Der Abschied von der Politik und der Rückzug in die eigene Blase

Der Grüne-Parteitag: Schweigeminute für die Opfer, doch fröhliches Weiter für offene Grenzen. Ideologie trifft auf Realität; man hat es sich schön in der eigenen Blase eingerichtet. Die Brandmauer bleibt das Fundament der grünen Herrschaft.

IMAGO / dts Nachrichtenagentur

Sucht man nach einem geradezu idealtypischen Beispiel für Wirklichkeitsverweigerung in der Politik und in der Gesellschaft, wird man beim Grünen-Parteitag vom Wochenende fündig. Die 800 Delegierten hielten zwar eine Schweigeminute für die Opfer der Terrortat von Aschaffenburg ab, stimmten jedoch anschließend fröhlich für die Beibehaltung und sogar noch für die Ausweitung der Migration. Man könnte das als Verhöhnung der Opfer werten, wenn man voraussetzt, dass die Grünen wüssten, was sie tun, was wiederum voraussetzt, dass sie ihre Blase verlassen und einmal die Realität zur Kenntnis nehmen würden. Man könnte mit Goethe sagen: „Ein Blick ins Buch und zwei ins Leben, das wird die rechte Form dem Geiste geben“, doch bleibt es fraglich, ob die Grünen wenigstens ins Buch und nicht nur in den Spiegel schauen.

Der Grünen-Vorsitzende Felix Banaszak sagte zu den Morden in Aschaffenburg: „Wir haben gemeinsam die Verantwortung zu klären, wie schon wieder so etwas Schlimmes passieren konnte.“ Banaszak und auch Habeck verharmlosen dreist, denn es geht hier nicht um ein abstrakt „Schlimmes“, sondern um Mord, um Terror. Die Antwort lautet, dass die Ursache, nach der Banaszak vorgibt zu suchen, ganz einfach zu finden ist, denn sie liegt in der Migrationspolitik, die von der Großen Koalition unter Angela Merkel geprägt und von der Ampel weitergeführt und sogar noch intensiviert wurde, wenn man beispielsweise an Baerbocks Visa-Affäre denkt. Der Terror in Aschaffenburg stellt keinen Einzelfall dar, sondern Deutschland erlebt immer wieder und in steigender Frequenz Angriffe von sogenannten Asylbewerbern auf Kinder, Jugendliche, Väter, Mütter, Männer und Frauen, die sich gerade eben noch unbeschwert auf Stadtfesten, Plätzen, in Zügen, auf Weihnachtsmärkten oder in Parks aufhielten und plötzlich wie aus dem Nichts zu Opfern wurden. Banaszaks abstrakt „Schlimmes“ ist nichts anderes als die Konsequenz grüner Politik.

Gern lasten Politiker wie Olaf Scholz oder Grüne wie Katharina Schulze die Schuld daran den Behörden an. Doch die Politiker haben die Gesetze, Verordnungen und Regelungen geschaffen, die Migration verstärkten und Abschiebungen unmöglich machten. Die Behörden, denen man gern die Schuld zuschiebt, sind schlichtweg überlastet. Eindeutig tragen dafür die Politiker der Union, SPD, Grünen und FDP die Verantwortung – zunächst für die Zerstörung der inneren Sicherheit, dann für die Dysfunktionalität des Staates. Vor allem aber sind es die Grünen als Regierungspartei, die sich jeder Veränderung entgegenstellen.

War es nicht die Grüne Katrin Göring-Eckardt, die am 20. November 2015, einen Monat und 11 Tage vor den Silvesterereignissen in Köln, jubelte: „Unser Land wird sich ändern, und zwar drastisch. Und ich freue mich drauf!“? Unser Land hat sich drastisch verändert. Grund zur Freude ist das nicht. Zwei Jahre zuvor hatte Göring-Eckardt schon behauptet: „Sind wir ein Land, das für Migrantinnen und Migranten offen ist? Was Leute anzieht, die wir übrigens dringend brauchen – nicht nur die Fachkräfte, sondern weil wir auch Menschen hier brauchen, die in unserem Sozialsystem zu Hause sind und die sich hier auch zu Hause fühlen können?“ Die Ampel regiert seit dem 1. Januar 2025 ohne Haushalt. Aufgrund der schieren Unfähigkeit, einen Bundeshaushalt für das Jahr 2025 aufzustellen, den vor allem die Sozial- und Migrationskosten und die Energiekosten sprengen, brach die Regierung auseinander, und die Legislaturperiode endet früher.

Die Union hat die Lehren aus dem Asylchaos und aus der verfehlten Migrationspolitik gezogen und in einem 5-Punkte-Programm die richtigen Maßnahmen – Maßnahmen, die längst überfällig sind – vorgeschlagen. Die Lehre, die die Grünen aus Solingen, Magdeburg und Aschaffenburg ziehen, lautet, ihre Politik der Turbomigration in das deutsche Sozialsystem zu kanonisieren und auszuweiten. Die Lehre, die die Grünen aus den Anschlägen von Solingen, Magdeburg und Aschaffenburg ziehen, ist, die mögliche Frequenz solcher Anschläge zu erhöhen.

Dadurch, dass die Grünen „den Familiennachzug ermöglichen und existierende Einschränkungen aufheben“ wollen, weiten sie die Migration aus und erhöhen die Zahl der Einwanderungen. Zwar behaupten sie: „Nicht jede bzw. jeder, die bzw. der nach Deutschland kommt, kann bleiben.“ Doch führen sie diese Floskel gleich ad absurdum und verdrehen sie ins Gegenteil, wenn sie sagen: „Die freiwillige Rückkehr hat für uns Vorrang.“ Im Klartext: Nicht jeder, der nach Deutschland kommt, kann zwar hierbleiben, doch darf jeder, der nach Deutschland kommt, in Deutschland bleiben, wenn er will. Zurückweisungen an den Grenzen soll es nicht geben. De facto bleiben nach dem Willen der Grünen die Grenzen offen. Die Auslagerung von Asylverfahren in Drittstaaten lehnen die Grünen komplett und kategorisch ab. Weiterhin treten die Grünen für die sogenannte Seenotrettung ein: „Der Kriminalisierung der Seenotrettung oder humanitären Hilfe stellen wir uns entgegen.“ Die Grünen treten dafür ein, dass „besonders gefährdete Gruppen Schutz finden, ohne lebensgefährliche Fluchtrouten wählen zu müssen.“ Das scheint ohnehin die Vorgehensweise des Außenministeriums unter Baerbock zu sein, denn die Grünen wollen „sichere und geordnete Migrationswege ermöglichen.“ Haben die Grünen in ihrer Schweigeminute auch daran gedacht?

Deutlich war auf dem Parteitag zu beobachten, dass bereits Merzens Kratzen am Putz der Brandmauer bei den Grünen Panik auslöst, denn die Brandmauer ist das Fundament der Grünen Herrschaft. Fällt die Brandmauer, stürzen die Grünen. Denn ihre Herrschaft geht ihnen über die Demokratie, oder wie soll man Habecks Äußerung gegenüber der WELT sonst verstehen? Auf die Frage der WELT, ob man Anträge zurückhalten solle, nur weil möglicherweise die „Falschen“ dafür stimmen könnten, antwortete Habeck: „Ja, so ist es.“ Habeck wolle keine „Show-Anträge“: „Sondern wir verabreden uns als demokratische Parteien, nur die Anträge zur Abstimmung zu bringen, von denen wir wissen, dass wir uns nicht vorführen oder billigend AfD-Mehrheiten in Kauf nehmen.“ Der Begriff „demokratische Parteien“ erinnert im Osten an die Parteien der Nationalen Front. In Artikel 3 der Verfassung der DDR von 1968 heißt es: „Das Bündnis aller Kräfte des Volkes findet in der Nationalen Front des demokratischen Deutschlands seinen organisierten Ausdruck.“

So wie in Habecks Rede beschrieben, funktionierte die SED-Diktatur: Da kamen auch nur Anträge in die Volkskammer, die vorher abgestimmt, genauer von der SED vorgegeben waren. Und da für Habeck nur Anträge akzeptabel sind, die der grünen Ideologie entsprechen, kommen für ihn nur Anträge infrage, die von den Grünen vorgegeben oder akzeptiert worden sind. Ludwig XIV. sagte: „Der Staat, das bin ich.“ Robert Habeck meint wohl: „Die Demokratie, das bin ich.“

Obwohl Robert Habeck Wirtschaftsminister ist, kam in seiner Rede die Wirtschaft nicht vor – und das, obwohl die deutsche Wirtschaft in die politisch verursachte Habeck-Rezession stürzt und sich auf der Flucht aus Deutschland befindet. Aber außer großen Tönen, außer Ideologie, außer Realitätsverdrängung, außer peinlichem Pathos und gebrüllten Floskeln kam beim nordkoreanischen Parteitag der Grünen nichts vor, was mit der konkreten Wirklichkeit auch nur das Geringste zu tun hat.

Am meisten Zuspruch findet man in der eigenen Fangruppe. Die Grünen haben beschlossen, sich in ihrer Blase zu verbarrikadieren. Das Rauschen des Windes der Geschichte versuchen sie dort mit dem Beifall für Robert Habeck zu übertönen. In den nächsten Tagen bis zur Wahl wird man den Wahrheitsgehalt der Medien daran erkennen können, wie sehr und wie permanent sie uns willig an der peinlichen Inszenierung Robert Habecks als Messias der Grünen teilhaben lassen.

Der Grüne Parteitag sollte für die Union ein Lehrstück sein. Die Grünen zeigen Nerven. Für die Union und Friedrich Merz hängt viel davon ab, dass sie sich weder von den Grünen, noch von der SPD, noch von den Aufmarschierern, die Campact und Co. auf die Straße bringen, einschüchtern lassen, sondern sich nicht länger hinter der Brandmauer einsperren, sondern Politik im Interesse des Landes machen – ohne nach rechts und links zu blicken. Die Nagelprobe findet am Mittwoch und am Donnerstag im Bundestag statt. Man darf gespannt sein.


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Kommentare ( 57 )

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57 Comments
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Sabine W.
16 Tage her

Es ist doch klar, dass zumindest nach derzeitigen Umfragewerten selbst eine GroKo nach Februar 2025 nicht die 50%-Marke reißen wird. Also die ‚Grünen‘ noch dazu. Ich habe Angst. Die SPD kann man vielleicht noch bändigen, die ‚Grünen‘ drehen inzwischen vollkommen frei und gebärden sich losgelöst jenseits von gesellschafts- und staatspolitischer Vernunft. Diese Partei macht mir Angst. Und überhaupt – diese ganzen ‚Ideologen’… Von Weidel bis Habeck. Wo bleibt die simple Pragmatik, um dieses Land wieder zu beruhigen. Es braucht Pragmatik – ich plädiere für den Einsatz einer KI, temporär, bis sich dieses in den Grundfesten erschütterte Land endlich mal wieder… Mehr

Last edited 16 Tage her by Sabine W.
Gabriele Kremmel
17 Tage her

Ich nehme die Grünen nicht als Demokraten, und schon gar nicht als Partei der Mitte wahr, und die stärkste Kraft im Land heißt nicht Zuversicht, sondern Steuerzahler.

BellaCiao
17 Tage her

Mag sein, dass die Zuversicht die stärkste oder zumindest eine starke Kraft im Land ist. Nur hat das mit Robert Habeck und seiner Politik rein gar nichts zu tun. Denn Habeck schafft keine Zuversicht, sondern Niedergang, Chaos und Unmut.

BellaCiao
16 Tage her
Antworten an  BellaCiao

Jetzt musste sogar das Ministerium für Wirtschaft und Klima unter Habeck offiziell die eigene Wachstumsprognose für 2025 von angeblich 1,1 % Wachstum auf 0,3 % senken. Das liegt im Rahmen der Schwankungsbreite, es können also genausogut Minus 0,3 % werden.

Jeder, der ein wenig die wirtschaftliche Entwicklung verfolgt hat, wusste schon lange, dass das prognostizierte Wachstum nichts anderes als plumpe Schönfärberei war.

So sieht also die grüne „Zuversicht“ aus. „Ein Mann. Ein Wort.“ – Habeck, ein Schönredner wie er im Buche steht.

Last edited 16 Tage her by BellaCiao
Wilhelm Roepke
17 Tage her

Wenn man der Antifa die indirekten staatlichen Gelder streicht, werden sie schon ungefährlicher. Kaum einer fährt zum Randalieren aus seinem Kiez wohin, wenn er die Fahrtkosten selbst tragen muss und noch nicht einmal einen Anreiz in Form von Verpflegung, Taschengeld o.ä. kriegt.

Johann Thiel
17 Tage her

Natürlich wird jetzt gern die Schuld den Behörden zugeschoben. Aber hier gilt weniger der Faktor der Überlast als das Sprichwort „wie der Herr so‘s Gescherr“. Die Behörden arbeiten immer so, wie es die Politik vorgibt, bzw. vorlebt. Am auffälligsten wird das bei Polizei und Justiz, die ihre Aufgaben nach politischen Doppelstandards erfüllen. Ganz abgesehen von der politischen Einflussnahme bezüglich der Besetzung von Positionen in den Behörden.

Juergen P. Schneider
17 Tage her

Der Fall der Brandmauer wäre das schlagartige Ende der links-grünen Idiotenparty in Deutschland. Ob die Union die Kraft aufbringt, sich zu einer vernünftigen Politik für die Bürger und unser Land aufzuraffen, werden die nächsten Monate zeigen. Nach allem, was man vom Ersatz-Olaf aus dem Sauerland bis jetzt gehört hat, muss man vermuten, dass die Union wohl eher auf das links-grüne Weiter-so setzen wird. Alles andere wäre eine große Überraschung.

hert
17 Tage her

ZUVERSICHT, ein schöner Spruch für die Obrigkeitsgläubigen im Land.
Viel besser wäre Zu Verzicht!

verblichene Rose
17 Tage her

Naja, das Problem sind eigentlich die Wähler der Grünen und die der CDU.
Die Grünen selber können nämlich einfach aus unerklärlichen Gründen nicht anders und die CDU hängt gerade lediglich einen Vorhang vor ihre Brandmauer.
Wer das nicht erkennt, sollte wirklich darüber nachdenken, was seine Stimme tatsächlich „anrichten“ kann.
Aber scheinbar genügt die Gegenwart noch nicht dafür, endlich mal über die Zukunft nach zu denken, die aus meiner Sicht eher sehr trüb‘ aussieht.

Nacktflitzer
17 Tage her

Die Slogans auf den Plakaten der Grünen sind mir ein Rätsel, wie etwa auf dem Bild: „Die stärkste Kraft im Land – Zuversicht“. Ein X-User hatte neulich das „Zuversicht“ von Habeck schon zu „ZuverZicht“ geändert. Die Grünen haben ja nun die besten Kommunikationsagenturen an Bord. Aber wie kann man nur glauben, daß diese Kommunikation gemäß „die Stimmung ist einfach nur zu schlecht“ bei den Menschen ziehen kann? Ich glaube damit hat man sich massiv verschätzt. Habeck ist abgenutzt, verbraucht und hat bewiesen, daß er es nicht kann. Wer kommt hinter ihm? Mir fällt keiner von seinem „Format“ ein, der den… Mehr

elly
17 Tage her
Antworten an  Nacktflitzer

Bei mir in der Nähe hängt ein Plakat der Grünen mit dem Spruch:“ LEBENBEZAHLBAR MACHEN“, das finde ich zynisch.