Nach Cheneys Niederlage: Einen Anti-Trump-Kurs der Republikaner wird es nicht geben

Liz Cheney und ihr Vater, der frühere Vizepräsident, haben sich mit Arroganz und fehlendem Wirklichkeitssinn selbst ins Abseits der Republikanischen Partei geschoben. Wer sich gegen Trump stellt, muss mit Konsequenzen beim Wähler rechnen. Von Susanne Heger

IMAGO / MediaPunch

In republikanischen Kreisen macht zurzeit eine Karikatur die Runde. Sie zeigt Donald Trump, dessen Söhne als Großwildjäger Schlagzeilen machten, an seinem Schreibtisch vor einer Trophäenwand mit Rhinozerosköpfen. Alle haben angedeutet menschliche Züge, ein Rhino trägt die Brille und die blonde Frisur von Liz Cheney. Die Botschaft: Der größte Trump-Gegner in der Partei ist erlegt!

Als RINO, also Republican By Name Only, galt Liz Cheney schon länger. Sie unterstützte Genderbewegungen, war eine der zehn republikanischen Abgeordneten, die für das Impeachment-Verfahren gegen Trump stimmten, und galt innerparteilich als treibende Kraft, um ihn ins Abseits zu befördern. Jetzt hat sie – als Amtsinhaberin – bei den Vorwahlen in Wyoming gegen die von Trump unterstützte neue Kandidatin Harriet Hageman erdrutschartig verloren. Cheney ist damit die achte der zehn republikanischen Trump-Ankläger, die von den Wählern abgestraft wurden.

Cheney selbst, die nur 28,9 Prozent der Stimmen erreichte, gibt die Schuld an ihrer Niederlage anderen und sieht sich als aufrechtes Opfer.

„Two years ago I won this primary with 73% of the vote.
I could’ve done so again. The path was clear.
But it would’ve required that I went along with
President Trump’s lie about the 2020 election.”
Liz Cheney, 16.08.22

In einer aufgezeichneten Ansprache verkündete sie sogar, für die Präsidentschaft kandidieren zu wollen, und verglich ihren Wahlverlust mit dem von Abraham Lincoln, der auch erst eine lokale Niederlage erlitt, bevor er zum Präsidenten gewählt wurde. Aber dieser Version fehlt einfach jegliche Selbstkritik und zeigt massiven Realitätsverlust.

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Cheney hat sich selbst ins Abseits gesetzt und gilt vielen Republikanern als Verräterin an den Werten der eigenen Partei. Nicht nur, dass sie nichts von Trump hält, sie verkündete bereits, dass sie es „sehr schwierig fände“, den aufstrebenden Gouverneur von Florida Ron DeSantis, die führende Republikanische Alternative als Präsidentschaftskandidat, zu unterstützen. Denkwürdig auch die in letzter Minute von ihrem Vater Dick Cheney, unter Bush Vizepräsident der USA, geschaltete TV-Werbung, in der er mit dramatischem Tonfall erklärte. “In our nation’s 246-year history there has never been an individual who is a greater threat to our republic than Donald Trump.” Gehts nicht noch eine Spur dramatischer?

Während die Wahlgewinnerin Harriet Hegeman verkündete, sie habe die Nase voll von „Männern, die im Frauensport gewinnen wollen“ und könne „woke Radikale“ nicht ertragen, die „die freie Rede unterbinden wollen“, sprang Liz Cheney im September letzten Jahres auf den LGBTQ-Zug auf, meinte, es sei ein Fehler gewesen, gleichgeschlechtliche Ehen nicht akzeptieren zu wollen, und begann zu gendern. Kein Wunder, dass eine Karikatur am Wahlabend schon kalauerte: Liz Cheneys new pronouns are done/gone and was/were.

Den endgültigen Todesstoß bei den Wählern könnte ihr aber tatsächlich Trump versetzt haben, beziehungsweise die Durchsuchung der Privaträume seiner Residenz Mar-a-Lago in Palm Beach, Florida. Diese von vielen TV-Kameras begleitete Aktion eine Woche vor der Wahl in Wyoming gilt bereits als politische Aktion, bei der viele Fragen offen bleiben.

So nahmen das Justizministerium und das FBI bereits Anfang Juni Kontakt mit Trumps Anwälten auf und baten darum, ein den Behörden zugängliches Schloss zu dem gesicherten Bereich des Anwesens zu installieren, in dem die Kartons gelagert werden, die Trump nach seinem Auszug aus dem Weißen Haus geschickt wurden. Trump kooperierte, die Beamten waren im Juni da, bauten das Schloss ein, bekamen unter der Aufsicht der Anwälte Zugang zu allen Unterlagen, und konnten alles durchsuchen. Trump selbst soll vorbeigeschaut und alle begrüßt haben. Nach gründlicher Durchsuchung zogen die Beamten ab.

Warum also wurde jetzt, zweieinhalb Monate später, das gleiche Schloss, welches damals eingebaut wurde, publicity-trächtig aufgebrochen und der gesicherte Bereich in einer spektakulären Aktion gestürmt, fragt man sich. Neben dem Lagerraum der Akten wurden auch Trumps Privaträume inklusive der privaten Schänke der ehemaligen First Lady Melania Trump durchsucht. Alles ohne den Anwälten Zutritt zu gewähren und ohne dass ein Familienmitglied im Haus war. Ein einmaliger Vorgang in der Geschichte der USA. Viele Amerikaner sind der Meinung, dass das Justizministerium hier deutlich zu weit ging.

Trump jedenfalls ist gestärkt aus den Vorwahlen hervorgegangen. Die Schlussfolgerung, republikanische Wähler stünden zu 100 Prozent hinter ihm, ist vielleicht zu kurz gefasst, aber die Tendenz ist klar. Wer gegen Trump schießt, muss mit Konsequenzen beim Wähler rechnen. Das dürfte spätestens jetzt jedem seiner Gegner klar sein.


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