Neuer Schlepperring aufgedeckt – Westbalkan oder Direktflug in die EU

Ein am Evros operierender Schlepperring bot PKW-Transporte auf den Westbalkan und Flugreisen nach Westeuropa an, inklusive falschen Pässen. Das zeigt: Die Balkanroute lebt und speist sich noch immer aus illegalen Grenzübertritten aus der Türkei.

IMAGO / NurPhoto
Grenzschutzanlage am Evros, Sommer 2021
Seit langem gibt es Anlass, an der Erzählung der griechischen Regierung vom zur Gänze „versiegelten“ Evros zu zweifeln. Allein die anhaltende Fülle der Schlepperaufgriffe im Landesinneren – die von Polizei und Medien ohne Zögern gemeldet werden – deutet darauf hin, dass der Zustrom von Migranten aus der Türkei nie ganz abgerissen ist. Allein für den Dezember 2022 finden sich Berichte über sieben Schlepper, die am Evros oder im Landesinneren festgenommen wurden, meist mit illegalen Migranten im Schlepptau. Auch das „FlussinselDramolett“ vom Sommer wurde nochmals inszeniert. Dieses Mal stellte die griechische Polizei umgehend fest, dass die gewählte Kleininsel nicht zum griechischen Staatsgebiet gehört, und forderte die Türkei auf, die Migranten wieder einzusammeln.

Der Verdacht lässt sich weiter von den beiden Seiten des Problems zuschnüren und erhärten. Einerseits blüht die Schleuserkriminalität auf dem West- wie Ostbalkan. Neben den schieren Zahlen (140.000 durchreisten allein den Westbalkan bis Ende November) belegen das auch die Werbekanäle der Schlepper in den sozialen Medien, die in Videos zeigen, wie sie Menschen von den Nachbarstaaten der Türkei (Griechenland und Bulgarien) bis nach Österreich und Italien schleusen.

Andererseits zeigen Videos der griechischen Behörden die Praktiken der Schlepper am Evros, wo Migranten mit Militärbussen – die angeblich zur türkischen Gendarmerie gehören – an die Grenze gefahren und dort losgelassen werden. Auch „farbige“ Vorfälle mit großem Nachrichtenwert wie der – vermutlich nie geschehene – Tod der kleinen Syrerin „Maria“ auf einer Evros-Insel oder der Aufgriff von 92 vollkommen unbekleideten jungen Männern am Grenzfluss deuten darauf hin, dass die Schleppermafia bemüht ist, mediale Aufmerksamkeit für ihre Sache zu erzeugen. Vermutlich taugen auch solche „vermischten Meldungen“ im weitesten Sinne als Werbung für ihr illegales Geschäft.

Balkanroute oder Ferienflieger? Eine Frage des Preises

Kurz vor Weihnachten konnten die griechischen Behörden einen neuen Schlepperring aufdecken, der die schamlosen Ausmaße dieses kriminellen Gewerbes erneut offenlegt. Am 20. Dezember wurden in und um Thessaloniki und in der Region Attika 18 Personen festgenommen, wobei auch 13 illegale Migranten aufgegriffen wurden, die zwecks Abschiebung den zuständigen Behörden übergeben wurden.

Der Weg der Migranten begann zum Beispiel im abgelegenen Dörfchen Lavara, das weder besonders weit im Süden noch im Norden des griechisch-türkischen Grenzverlaufs liegt. Hier befindet sich angeblich einer von vier illegalen Schlepperübergängen der nun aufgeflogenen Bande. Der griechische Fernsehsender Antenna (ANT1) zeigte ein Video aus buschig bewachsener Heide. Im silberfarbenen Auto erwarten die Schlepper die illegal eingereisten Migranten. Danach sieht man dasselbe Auto vor einem Mehrfamilienhaus, in das die Migranten eilig laufen. Die PKWs sind häufig gemietet oder gestohlen. Mit ihnen geht es in die Metropolen Thessaloniki und Athen oder deren Vororte. Von da aus können die Illegalen sich für eine Autofahrt an die nordmazedonische Grenze, also für die Balkanroute entscheiden. Oder aber sie nehmen einen Ferienflieger vom Athener Flughafen, dann sicherlich mit gefälschtem oder gestohlenem Pass.

In Athen wurden 136 Ausweisdokumente sichergestellt, die übergroße Mehrzahl von ihnen (110 Stück!) gestohlen und zweckentfremdet. In der griechischen Hauptstadt wurden schon in der jüngeren Vergangenheit Passfälscherwerkstätten und Passhehlerläden ausgehoben.

Daneben stellte man zwölf eigene Kraftfahrzeuge, 69 Mobiltelephone, eine Geldzählmaschine inklusive 48.000 Euro in bar sowie 61 Gramm der Droge Crystal Meth sicher. Übrigens war auch ein Ausländer, der wegen Vergewaltigung gesucht wurde, unter den Festgenommenen. Diese Razzien haben offenbar einen umfassenden Nutzen für den Kampf der griechischen Polizei gegen die Kriminalität im Lande.

Der Westbalkan als „Tasche“ und Durchzugsgebiet

Der berichtende Generalmajor der Athener Flughafenpolizei, Kostas Makropoulos, spricht von einer „kriminellen Organisation“, die offenkundig aus Erwerbsinteresse handelte – also ein Schlepperring im klassischen Sinn. Jedes Teilstück der illegalen Reise kostet laut der Athener Polizei 2.000 bis 5.000 Euro, die über das Untergrundbanksystem Hawala von den Migranten oder ihren zurückgebliebenen Verwandten zu zahlen waren.

Im Fernsehbericht von Antenna werden dem Geschehen die Aussagen von Migrationsminister Notis Mitarakis gegenübergestellt: Die illegalen Migrationsströme nach Griechenland seien demnach gegenüber dem Jahr 2019 um 80 Prozent zurückgegangen. Statt 92.000 Migranten in mehr als 100 Zentren seien es nun 15.000 Asylbewerber in „nur“ 33 Einrichtungen.

Das sind Aussagen, die sich an die griechischen Bürger richten. Über die Sicherheit der griechischen Grenze für die Schengenzone insgesamt sagen sie genaugenommen noch nichts aus. Denn auch die nun festgenommenen Schlepper operierten im Verborgenen. Die Geschleppten gingen damit in keine griechische Statistik ein, sondern fanden ihren Weg direkt auf den Westbalkan – hinein in die berühmte, vorgebliche „Tasche“ der neueren Migrationshypothesen – oder an einen Flughafen, der noch näher am jeweiligen Zielland liegt.

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Kommentare ( 4 )

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Nibelung
1 Jahr her

Das liegt am fehlenden Willen und ist auch offenkundig und die müssen sich noch nicht einmal verstecken, denn jedermann weiß doch welche Abmachungen in Bezug auf die gezielte Übernahme von sogenannten Flüchtlingen vereinbart wurde. Wenn man den nötigen Ernst voraussetzen könnte, dann wäre es ein leichtes jeden Grenzübertritt zu verhindern und allenfalls ein paar Zufälle durchkommen würden, aber spätestens bei ihrem Erscheinen im Landesinneren auf große Schwiergigkeiten stoßen könnte und weil die Duldung über allem steht ist das auch nach außen bekannt und damit machen sich die Regierenden selbst, zusammen mit ihren Hilfstruppen zu Schleußern und die Grenzpolizei spielt die… Mehr

Westerburg
1 Jahr her

Das ganze Problem ließe sich mit zwei einfach umzusetzenden Maßnahmen beheben:

1. Wer *nachweislich* politisch verfolgt wird (siehe Grundgesetz), erhält vom Staat lediglich Sachleistungen, darf aber sofort arbeiten, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten (was natürlich Sprachkenntnisse voraussetzt).

2. Wenn der obige Nachweis nicht erbracht werden kann, werden weder Sachleistungen noch eine Unterkunft noch sonstige Unterstützung gewährt.

Ähnliche Regelungen sind in einigen europäischen Ländern ja schon in Kraft. Würden meine obigen Vorschläge hier eingeführt, würde sich das Problem der illegalen Migration innerhalb eines Jahres erledigen.

Solange wir aber das gelobte Schlaraffenland sind („Germoney“), wird sich faktisch rein gar nichts ändern.

lauterbachleugner
1 Jahr her

Ich sehe in der Debatte keine Logik. Es gibt Leute die haben ein Transportbedürfnis und es gibt Leute die diese Dienstleistung anbieten. Warum nennt man die Lufthansa oder Flixbus oder die Bahn oder Seawatch & Co nicht ‚Schlepper‘? Wenn wir nicht wollen, dass die Leute einreisen, warum lassen wir sie rein und versorgen sie grosszuegig mit Geld? Das ist doch nicht die Schuld der Transportunternehmen, sondern unsere eigene. Wenn die Grünen und ihre Freunde davon ausgehen, dass diese Menschen schutzbedürftig sind, dann muessten sie den Schleppern dankbar sein. Wenn wir Menschen helfen wollen, warum tun wir es nicht in den Herkunftsländern?… Mehr

Georg J
1 Jahr her

Wenn wir den leidenden Menschen wirklich helfen wollten, dann würden wir nicht junge, leistungsfähige und finanziell solvente Menschen „einschleppen“ lassen und diese mit überzogenen Sozialleistungen an uns binden, sondern wir würden uns um die Schwachen, Alten und Kranken kümmern, die diese jungen „Flüchtlinge“ zurück lassen. Wenn das Geld für „Flüchtlinge“ in den Fluchtländern investiert werden würde, dann würden wir wirklich denen helfen, die es brauchen, aber so wie es jetzt abläuft, ist es nur ein „Geschäftsmodell“, das Schlepperbanden reich macht.