Deutsche Bank: Ende einer Beziehung zwischen Bank und Staat

Blick von der Deutschen Bank auf Frankfurt: Eine Bank schrumpft.

„An jedem Krieg in jedem Land, verdient die Deutsche Bank“. Diesen etwas schrägen Spruch skandierten Demonstranten, die gegen die G7 in Schloß Elmau zu Felde zogen. Abgesehen davon, dass es eine dieser typisch linken Verschwörungstheorien ist, die dieses Land zu beherrschen beginnen, zeigt es, welche symbolische Rolle die Deuche Bank spielt. Sie steht für die Macht der Wirtschaft, und die ist natürlich böse. Doch diese Macht hat ausgespielt.




Die Krise der Deutschen Bank verschärft

Denn jetzt taumelt die Bank in die nächste Krise. Anshu Jain und Jürgen Fitschen haben dem Aufsichtsrat an diesem Sonntag ihren Rücktritt angeboten  – und das Gremium hat das Rücktrittsgesuch angenommen. Der Aufsichtsrat der Deutschen Bank hat auch schon einen Nachfolger für den Spitzenposten des Hauses benannt: John Cryan, der bis 2011 Finanzvorstand der Schweizer UBS war. Anshu Jain wird schon Ende Juni sein Amt niederlegen und bis Januar 2016 als Berater bei der Deutschen Bank bleiben, teilte die Deutsche Bank mit. Jürgen Fitschen dagegen bleibt noch bis zur nächsten Jahreshauptversammlung im Mai 2016 im Amt. Die Deutsche Bank wird also zunächst weiterhin von einer Doppelspitze geführt; ab 1. Juli 2015 regiert Fitschen gemeinsam mit Cryan, „um einen geregelten Übergang sicherzustellen“, wie die Bank mitteilt. Ab Mai 2016 soll Cryan dann die Deutsche Bank als alleiniger Vorstandsvorsitzender führen. Von 2008 bis 2011 war der Brite Finanzchef der Schweizer Bank UBS, danach Europa-Chef des milliardenschweren singapurianschen Staatsfonds Temasek. Beim britischen Hedgefonds Man Group ist er Aufsichtsrat. Ein Banker – aber ohne Verbindung zu Deutschland. Das ist die Botschaft. Es ist eine Verschärfung der Krise; hier kommt einer, der eben schnell zur Hand ist. Eine Zukunftsbotschaft ist damit nicht verbunden. Cryan wird, so viel kann prophezeit werden, die Deutsche Bank weiter auf Schrumpfkurs bringen, um unter dem Radar der öffentlichen Aufmerksamkeit zu retten, was noch zu retten ist. Wesentliche Funktionen werden jetzt ohne Frage nach London abwandern; wer sollte sich noch dagegen wehren wollen? Eine Wachstumsperspektive jedenfalls ist diese Personalentscheidung nicht – sie ist defensiv. Schadensbegrenzung heisst das Motto. Nur nicht mehr auffallen.

Bank in der Skandal-Falle

Klar: Die Skandal und Prozesse, in die die Deutsche Bank verwickelt sind, zählen mittlerweile zu Tausenden. Die Bank hat nichts ausgelassen, was man den Banken so gemeinhin vorwirft; Falschberatung, Absprachen zur Marktmanipulation, jede Menge fragwürdiger Geschäfte. Zuletzt akzeptierte die Bank Ende April eine Rekordstrafe von 2,5 Milliarden Dollar für ihre Rolle im Skandal um manipulierte Zinssätze – der Libor-Skandal. Vor allem die britische Finanzaufsicht kritisierte, dass die Bank die Fehler der Vergangenheit nicht angemessen aufgearbeitet habe. Nein, die Deutsche hat wirklich nichts ausgelassen. Der wohl schlimmste Fehler war der herbeigeredete Bankrott des Medienimperiums von Leo Kirch – öffentlich hatte Deutsche-Bank-Chef Breuer dessen Zahlungsunfähigkeit nahe gelegt. Seither stehen die Top-Manager in München vor Gericht, und sie machen dabei keinen guten Eindruck. Was gerne übersehen wird: Den Deal zur Beendigung von Kirch beredeten ursprünglich drei Beteiligte – einer davon war der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder – neben dem damaligen Bertelsmann-Chef (RTL) als größtem Kirch-Konkurrenten, dem das Fernsehegeschäft (Sat 1, Pro7) zugeschanzt werden sollte. Das zeigt, wie verflochten Politik und Banken agieren. Diese Macht ist unheimlich, oft befremdlich.  Auch die Strafzahlungen für diesen und andere Fehler erschrecken – es sind Milliardenbeträge. Dazu kommt eine seltsame Wackelpolitik der Bank: Erst wurde Anfang des Jahrtausends die Deutsche Bank 24 als billige Internetbank für Otto Normalverbraucher ausgegründet, dann eingestampft. Die Postbank gekauft – und wieder verkauft. Also weg damit – und zwar gleich mit der ganzen Deutschen Bank, zurück auf Regionalbankniveau oder ab nach London, um ein bißchen Investment-Bank zu spielen?




Mehr als nur eine Bank

Beurteilt man die Deutsche, dann erkennt man die historisch enge Verflechtung der Bank mit der Politik. Ihr legendärer Vorstand, Hermann Josef Abs, verhandelte beispielsweise das Londoner Schuldenabkommen, mit dem Deutschland in den 50ern einen großen Teil seiner Vorkriegsschulden kappen konnte. Wann immer eine Krise auftauchte – die Bank handelte auch als Beauftragter der Politik. Sie übernahm die Privatbank Sal. Oppenheim, die mit der Finanzkrise zu kollabieren drohte, auch auf Bitten der Politik. Sie kapierte frühzeitig, dass die IKB in Düsseldorf pleite war, warnte die Politik und hops: Die Finanzkrise war in Deutschland angekommen. Ackermann sprach davon, dass diese Krise nicht mehr ohne Staatsknete zu bewältigen sei – und wenige Monate später wurden die großen Rettungspakete geschnürt, von denen die Deutsche allerdings Cash nichts in Anspruch nahm. Der Kauf der Postbank war der Politik gerade recht – das Unternehmen war reif für den Untergang und hätte sonst in ausländische Hände geraten können. Für den vorletzten Chef Josef Ackermann gab Bundeskanzlerin Angela Merkel einen Geburtstagsempfang; der Rat der Bank war in der Politik gefragt. Wer da wessen Interesse vertritt, ist nicht immer klar: Jedenfalls plädierte die Deutsche auch in der Politik für die Griechenrettung – verdiente daran und verlor am Schuldenschnitt 2012.

Dann das neue Team Fitschen und Jain, wobei Fitschen eher dafür da war, das „Deutsch“ zu betonen und Jain niemals auch nur mehr als fünf Wörter Deutsch lernte.
Dabei gab sich Anshu Jain bei seinem Antritt als der Nette von Nebenan aus; er trat öffentlich erstmals beim Wirtschaftsrat der CDU auf, sang brav das Lied des guten Mittelständlers, versuchte sich klein zu machen und bescheiden zu geben. Es hat ihm nichts genutzt, mit den Eliten wurde er nicht warm, fremdelte. Seine Vergangenheit holte ihn ein; nur jemand, der den Saustall kennt, kann ihn ausmisten, lautete die Begründung dafür, dass man ihn als Bock zum Gärtner machte.

Die Verbindung wird gekappt

Die Entfremdung zwischen den Deutschen und der Deutschen Bank konnte er damit nicht überwinden. Von der allmächtigen Bank schrumpfte sie zum Sündenbock für alles – siehe die Demonstranten in Garmisch-Partenkirchen. Der Politik gelang es, ihre Mitverantwortung an der Finanzkrise bei den Banken abzuladen. Die Regulierung belastet seither einseitig Größe; denn große Banken gelten heute als so gefährlich, wie sie vorher für unentbehrlich gehalten wurden. Klar ist jetzt, dass sie ihre dominante Rolle schrittweise aufgeben wird. Sie mutiert zu einer mittelgroßen Investmentbank mit etwas Regionalgeschäft.

Dabei muß man klar sehen: Immer war die Deutsche die Größte, aber gefolgt von Dresdner Bank und Commerzbank. Die Dresdner fusionierte mit der Commerzbank und beide verzwergten. Die Landesbanken, die das Sparkassengeschäft aus der Region in die Welt hinaus tragen sollten, gingen bankrott, wurden zerschlagen oder blieben von vornherein bescheiden. Ersatz ist nicht in Sicht; zuletzt blieb nur noch die Deutsche Bank als Global Player – aber eben jetzt auf Schrumpfkurs. Damit hat die deutsche Industrie zwar Weltgeltung – die Finanzindustrie aber nicht. Sparkassen und Volksbanken reichen für die Hausfinanzierung; anspruchsvollere Dinge bitte woanders.
Ist das gut? Nein. Da können ja linke Träumer herumkrakeelen, die Welt wird nicht einfacher, Geldgeschäfte zunehmend komplexer. Dafür gibt es große Partner; in London, New York und Hongkong. Nur nicht mehr in Deutschland. Die Vorstellung, dass Deutschland auch im Finanzwesen mitspielen müsste, um seine Geltung zu wahren – die wird gerade aufgegeben. Die Verbindung zwischen Deutschland und der Deutschen Bank ist gekappt.




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