Bayrischer Gesundheitsminister Holetschek lehnt Verantwortung ab

Es dürfe bei der Aufarbeitung der Pandemie-Politik nicht immer nur um die Frage gehen, was schiefgelaufen und wer schuld sei, findet Holetschek. Doch. Es geht um Verantwortungsübernahme, wenn man künftig Fehler vermeiden und die Spaltung der Gesellschaft auch nur ansatzweise überbrücken will.

IMAGO / Jens Schicke
Klaus Holetschek (CSU), Bayerischer Staatsminister für Gesundheit, und Karl Lauterbach (SPD), Bundesminister der Gesundheit, Berlin, 23.02.2023

Der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) hat davor gewarnt, in der Debatte um eine Aufarbeitung der Corona-Politik die Erfolge im Kampf gegen die Pandemie kleinzureden oder Schuldzuweisungen vorzunehmen. „Es sollte nicht vergessen werden, dass wir eine immense, nie dagewesene Herausforderung gemeistert haben“, sagte Holetschek dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Selbstverständlich ziehe man die Lehren aus der Pandemie-Politik für künftige Gesundheitskrisen.

Das klingt zunächst einmal erfreulich und macht zuversichtlich. Aber wie sollen Lehren gezogen werden, ohne Fehler und Verantwortliche zu benennen? Zwar räumte Holetschek ein, dass er nicht gegen eine Fehleranalyse sei. „Damit es kein Missverständnis gibt: Ich unterstütze eine Aufarbeitung der Pandemie-Politik.“ Doch er meinte zugleich: „Es darf aber nicht immer nur um die Frage gehen: Was ist schiefgelaufen, und wer ist schuld.“ Das helfe bei der nächsten Pandemie kein Stück weiter, so der CSU-Politiker mit Blick auf die von der FDP und der Union geforderte Enquete-Kommission zur Aufarbeitung der Corona-Politik.

Zeit zum Lesen
„Tichys Einblick“ – so kommt das gedruckte Magazin zu Ihnen
Das ist eine eigenartige Sichtweise auf die Corona-Politik und deren Aufarbeitung. Und dann noch in dieser Absolutheit vorgetragen: Das helfe „kein Stück weiter“. Die Verantwortlichen der Politik und die immensen Schäden, die sie damit angerichtet haben, klar zu benennen und sie womöglich auch noch ihrer Verantwortung zu stellen, das helfe also nach Holetscheks Meinung bei der nächsten Pandemie „kein Stück weiter“. Politiker sollen also einen Freibrief erhalten, der sie von der Übernahme von Verantwortung befreit.

Aus seiner Sicht vielleicht nur allzu verständlich. Denn das könnte ja dazu führen, dass Politiker Fehler eingestehen und sie vielleicht sogar Verantwortung übernehmen oder sogar zurücktreten müssten. Das gilt auch für Klaus Holetschek, gehörten doch er als bayrischer Gesundheitsminister und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder mit zu den radikalsten Verfechtern strenger Corona-Maßnahmen wie Lockdowns, Kontaktverboten, Schulschließungen, Maskenpflicht, Impfpflicht etc.

„Wir dürfen in der Debatte um die Corona-Aufarbeitung auch mal loben, dass viele Menschen Verantwortung übernommen haben“, so der Landesminister weiter. Das gelte vor allem für den Einsatz etwa von Ärzten und Pflegern, der Bundeswehr sowie der Hilfsorganisationen und vielen Ehrenamtlichen. Ebenso gelte dies für die Bürger, die die Maßnahmen mitgetragen und unterstützt hätten, fügte er hinzu. Klaus Holetschek vermisst also das Lob für diejenigen, die stillschweigend die Maßnahmen umgesetzt, die Regierungspolitik nicht kritisiert haben und den Politikern und Verantwortlichen damit freie Bahn gelassen haben. Das sind die angenehmsten Bürger für einen Politiker, der seine Maßnahmen durchsetzen will.

Gelobt werden sollten jedoch vielmehr diejenigen, die kritisch waren und ihre Kritik laut geäußert haben, entsprechend gehandelt haben, denn sie haben damit ihren Ruf, ihren Beruf und ihre Existenz aufs Spiel gesetzt. Wissenschaftler, die trotz beruflicher Nachteile vor den Auswirkungen der Corona-Politik früh gewarnt haben, Pfleger, die sich trotz Risikos, ihren Arbeitsplatz zu verlieren, der Impfpflicht verweigert haben, Sportler, die von Turnieren ausgeschlossen oder einer medialen Hetzjagd ausgesetzt wurden.

Lob wäre angebracht für Beamte, die vor den Auswirkungen der Lockdowns gewarnt haben, die deshalb versetzt wurden, bis heute vor Gericht um ihr Recht streiten. Kritische Schauspieler, Musiker und andere Künstler, Journalisten, die diffamiert wurden, Ärzte, die Maskenattests ausgestellt haben, deren Praxen durchsucht wurden, Richter, die Urteile entgegen der Regierungspolitik gefällt haben. Lob wäre angemessen für Restaurantbesitzer und Geschäftsleute, die bei der 2G-Ausgrenzung nicht mitgemacht haben, für Bürger, die Woche für Woche gegen die Corona-Politik demonstriert haben, von der Polizei teilweise niedergeknüppelt und von Gegen-Demonstranten als Nazis beschimpft wurden.

All diese Bürger hatten den Mut, in der Öffentlichkeit Kritik zu äußern und haben dafür mehr oder weniger große Nachteile in Kauf genommen. Das anzuerkennen und wertzuschätzen, gehört ebenfalls zur Aufarbeitung der Pandemie-Politik, wenn man die Spaltung der Gesellschaft auch nur ansatzweise überbrücken will.

(Auf Basis von dts)

Anzeige

Unterstützung
oder

Kommentare ( 99 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

99 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
Sonny
1 Jahr her

Wie soll denn eine Aufarbeitung aussehen, die die Täter bei der Mißachtung unseres Grundgesetzes einfach ausblendet? Wozu brauchen wir überhaupt noch Gerichte? Damit es entfernt noch aussieht wie Demokratie und Rechtsstaat???
Was für eine verlogene Bande.
Für mich gehören die alle in den Knast.

gast
1 Jahr her

Er hat gegen eine noch nie dagewesene Plandemie gekämpft. In der Tat gab es das noch nicht und ich musste drei Jahre lang entrechtet und ungläubig bei diesen staatlichen Machenschaften zusehen. Es geht nicht um Schuldzuweisungen. Angesichts klarer Verbrechen wäre eine funktionierende Justiz nötig, aber die haben selbst mitgemacht.

Alliban
1 Jahr her

Eines der Dinge, die mich hier in Bayern im Rahmen der Pandemie gestört haben, war, dass gemeinsamer Sport im Freien weitgehend verboten war. Da behaupte ich, dass der Schaden weitaus höher war als der Nutzen (mal abgesehen von Sportarten mit Körperkontakt). Wenn man sich das Profil von Herrn Holetschek im Bild oben anschaut, dann sieht der nicht gerade nach Sportler aus, was vielleicht das Sportverbot erklärt. Und feige scheint er auch noch zu sein, weil er offenbar nicht voll und ganz hinter seinen Entscheidungen steht (sonst würde bzw. müsste er nicht um Nachsicht bitten).

caesar4441
1 Jahr her

Nachher war es niemand.Das war noch nie anders.Der Mißerfolg sucht seinen Vater vergebens.

Schiffskoch
1 Jahr her

Holletschek traf ich zufällig im Sommer wo er Werbung für die Spritze machte. Auf meine Frage, warum eine Polizistin mich im Jahr davor verhaften wollte, weil ich einen Impfarzt damit konfrontiert hatte, dass die Leute die er gleich impft dies NICHT freiwillig tun – ich hatte die Anstehenden zuvor interviewt – meinte er nur: Das stimmt nicht. In Bayern darf man seine Meinung sagen. Auf meinen Vorschlag uns gemeinsam mit der Polizistin zu treffen reagierte Holletschek nicht. Er meinte, niemals sei in Bayern ein Impfzwang geplant gewesen. Als ich ihn mit dem Soeder – Zitat konfrontiert, der damals für Ungeimpfte… Mehr

alter weisser Mann
1 Jahr her

„Es darf aber nicht immer nur um die Frage gehen: Was ist schiefgelaufen, und wer ist schuld.“

Das Lied singt jeder Politiker, sobald mal wieder Mist gebaut wurde. Das sichert die eigene Straflosigkeit und die perpetuierte Verantwortungslosigkeit … und den nächsten Mist.

Johann Thiel
1 Jahr her

Klar, auch der Dieb behauptet, nur Platz in den Regalen schaffen zu wollen, und das sei immerhin anzuerkennen.

Wenn man sich solche Unverschämtheiten von jenen anhören muss, die mit ihrem Handeln und Fordern, größte Schuld auf sich geladen haben, kann man gewiss sein, dass es keine Aufarbeitung im Sinne von Folgen für die Verantwortlichen geben wird. Geradezu eine Gesetzmäßigkeit bei Verbrechen am eigenen Volk, von sehr wenigen Ausnahmen abgesehen.

Lutz Knuller
1 Jahr her

Das Corona-Regime in Bayern war besonders exzessiv, teilweise sogar rechtswidrig was die Verhängung von Bußgeldern in diesem Zusammenhang betraf. Nicht zuletzt deshalb wurden solche Bußgelder mit einer Entscheidung vom BVG Leipzig vom 22.11.22 als rechtswidrig bewertet (Az.: BVerwG 3 CN2.21).
Für mich wäre der erste notwendige Schritt einer Aufarbeitetung der gemachten Fehler in Rahmen der Corona-Maßnahmen eine antraglose Rückerstattung rechtwidrig verhängter Bußgelder durch den bayerischen Gesundheitsminister.
Damit könnte er verdeutlichen, dass es ihm ernst ist, mit einer Aufarbeitung des Corona-Unrechts.

humerd
1 Jahr her

“ Impf-Umsätze Biontech meldet erneut Milliardengewinn Für Biontech war der Kampf gegen Corona auch 2022 ein gutes Geschäft. Angesichts sinkender Erlöse will sich der Impfstoffhersteller künftig jedoch auf die Entwicklung anderer Therapien konzentrieren.“ (…) „Neben Coronaimpfstoffen setzt Biontech unter anderem auf die Erforschung von Ansätzen in der Immuntherapie auf Basis des Botenmoleküls mRNA bei der Bekämpfung von Infektions- und Autoimmunkrankheiten sowie Krebs. Für künftige Onkologie-Produkte möchten die Mainzer in diesem und im kommenden Jahr eine Vertriebsorganisation in den USA, der EU und anderen »ausgewählten Regionen« aufbauen.“
https://www.spiegel.de/wirtschaft/biontech-meldet-erneut-milliardengewinn-a-b2370eac-a603-462b-986b-5ebae2abe995
Tja, bin gespannt wann der Ruf nach einer Imppflicht gegen Krebs ertönt.

Contra Merkl
1 Jahr her

Sonst heißt es immer die bekommen soviel Geld weil sie soviel Verantwortung tragen. Wie das wirklich läuft haben wir bei der Ahrtal Flut gesehen, wo mit Ankündigungen von 150 – 200 Liter Regen keiner was anfangen konnte und was das in bergigen Gelände mit Tallagenbebauung bedeutet. Alle wollten sich ganz schnell ein schlanken Fuß machen. Wenn Leute wie Holetschek und Konsorten keine Verantwortung tragen wollen für den Mist und die Panik die sie verzapft haben, ist von den Leuten nur der sofortige Rücktritt einzufordern.