Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz gescheitert

Das Grundgesetz schützt die Würde aller Menschen, dazu bedarf es keiner Sonderregelung.

IMAGO / Future Image
Eine Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz ist nach einem erneuten Einigungsversuch der GroKo mit FDP, Grünen und Links-Partei am Montagabend, 7. Juni, gescheitert. Damit ist es endgültig: Dieses Prestigeprojekt der Mehrheit der CDU/CSU, der FDP, linker Parteien und diverser Lobbygruppen wird in Bundestag und Bundesrat die dafür notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit nicht bekommen.

Rekapitulieren wir: Dieses Projekt war ausgerechnet von der sogenannten Familienpartei CDU bereits im Wahlprogramm 2017 angekündigt und im März 2018 in den GroKo-Vertrag als Zielvorgabe geschrieben worden. Bis Ende 2019 wollte man es realisieren. Aber dann begann man doch, vor allem in der CDU/CSU nachzudenken. Dennoch gab es einen GroKo-Entwurf, den aber die genannten drei Oppositionsparteien zuletzt nicht mittragen bzw. im Sinne weiterreichender Befugnisse des Staates ausweiten wollten. Das wiederum rief 28 CDU/CSU-Abgeordnete auf den Plan: Sie erklärten, dass sie sich dieser Grundgesetzänderung verweigern wollten, vor allem weil sie darin eine Entmündigung von Eltern sahen und weil sie meinten, das bestehende Grundgesetz schütze Kinder wie alle Menschen dieses Landes hinreichend und das Grundgesetz dürfe nicht mit Sonderrechten für welche Gruppen auch immer überfrachtet werden.

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Die Reaktion der SPD auf das Scheitern war bezeichnend. Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) erklärte, Kinder seien „besonders schutzbedürftig“, dies habe die Corona-Pandemie „noch einmal besonders eindrücklich vor Augen geführt“. Sie sei „zutiefst enttäuscht“, dass dieses Vorhaben vorerst (sic!) nicht umgesetzt werde, erklärte Lambrecht nach der abschließenden Verhandlungsrunde mit den Fraktionen am Montagabend. Es habe die „historische Chance“ gegeben, Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern. Wörtlich: „Ich bedaure zutiefst, dass der Streit über Detailfragen eine Einigung bei diesem so wichtigen Vorhaben verhindert hat.“ Die Gelegenheit dazu werde „so schnell nicht wiederkommen“.

Weiß die Ministerin eigentlich, was sie sagt? Muss jetzt Corona für dieses Ideologieprojekt herhalten? Weiß sie, dass es nicht um Detail-, sondern um Grundsatzfragen ging? Ist ihr nicht mehr im Ohr, dass es SPD-Genossen waren, die schon vor Jahren für den Staat „die Lufthoheit über Kinderbetten“ (damaliger SPD-„General“ Olaf Scholz) reklamiert hatten? Was soll hier historisch sein, nachdem die UN-Kinderrechtskonvention seit 1992 längst den Status eines Bundesgesetzes hat?

„Vorerst gescheitert“, sagt sie, um fortzufahren: Die Gelegenheit wird nicht so schnell wiederkommen. Allein das passt nicht zusammen. Sagen wir es anders: Hoffentlich ist das Projekt damit endgültig gescheitert. Und hoffentlich sind CDU/CSU für 2021 und die nächste Legislaturperiode nicht wieder so einfältig, dieses Vorhaben ins Wahlprogramm oder – sofern beteiligt – gar in einen Koalitionsvertrag zu schreiben.

Damit eines klar ist: Das Grundgesetz schützt die Würde aller Menschen, dazu bedarf es keiner Sonderregelung. Siehe dazu auch unseren TE-Beitrag vom 25. Mai, als die Debatte noch offen schien:

Im übrigen – so traurig es ist, dies sagen zu müssen – hätten keine im Grundgesetz verankerten Kinderrechte die abscheulichen und massenhaften Fälle von Kindesmissbrauch und Kindesmisshandlung, auch nicht den widerlichen, tausendfachen Missbrauch von Kindern in der Kinderpornographie verhindert. Hier hätten die Sicherheitsbehörden und die Jugendämter längst alle rechtlichen Befugnisse, aber es fehlt ihnen zu Tausenden das Personal.


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Kommentare ( 23 )

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F.Peter
2 Jahre her

Man beachte, wer sich jetzt lautstark öffentlich meldet und das Scheitern dieses ideologischen Vorhabens beklagt!!! Zuvörderst der Kinderschutzbund, den man nach seinem Statement am besten auflöst, den mit Kinderschutz haben die da wohl eher wenig im Sinn! Dieses Vorhaben war nichts anderes, als der Versuch über das GG die Hoheit über die Kinderbetten zu erlangen, wie dies ein Parteivertreter vor nicht allzu langer Zeit geäußert hat. Der nächste Schritt wäre dann die Vollendung der Kinderbetreuung ab Geburt durch den Staat – eben DDR 2.0! Statt die Bildungspolitik so auszurichten, dass aus den Lernenden auch selbständige Menschen werden mit eigenem Entscheidungs-… Mehr

josefine
2 Jahre her

Wie äusserte sich Herr Scholz bereits 2002 :“ Wir wollen die Lufthohhet über die Kinderbetten haben.“
Durch die Änderung des Grundgesetzes wollte bzw. will sich h die SPD intensiv in die Kindererziehung einmischen und die gewohnten Elternrechte schmälern. Die Kinder sollen vollkommen im Sinne der Staatsdoktrin erzogen werden, und den Eltern soll die Möglichkeit einer Einmischung genommen werden.
Für Kinder und Eltern ist die heutige Entscheidung zu begrüssen.

Michael Palusch
2 Jahre her

Dieses Gesetz sollte das Einfallstor für die Politik über den Umweg Interessensverbände in die Familie werden. Da Kinder ja nicht in der Lage sind, Rechte, von denen sie weder gehört, geschweige denn diese verstanden haben, einzufordern, wird also die Durchsetzung dieser Rechte „wohlmeinenden“ Organisationen anheimfallen. Diese wachen dann mit Argusaugen darüber, natürlich völlig uneigennützig, dass die Kindern auch die in ihrem Sinne angemessene Erziehung erhalten. Den Eltern wird somit das alleinige Erziehungsrecht durch die Hintertür entzogen, da jede elterliche Entscheidung bezüglich ihrer Kinder unter Widerspruchsvorbehalt ideologisch ausgerichteten Vereinen und Organisationen steht, welche nicht davor zurückschrecken würden, ihr ideologisches Süppchen zum… Mehr

Frank M.
2 Jahre her

Die elterliche Aufsichtspflicht betrifft die Sorge für das Kind und dessen Vermögen bis zur Volljährigkeit, also dem 18. Geburtstag. Im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) ist festgehalten, dass Eltern ihren Schutzbefohlenen gegenüber in der Pflicht stehen, sie zu pflegen, zu erziehen und zu beaufsichtigen.“ (Google)
Die Kinderrechte sind m.E. bereits im weitesten Sinne über die elterliche Aufsichtspflicht abgedeckt. Wer also glaubt, zusätzlich Kinderrechte ins Grundgesetz aufnehmen zu müssen, verfolgt hier offenbar ideologiegetrieben auf dem Rücken der Generationen mMn eine Identitätspolitik. Eine weiterer Schritt in Richtung Spaltung der Gesellschaft.

wolfdieter
2 Jahre her

Erfreulich. Das Grundrecht der Kinder leitet sich zwanglos ab aus dem Grundrecht des Menschen allgemein.

3 Finnen
2 Jahre her

Ein gute, logische Anwendung von höheren Kinderrechten im GG hätte automatisch zum Ende von MGM geführt.
Nur eben nicht in der Realität, da steht ein Wort, dass bekämpft wird:
Logik
Daher ist es richtig keinen besonderen Kinderrechte im GG zu haben.
Um MGM zu beenden bedarf es Abgeordnete mit Ei.. n in der Hose. Gibt es selbst in der AFD nicht.

Dunkelsachse
2 Jahre her

Hin und wieder gibt´s ja doch eine gute Nachricht. Mein Dank den aufrechten Kämpfern.

Andreas aus E.
2 Jahre her

Es geht nur darum, tief in Familien hineinregieren zu können.
Und natürlich darum noch ein paar Stellen für Parteikomplizen schaffen zu können – denn wer außer sogenannter „Zivilgesellschaft“ oder „NGO“ könnte ggf. Kinderrechte einklagen? Die Kinder selbst wohl kaum.

Merkmal totalitaristischer Regimes ist es, den Menschen von Zeugung bis Zerfall stets unter Kontrolle haben zu wollen.
Zum Glück scheint das einigen (wenigen) Unionsabgeordneten dann doch noch aufgefallen zu sein.

Harry777
2 Jahre her

Ich arbeite in einer Förderschule. Gestern wurde ein Junge aus der Klasse geschafft, nachdem herauskam, dass er mit seinen Eltern die Woche zuvor in einem europäischen Land im Urlaub war, das mit der mörderischen schwachsinns Inzidenz bei 82 liegt und so auf dem Corona Index steht. Der geistig behinderte, ansonsten völlig gesunde und Schnelltest negative Junge wurde isoliert und musste abgeholt werden, die Klasse durfte den Raum nicht mehr verlassen und ist heute vom Schulbetrieb ausgeschlossen. Soviel zu den bestehenden Kinderrechten, der Würde, dem Grundgesetz. Was bitteschön sollen denn neue Gesetze bringen wenn man sich nicht einmal an die alten… Mehr

Karina Gleiss
2 Jahre her

Sie werden zu gegebener Zeit einen neuen Versuch starten, hinterrücks und unter anderem „Label“, wie üblich. Das Thema ist noch nicht vom Tisch, weil die formbare Masse in Gestalt der Kinder/Minderjährigen für sie und ihre ideologischen Pläne zu wichtig und lukrativ ist.

Last edited 2 Jahre her by Karina Gleiss