Die bizarrsten Politiker-Kommentare zum Kernkraft-Ausstieg

Politiker von Grünen und SPD feierten am Wochenende ihren Sieg über die Kernkraft. Und ganz nebenbei noch über die Grundrechenarten. TE stellt die Liste der sieben bizarrsten Fälle zusammen.

IMAGO / Rolf Zöllner
Kundgebung von Greenpeace zum Atomausstieg, Berlin 15.4.2023

Von der Freude, dass der Strom auch ohne Atom noch da ist, über die Behauptung, Atomkraftwerke im Ausland würden die Energiewende behindern, bis hin zu Atommeilern, die man aufessen kann – es folgt eine Auswahl bizarrer Politiker-Kommentare.

Platz 7: Carsten Träger

Der SPD-Bundestagsabgeordnete verkündete schon am Sonntag den vollen Erfolg der Atomkraft-Abschaltung vom Samstag, als die letzten drei deutschen Kernkraftwerke zwangsweise vom Netz gingen: „Strom immer noch da.“

Juhu, im Kühlschrank brennt noch Licht. Dann kann bei der spezifisch deutschen Energiewende, bis 2030 aus fast jeder grundlastfähigen Erzeugung auszusteigen, und gleichzeitig den Stromverbrauch durch Wärmepumpen und Elektroautos hochzujagen, nichts mehr schiefgehen.

Am besten von jetzt an täglich melden, Herr Träger: Bis eben noch ging alles gut. Den Blackout können Sie nämlich schlecht auf Twitter verkünden.

Platz 6: Michael Bloss

Der eine oder andere kennt den grünen Europaabgeordneten schon als wandelndes Kompetenzzentrum für Energiefragen. Michael Bloss freute sich auf Twitter, dass es jetzt auch der französischen Atomkraft wegen der „Klimakrise“ an den Kragen gehen würde – wegen der Trockenheit und dem fehlenden Kühlwasser.

Stimmt noch nicht einmal halb: 2022 standen Kernkraftwerke in Frankreich aus unterschiedlichen Gründen still. Teils wegen Korrosionsschäden, die es zu beheben galt, teils wegen regulärer Revisionen. Nur fünf Meiler mussten zeitweise gedrosselt oder abgeschaltet werden, weil Kühlwasser in Flüssen zeitweise knapp oder zu warm wurde: Die Anlagen Golfech, Tricastin, St. Alban, Bugey und Blayais.

Trotzdem lief die Hälfte der Atomkraftwerke im Nachbarland. Frankreich exportierte sogar reichlich Strom nach Italien.

Kleiner Fakt für Bloss: Deutschlands Kernkraftwerke waren nie durch Kühlwassermangel bedroht.

Platz 5: Claudia Kemfert

Im WDR verkündete die oberste Trommlerin für die Energietransformation, die sich im Eifer öfter mal bei Zahlen und Fakten vertut: Jetzt bremsen die Kernkraftwerke der restlichen Länder um Deutschland die Energiewende. Zum Beispiel der neue Reaktor in Finnland, der dort als derzeit leistungsfähigste Anlage Europas am Wochenende ans Netz ging.

 

Die Bilanz beim CO2 pro Kilowattstunde am Tag nach der Abschaltung sah übrigens so aus:

Egal: Am deutschen Energiewesen muss die Welt genesen. Und zwar noch und nöcher.

Platz 4: Katrin Göring-Eckardt

Der Universalkoryphäe der grünen Partei verdanken wir Erkenntnisse, auf die uns sonst niemand gebracht hätte: etwa, dass die Nazis die Dresdner Frauenkirche zerstörten. Und dass Strom jetzt nach der Kernkraftabschaltung schnell billiger wird. Am Sonntag bei Anne Will feuerte Göring-Eckardt ihre alternativen Fakten gleich reihenweise ab. Glaubt man ihr, dann hätten in Frankreich wegen Kühlwassermangels alle Atomkraftwerke, oder wie die Politikerin meinte, „die Dinger im Wesentlichen stillgestanden“.

Unfug, siehe oben. Aber niemand in der Runde widersprach. Außerdem meinte sie, „dass Atomkraft dreimal so teuer ist wie Erneuerbare“. Die Strom-Gestehungskosten der drei jetzt abgeschalteten und vorher längst abgeschriebenen deutschen Atomkraftwerke lagen bei drei Cent pro Kilowattstunde. Die Kosten von Solar- und Windstrom aber leider nicht, wie es aus Göring-Eckardts Rechnung folgen würde, bei einem Cent.

Schließlich kam die Grüne auch wieder auf die „Verstopfung“ der Netze durch Atomstrom. Mit der ist es nun seit Samstag Gott sei Dank vorbei. Kohlestrom, der in Deutschland hauptsächlich den abgeklemmten Atomstrom ersetzt, stopft nach Göring-Eckardt merkwürdigerweise nicht.

Platz 3: Jan Philipp Albrecht

Kennen Sie Jan Philipp Albrecht? Als grüner Europaabgeordneter setzte er durch, dass wir bei fast jeder Internetnutzung das Cookies-Kästchen anklicken müssen. Millionen Bürger danken ihm täglich aufs Neue dafür. Mittlerweile amtiert er als Vorsitzender der Grünen-nahen Böll-Stiftung. In dieser Eigenschaft erklärte Albrecht zur Feier der Atomkraft-Abschaltung: „Mit dem Atomausstieg werden Gelder, Netze und Energie frei.“ Vor allem Energie. Aber lesen Sie selbst, was der Fachmann spricht:

Platz 2: Katharina Beck

Katharina Beck wirkt als Finanzpolitische Sprecherin der grünen Bundestagsfraktion. Sie fühlte das Bedürfnis, auf Twitter einmal konkret vorzurechnen, wie günstig das Abwürgen der Kernkraft sich auf die Stromrechnung auswirkt. Der Fachfrau zufolge kostet eine Kilowattstunde Atomstrom nämlich 148 Euro, Strom aus Sonne und Wind dagegen nur supergünstige 37.

Immerhin: Später korrigierte sie den Tweet, weil ihr aufgegangen sein musste, dass, würden ihre Zahlen stimmen, selbst ihre Bundestagsdiäten nicht für die Stromrechnung reichen würden. Auch ohne Kernkraft. Aber selbst geteilt durch tausend stimmen die Größenordnungen immer noch nicht – siehe oben.

Fazit: Wer sich eben mal um drei Nullen vertut, qualifiziert sich bei den Grünen problemlos für Finanzpolitik. Schwer hätten es vermutlich eher Leute, die ein wenig Überschlagsrechnung beherrschen.

Platz 1: Emilia Fester

Dass die grüne Jungabgeordnete zu den klügsten Parlamentariern im Bundestag gehört, bewies sie auch an diesem Wochenende. Eine gewisse Bekanntheit erlangte Fester dadurch, dass sie gern im Bundestag tanzt und sich dabei in die Kamera freut. Zu Recht: Nur wenige kassieren für Hoppelschritte auf Instagram 10.000 Euro monatlich plus Aufwandsentschädigung.

Auch das Kernkraft-Aus kommentierte die Politikerin fast nonverbal, indem sie sich aus Keksen und einem Gebäck, das einmal einen heute inkorrekten Namen trug, drei leckere Kernkraftwerkchen zum Verspachteln aufbaute.

Damit verhält sie sich wirklich schlau: Wer gar nicht erst über Netzverstopfung und die Atomstrom-Kilowattstunde für 148 Euro redet oder schreibt, wirkt im Vergleich zu den Kollegen regelrecht kompetent.

Fester fordert übrigens das Wahlrecht ab 6 Jahren. Offenbar übt sie schon einmal dafür, das neue Klientel adäquat anzusprechen.

Den ersten Platz im TE-Ranking kann ihr niemand nehmen.

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Kommentare ( 94 )

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Kassandra
1 Jahr her

So sind die gestrickt. Sogar da muss sie auf vorproduzierte Fertigteile zurückgreifen. Bis auf den Kleber.
Und der scheint arg dick aufgetragen.
Bei länger andauerndem Stromausfall kann sie dann nicht mal mehr das.

Rainer Schweitzer
1 Jahr her

Gerade mal nachgeguckt: Steckdose immer noch da. Jetzt ganz mit ohne Atom. Läuft scheinbar auch ohne Kraftwerke.

Dieter
1 Jahr her
Antworten an  Rainer Schweitzer

Wenn Sie jetzt noch den bösen Kohlestrom (schwarzer Draht) und Braunkohlestrom (brauner Draht) abklemmen, können Sie tiefenentspannt mit Wassserkraft (blau) und grünem Ökostrom (grün/gelber Draht) leben!

ich würde mich zur Installation von sauberer Energie bei den Protagonisten des Textes freiwillig anbieten…

Kappes
1 Jahr her

Für mich gebührt ganz klar Frau Beck der erste Platz. Ich musste bei diesen Zahlen herzlich lachen. Ich glaube auch nicht, dass ihr der Fehler selber aufgegangen ist. Vermutlich musste ein Kollege oder Leser sie darauf aufmerksam machen. Selber wäre sie doch wohl grün genug gewesen, ihren eigenen Worten zu glauben.

Micha.hoff
1 Jahr her

Der Atomausstieg ist nur ein Symbol für den Ausstieg Deutschlands aus der Geschichte. Wir steigen aus dem Zug der Zeit aus und bleiben irgendwo – im wahrsten Sinne des Wortes – gottverlassen zurück. Und kein Volk der Welt zelebriert seinen eigenen Untergang so lustvoll wie das deutsche.

Bernd W.
1 Jahr her

Ach ja, die Frau Fester: im Bundestag so dermaßen deplatziert, stellt sie meine Contenance immer wieder vor größtmögliche Herausforderungen…jedes deutlichere Wort würde unweigerlich in der Rubrik „Hass und Hetze“ verschwinden…also tief durchatmen…

Riffelblech
1 Jahr her

Tja man muss es wohl oder übel zugestehen ,wir werden von den Allerbesten ,Allerklügsten ,Allerweitsichtigsten gelenkt und geleitet.
Unter den Grünen ,wohl auch den Roten und sonstigen nahezu unfehlbaren Politikern mit wahnsinnig viel geistigem „ schwarzem Loch „ zwischen den Ohren scheint sich die Tatsache zu verdichten das alleine der Wunsch nach Wind und Sonne schon ausreicht um dieses Land von „ Gasproblemen und Wärmeproblemen und Stromproblemen „ freizuhalten .
Klar ,die sieben Geißlein im Märchen haben sich auch gewünscht das der Wolf sie nicht frisst .

honky tonk
1 Jahr her

Der Ausstieg aus der Kernkraft hat doch etwas Positives… das Talent zur (unfreiwilligen) Komik wurde bei vielen Grünen und sonstigen Deutschlandhassern offengelegt.

Rainer Schweitzer
1 Jahr her

Einen alten, weißen Mann trieb einmal die Frage um, ob er überhaupt existiere und wenn ja, woran er das erkennen könne. Er kam zu dem Ergebnis: Cogito ergo sum. Heutzutage ist das alles viel einfacher, mit der eigenen Existenz, zumindest wenn man ein Star ist, aus der Politik, dem Dschungelcamp oder sonst irgendwie ein wichtigen Menschen. Da braucht man sich nicht mehr intellektuell zu winden, zu verkünsteln, man braucht überhaupt keinen Intellekt mehr (ist eh nur was für alte, weiße Männer). Denn gottseidank gibt es Twitter. Deshalb gilt für sie: Ich twittere, also bin ich. Tja, da wäre er baff… Mehr

ketzerlehrling
1 Jahr her

Der Strom kommt von Atomkraftwerken, die im Ausland betrieben werden. Deswegen wird der Strom, solang die produzieren, da sein, aber noch viel teurer als derzeit.

eifelerjong
1 Jahr her
Antworten an  ketzerlehrling

Alte Wirtschaftsweisheit: „Je knapper das Gut, je höher der Preis“.
Und das Beste daran ist, der Anbieter dieses Gutes bestimmt ihn.

mr.kruck
1 Jahr her

Fazit: Politik von Idioten für Idioten, denn würde dies nicht so sein, könnten die einen gewählten ja nicht den offensichtlichen Willen der anderen vertreten. Klar soweit?