Kommen Uploadfilter jetzt doch?

Nach den Protesten gegen Uploadfilter im letzten Jahr, wollte die GroKo sie angeblich verhindern. Jetzt liegt ein neuer Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums vor, der Uploadfilter aller Wahrscheinlichkeit nach erzwingen würde - und die Freiheit des Internets weiter beschränken.

imago Images/xim.gs
Es ist nun mehr als ein Jahr her, dass das EU-Parlament über das umstrittene neue Urheberrecht abgestimmt hat. Besonders Artikel 13 des Entwurfs hatte damals für viel Furore gesorgt. Er sieht vor, dass Internet-Plattformen dafür haftbar gemacht werden, wenn sie urheberrechtlich geschütztes Material auf ihren Seiten verbreiten, ohne hierfür eine Lizenz zu haben. Das erzwingt sogenannte Uploadfilter, die also automatisch potentiell rechtswidrige Inhalte löschen – sonst drohen den Internetkonzernen schließlich astronomische Strafen. Dass so ein Filter aber nicht in der Lage ist, rechtliche Grauzonen zu bewerten (Video-Zitate etc.) ist selbstredend. Die Zensur wäre also überdimensional und würde über das Sperren rechtswidriger Inhalte hinausgehen.

Heft 11-2020
Tichys Einblick 11-2020: Wieviel DDR steckt heute in Deutschland?
Zu Protesten gegen das geplante neue EU-Urheberrecht waren im Mai 2019 hunderttausende Menschen europaweit auf den Straßen. Quer durch die Gesellschaft, jung und alt, links und rechts – für alle war der Eingriff in das geliebte Internet ein Schritt zu weit. Vor allem Generation YouTube war empört. Sogar für Rezo ging der geplante Uploadfilter “so gar nicht klar”. Die Bundesregierung hatte sich den Protest zu Herzen genommen – sagte sie jedenfalls. Sie gab bekannt, dass sie sich richtig richtig doll anstrengen will, um den Gesetzesentwurf in Deutschland ohne Filterzwang durchzusetzen, weil sie das auch voll uncool findet.

Schaut man sich Statements zu Uploadfiltern zur Zeit der Proteste an, findet man eigentlich keine Befürworter. SPD und Union hatten sich schon im Koalitionsvertrag ziemlich weit aus dem Fenster gelehnt. Wörtlich: „Eine Verpflichtung von Plattformen zum Einsatz von Uploadfiltern, um von Nutzern hochgeladene Inhalte nach urheberrechtsverletzenden Inhalten zu filtern, lehnen wir als unverhältnismäßig ab.“ Auch in einer Protokollerklärung hat die Bundesregierung bei der Abstimmung im EU-Rat vergangenen Jahres noch einmal bekräftigt, dass sie die Uploadfilter verhindern will. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber hatte vergangenes Jahr noch gewarnt: „Dann laufen noch mehr Daten durch die Hände der großen amerikanischen Internetkonzerne, die dann noch mehr über alle Nutzer erfahren. Uploadfilter halten wir deshalb für falsch und gefährlich.“ Kurz gesagt: für alles was Rang und Namen hat, ging der Filterzwang ebenso gar nicht klar, wie für Rezo.

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Mit Blick auf den neusten Referentenentwurf aus dem Bundesjustizministerium muss man aber feststellen: Wenn das Gesetz so durchgesetzt wird, kommen die Plattformen wohl nicht um einen Uploadfilter herum – jedenfalls nicht, wenn sie sich nicht an Strafen zu Tode zahlen wollen. Eine Sprecherin des Justizministeriums betont dennoch, der Entwurf folge der Vorgabe der Bundesregierung, Uploadfilter nach Möglichkeit zu vermeiden. Also wie kann das sein? Niemand wollte ihn haben, es gab gut besuchte Proteste und Demonstrationen in vielen deutschen Großstädten, alle haben ihr bestes gegeben. Nun muss man ihnen aber auch anrechnen: so richtig gibt es den Uploadfilter gar nicht mehr. Schließlich wären Unternehmen, die weniger als eine Millionen Euro im Jahr umsetzen von der Pflicht befreit – Welpenschutz sozusagen.

Es gibt auch für die größeren Plattformen einen Wege, Uploadfilter zu umgehen: Lizenzen erwerben. Alle anderen müssten einfach nur „bestmögliche Anstrengungen“ unternehmen – man könnte sich also ganz einfach frei kaufen. Allerdings ist es nahezu unmöglich, Nutzungsrechte für alle Inhalte zu kaufen. Es gibt zu viele unterschiedliche Rechteinhaber und Verwertungsinteressen – und alle wollen auch noch was vom Kuchen abhaben. Die Plattformen müssen Filter einsetzen, wenn sie nicht für Urheberrechtsverletzungen haften wollen. Also anders als das Justizministerium behauptet, ist der Uploadfilter nicht weg – er ist nur woanders.

Und während alle Kritiker sich bestätigt fühlen, und es aus allen Ecken Protest gibt, ist sich die Bundesregierung keiner Schuld bewusst. Sie hat ja ihr bestes gegeben und eine Zensur findet nicht statt.


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Kommentare ( 23 )

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Olaf W1
3 Jahre her

Furchtbar! Es werden immer mehr Bereiche immer weiter und tiefgreifender „reguliert“ und das von einem Staat, der Verfolgungswahn hat und seine Bürger massiv gängelt und bevormundet. Wenn sich dieser Staat – eine Ansammlung nationalfeindlicher Linken und Grünen – jetzt in einen Bereich einmischt, den er weder versteht (Zitat AM: „Neuland“) noch sich der Auswirkungen darin bewusst ist, dann ist das höchst bedenklich und fragwürdig. In dem Kontext geht es nämlich nur vordergründig im das Urheberrecht – unser Staat schafft sich bequeme Möglichkeiten der Zensur und der Überwachung seiner teils unbequemen Bürger. Das Thema Urheberrecht und Internet sind seit Jahrzehnten spinnefeind… Mehr

Cosa nostra
3 Jahre her

Diese Uploadfilter würden übrigens (mindestens)…SIEBZIG Jahre nach dem Tod der „Künstler“ bestehen bleiben, denn erst dann endet das Urheberrecht. Das allein ist schon eine kulturelle Unverschämtheit, wird aber durch die dauerbekokste Unterhaltungsindustrie noch mit Tricks verlängert. Bei einem Gesamtwerk wie einem Video sind da eben nicht nur die Schauspieler, sondern auch die Musiker, Regisseure, Produzenten und sonst wer rechtlich beteiligt und erst wenn der letzte ins Gras gebissen hat, fangen die 70 Jahre an zu laufen. Das führt zu dem Absurdum, daß das Patentrecht für echten Hirnschmalz weniger Schutz bietet als das Urheberrecht für Bohlen’s „Cherry Cherry Lady“. Wer ein… Mehr

Joerg Schmitz
3 Jahre her

Schon Horst Seehofer sagte einmal: „Diejenigen, die entscheiden, sind nicht gewählt, und diejenigen, die gewählt werden, haben nichts zu entscheiden.“ Die wirklichen Entscheider sitzen nicht in der Politik, sondern in der Privatwirtschaft. In der Politk sitzen – mehrheitlich – lediglich die Umsetzer privatwirtschaftlicher Interessen (inzwischen globale Interessen). Das war schon immer so und wird wohl auch so bleiben. Diese Interessen sind in den allermeister Fällen auch auf das Wohl der Menschen ausgerichtet. Allerdings sind diese Interessen nicht demokratisch legitimiert und hier wird´s interessant. Denn zur Umsetzung der „zum Wohle der Menschheit“ in´s Auge gefassten Maßnahmen braucht es andere „Instrumente“. Als… Mehr

John Farson
3 Jahre her

Anstatt dem Artikel 13 hätte man einfach das Fair Use System aus den USA übernehmen können. Aber darum ging es nie, sondern schon immer um Zensur. In einem Abwasch hat Merkel sich dann auch gleich noch bei den veralteten Verlags,-und Rechteinhaber Industrien bedankt, die sie so brav supportet haben, indem sie diese künstlich noch etwas länger am Leben erhalten.

ratio substituo habitus
3 Jahre her

Natürlich kommen die Uploadfilter. Mit der Gülleverordnung fing es an, dann hat Schäuble ganz offen gesagt, eine Krise müsse man ausnutzen – und nichts ist passiert. Also kann man jetzt schnell noch alle möglichen linksgrünen Traumvorstellungen verwirklichen, solange Corona die Schlagzeilen beherrscht und Demonstration so einfach zu verhindern oder zumindest zu minimieren sind.
(Wie) kann man die Demontage unserer Grundrechte (überhaupt) noch stoppen?

Wolfgang Richter
3 Jahre her

So wie im Schatten von „Corona“ staatliche Ermächtigungen zum Ausbau der Windkraft umgesetzt werden, ohne daß es eine ggf. murrende Öffentlichkeit mobilisiert, wird halt auch ein Zensurgesetz klammheimlich in die Welt verabschiedet, frei nach der Juncker-Maxime, in meinem Worten abgewandelt „Wir machen mal, warten ab, ob einer was merkelt, zünden dann die nächste Stufe usw, etc..

StefanB
3 Jahre her

Ich sage nur: Niemand hat die Absicht eine Mauer zu bauen. (Walter Ulbricht, DDR)

Für meinen Teil gilt: Glaube nie einer Linksgrün*In, denn sie lügt, sobald sie den Mund aufmacht. Meistens ist es Absicht, manchmal weiß sie mangels Faktenkenntnis selbst nichts davon.

H. Heinz
3 Jahre her

Und wieder einmal das Justizministerium welches sich durch Bevormundung, Zensurwünschen, gendergerechter Schreibweise hervortut. Warum ist diese Ministerin eigentlich immer noch in Amt und „Würden“ nach alldem was sie und ihre Referenten in zunehmend höherer Schlagzahl verbocken. Nachdem jahrelang nichts von ihr zu hören war, müssen ihre Wunschthemen unter dem Deckel von Corona wohl noch schnell vor Ende der Legislaturperiode unter Dach und Fach gebracht werden.

Thorsten
3 Jahre her
Antworten an  H. Heinz

Die Wähler machen es möglich. Vermutlich wird demnächst schwarz-grün regieren.

Und wenn wir richtig Pech haben, wird Biden Präsident und eine Grün-Rot-Rote Regierung macht ihre naiven Träume eines „weltoffenen, bunten Mult-Kulti“ Land wahr …

Biskaborn
3 Jahre her

Das Justizministerium mal wieder vorneweg. Diese Frau Lambrecht bestätigt erneut nicht nur ihre totale Unkenntnis zu jeglichen justiziablen Themen, nein täglich glänzt sie zusätzlich mit ihrer linksextremistischen Gesinnung.

Rainer Seidel
3 Jahre her
Antworten an  Biskaborn

Das ist ein Referentenentwurf, den hat Frau Lambrecht nicht selbst geschrieben. Anscheinend ist der ganze Laden durchseucht, da hat man anscheinend die Mitarbeiter bis zu Referenten hinunter auf Linie gebracht. Vorher war schließlich Frau Barley und Herr Maas da am Werk.

Deutscher
3 Jahre her

IP-Adresse erfassen und für alle Portale sperren.
Dem Besitzer wird ein Bescheid zugestellt, dass es ihm verboten ist, weiterhin zu uploaden.
Funktioniert doch im Kleinen schon lange. Siehe Youtube.

Wolfgang Richter
3 Jahre her
Antworten an  Deutscher

Und wenn dann noch ein Punktesystem wie in China bei den Roten installiert wird, gibts bei unbotmäßigem Text dann selbige auf der Minusseite, bei einem entsprechenden Stand schon mal Reiseverbot oder Kontosperrung. Der Phantasie sind da keine Grenzen gesetzt. Ausgangssperre üben wir ja schon mal, wenn auch mit anderem Hintergrund. Aber bei einer entsprechenden Akzeptanz läßt sich das ja ausweiten. Und die Mehrheit der „Michel“ ist offenbar derzeitm in einer Stimmung, recht viel zu akzeptieren, vor allem wenn es dazu dient, unbotmäßiges Auftreten anderer zu disziplinieren. Denunzianten-Aufrufe wie z.B. in Essen bei „Corona“ oder Worms zum Anzeigen von Falschparkern fördern… Mehr