Frankreich: Christophobie im einstigen Land des allerchristlichsten Königs

857 antichristliche Delikte meldet das Innenministerium – mehr als die Hälfte aller antireligiösen Straftaten 2021. Im August tötet ein illegaler Migrant aus Ruanda einen Priester, im Mai bedrohen „Antifaschisten“ eine Prozession. Im Land des Laizismus erobert der Islam Straßenabschnitte, während Katholiken ein Schattendasein fristen.

Sicherheitskräfte bewachen eine Messe zu Allerheiligen in der Kirche Saint-François-Xavier in Paris.

Ein Maßstab dafür, ob ein Land sich zumindest in seiner historischen Identität als essenziell katholisch empfindet, erkennt man daran, ob der 8. Dezember ein Feiertag ist oder nicht. Mariä Empfängnis ist wie Fronleichnam ein durch und durch katholisches Fest, das es nicht nur vom Protestantismus, sondern auch von allen anderen christlichen Konfessionen scheidet. Dass das heutige Frankreich sich als laizistischer Staat empfindet, der seit der Revolution mit seiner tiefsitzenden katholischen Identität gebrochen hat, erkennt man daran, dass weder der eine noch der andere Tag als staatlich anerkannter Feiertag gilt. Von dem Selbstverständnis der jahrhundertelang herrschenden Könige aus dem Geschlecht der Kapetinger und ihren Seitenzweigen – ob Ludwig der Heilige, Franz I. oder Ludwig XIV., sie alle stammen vom Urahn Hugo Capet ab – ist heute wenig über: Sie trugen selbst den Titel eines allerchristlichsten Königs.

Von der langjährigen Herrschaft einer einzigen Dynastie mit weitreichender Hausmacht und später absolutistischem Gebaren sind nur noch der französische Zentralstaat und die starke Stellung des französischen Präsidenten geblieben. Dekor und Paläste und der Anspruch des Staates selbst bleiben erhalten, doch die eigentliche Seele Frankreichs wurde vor 200 Jahren traumatisiert, als der jakobinische Mob der Revolution nicht nur Kirchen und Klöster zerstörte und plünderte (allen voran das Meisterwerk von Cluny), sondern auch die Grabeskirche der französischen Könige überfiel. In Saint-Denis vernichteten diese Vorläufer des linken Extremismus nicht nur die zeremoniellen Gegenstände, die bereits seit dem Frühmittelalter der Weihe der allerchristlichsten Könige dienten, sondern man zerrte auch gleich die einstigen Könige aus ihren Gräbern, sammelte die Knochen in einem Massengrab und vergrub sie mit Löschkalk.

Die Blindheit auf dem linken Auge hat die Situation in Frankreich mitvorbereitet

Zeit zum Lesen
„Tichys Einblick“ – so kommt das gedruckte Magazin zu Ihnen
Man muss sich dieser Geschehnisse bewusst sein, wenn man sich mit dem Katholizismus in Frankreich befasst. Die Französische Revolution hatte auf den Katholizismus eine ganz ähnliche Wirkung wie die Novemberrevolution in Russland auf die Orthodoxie; mit dem Unterschied, dass sich Wladimir Putin deutlich großzügiger gegenüber der Religion gezeigt hat als spätere französische Präsidenten. Während die Kirche in Deutschland über Kirchensteuern eng verdrahtet mit der politischen Abteilung ist, ist die Kirche in Frankreich bereits im 19. Jahrhundert de facto verbannt worden. Notre-Dame gehört nicht dem Bistum Paris, sondern dem französischen Staat. Könnte sich jemand vorstellen, dass der Kölner Dom ein staatliches Museum wäre, in dem der Erzbischof gnädige Erlaubnis Berlins hätte, um dort zu zelebrieren?

Die französischen Katholiken sind daher bereits deutlich länger gewohnt, ein Katakomben-Dasein zu fristen, was im Übrigen dem Glauben innerhalb der Gemeinde deutlich mehr geholfen als geschadet hat. Frankreich indes hat die historische Frage nach der Religion abgehakt geglaubt, indem es mit der Nation antwortete. Nur aus einem solchen Verständnis heraus ist erklärbar, wie Frankreich glauben konnte, durch die Kolonisation Afrikas ein Reich aus 100 Millionen Franzosen erschaffen zu können: Weder der Islam noch das lokale Brauchtum schienen eine Hürde bei der Romanisierung weiter Teile des Kontinents zu sein, hatte man doch im jakobinischen Bewusstsein auch die vorherige Identität auf dem Trümmerhaufen der Geschichte entsorgt.

Muslime überfallen Marienprozess

Der Katholizismus war in Frankreich nur noch eine Religion wie jede andere, das Ideal der Aufklärung sah insbesondere in den Muslimen Nordafrikas eine rückständige Bevölkerung, die mit etwas Zivilisationshilfe Mohammed ebenso abstreifen würde, wie man selbst sich zuvor des Heilands entledigt hatte. Danach würden auch diese Kinder der Nation französisch sprechen, französisch speisen, französisch singen und französisch denken. Im Übrigen war das keine rein französische Vorstellung der damaligen Zeit. Mit dem Verlust des Kolonialreichs in der Nachkriegszeit transformierte sich die Idee. Um es mit einem verhängnisvollen Wort des französischen Premierministers Michel Debré zusammenzufassen:

„Es müssen 100 Millionen Franzosen sein. Wenn das nicht durch Geburten zustande kommt, dann durch Einwanderung.“

Dass sich diese historische Einschätzung als eklatante Fortsetzung des jakobinischen Wahns entpuppen sollte, der glaubt, nur durch die richtige „Aufklärung“ das Menschenschicksal richten zu können, wird uns als Nachgeborene tagtäglich vor Augen geführt. Symbolisch dient dazu neuerlich der 8. Dezember, dieses Mal im Jahr 2021. Wir sind in Nanterre. Mit einer Fackelprozession begehen Katholiken das Hochfest der Unbefleckten Empfängnis. 30 Gläubige wollen von der Kapelle Saint-Joseph-des-Fontenelles zur rund einen Kilometer entfernten Pfarrei Sainte-Marie-des-Fontenelles ziehen. „Aber kurz nach 19 Uhr, und während wir nur einige hundert Meter vorangeschritten waren, griff uns eine Gruppe Unbekannter auf dem Weg zur ersten Gebetsstation verbal an“, sagt der Diakon Jean-Marc Sertillange.

Mittlerweile mehr Attacken gegen Christen als gegen Juden

Gestörter Gottesdienst
„Allah“-Ruf in der St. Antonius-Kirche in Düsseldorf 
Beleidigungen richten sich gegen die friedlichen Katholiken, deren Prozession bei der Behörde angemeldet ist. „Kuffar“ (Ungläubige) werden sie genannt, jemand droht, ihnen „die Kehle durchzuschneiden“. „Sie bespritzten uns mit Wasser und schnappten sich dann eine der Fackeln, die sie in unsere Richtung warfen“, berichtet Sertillange. Katholiken sehen sich in ihrem eigenen Land bedroht und müssen damit rechnen, dass ihnen die Politik außer warmen Worten nichts bieten kann. Frankreich ist das Land, in dem nicht nur Synagogen, sondern auch Kirchen von Sicherheitskräften bewacht werden müssen. Der Essayist Guy Millière fasst es so zusammen: „Frankreich ist heute ein Land, in dem Christen und Juden so häufig beleidigt und angegriffen werden, dass die Zeitungen nur darüber berichten, wenn jemand getötet oder verwundet wird.“

Der Bericht des französischen Innenministeriums scheint dieses Urteil zu bestätigen. Es meldete am 10. Februar 1.659 antireligiöse Handlungen im Jahr 2021 – davon allein 857 gegen das Christentum gerichtet. 589 wendeten sich gegen das Judentum, 213 gegen den Islam. Zynisch könnte man sagen: Frankreich ist auf einem guten Weg, denn 2019 gab es noch 996 antichristliche Delikte. Aber dass die einst als älteste Tochter der Kirche gehandelte Nation auf einem verhängnisvollen Weg gelandet ist, hat nicht erst die Enthauptung des Priesters Jacques Hamel in der Normandie gezeigt. Es ist ein Kontinuum von Straftaten, die sich schon Jahre zuvor in Kirchenschändungen und Kirchenbränden manifestiert hat. Diesen vandalistischen Vorlauf kann man mittlerweile auch in Deutschland beobachten. In Paris ist mittlerweile ein eigenes Institut – das Observatoire de la christianophobie – ansässig, das die Taten dokumentiert.

Abgelehnter Asylantragsteller legt Kirche in Brand und bringt dann einen Priester um, der ihm Obdach gewährte

Hier nur einige Beispiele aus dem Dezember 2021, neben der erwähnten Prozession. In La Roque-d’Anthéron versuchen Brandstifter gleich zweimal in einer Woche, die Kirche in Brand zu setzen. In der Silvesternacht zerstören Unbekannte in Creutzwald mit Feuerwerkskörpern die Lichter, Töpfe, Statuetten und den Briefkasten eines Presbyteriums. In Les Artigues-de-Lussac zerreißen Vandalen die Krippe in der Advents- und Weihnachtszeit. In Château la Vallière schüren Brandstifter innerhalb einer Kirche über der Krippe Feuer. In Les Sables d’Olonne wird eine Marienstatue im Park niedergerissen und zertrümmert.

Will man die ganze Dimension verstehen, gilt es, auf das Beispiel des ermordeten Provinzoberen der Montfortianer, Pater Olivier Maire, hinzuweisen. Pater Maire bot dem polizeibekannten ruandischen Migranten Emmanuel Abayisenga Obdach. Nach einem erfolglosen Asylantrag sollte der Mann abgeschoben werden. Der Montfortianer bezahlte für seine Nächstenliebe mit dem Leben: Abayisenga ermordete den Prälaten. Eine Nachricht, die am 9. August 2021 vom französischen Innenminister Gérald Darmanin höchstpersönlich bekannt gegeben wurde. Damit nicht genug: Es war genau jener Abayisenga, der ein Jahr zuvor als Kirchenmitarbeiter in Nantes gearbeitet hatte. Dort legte er das Feuer in der Kathedrale von Nantes. Abayisenga war 2021 illegal nach Frankreich eingereist. Kirche und Staat zeigen sich gleichermaßen unfähig im Angesicht der Bedrohung, ob gewollt oder ungewollt.

Frankreichs Linksextreme als Erben der antichristlichen Revolution

islamo-gauchisme
»Islamophilie«: Die fatale Schwäche der französischen Linken für den Islam
Doch es ist zu kurz gesprungen, will man das christenfeindliche Phänomen nur auf Einwanderung und Islam herunterbrechen. Die Erben der jakobinischen Bilderstürmer haben sich nicht nur auf der Ebene des Staates ausgetobt. Sie sind auch auf den Straßen unterwegs. Das Christentum ist eine weiße, suprematistische, kolonialistische Angelegenheit, die es zu bekämpfen gilt. Vandalismus gegen Kirchen sind auch die Folgen von linksradikalem Hass und Verblendung. Antifa-Schläger attackierten im Mai 2021 eine Prozession, als Katholiken der Opfer der Pariser Kommune gedachten. Sie warfen zwei Senioren zu Boden, einer von ihnen musste später wegen einer Kopfverletzung genäht werden. Schwarz gekleidete Linksextreme schlugen auf Teilnehmer des Zuges ein oder griffen mit Fußtritten an. Es ist die Fortsetzung der Revolution, nur in einem anderen Gewand.

Frankreich selbst wurde durch die Bekehrung des Frankenkönigs Chlodwig buchstäblich aus der Taufe gehoben. Seine Entkernung von dem, was es über Jahrhunderte ausmachte, ist nur ein europäisches Beispiel. Aber es ist das auffälligste, weil kaum eine Nation so vom Podest gestürzt ist wie diese. Aus dem Land der allerchristlichsten Könige ist das Land der Christophobie geworden.

Anzeige

Unterstützung
oder

Kommentare ( 11 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

11 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
Schwabenwilli
2 Jahre her

Schon allein die Anzahl er Kommentare zu diesem Artikel sollte zu denken geben.

Harald Kampffmeyer
2 Jahre her

Zitat: „Frankreich ist das Land, in dem nicht nur Synagogen, sondern auch Kirchen von Sicherheitskräften bewacht werden müssen.“ Da wird es etwas knifflig und pikant. In FR waren es doch jüdische Organisationen wie z.B. LICRA (Ligue internationale contre le racisme et l’antisémitisme), die seit Jahrzehnten das hohe Lied von Multikulti und Einwanderung auch gerade für Mohammedaner sangen. Wie dito der Zentralrat der Juden in Deutschland in Deutschland auch. Auch der von Ihnen erwähnte Michel Debré war ja Jude, der mohammedanische Masseneinwanderung als Minister und Premierminister nicht nur forderte sondern aktiv verwirklichte. Zumindest was die Synagogen betrifft ein Fall von „geliefert… Mehr

Gisela Fimiani
2 Jahre her

Die Zustände in Frankreich sind dem zutiefst narzisstischen Hochmut einer classe politique geschuldet. Diese Kaste beansprucht, die geistig-historische Verwurzelung des Landes, mit einem, ihrem Selbstverständnis entsprechendem Geist, zu ersetzten. Diese sich selbstverherrlichenden Neo-Aristokraten herrschen nun nach Prinzip: L‘état c‘est nous. Deutschland eifert ihnen mit Bewunderung nach. Radikalität, Entwurzelung einigt auch die deutschen Neo-Aristokraten.

Andreas aus E.
2 Jahre her
Antworten an  Gisela Fimiani

Selbst sehe ich mich je eher als „Heide“, neudeutsch „Neo-Paganist“.
Aber vielleicht genau darum respektvoll gegenüber dem Katholizismus. Denn der rettete die Feste in die Neuzeit, die Heiligenverehrung auch manche Gottheit, dazu dann diese wunderbaren Bauten samt dieses im Grunde irrwitzigsten, darum zurecht „Königin der Instrumente“ genannten Gerätes namens Orgel.
Wer immer Gelegenheit dazu hat, einerlei welcher Konfessionalität, sollte in einer möglichst alten Kirche ein Orgelkonzert besuchen.
Schöner und erhabener ist allenfalls frühmorgendlicher Vogelsang in naturnaher Park-/Gartenlandschaft oder Froschkonzert am Abend.

Gisela Fimiani
2 Jahre her
Antworten an  Andreas aus E.

Darauf zielte mein Kommentar: Man muß nicht religiös sein, um den prägenden Einfluss des Christentums auf unsere gesamte westliche Kultur und unsere geistig-historische Entwicklung zu erkennen und zu schätzen.

Johann Thiel
2 Jahre her

Danke an Marco Gallina, der sich dieses traurigen Themas annimmt. Es ist der in Europa nicht auszurottende Sozialismus der seinen frühen Vorläufer im Protestantismus findet, der Europas Wurzeln zerstört und letztendlich in den Untergang führt.

Johann Thiel
2 Jahre her
Antworten an  Johann Thiel

Sehr geehrter Friedrich Wilhelm,
denke auch, auf gewisse Weise kämpft Putin sicherlich gegen diese Entwicklung, und selbst wenn es nur ein Teil seines Antriebs ist, so bildet er doch eine Gegenkraft gegen die Zerstörung traditioneller Gesellschaften durch westlich-globalistische Ideologen.
Hochachtungsvoll.

Andreas aus E.
2 Jahre her

Könnte sich jemand vorstellen, dass der Kölner Dom ein staatliches Museum wäre, in dem der Erzbischof gnädige Erlaubnis Berlins hätte, um dort zu zelebrieren?“

Ja. So wird es sicher kommen. Aber vorher bitte alle Teslas rausfahren, weil das Elektroparkhaus werden wird, im rotgrünem Paradies.

Marie
2 Jahre her

Befördert durch gottlose Regierungen und deren Medien.
Europa sieht dem erneuten Untergang entgegen, diesmal endgültig.
Dazu sehr informativ die Offenbarung des Johannes lesen.

Schwabenwilli
2 Jahre her

Schon seit ca. 20 Jahren beschäftige ich mich mit dieser Thematik.
Habe mich dadurch in Gefahr gebracht, wurde ausgelacht oder der Lüge bezichtigt. Habe Wissen angesammelt und versucht weiterzugeben. Sinnlos.
Dabei ist es so einfach wenn man sich jene Länder anschaut in welche der Islam eingewandert ist. Die Muster sind immer die selben.

Was soll man dazu auch noch schreiben.
Das tiefe Tal der Tränen muss zur Erkenntnis erst dazu durchquert werden.
Mir ist auch kein Land weltweit bekannt in dem Moslems und irgend eine andere Glaubensrichtung friedlich zusammen leben.

Last edited 2 Jahre her by Schwabenwilli
Ferenc Kohlbass
2 Jahre her

So wird es Deutschland auch ergehen, wenn Berlin so weiter regiert.