Erfindung war? Mit einer gewissen Panik im Nacken sind Menschen eben leichter zu lenken! In… Mehr

H.H.
1 Jahr her

„Auf wen sollen die Christen in der Welt zählen? Auf einen säkularisierten Westen, der potenzielle Verfolger und Verfolgte gleichsetzt, und…?“
Oder etwa auf die dt. katholische Kirche? Nee, die ist voll mit ihrem synodalen Weg beschäftigt

Deutscher
1 Jahr her

„Das Christentum ist weiterhin die meistverfolgte Religion der Welt“ Nun, sie ist ja auch die am weitesten verbreitete. Da ergibt sich das schon rein mathematisch. Auch sollte man nicht außer Acht lassen, dass sie bisher die Religion ist, die in ihrer Geschichte am meisten andere Religionen – oftmals bis heute als „Heidentum“ verspottet – verfolgt und ganz oder nahezu ausgelöscht hat. Natürlich schmälert das nicht die Gewalt, die aktuell von der selbsternannten „Religion des Friedens“ ausgeht. Für mich sind allerdings alle monotheistischen Religionen inakzeptabel, da sie schon im Gottesbild totalitär und deshalb problematisch sind, was unzählige ihretwegen geführte Kriege und… Mehr

Last edited 1 Jahr her by Deutscher
Christian1
1 Jahr her

Ich frage Leute , die das Thema „ Islamfeindlichkeit“ in meiner Gegenwart auf‘s Trapez bringen wollen immer, welchen Islam sie meinen – der mit Flugzeugen in Hochhäuser fliegt, oder den, der den Vater glücklich preist, dessen Tochter schon vor der ersten Blutung erfolgreich verheiratet wurde oder vielleicht den, wo die Frauen nur mit schriftlicher Genehmigung des Mannes oder Bruders das Haus verlassen dürfen , oder den , wo die Frauen abgestochen werden, wenn sie sich nicht Islamkonform verhalten, oder oder oder…..
Damit ist die Diskussion komplett trockengelegt.

Bulldog
1 Jahr her

In Indien werden per se keine Christen verfolgt. Christliche Einrichtungen stehen – anders als hinduistische Tempel – nicht unter staatlicher Aufsicht, genießen also – wie übrigens auch die Islamverbände dort – Autonomie jenseits staatlicher Kontrolle.
Allerdings gibt es dort zunehmend Missionare, die mit tatkräftiger (Geld-)Unterstützung aus dem Westen (USA) die Mehrheitsgesellschaft in Frage stellen. Das ist nichts weiter als Öl ins Feuer zu gießen und hat nichts mehr mit friedlicher Religionsausübung und gelebter Koexistenz zu tun.
Wir sind auch ja nicht glücklich, wenn Salafisten hier ihren „Dawah“ Stuss auf den Straßen austragen!