Zwischen einer EU, die immer autoritärer auftritt, und den USA, die keine imperiale EU wollen, braut sich ein Machtkampf zusammen. Ausgetragen wird er in Ungarn.
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Als Ungarns Ministerpräsident am 8. November aus Washington abreiste, hatte er bei seinem Treffen mit US-Präsident Donald Trump sensationelle Erfolge erreicht. Die tiefere Analyse aller Teile der Vereinbarungen wird sich in den kommenden Tagen entfalten, vorerst dominiert der Aspekt, dass Orbán bei Trump für Ungarn eine Ausnahme von den amerikanischen Sanktionen gegen russisches Öl und Gas erwirkte.
Und zwar ohne quantitative oder zeitliche Grenzen, wie er selbst betonte. Alle anderen Europäer werden von den USA sanktioniert, wenn sie weiterhin russisches Öl und Gas kaufen. Nur Ungarn nicht.
Ja, aber! Ungarns oppositionsnahe Medien waren schnell dabei, auf Berichte von CNN, Reuters und anderen zu verweisen, wonach Trump diese Ausnahme nur bis Ende 2026 gewährt habe. Orbán reagierte schnell auf diese Darstellungen. Noch auf dem Rückflug ließ er wissen, das seien „Fake News“, es gebe keine Begrenzung. Wer wissen wolle, wie die Fakten aussehen, der solle sich nicht an „liberale Medien“ wenden, sondern „jene fragen, die dabei waren“ – also etwa ihn. Außenminister Péter Szijjártó und Verkehrsminister János Lázár betonten, eine zeitliche Begrenzung sei bei den Gesprächen überhaupt nicht erwähnt worden. Szijjártó sagte freilich auch, man habe einander „den Handschlag gegeben“, die Details würden später schriftlich fixiert. Es gibt also (noch) keine Schriftform.
Dennoch berichtete das oppositionsfreundliche ungarische Nachrichtenportal Telex, die Redaktion habe von „einem Vertreter des Weißen Hauses“ eine „offizielle“ Bestätigung bekommen, dass Ungarn nur für ein Jahr von den Sanktionen ausgenommen sei. Wer das genau sagte, war etwas umständlich formuliert – kein „Sprecher“ des Weißen Hauses, sondern ein „Vertreter“, der, obwohl es laut Telex „offiziell“ war, nicht mit Namen genannt wurde. Das meist objektivere Wirtschaftsportal portfolio.hu schrieb hingegen korrekt, es gebe bislang keine offizielle amerikanische Information zum Sachverhalt.
Wirtschaftlich hat Orbán so oder so vorerst eine Katastrophe abgewendet: Ohne russisches Öl und Gas würde die ungarische Wirtschaft wohl um zwei bis drei BIP-Prozentpunkte schrumpfen und deren Wettbewerbsfähigkeit auf deutsches Niveau sinken – wegen der dann höheren Energiepreise.
Orbán hat damit zugleich demonstriert, dass es sich lohnen kann, gute Verhältnisse zu Trump zu unterhalten, und aus der EU-Matrix auszubrechen. Die EU hat rechtlich dennoch das letzte Wort, wie mehrere EU-Vertreter nach dem Treffen in Washington auch betonten: Die EU ist zuständig für Außenhandel und hat mit Hinweis auf diese Zuständigkeit gegen den Widerstand Ungarns und der Slowakei verfügt, dass sämtliche russische Öl- und Gasimporte bis Ende 2027 beendet werden müssen.
EU-Sprecher bestätigten gegenüber portfolio, dass die Vereinbarung zwischen Orbán und Trump daran nichts ändere. Ungarn wird seine russischen Importe stoppen müssen, oder von der EU bestraft. Szijjártó wiederholte seinerseits, Ungarn werde diesen EU-Beschluss vor dem EuGH anfechten, da er die Energiesicherheit Ungarns (und der Slowakei) gefährde. Es gehe also nicht um schlichten Außenhandel, der wie gesagt zu den Kompetenzen der EU gehört, sondern um Energiesicherheit, zu deren Sicherung die EU rechtlich verpflichtet ist.
Obwohl Trumps Sanktionen und die Sanktionen der EU auf den ersten Blick dasselbe Ziel verfolgen, ist dem nicht so: Trump nutzt sie, um Druck auf Russland auszuüben, während er andererseits Druck auf die Ukraine ausübt, mit dem Ziel, beide Seiten an den Verhandlungstisch zu zwingen. Die EU setzt einseitig Russland unter Druck, während sie zugleich die Ukraine anfeuert, ja keinem „ungerechten“ Frieden zuzustimmen.
Aus der Sicht Orbáns und Trumps will die EU einen langen Krieg, weil sie diesen zum Vorwand nehmen kann, um immer stärkere Zentralisierung durchzusetzen und immer mehr Kompetenzen von den Mitgliedstaaten zu den EU-Institutionen zu verlagern (mehr gemeinsame Schulden, Abschaffung oder Umgehung der Veto-Regeln).
Eine solche, immer mächtigere – und Kritikern zufolge immer deutlicher autoritäre oder gar imperiale – EU liegt aber nicht im Interesse Trumps.
Das größte Hindernis auf dem Wege zu einer „Großmacht EU“ ist Viktor Orbáns wortmächtiger und nicht nur in Ungarn politisch effizienter Widerstand gegen diese EU-Strategie. Ein guter Teil der Gespräche zwischen ihm und Trump bestand darin, den, so Orbán, frontalen Angriff der „föderalistischen“ Kräfte gegen Ungarn zu analysieren. Orbán geht davon aus, dass die EU alles in ihrer Macht Stehende tun wird, um vor den kommenden Wahlen Ungarns Wirtschaft zu schwächen, und dass dabei auch internationale Finanzspekulanten und Konzerne wie die österreichische Strabag helfen werden. Die Regierung beschuldigt die Firma, die Oppositionspartei Tisza aktiv zu unterstützen, was Strabag abstreitet.
In dieser Lage hat Trump offenbar einen „finanziellen Schutzschild“ zugesagt: Auch wenn die EU-Gelder aus politischen Gründen weiterhin zurückgehalten werden, wird demnach offenbar eine amerikanische Kreditlinie zur Verfügung stehen. Die Wirkung dieser Ankündigung war unmittelbar. Sofort erstarkte die ungarische Währung. Zuletzt war der Forint vor anderthalb Jahren so stark wie jetzt.
Auch ideologisch leisten Trump und sein Vize J.D. Vance Schützenhilfe: Sie preisen Orbán als einen starken Anführer, der, im Gegensatz zur EU in allem recht habe, was er tut.
Wir erleben also einen Machtkampf zwischen einer nach geopolitischer Größe schmachtenden EU und einem Amerika, das kein Interesse daran hat, dass sich die EU zu einem entscheidenden internationalen Machtfaktor entwickelt. Das Schlachtfeld, auf dem dieser Konflikt ausgetragen wird, ist Ungarn.


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Orban dürfte dabei zuallererst an sein Land denken und er lässt sich von der EU nicht einschüchtern. Das hat er nicht nötig. Ob die EU Ende 2027 in der Form wie heute überhaupt noch existiert, sei dahingestellt. Orban und Fico suchen sich Verbündete außerhalb der EU und wenn es die Uschi zu arg treibt, ist es wenig wahrscheinlich dass das Orban mitmacht. Er ist ein Befürworter der EU, aber sicher nicht um jeden Preis. Was die beiden geopolitischen Kontrahenten Russland und USA anbelangt, so sieht es danach aus, als will jeder den anderen an den Verhandlungstisch zwingen, Da dürfte viel… Mehr
„…dass Orbán bei Trump für Ungarn eine Ausnahme von den amerikanischen Sanktionen gegen russisches Öl und Gas erwirkte.“ Bitte korrigieren: „…von den völkerrechtswidrigen amerikanischen Sanktionen…“. Die extraterritorialen Sanktionen der USA greifen in die Souveränität der betroffenen Staaten ein und widersprechen damit dem Interventionsverbot und dem Souveränitätsprinzip der UN-Charta. Und wir legen doch so viel Wert auf das Völkerrecht. Was den Deal mit den USA angeht: ich mag Trump und Orbán ja auch (und verachte die EU), aber faktisch wurde hier ein ganz klares Vasallenverhältnis etabliert und zementiert. Kann man begrüßen und entspricht dem „Melierdialog“, den die USA so gerne und… Mehr
„von den völkerrechtswidrigen amerikanischen Sanktionen“ ?
Gegen welche Regelung im Völkerrecht sollen die Sanktionen verstossen?
Es gibt im Völkerrecht keine Regelung die einem Staat Sanktionen gegen einen anderen Staat verbieten.
Es geht nicht um die Sanktionen der USA gegen Russland, sondern um die Sanktionen der USA gegen Drittstaaten, die Handel mit Russland treiben wollen.
Die UN Charta ist schlicht Bullshit wie der ganze woke Unsinn. Überall austreten und mit Russland, China und den USA seperate Verträge aushandeln.
Da wird ein Zusammenhang konstruiert den es gar nicht gab.
Orbans Besuch bei Trump hat mit der EU gar nichts zu tun.
Orban ist in eigener Vertretunng, in Vertretung der Interessen Ungarns im Verhältnis zur USA dahin gefahren.
Er ist nicht im Auftrage der EU oder als EU Mitglied dahin gefahren.
Es war auch niemand von der EU im Interesse Ungarns bei Trump.
Er hat mit seinem selbstständigen Besuch eben genau die EU ignoriert.
Woher wird da also ein Machtkampf EU-USA herphantasiert?
Die EU-Katze beißt sich in den Schwanz. Die Zentralisierung der EU sorgt dafür, daß die EU immer weniger in der Lage ist, die Ukraine zu unterstützen.
Die EU ist ein Phantasiegebilde zur Bereicherung von Ganoven.
Die EU unterstützt die Ukraine nicht, es sind europäische Länder und die USA und die werden die Ukraine solange unterstützen bis der Verbrecher Putin aufgibt, das ist ein muss aus der normativen Kraft der Fakten – die sie nicht verstehen.
Sie, Herr Pascht, sind Teil des EU-Phantasiegebildes. Die EU, wie EU-Staaten sind restlos pleite, das ist ein Fakt. Auch weitere Schuldenaufnahmen treiben Inflation & verschlechtern die Bonität, was wieder die Schuldenaufnahme weiter verteuert, der II. Fakt. Auch mit der geplanten Kapazitätssteigerung der Rüstungsindustrie in NATO-Staaten hapert es. Einerseits reichen die Planungen nicht, um die Chinesisch-Russische Allianz in der Produktion zu schlagen & Rüstungsunternehmen wollen langfristige Garantien. Aber zur Vergabe langfristiger Garantien sind die EU-Staaten finanziell gar nicht der Lage. Zu viele linke Schwachkopf-Projekte fressen das BSP/GDP gerade Deutschlands auf, III. Fakt. Der IV. Fakt, die von Ihnen genannte Unterstützung der… Mehr
Erst verspricht Trump das Ende des Ukrainekrieges in 24h. Dann sind es 100 Tage. Jetzt schon gar nichts mehr. Warum auch. Es glaubt diesem Mann ja sowieso niemand mehr. Ist der Ruf erst ruiniert……Nun darf Ungarn sogar Öl vom Kriegstreiberstaat erhalten. Trump ist nur noch eine Witzfigur. Das er Putin in die Knie zwingt glaubt ihn doch mittlerweile niemand mehr.
„Machtkampf“ zwischen EU und USA ?
Sorry, aber da hab ich eher eine Auseinandersetzung mit einem Chihuahua und einer Dogge vor Augen.
„EU-Sprecher bestätigten gegenüber portfolio, dass die Vereinbarung zwischen Orbán und Trump daran nichts ändere. Ungarn wird seine russischen Importe stoppen müssen, oder von der EU bestraft.“
Da kann ich nur laut lachen. Da bedarf‘s kein Blick in meine Kristallkugel. Da muss ich mir nur des vdL.s jämmerlicher Bückling, ihr Gekrieche und Geschleime bei ihren Treffen mit The Donald in Schottland in Erinnerung rufen, um zu wissen, wie das ausgeht.
Manche würden sagen sogar , was die eu da beschließt ist gegen die Interessen der europäischen Bevölkerung.
Zitat: „Aus der Sicht Orbáns und Trumps will die EU (…….) immer stärkere Zentralisierung durchzusetzen und immer mehr Kompetenzen von den Mitgliedstaaten zu den EU-Institutionen zu verlagern“ > Auch wenn ich eigentlich keine Ahnung von Politik habe, habe aber auch ich hier bei TE schon zig Mal Orbáns und Trumps obigen Gedanken geäußert weil auch ich haargenau gleiches von diesem EU-Brüssel mit seinen Leyen’schen Pseudodemokraten am denken bin. Orbán scheint neben vielleicht noch ein/zwei anderen EU-Politikern der einzige EU-Politker mit Hirm im Rückgrad zu sein dem an EUropa wirklich noch etwas zu liegen scheint. Der gesamte restliche EUropäische Sauhaufen von… Mehr
Sie kenn nicht die Geschichte Europas.
Orban haßt die EU wegen Trianon. Er ist nur notgedrungen wirtschaftlich dabei, weil er zwar Putin hofiert, aber nur um die EU zu ärgern.
Tatsächlic kann er aber nie mit dem kommunistischen Putin zusammen kommen, denn sonst fressen ihn seine Ungarn auf, die nichts mehr hassen als das kommunistische Russland. Ich kenn Ungarn aus eigener Lebenserfahrug und spreche auch ungarisch – möcht mir daher dümmliche Hasskommentare verbitten.
Warum ist Deutschland in der EU, weil de Gaulle die Montanunion Adenauer befohlen hat, also Potsdam & Versailles, auch nicht anders als Trianon, so what. Als ob man die heutigen Russen mit den Sowjets vergleichen könnte. Von allen Roten Zaren, war nur Gorbatschow halb Russe, halb Ukrainer. Trotzki & Andropow waren Juden, Breschnew & Chruschtschow Ukrainer & Stalin, wie auch Berija, waren Georgier. Wenn Sie so weiter machen, haben Sie nur Haßkommentare verdient. Ich spare es mir erstmal weiter mit Ihnen zu debattieren. Da kommen bei Debatten mit meinem Hund mehr Sinn heraus.
Wie lange muss man noch die „Big Sister“ und ihre Schuhputzer ertragen! Was seinerzeit Kohl und Mitterand zusammengebastelt haben ist eine reine Katastrophe insbesondere seit die Deutschen den Ton angeben. Der Spruch „Hauptsache ist, was hinten rauskommt“ muss in „es ging nach hinten los“ geändert werden.
„seit die Deutschen den Ton angeben“ ? – Wo? in der EU nicht.
Sie verwechseln „Ton angeben“ mit „die Deutschen bezahlen“
Ich kann mir gut vorstellen, dass es den USA auch darum geht, die Umtriebe Richtung totalitären Sozialismus der EU und so manchem EU-Staat zu begrenzen.
Ich glaube, dass die USA durchaus an einer freien, demokratischen EU interessiert sind, die die Interessen der Mitgliedstaaten im Auge hat und nicht irgendwelche linksgrünen, feuchten Machtträume Richtung DDR 2.0.