Illegale Einreisen aus der Schweiz seit Sommer 2022 verfünffacht

Nach Bayern, Sachsen und Brandenburg rutscht nun auch das grün regierte Baden-Württemberg in eine Art Zuwanderungsnotstand hinein. Die Schweizer Grenze hält immer schlechter dicht. FDP-Landeschef Martin Rülke fordert einen besseren Grenzschutz von der Schweiz und, falls der nicht kommt, deutsche Grenzkontrollen.

IMAGO / Mandoga Media
Schweizerisch-deutscher Grenzübergang in Weil am Rhein

Die deutschen Beziehungen zur Schweiz, bislang meist geradezu langweilig, werden neuerdings von Misshelligkeiten über die Kontrollen im Schengenraum erschüttert. Weil am Rhein und Konstanz meldeten so zahlreiche Grenzübertritte, dass Sondereinsätze von Bundespolizisten nötig wurden. Die seit letztem Jahr gemeldeten Probleme an der Grenze zwischen Baden-Württemberg und der Schweiz sind noch immer ungelöst. Auch die Schweiz gehört zum Schengenraum mit allen damit einhergehenden Rechten und Pflichten.

Vom ersten zum zweiten Halbjahr 2022 haben sich allein die von der Bundespolizei festgestellten illegalen Grenzübertritte mehr als verfünffacht, wie Bild mit Verweis auf eine AfD-Anfrage an das Innenministerium berichtet. 1.610 Aufgriffen im ersten Halbjahr standen 8.862 im zweiten gegenüber, insgesamt knapp 10.500 Aufgriffe von illegal einreisenden Migranten. Übrigens haben die Bundespolizisten an der Schweizer Grenze keine Möglichkeit, diesen Vorgang zu stoppen oder zu unterbrechen. Da die Grenze nicht notifiziert ist, nimmt die Bundespolizei nicht den Rang einer Grenzbehörde ein.

Deutschlands Einwanderungsproblem
Eurodac: Zwei Drittel der Asylzuwanderer reisen unerkannt über EU-Außengrenze ein
Zurückweisungen, wie an der österreichischen Grenze, seien zur Schweiz „nicht möglich“, hob Heiko Teggatz, Vorsitzender der Bundespolizeigewerkschaft und Vizechef der Deutschen Polizeigewerkschaft, nun erneut hervor. Auch den Schuldigen benennt Teggatz klar und deutlich: „Das Bundesinnenministerium weigert sich nach wie vor, Grenzkontrollen zur Schweiz bei der EU anzumelden und schiebt die Verantwortung damit vorsätzlich an die Länder und Kommunen ab.“ Jene finanzielle und personelle Verantwortung, der der Bund letztlich nicht gerecht wird, wenn – wie nun verlautete – weitere Ausgleichszahlungen an die Gemeinden ausgeschlossen werden. Das muss man eventuell als Gefeilsche zwischen den Verwaltungsebenen dieses Landes ansehen.

Grenzaufgriffe zeigen nur Bruchteil illegaler Einreisen

Laut Bild, die sich damit wiederum auf offizielle Zahlen beruft, setzte sich der verschärfte Einreisetrend an der Schweizer Grenze auch in diesem Januar fort. Allein 922 illegale Einreisen wurden von der Bundespolizei im ersten Monat des Jahres festgestellt. Die tatsächlichen Einreisezahlen liegen um ein vielfaches höher. So gab es im Januar 2.543 Asylerstanträge in Baden-Württemberg. Laut Bild wurden aber sogar 4.504 im Bereich Asyl in Aufnahmeeinrichtungen des Südwestlandes aufgenommen.

Vergleicht man die unterschiedlichen Grenzabschnitte, dann konnte die deutsch-schweizerische Grenze im Jahr 2022 zu den anderen Grenzabschnitten zu Österreich, Tschechien und Polen aufschließen. Von Österreich nach Bayern reisten demnach immer noch 22.824 illegale Migranten ein. Diese Route war auch schon in der großen Migrationskrise von 2015 und 2016 die meistgenutzte. Von Tschechien her wurden im vergangenen Jahr 16.071 illegale Einwanderer festgestellt, von Polen waren es 15.198.

Alle diese Zahlen – wahrscheinlich sogar die bayerischen – stellen aber nur einen Ausschnitt aus dem viel breiteren Einwanderungsgeschehen dar, das erst in der Asylverwaltung wirklich sichtbar wird. In der Summe gab es offenbar mehr als 200.000 illegale Einreisen im vergangenen Jahr – das sind mehr als doppelt so viele, wie von der Bundespolizei insgesamt festgestellt werden konnten (2022: 91.986 Personen.

FDP will zuerst Kontrollen der Schweizer, dann deutsche

In Baden-Württemberg will man den Wechsel in die Champions League der deutschen Einwanderungsbundesländer nicht ohne Gegenwehr hinnehmen. FDP/DVP-Landeschef Hans-Ulrich Rülke bestätigt, dass die Landeskommunen „bereits jetzt bis an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit gehen“ müssen: „Illegale Migration stellt eine Belastung für unser Land dar.“

Zahl wie Donnerhall
Wieder über 800.000 Flüchtlinge in diesem Jahr: Landräte fordern Abschiebezentren
Rülke wünscht sich folglich eine Entlastung, im Klartext „verstärkte Grenzkontrollen“, die er aber paradoxerweise zuerst von den Schweizern einfordert. Die „baden-württembergische Landesgrenze“ müsse „auf Schweizer Seite vor illegaler Migration wirksamer geschützt“ werden. In erster Linie fordert Rülke daher vom neuen Migrationsbeauftragten der Bundesregierung, Joachim Stamp (auch FDP), mit dem Schweizer Bundesrat in Verhandlungen für effektiven Grenzschutz zu treten. Erst in zweiter Linie, „wenn diese Bemühungen erfolglos [bleiben] sollten, müssen wirksame Grenzkontrollen auf deutscher Seite her“. Das ist schon sehr ausgefuchst, wie Rülke die Verantwortung zunächst delegiert, dabei auch noch seinen Parteifreund mit einer diplomatischen Mission betraut. Dabei ist auch den Schweizern klar, dass der Anziehungspunkt Deutschland diese illegale Migration wesentlich begründet und befeuert.

Zudem ist es die Schweiz, die von der EU-Politik an den Außengrenzen betroffen ist. Ließe Deutschland als mächtiges EU-Mitglied nicht eine so große Schutz- und Gesetzlosigkeit an den EU-Außengrenzen zu, die es durch direkte Zahlungen an Migrations-NGOs sogar noch befördert, dann müsste auch die Schweiz sich nicht einer ständig wachsenden Zahl von illegalen Migranten erwehren, bei denen man letzten Endes zum Teil „die Waffen strecken“ mag. Die gestiegenen Zahlen sind nur ein weiteres Symptom einer zerfallenden Bundesregierung (samt angeschlossenen Landesparteigliederungen), die ohne ein ernstzunehmendes migrationspolitisches Konzept ist.

Das Land, das die Migranten rief, beklagt sich nun

An der österreichischen Grenze, wo die deutschen Grenzkontrollen dank Notifizierung am engmaschigsten sind, sind die Aufgriffe im letzten Jahr zwar auch angestiegen, doch nicht so stark wie an der Schweizer Grenze. Das zeigt die Dynamik der illegalen Wanderungsbewegungen und das Bemühen der Schlepper und illegalen Migranten um Ausgleichsrouten. Deutsche Erstaufnahmen sind abweichenden Behauptungen zum Trotz noch immer belagert, sei es in Bayern oder Sachsen. Vor allem ist das so, weil der Druck der neuerwachten Balkanroute sich speziell auf diese östlichen Grenzabschnitte auswirkt. Die Schweizer Grenze kommt nun als unbewachte Anlage dazu, und der baden-württembergische Ministerpräsident glaubt derweil, dass schnellere Einbürgerungen ihm Fachpersonal einbringen (Landesfunk-Überschrift: „Wir müssen ein Einwanderungsland werden“ ). Insgesamt, zusammen mit den Ukrainern, „flüchteten“ 2022 übrigens mehr als 130.000 Menschen nach Baden-Württemberg. Das ist der reale Kraftakt, den Gemeinden und Landkreise leisten müssen. 

„Allein bei den Asylsuchenden war es bereits im ersten Halbjahr der höchste Halbjahreszugang seit 2016“, so liest sich eine Pressemitteilung der grün-schwarzen Landesregierung von vergangenem August. „In der Kalenderwoche (KW) 27 waren es pro Tag noch 110 ukrainische Geflüchtete in die Erstaufnahmen des Landes und 79 Asylsuchende mit Verbleib in Baden-Württemberg. Bis KW 31 sind diese Zahlen bereits auf 170 ukrainische Geflüchtete und 110 Asylsuchende pro Tag gestiegen.“

Für Donnerstag ist nun der zweite „Flüchtlingsgipfel“ unter Innenministerin Faeser geplant. Olaf Scholz hat sein Kommen trotz einschlägiger Forderungen der deutschen Landräte nicht zugesagt, obwohl nur er als Kanzler mehr Finanzmittel zusagen könnte. Ein Problem im Hintergrund ist, dass die Gemeinden seit 2015 die kompletten Kosten für Heizen und Wohnen auf den Bund ‚abwälzen‘ konnten – eine Regelung, die sie nun gerne erneuert sähen. Allerdings stellt sich die Frage, ob man nicht Eigenverantwortung auch dort stärken sollte, wo zu oft nach noch mehr Flüchtlingen gerufen wird, nämlich in deutschen Rathäusern, teils auch in den Staatskanzleien der Bundesländer.

Anzeige

Unterstützung
oder

Kommentare ( 14 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

14 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
Wilhelm Roepke
1 Jahr her

Wo ist das Problem? Die woken Parteien von Grün bis CDU sind bei Wahlen sehr erfolgreich mit dieser Migrationspolitik, wie zuletzt in Berlin zu sehen war. Also ist auch die Schweizer Grenze kein Problem, oder? Zumindest, solange in Baden-Württemberg ein Grüner Ministerpräsident sein darf.

Nachhaltiger Energie und Klimawandler
1 Jahr her

Einfach komisch!. Vor drei Jahren wie Corona oder was auch immer los ging, war die Grenze zur Schweiz von jetzt auf nachher mittels Bauzaun abgesperrt. Der auf dem Bild gezeigte Zollübergang war komplett dicht. Da war kein Durchkommen mehr. Morgens konnte man noch passieren, am Abend hatte der Bautrupp der Stadt Lörrach den Zaun errichtet. Um heim zukommen mußte man im Dunkeln einen noch offenen Schleichweg finden. Nicht mal die Schweiz war über das Vorhaben von deutscher Seite unterrichtet. Was jetzt kommen wird sind Schikanen für Grenzgänger, die in der Schweiz arbeiten und für Schweizer, die in Deutschland einkaufen wollen.… Mehr

AnSi
1 Jahr her

„ Allerdings stellt sich die Frage, ob man nicht Eigenverantwortung auch dort stärken sollte, wo zu oft nach noch mehr Flüchtlingen gerufen wird, nämlich in deutschen Rathäusern, teils auch in den Staatskanzleien der Bundesländer.“ Natürlich sollte man das! wer die Party bestellt, der zahlt sie auch! Aber wir wissen ja alle, dass es so nicht kommt. Ich fordere wiederholt: Fliegt sie alle ein! Für jeden Grünwähler oder Einheitsparteienwähler 1.000 mindestens! Macht Turnhallen und sonstige Hallen dicht, baut Containerdörfer! Die 100 Mio müssen doch zu knacken sein! Und dann zahlt, zahlt, zahlt! Erst wenn das Hälschen in Gefahr kommt, wird der Michel… Mehr

Der-Michel
1 Jahr her

Und heute bei Welt – Online:

Innenministerin Faeser (SPD) will schnell Drei-Monats-Visa für türkische und syrische Erdbeben-Opfer ausgeben. Die Betroffenen dürfen anschließend Asyl beantragen, die hier lebenden Angehörigen sollen aber für ihren Unterhalt sorgen. Wie sind die Erfahrungen aus ähnlichen Programmen?

Danach Asyl? Die Angehörigen „sollen aber für ihren Unterhalt sorgen“? Spinnen die jetzt komplett?

Innere Unruhe
1 Jahr her
Antworten an  Der-Michel

Es hat etwas Makabres an sich, dass erst ein Erdbeben stattfinden muss, damit so ein Syrer endlich mal ein Luxusasulant wird. Was für ein Glück für diese Menschen, die nun in DE potentiell Asyl beantragen dürfen.
Hat man den Ahrtalern auch „Asyl“ in Berlin angeboten, bis ihre Häuser wieder – von wem? – aufgebaut werden?
Wieso hat Frau Faeser bei den Pakistanis geschwiegen,die von den Fluten überschwemmt wurden? Warum liegen ihr Syrer mehr am Herzen als Pakistanis?

thinkSelf
1 Jahr her
Antworten an  Der-Michel

Ich finde auch das das ein Skandal ist das die Angehörigen für den Unterhalt sorgen sollen. Allerdings bin ich mir absolut sicher das das am Ende nicht passieren wird, sondern der Steuerzahler, also der verblödete Wähler, korrekterweise zur Kasse gebeten wird.

Roland Mueller
1 Jahr her

Laut dem SRF funktioniert das Schweizer Grenzkontrollsystem seit 2015 wie folgt. Alle, welche bekunden, in der Schweiz Asyl beantragen zu wollen, werden von den Schweizer Grenzwächtern sorgfältig überprüft. Allen anderen wird gezeigt, von welchem Bahnsteig der Zug nach Deutschland abfährt unter der Voraussetzung, dass sie einen gültigen Fahrschein besitzen. Warum sollten sie es auch anders halten, wenn man bedenkt, dass die Ampeln die Schlepperei im Mittelmeer finanziell kräftig unterstützen. Dummheit bestraft halt das Leben.

Martin Bayer
1 Jahr her

In drei Jahren ist das Deutsche Sozialsystem kollabiert – und dann geht es richtig rund. PS: 70% der Syrer leben jetzt im Deutschen Sozialsystem – und weitere Millionen sind auf dem Weg nach Deutschland.

Donostia
1 Jahr her

Auch die Schweiz gehört zum Schengenraum mit allen damit einhergehenden Rechten und Pflichten.
Na dann passt es doch. Die Schweizer machen es genauso wie der Rest im Schengenraum. Durchwinken denn Deutschland hat Platz wurde propagiert. Und warum soll an der Schweizer Grenze zurückgewiesen werden, wenn an anderen Grenzen dies nicht geschieht?

Klaus D
1 Jahr her

Ganz ehrlich. Wäre ich schweizer würde ich das gut finden und mir denken „wie blöd sind eigentlich diese deutschen“. Nicht nur das die jeden nehmen und der bleiben kann NEIN wir nehmen im gegenzug auch gerne eure fachkräfte…..Schweizer Bahn wirbt deutsche Lokführer ab — und verärgert die Deutsche Bahn https://www.businessinsider.de/wirtschaft/schweizer-bahn-wirbt-deutsche-lokfuehrer-ab-und-veraergert-die-deutsche-bahn-2019-2/

Donostia
1 Jahr her
Antworten an  Klaus D

Es ist legitim sich um Fachkräfte zu bemühen. Politik im Eigeninteresse. Es wanderten die letzten 4 Jahre im Schnitt ca. 250.000 Menschen aus Deutschland aus. Es ist davon auszugehen, dass dies in aller Regel Personen sind die arbeitstechnisch höher qualifiziert sind und sich im Ausland finanziell besser stellen. Deshalb haben wir auch ein Facharbeiterproblem. Und wenn Fachleute aus Deutschland auswandern warum sollten dann Fachleute zu uns kommen? Offensichtlich gibt es für Fachkräfte bessere Länder als Deutschland. Die wenigsten dieser 250.000 dürften aus der sozialen Hängematte ausgewandert sein, denn wie wir wissen kommen ja genau wegen der sozialen Hängematte so viele… Mehr

Hegauhenne
1 Jahr her
Antworten an  Klaus D

Nicht nur Lokführer, auch Tramführer, Busfahrer, Krankenschwestern, Altenpfleger, Ärzte, Pharmazeuten, Ingenieure. Auch Reinigungskräfte verdienen in der Schweiz das Doppelte. An die 350 000 Grenzgänger gehen täglich in die Schweiz, davon knapp 20% aus BW. So sieht es aus.
Arbeitswillige gehen in die Schweiz, Versorgungssuchende kommen nach D.

Innere Unruhe
1 Jahr her

Gibt es schon Informationen darüber, was ein gültiger Grund für die Flucht aus der Schweiz ist?
Die Schweiz sollte langsam zu den unsicheren Ländern zählen, wenn so viele von dort aus fliehen.
Oder sind die Schweizer – Gott bewahre – etwa fremdenfeindlich?
Mir tun die Mitarbeiter der Bamf leid, die sich Geschichten von der Flucht anhören müssen und die Aufenthaltstitel ausstellen sollen.

Kassandra
1 Jahr her
Antworten an  Innere Unruhe

Die Mitarbeiter der BAMF müssten remonstrieren. Allesamt. Denn dazu sind sie gesetzlich verpflichtet – statt sich Geschichten anzuhören und sie nicht nachzuprüfen. Und dann auch noch grundlos „Titel“ auszustellen
Tun sie es nicht, tragen sie die Verantwortung für alles, was sie anrichten – und sind dafür haftbar.
Die kommt auch: https://www.20min.ch/story/gericht-schafft-frau-nach-mehr-als-110-straftaten-aus-734350751314
Wetten?