SPD, Grüne und FDP kommen in 20 Stunden zu keinem Ergebnis

Von Sonntag 18.30 Uhr bis Montag 14.30 Uhr hat der Koalitionsausschuss getagt. Um sich danach zu vertagen. Denn die Ampelkoalition drückt sich um das einzig wesentliche Thema herum: Geld.

IMAGO / Chris Emil Janßen
Teilnehmer des Koalitionsausschusses verlassen das Bundeskanzleramt, 27. März 2023

In alten Klischees waren Journalisten verwegene Typen, die sich undercover irgendwo einschlichen, um Missstände aufzudecken. In der Realität stehen sie 20 Stunden vor dem Kanzleramt und warten dort, bis Gespräche zwischen den Spitzen von SPD, Grünen und FDP etwas hergeben. Das ist schon eine demütigende Kluft zwischen Selbstwahrnehmung und Realität, wenn dabei Ergebnisse rauskommen. Wenn der „Koalitionsausschuss“ dann 20 Stunden über Nacht tagt, um die Gespräche ergebnislos zu vertagen, ist es die (nächste) Entzauberung eines Berufsstandes.

Angela Merkel (CDU) war eine Meisterin darin, große Runden zu inszenieren, bei denen zwar inhaltlich nichts rauskam – dafür aber schöne Bilder. Nicht mal das bekommt die Ampel hin. Die armen Kollegen, die über den Koalitionsausschuss berichten müssen, werfen sich auf einen nichtssagenden Tweet von Christian Lindner (FDP) wie ein Rudel hungriger Hunde auf ein Leckerli. Die Bild wertet ungenannte Quellen aus, die ihr mitgeteilt hätten, dass die Gespräche „konstruktiv“ verlaufen seien. Schön, wenn man Exklusivmaterial hat.

Kein Ausbau des Finanzministeriums
Lindner spart, Scholz protzt
Dass im Koalitionsausschuss nichts rauskommt, war eigentlich zu erwarten. Denn Finanzminister Lindner hat den Haushaltsentwurf verschoben. Der Spiegel spekuliert, er komme im Juni. Nun wollten die Koalitionäre über Projekte beraten, ohne zu wissen, was sie sich leisten können. Dass ist so, als ob man im Supermarkt drei Einkaufswagen füllt, um an der Kasse festzustellen, dass man kein Geld zum Bezahlen hat.

Würde Kanzler Scholz führen, müsste er die Debatte vom Kopf auf die Füße stellen: erst einmal klären, wie viel sich der Bund noch leisten kann. Dann verhandeln, für was er sein Geld ausgeben will. Doch Scholz merkelt. Er rettet sich von Tag zu Tag: da mal eine Lücke mit einem „Sondervermögen“ schließen, da mal einen Patzer von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) mit Geld zuschütten und dort mal den Wählern Wohltaten versprechen. Es ist menschlich, dass Scholz angesichts dieses Politstils gar nicht hören will, dass kein Geld mehr da ist – es ist aber halt auch unverantwortlich.

Der Staat hat in den letzten Jahren Rekorde an Steuereinnahmen aufgestellt. Und trotzdem ist das Geld knapp. Weil die Sozialausgaben alles abwürgen. Rund 250 von 500 Milliarden Euro gibt der Bund nach einer Aufstellung des Finanzministeriums fürs Soziale aus. Auch weil wir jährlich eine Großstadt neu im Land aufnehmen und voll bezahlen. Zum Vergleich: Bildung und Wissenschaft erhalten 32,2 Milliarden Euro. Der Bund bräuchte dringend eine Aufgabenkritik. Doch in ihren einzelnen Statements zeigen vor allem grüne Politiker, dass sie nur gewillt sind, noch mehr Geld auszugeben.

20 Stunden Beratung. Mit einem Tweet von Christian Lindner als Highlight. Morgen dann wieder Tagungen. Unausgeschlafene Politiker, die um die einzig wesentliche Frage herumschleichen: Wie viel Geld ist denn für unsere Pläne überhaupt noch da? Merkel hat solche Runden als großes Drama auf die mediale Bühne gebracht – bei Scholz, Lindner und Habeck droht das Ganze zur Komödie zu verkümmern.

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Kommentare ( 101 )

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Wolfgang M
11 Monate her

Grüne und FDP sind uneins und streiten sich. Und der Kanzler ist nicht in der Lage, dem Streit ein Ende zu setzen. Dazu müsste er aber auch eine eigene Meinung haben und diese durchsetzen.
Diese Regierung ist eine Laienspielschar. Aber wir haben sie gewählt. Zwar nicht direkt, aber in ihren Bestandteilen. (Das nennt man Demokratie – Volksherrschaft.)
Solange unsere Politiker nichts zustande bringen, brauchten wir dringend die Möglichkeit des Volksentscheids.

Kartoffelstaerke
11 Monate her

…bei Scholz, Lindner und Habeck droht das Ganze zur Komödie zu verkümmern.

Tragödie – nicht Komödie.
In Komödien gibt es was zu lachen.

Judith Panther
11 Monate her
Antworten an  Kartoffelstaerke

„Komödie ist Tragödie plus Zeit“ (Sheldon in Big Bang Theory)

Riffelblech
11 Monate her

Alles weder schön noch gut in diesem Zusammenhang . Aber erkläre mir doch mal Einer wie diese „ Übermenschen „ ,hier unsere „ hochgeschätzten „ Politiker , 20 Stunden hintereinander verhandeln wollen und dann noch ein irgendwie vernünftiges Ergebnis zustande kriegen wollen . Obwohl — vernünftig — wäre schön aber von dieser Truppe wohl eher nicht zu erwarten. Man begreift es nicht , LKW Fahrer müssen Pausen machen ,Piloten das Gleiche , kein Mensch kann 20 Stunden konzentriert arbeiten . Entweder Ist die Aufgabe die diese „ Übermenschen „ so billig und brotlos das man sie auch nach 20 Stunden… Mehr

Sterling Heights
11 Monate her

Eine dilettantische Laberrunde mit Gesichtswahrung, Machtgehabe. Methoden von Projektmanagement – wie in Betrieben üblich, wird bei deren Qualifikationen nicht eingesetzt.
Es wird wieder Murks herauskommen.

AlexR
11 Monate her

Die Hampel wird auch in 200 Stunden oder 2000 Tagen zu keiner Einigung kommen. Denn dann stünde ja ein Konzept dahinter. Mit den „weltrettenden“ Grünen gibt es nur ein Ziel: mit maximaler Geschwindigkeit an die Wand. Da sind wir kurz davor.

Diogenes
11 Monate her

Das ödet einen an! Immer wieder einmal diese Merkel’schen dramatischen Sitzungsnächte. Die sollen nicht zweimal im Jahr so einen Popanz mit Druck und Drama aufbauen, sondern ihre Aufgaben als opulent bezahlte Volksvetreter kontinuierlich und täglich erfüllen. Die haben sich Zeit zu nehmen, Dinge zu beschließen, die das Volk dann z.T. jahrzehntelang ertragen muß, weil dümmste, teuerste Entscheidungen in 3-tägigen Partynächten ausbaldowert wurden . Und dann wieder zurück ins Glied der Parteiblöcke und folgend Winter- und Sommerschlaf, aber versprochene Gelder , nie dem Volk zurückgegeben werden, aber bei Belastungen am liebsten schon einen Tag nach Gesetzesbeschluß im Bundestag erbarmungslos eingezogen werden.… Mehr

Last edited 11 Monate her by Diogenes
LF
11 Monate her

Wäre der Focus dieser Verhandlungen auf das Wohl der Bürger und der Wirtschaft dieses Landes ausgerichtet. Wären erste Vereinbarungen nach einer Stunde getroffen.
Aber weil es genau um unser Land nicht geht, sondern um ideologische Sichtweisen und um die Festigung der eigenen Machtposition, deshalb kommt es zu keiner Einigung.
Mir drängt sich eine Frage auf, liegt der Feind der Bürger und des Landes im inneren Kreis, innerhalbe der aktuellen Regierung? Sind andere Ziele wichtiger als die eigenen Bürger?

Orlando M.
11 Monate her

Ich fürchte, dass wenn der Staat die ungeheuren Sozialkosten auch mit Schulden nicht mehr zu stemmen vermag, hier die Hölle losbricht. Denn bei der Ausbeuterei der Arbeitnehmer sowie Unternehmer sind die schon längst über die Schmerzgrenze hinausgegangen, da geht nichts mehr ohne schwere Verwerfungen zu riskieren.
Dass die Massen nicht auf die Straße gehen, ist in einer saturierten Wohlstandgesellschaft, die zudem noch vom Staat komplett entwaffnet wurde, vorhersehbar. Die Mechanismen dahinter hat der gute Ibn Khaldun schon vor 500 Jahren ausführlich erläutert. Geht es nach dem, sieht es für uns bitterböse aus.

Paul Brusselmans
11 Monate her

vielleicht Deutschland an Blackrock verkaufen? Die kriegen das wieder hin.

StefanB
11 Monate her

Schland ist nur noch eine einzige Freakshow. Vom „Ich kann mich an nichts mehr erinnern“-Kanzler, über die selbsternannte „nigerianischen Klobeauftragte“ bis zum Kriegstreiber, „der selbst nicht kämpfen muss“ ist alles dabei, was man braucht, um der Idiotie die Krone aufzusetzen und der linksgrünen Destruktion zum Erfolg zu verhelfen. Ach ja, die Planstelle für „queersensible Pastoral“ nicht zu vergessen.

Last edited 11 Monate her by StefanB