Schönbohm vs. Innenministerium: Durchwachsenes Urteil des VG Köln mit kleiner Klatsche

Das VG Köln kritisierte zwar das Innenministerium dafür, Schönbohm nicht ausreichend geschützt zu haben, wies seine Klage jedoch ab. Die Richter argumentierten, dass die massiven Folgen für Schönbohm nicht direkt dem Ministerium, sondern der ZDF-Sendung zuzuschreiben seien.

picture alliance/dpa | Rolf Vennenbernd

An diesem Donnerstag, 23. Januar, fand vor dem Verwaltungsgericht (VG) Köln die Verhandlung über die Klage des früheren Präsidenten des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) Arne Schönbohm gegen seine Dienstherrin, Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), statt. Schönbohm hatte geltend gemacht, dass Faeser ihn gegen die Unterstellungen des ZDF-Magazin von Jan Böhmermann (Magazin „Royal“ vom 7. Oktober 2022) hätte in Schutz nehmen müssen. Schönbohm war (und wird im Zuge eines Reuploads der ZDF-Sendung in geänderter Version) eine Verbindung in den Kreml suggeriert. In Folge dessen hatte Faeser Schönbohm von seinen BSI-Aufgaben entbunden und quasi strafversetzt. TE hat laufend darüber berichtet, zuletzt am 22. Januar.

Schönbohm bzw. seine Anwälte hatten vor dem VG Köln schließlich auf (symbolischen materiellen) Schadensersatz wegen Mobbings und einer Verletzung der Fürsorgepflicht durch Dienstherrin Faeser geklagt. Dem ist das Gericht nicht gefolgt.

Implizite Rüge für Faeser

In der mündlichen Urteilsbegründung hat das VG aber immerhin ausgeführt: Es spreche vieles dafür, dass die Beklagte ihrer Fürsorgepflicht nicht hinreichend nachgekommen sei, indem sie sich nicht stärker schützend vor den Kläger gestellt habe. Mit dieser Feststellung kann Schönbohm, mit dem TE zwischenzeitlich gesprochen hat, leben. Denn hier wird explizit Faesers Versagen dingfest gemacht. Es lasse sich aber, so das VG weiter, nicht feststellen, dass gerade daraus eine für den geltend gemachten Anspruch erforderliche schwerwiegende Verletzung der Persönlichkeitsrechte des Klägers resultierte.

TE-Anmerkung: Naja, der immaterielle Schaden für die Persönlichkeit Arne Schönbohm ist gewaltig. Er wurde weltweit durch den Kakao gezogen, seine Nachbarn mieden ihn, und seine Kinder mussten sich so manches von wegen „Moskau-Spion“ anhören (Aktenzeichen: 15 K 4797/23). Gegen das Urteil kann der Kläger einen Antrag auf Zulassung der Berufung stellen, über den das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheiden würde.

Dafür, dass das vom Kläger beanstandete Verhalten den Tatbestand des Mobbings erfülle, so das VG, gebe es keine hinreichenden Anhaltspunkte. Unter Mobbing sei nach gefestigter Rechtsprechung ein systematisches Anfeinden, Schikanieren und Diskriminieren zu verstehen. Dass derlei gegenüber dem Kläger stattgefunden habe, lasse sich nicht feststellen. Auch Schönbohms Versetzung hat das VG nicht beanstandet. Denn, so die Begründung: Der Kläger sei als Beamter ohnehin jederzeit aus dienstlichen Gründen versetzbar. Ein Beamter habe kein Recht auf Beibehaltung seines bisherigen Aufgabenbereichs.

Die Skandal-Passage im Urteil

Sehr fragwürdig dann folgende Passage des Urteils: Das Amt des BSI-Präsidenten sei ein Amt in exponierter Stellung – verbunden mit einer hohen Verantwortung. Das VG wörtlich dazu: „In einer solchen Position muss ein Beamter umso eher damit rechnen, in eine auch politisch aufgeladene Auseinandersetzung zu geraten.“

Wie bitte? Was soll diese reichlich skandalöse Formulierung? Heißt das: Medienleute wie Böhmermann und Co. können einen leitenden Beamten abschießen? Ohne dass der Dienstherr seiner im Grundgesetz Artikel 33 vorgegebene Fürsorgepflicht nachkommt?

Dort, im Grundgesetz, ist von einem „öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis“ die Rede. Von einem wechselseitigen Treueverhältnis! Faeser ist dieser Pflicht nicht nachgekommen. Vielmehr hat sie den Eindruck erweckt, die Böhmermann’schen Attacken gegen Schönbohm seien ihr gelegen gekommen und sie bzw. ihr Ministerium haben mit dem ZDF geradezu über Bande gespielt.


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Kommentare ( 22 )

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siebenlauter
20 Tage her

Das behördendevote Verwaltungsgericht Köln verdeutlicht wieder einmal sehr deutlich, warum Liberale und Konservative mit ihrer Kritik an der Einführung dieser Sondergerichtsbarkeit im 19. Jahrhundert ganz richtig lagen. Es braucht neutrale ordentliche Gerichte, alles andere ist von Übel.

DDRforever
21 Tage her

Was für ein Clownsland in dem derart unappetitliche Leute wie Herr Böhmermann, der zu allem Übel auch noch unglaublich häßlich ist, die Regeln vorgeben.

weihnachtsmann_frau_lein
21 Tage her

Das urteil offenbart die karriereplanung der erkennenden richter…

Nibelung
20 Tage her

Wahre Erkenntnis, mit einem prägnanten Satz ausgesprochen, denn wenn das Beamtentum zum Spielball politischer Interessen wird, ist es nicht nur problematisch, sondern auch zerstörend, wenn man auf jedes Pferd aufspringt, was zufällig vorbei kommt und man selbst noch nicht einmal weiß, wo es hin will. Diese Art von sozialistischer Säuberung aus der angeblich politischen Hygiene heraus ist symtomatisch für alle Demagogen und in diesem Fall hacken sogar Krähen anderen Krähen das Auge aus, was schon immer so üblich war, wenn sich Extremisten an der Macht befanden und damit das Hauen und Stechen gegen andere beginnt, die ihren Interessen im Weg… Mehr

rainer erich
21 Tage her

Die (unterschiedliche) exekutive oder ideologische Durchsetzung der Gerichtsbarkeit ist bei den Verwaltungsgerichten besonders stark ausgepraegt, wie man inzwischen von diversen Urteilen in anderen Faellen weiss. Zu erinnern ist an die Rechtsprechung in Sachen Corona und in Migrationsfaellen, konkret wenn es um die Verhinderung von Abschiebungen und die Erfindung von Ausnahmetatbestaenden geht. Das sollte genuegen. Dieses Urteil ist ersichtlich vom Interesse der Exekutive, namentlich Frau Faeser, geprägt.. Wie mehrfach betont ist das Problem durch die Verlagerung auf die Judikative nicht zu loesen, denn die entscheidet “ politisch“. Vermutlich ist die Beseitigung der Gewaltenteilung immer noch nicht angekommen oder sie ist egal.… Mehr

F. Hoffmann
21 Tage her

Andererseits: Wenn das Gericht die Schuld bei Böhmermann und dem ZDF sieht, warum diese nicht auf eine siebenstellige Summe verklagen? Darüber hinaus hätten dann Politiker noch das Argument zur Hand, dass das ZDF Geld wegen Falschmeldungen zahlen musste. Entspricht sicher nicht dem öffentlich-er rechtlichen Auftrag.

jopa
21 Tage her

Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht naß.Anscheinend sitzt das Gericht zwischen zwei Stühlen, dem der Gerechtigkit und dem der politischen Wünsche. Jetzt hat man sich durchlaviert, etwas Gerechtigkeit für Schönbohm und gleichzeitig der Genossin Ministerin nicht zu sehr auf die Finge zu hauen. Das Ganze bleibt unter der Wahrnehmingsschwelle des ÖRR.

merlin999
21 Tage her

Mit diesem Urteil wurde die Narrenfreiheit auch außerhalb der 5. Jahreszeit für die ÖRR Millionenempfänger bestätigt. Zuerst muss der Bürger kräftig Zahlen, damit dieser von den Wichtigtuern verarsc…. und verleumdet wird. D im 21. Jahrhundert. Ganz ohne KI dafür mit viel politischer Ideologie, welche auch mal ärztlich in einer Ansta….t untersucht werden sollte…..

horrex
21 Tage her

Soetwas, solch ein Urteil, nenne ich „halben Mut“.
Gratis-Mut.
Also – letztlich – garkeinen.
Es verfestigt sich bei mir immer weiter der Eindruck, dass „Justiz/Judikative“ immer weiter unter den Einfluss von Politik (und dieser liebedienerisch zugetanen Medien) geraten ist.
Dass sich das Verhältnis zwischen dem Souverän und den Ministern (Dienern) immer mehr seit der Merkel-Zeit in eine ungute Richtung verschoben hat.
Dass Diejenigen die am lautesten „Demokratie! Demokratie!“ („haltet den Dieb“) schreien eher die Diebe sind.
Dass das Grundgesetz – das ja u.A. Bürger vor ausufernder Staatsmacht schützen soll – erkennbar an Gewicht verloren hat. –

Mausi
21 Tage her

Gab es „damals“ den §188 StGB schon? Und ist Herr Schönbohm als politischer Beamter ein „im politischen Leben des Volkes stehende Person“?

Last edited 21 Tage her by Mausi
Biskaborn
21 Tage her

Dieser in Rede stehende Satz des Gerichts wundert mich nicht! Warum, hatte man sich eingangs kritisch gegenüber dem Innenministerium und deren Chefin geäußert, so musste man noch eine Wiedergutmachung einbauen. Ein Richter traut sich nunmal nicht, gegen die herrschende Regierung vorzugehen, da ist der eigene Job schon wichtiger!