Christian Drosten bleibt weiter in der Kritik

Der Virologe Christian Drosten scheitert mit seinem Versuch, sich gerichtlich von allen Vorwürfen hinsichtlich einer möglichen Vertuschung über den Ursprung des Corona-Virus reinzuwaschen. Die Aussage bleibt erlaubt, er habe eine Desinformationskampagne betrieben.

IMAGO / Frank Ossenbrink
Es ist eine Schlacht, die in der Öffentlichkeit geführt wird: Stammt das Corona-Virus aus einem Labor in der chinesischen Stadt Wuhan – oder von einer Fledermaus, von der es in Wuhan auf Menschen übergesprungen ist?

Woher stammt das Corona-Virus?

Diese Frage hat große moralische Bedeutung, aber auch sehr praktische und weitreichende Folgen. Denn stammt es aus dem Labor, hätten früher Maßnahmen ergriffen werden können, und vor allem: Praktisch die gesamte gängige Corona-Politik wäre falsch angelegt. Dem Labor-Virus wäre die Eigenschaft künstlich eingebaut worden, dass es sich besonders schnell und leicht weiterverbreitet. Bei einem derart flüchtigen Virus aber müssen alle Maßnahmen wie „ZeroCovid“ scheitern, also der Versuch, durch Quarantäne und Lockdowns die Verbreitung zu stoppen.

In Deutschland vertritt der Hamburger Physik-Professor Roland Wiesendanger die Laborthese und versucht, sie durch Auswertung der bisher vorliegenden Kenntnisse zu stützen. Im Interview mit „Tichys Ausblick“ erklärt er ausführlich seine Position.

Sein Ergebnis, das er mit umfangreichem Material belegt: Mit größter Wahrscheinlichkeit stammt das Virus aus dem Labor; jetzt gehe es darum, die beteiligten Wissenschaftler insbesondere aus den USA und Deutschland zur Verantwortung zu ziehen und diese Art Forschung zu beenden.

Wiesendanger fordert ein sofortiges Ende dieser „gefährlichen Sachen“, wie sie der bekannte deutsche Virologe Drosten mittlerweile nennt. „Nach Millionen von Toten durch das Covid-19-Virus drohen Milliarden von Tote“, wenn im Zuge der Forschung noch gefährlichere Viren produziert und aus den Laboren entkommen oder entnommen würden: „Die Letalität von 1 Prozent hat uns Schrecken beschert“, sagt Wiesendanger zu TE; aber es ist auch eine Todesrate von 50 Prozent der Infizierten vorstellbar. Die Gefahr liege darin, dass der am Covid-19-Virus entwickelte Turboeffekt auf noch weit gefährlichere Viren angewandt werden könnte – das wäre „die größte Katastrophe der Menschheit“, sagt er. „Wenn wir diese Forschung nicht beenden, werden wir beendet.“

Schlagabtausch mit Christian Drosten

Wiesendanger ist öffentlich insbesondere mit Christian Drosten über Kreuz geraten. Drosten war über die Forschung in Wuhan informiert und beteiligte sich an internen Debatten führender, am Vorgang beteiligter Virologen über den Ursprung des Virus.

Nach einem Schlagabtausch in mehreren Medien nutzte Drosten ein mittlerweile nicht mehr verfügbares Interview der Zeitschrift Cicero mit Wiesendanger zum Versuch, diesem vom Landgericht Hamburg eine Vielzahl von Behauptungen untersagen zu lassen.

Aber Drosten konnte nur einen Teilerfolg erzielen. Wiesendanger darf nicht mehr wiederholen, Drosten habe die Öffentlichkeit über den Ursprung des Virus „gezielt getäuscht“; für eine „gezielte, also vorsätzliche Täuschung der Öffentlichkeit“ fehle letztlich der Beleg. Denn im Verfahren hatte Drosten eidesstattlich versichert: Er habe „kein persönliches Interesse, die sogenannte Laborthese auszuschließen“ oder „den Verdacht in eine bestimmte Richtung zu lenken“; gäbe es wissenschaftliche Belege für die Laborthese, würde er sie „in der Öffentlichkeit vertreten“.

Das Gericht sah daher für die sehr harte Formulierung keine „hinreichenden Anknüpfungstatsachen“.

Im Presserecht geht es oft um Tatsache oder Wertung

Keinen Erfolg hatte Drosten in zahlreichen anderen Punkten; so bleibt bestehen, dass die Anhänger der Laborthese ihren Gegnern den Vorwurf der „Verschwörungstheorie“ machten, um damit jede Kritik zu diskreditieren. Auch Drosten hat diesen Begriff eingesetzt, um Wiesendangers Position herabzusetzen. Wiesendangers Formulierungen, Drosten würde „Unwahrheiten“ verbreiten und eine „Desinformationskampagne“ fahren, hielten die Hamburger Richter erklärtermaßen für zulässig: Diese Aussagen seien ein bloßer „Gegenschlag“, nachdem Drosten gemeinsam mit anderen Forschern und Anhängern der „Fledermaustheorie“ ein Statement veröffentlicht hatte, in dem ähnlich abwertende Formulierungen über die Gegenseite zu finden waren – wie etwa der Begriff der „Verschwörungstheorie“. Dieser im Fachblatt Lancet veröffentlichte Text widersprach der von Wiesendanger verbreiteten Laborthese, nach der das Coronavirus in einem chinesischen Labor gezüchtet worden sein könnte, und Drosten hatte sich dieser Aussage angeschlossen. Auf harte Angriffe darf also hart zurückgeschossen werden.

Wie häufig in Presserechtsverfahren geht es um die Frage, ob eine bestimmte Formulierung eine Tatsache behaupte oder als „Wertung“ und damit grundsätzlich erlaubte Meinungsäußerung zu betrachten sei. Drostens breitflächiger Angriff auf Wiesendanger ist jedenfalls nach hinten losgegangen: Das Gericht verfügte, dass er die Hälfte der Kosten zu tragen habe; ein Hinweis darauf, wie das Gericht seine Behauptungen bewertet. Drostens Anwalt behauptet trotzdem, das Gericht habe die zentralen Aussagen von Wiesendanger untersagt. „Dies zeigt, dass die Polemik des Herrn Wiesendanger keine Tatsachengrundlage hat.“ Genau das hat das Gericht nicht getan, sondern eine Vielzahl von zentralen Aussagen Wiesendangers bestehen lassen oder allenfalls die eine oder andere rhetorische Spitze als überzogen zurückgewiesen, ohne ihren Wesenskern anzugreifen.

Wissenschaft hat nicht automatisch Recht

Das Urteil zeigt aber einen wichtigen Gedanken auf: Wissenschaft ist nicht unanfechtbar. „Follow The Science“, eine Bewegung die versucht, eine unanfechtbare Definitionshohheit über Ursachen, Folgen und notwendige Bekämpfung des Klimawandels für sich in Anspruch zu nehmen, scheitert genau an diesem Punkt: Auch Wissenschaftler, die mit vielen Fußnoten argumentieren und mit Belegen hantieren, sind nicht im Allein- oder Vollbesitz der Wahrheit.

Der überhöhte Allein-Anspruch wissenschaftlicher Autorität, mit der beispielsweise Drosten die Corona-Politik in Deutschland maßgeblich beeinflusst hat, ist nicht unangreifbar. Sie darf in Zweifel gezogen werden, auch mit harten Worten; „Wissenschaftsleugner“ oder „“Klimaleugner“ bezweifeln nicht eine unanfechtbare Wahrheit, sondern lediglich eine Behauptung. Wissenschaft ist gerade der beständige Zweifel, und wenn Wissenschaftler aufeinandertreffen, geht es hart zur Sache und der Ton kann laut, auch verletzend werden.

Wer sich wie Drosten beständig in die Öffentlichkeit begibt, muss lernen, Kritik auszuhalten; denn nur aus Kritik kann Wissenschaft entstehen. Letztlich trift eine Pressekammer wie in Hamburg auch keine Aussage über „Wahrheit“, sondern nur darüber, was im Rahmen der Meinungsfreiheit gerade noch erlaubt ist zu behaupten. Und da sieht es im Ergebnis schlecht aus für Drosten: Die Laborthese ist nicht zu unterdrücken. 

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Kommentare ( 50 )

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Rosenkohl
2 Jahre her

Daß Drosten die Öffentlichkeit über den Ursprung des Virus „gezielt getäuscht“ habe läßt sich wohl tatsächlich nicht belegen. Allerdings hat er anscheinend im Jahr 2020 den damaligen Stand der wissenschaftlichen Diskussion nicht vollständig widergegeben, und einen Konsens behauptet, der so nicht bestand. Dazu gehört auch die Unterzeichnung des Briefes in Lancet. Bzgl. der funktionalen Forschung an Viren hat Drosten m.E. recht gegenüber Wiesendanger, der eine derartige Forschung ganz verbieten möchte. Drosten hat die funktionale Forschung an Viren unterstützt, z.B. 2014 in einem Appell von „Scientists for Science“. Dabei werden potentielle Gefahren und Möglichkeiten von Viren untersucht, und erst damit ist… Mehr

Last edited 2 Jahre her by Rosenkohl
K.Behrens
2 Jahre her

Zumindest besteht zweifelsfrei ein Hochsicherheits-Virenlabor in Wuhan. Dort wurde an Coronarviren aus Fledermäusen gearbeitet, Laborunfall oder frei gesetzt? Herr Drosten äußerte sich am 05.06.2021 wie folgt: https://www.republik.ch/2021/06/05/herr-drosten-woher-kam-dieses-virus Ab dem Zeitpunkt nach zu viel “NDR-Präsenz” auf Regierungslinie sah ich ihn als Fachmann, der sich wohl viel mit der Übertragung Viren von Tier auf Tier, Tier auf Mensch beschäftigte, Pelztierwirtschaft, geimpfte Kamele kamen auch zur Sprache? Heute tönt er so: “Es wurden in Wuhan durchaus Sachen gemacht, die man als gefährlich bezeichnen könnte. Aber dabei hätte nicht das Sars-CoV-2-Virus herauskommen können. Die haben zwar Fledermausviren neue Eigenschaften eingebaut, aber nicht solchen, die… Mehr

Joerg Baumann
2 Jahre her

Ich bin mir gar nicht sicher ob es hier überhaupt um Wissenschaft geht. Meiner Ansicht nach geht es hier eher um ein „Kaiser“, „Führer“, „Papst“ etc. Problem. Dieses Problem ist sicher weltweit vorhanden aber in Deutschland besonders ausgeprägt. Unabhängig von jeder Wissenschaft oder Logik, klammern sich viele Menschen an eine Leit-Figur oder einen Leit-Glauben. Die Figur oder dieser Glauben wird so kompromisslos „angebetet“, dass jeder Zweifel daran von deren Anhängern als Schwerverbrechen angesehen wird. Die Leit-Figuren erlangen dadurch gewollt oder ungewollt eine Art Größenwahn. Drosten ist eine der Leitfiguren des Corona-Glaubens, wer ihn anzweifelt ist folglich zu verdammen. Die Regierung… Mehr

Mampfred
2 Jahre her

Zu Hilfe, ich habe schon Freudsche Fehlleistungen beim Lesen der Überschrift: Ich las spontan „Christian Drosten bleibt weiter in Haft“

andreas donath
2 Jahre her

Schon bei den dubiosen Vorgängen um die „Todesseuche“ Schweinegrippe hat Herr Drosten nachdrücklich unter Beweis gestellt, was von ihm a) wissenschaftlich und b) charakterlich zu halten ist. Menschen mögen im Lauf der Zeit zwar ihre Sichtweisen ändern oder anpassen, ihre charakterlichen Dispositionen bleiben aber bestehen. Herr Drosten hat sich an vielen Millionen Menschen, die er belogen und betrogen hat, versündigt. Nicht mehr und nicht weniger.

friedrich - wilhelm
2 Jahre her

…..drosten ist doch wissenschaftlich schon längst erledigt. den rest besorgt ein grand jury procedere in den usa wegen des drosten – corman – testes. dann ist zahltag für drosten mit oder ohne gestreifte luft, die er dann atmet!

November Man
2 Jahre her

Besonders verwerflich sind die zugegebenen 30 Millionen Dollar die das amerikanische Militär für die Bearbeitung dieses Virus gezahlt hat weil sie es als Biowaffe missbrauchen wollen oder wollten. Biowaffen deren Herstellung, Besitz und Verbreitung international geächtet und verboten sind. Aber selber anderen Ländern den möglichen Gebrauch von Biowaffen unterstellen.
Ja, das sind die Amerikaner. Nicht die Menschen, aber die Politik.

nachgefragt
2 Jahre her

Ja, so ist das. Während die einen Märchen von putzigen Fledermäuschen erzählen, die tausende Kilometer von der eigenen Räuberhöhle entfernt Pandemiekeime ausbrüten, während Andere von kleinen grünen Männchen erzählen, die tausende Kilometer von der eigenen Kaserne entfernt verbrüderte Separatistenvölker mit Waffengewalt unterstützen, erzählen uns hier deren seelenverwandte grüne Weibchen und deren Armleuchter von Friedensenergie-Preisen, pazifistischer Armut, moralischem Hunger, gerechtem Wohlstandsverlust, Spritsparen für den Weltfrieden und sonstigen dümmlichen Möchtegern-Altklugheiten als politisches Mittel mit maximaler Dosis bei homöopathischer Wirkung, um die Welt vor deren eigenem Versagen zu retten.

Fabian S.
2 Jahre her

Wie man da keinen Vorsatz sehen kann ist mir wirklich schleierhaft! Der Artikel in Lancet ist also zufällig dort erschienen nachdem man sich zufällig (und Emails belegen das) abgesprochen hat. Dieser Rechtsstaat ist meiner Meinung nach fertig.

Robert Tiel
2 Jahre her

Man sollte vielen Abgeordneten schreiben, mit Hinweis auf Wiesendanger oder andere Wissenschaftler, dass man sie persönlich haftbar macht, wenn sie wider besseren Wissens eine Impfpflicht beschließen und man dadurch irgendwie zu Schaden kommt.

Roger W.
2 Jahre her
Antworten an  Robert Tiel

Das geht leider nicht, denn Abgedordnete des DBT stehen unter dem Schutz der Idemnität nach Art. 46 Abs. 1 GG. Gerne nachlesen und traurig zurückbleiben. Sie haben keinerlei Verfolgung zu fürchten, weder straf- noch zivilrechtlich noch disziplinarisch. Wir bekommen die schlimmsten und ideologischsten Auswüchse aus jedweder politischen Richtung erst unter Kontrolle, wenn wir den Tatbestand der Abgeordneten- und Politikerhaftung sanktionsbewehrt durchsetzen. Aber wer aus dem Kasperletheater Parlament würde dafür die Abstimmkarte heben? Also vergessen wir unsere Träume von Demokratie oder gar einer besseren im besten Deutschland aller Zeiten mit der schlechtesten Regierung seit der Gründung der Bundesrepublik, und das will… Mehr

Don Didi
2 Jahre her
Antworten an  Roger W.

Dazu ist gar kein Heben der Abstimmungskarte notwendig, das geht, wie die Behebung vieler anderer mittlerweile völlig abwegigen Regelungen komplett ohne die Regierung, man bräuchte lediglich jemanden, der ausreichend Öffentlichkeit hat, um Art.146 GG zu ziehen.