Friedrich Merz verdankt seine Wahl der SED

Dass heute ein zweiter Wahlgang möglich wurde, in dem Friedrich Merz schließlich doch noch zum Kanzler gewählt wurde, verdankt die Union unter Bruch eines Parteitagsbeschlusses der Unterstützung der SED, die sich momentan Linkspartei nennt – und zu der die Brandmauer längst gefallen ist.

IMAGO / Nordphoto

Robin Alexander, das Orakel von Berlin-Mitte, hat es zitternd ausgesprochen: „Wir kommen jetzt in eine Staatskrise.“ Staatskrise? Was ist geschehen? Liegt ein Verfassungsschutzbericht über die Grünen vor? Wurde die vielleicht künftige Regierungspartei CDU gesichert grünextrem eingestuft?

Wohl nichts von alledem. Oder sind wir plötzlich in der Rezession angekommen. Aber nein, in die vertiefen wir uns doch sehr erfolgreich schon seit drei Jahren, besten Dank an Robert Habeck. Er ist schon der Meister-Rezessionist. In der Disziplin, eine funktionierende Wirtschaft in nur drei Jahren an den Bettelstab zu bringen, macht ihm keiner etwas vor. Ist das Gesundheitswesen am Zusammenbrechen? Daran arbeiten seit über einem Jahrzehnt doch schon Angela Merkel und Olaf Scholz. Also auch hier nichts Neues.

Doch wirft man einen Blick auf X oder in die Zeitungen, gewinnt man den Eindruck, dass, wenn schon nicht das Abendland, dann doch auf jeden Fall Deutschland untergeht, denn Friedrich Merz wurde im ersten Wahlgang nicht zum Kanzler gewählt. Das Armageddon brach über Deutschland herein und die ganze Welt hält den Atem an, heißt es nicht in der Welt, sondern nur in Deutschland.

Stellvertretend für die die vielen aufgeregten Stimmen schreibt Axel Flasbarth von den Grünen: „Die Niedertracht der 18 Abweichler ist unverschämt.“

Fehlt nur noch das Adjektiv „ruchlos“, dann hätten wir eine Reise zurück in die deutsche Geschichte angetreten, als diese pathetische Abscheu, die Verächtlichmachung der Entscheidung der Abgeordneten, die laut Artikel 38 des Grundgesetzes nur ihrem Gewissen verpflichtet sind, zum guten oder genauer hysterischen Ton gehörten.

Denn was für viele so Ungeheuerliches geschehen war, war dies, dass ein paar Abgeordnete der künftigen Regierungskoalition gegen die Wahl von Friedrich Merz zum Bundeskanzler stimmten. Es gehört zum Wesen der Demokratie, mit ja oder mit nein zu stimmen, eine Wahl zu gewinnen oder zu verlieren. Wer sich darüber entrüstet, sich zu den gröbsten Tönen hinreißen lässt oder sogar eine Staatskrise dämmern sieht, der hat etwas zu viel von Merkels nordkoreanischer Folklore genossen. Nicht mehr und nicht weniger ist geschehen, als dass Merz oder Klingbeil oder beide nicht gut genug ihre Mehrheiten organisiert hatten, was zum Brot-und-Butter-Geschäft des Politikers gehört, Mehrheiten zu organisieren. Staatskrise, großer Gott, geht es auch drei Nummern kleiner?

Was immer mehr zu einem wirklichen Problem der Berliner Republik wird, ist das Abrutschen in die Hysterie. Kaum etwas kann im normalen Tone verhandelt werden, überall droht der Weltuntergang. Jedes Sachproblem wird zur Gesinnungsprobe. Widerspruch wird als Defaitismus, Verrat, Putinismus, Trumpismus, als rechte Abweichung, als Menschheitsverrat, als Rassismus, als Klassismus einsortiert. Überall lauert inzwischen der Feind, wie vor kurzem ein braves CDU-Mitglied voller Schrecken auf X schrieb und als Allheilmittel das Verbot der AfD als Rettung vor dem Bösen zähneklappernd erwimmerte. Eine innere Hände-an-die-Hosennaht-Haltung, ein „Jawohl, Herr Lehrer“ ist wieder gefragt. „Wachsamkeit“ wird zur ersten Bürgerpflicht – und das Hissen der Regenbogenfahne.

Dass heute ein zweiter Wahlgang möglich wurde, dass Friedrich Merz schließlich doch noch zum Kanzler gewählt wurde, verdankt die Union, verdankt Friedrich Merz unter Bruch eines Parteitagsbeschlusses der Unterstützung der SED, die sich momentan Linkspartei nennt, und zu der die Brandmauer längst gefallen ist.

Das Ständchen für den neuen Kanzler, für Friedrich Merz, wird ein Blockflötenkonzert sein. Aber auch einst sein großer Zapfenstreich.


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Kommentare ( 152 )

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Mausi
5 Tage her

Damit hat Herr Merz gezeigt, wo er keine Brandmauer errichtet. Und das ohne echte Not. Denn er hätte ja den zeitlichen Ablauf der Wahl unverändert lassen können.
Hinzu kommt, dass dieses Verhalten in meinen Augen zeigt, was die eine Entscheidung mit den Stimmen der AfD vor der Wahl war: Verleitung von Wählern, für die CDU/CSU zu stimmen.

Last edited 5 Tage her by Mausi
Phil
6 Tage her

„Es ist eines der traurigsten Spektakel unserer Zeit, zu sehen, wie eine große demokratische Bewegung eine Politik unterstützt, die zur Zerstörung der Demokratie führen muss und die in der Zwischenzeit nur einer Minderheit der Massen zugute kommen kann, die sie unterstützen. Und doch ist es diese Unterstützung der Tendenzen zum Monopol durch die Linke, die sie so unwiderstehlich und die Aussichten für die Zukunft so düster macht.“
(Friedrich August von Hayek aus „Der Weg in die Knechtschaft“)

Randbayer
6 Tage her

Richtig erkannt. Deutschland hat seit gestern eine Regierung zweiter Wahl dank SED.
Etwas unübersichtlich mit den aktuellen Margöttinnen bei denen. Doppel-Spitzin, Spitzenkandidatin. Wer ist denn die aktuelle Schützenkönigin der Mauerschützenpartei?
Vielleicht sollte TE einen Medienpreis „Margot des Jahres“ von seinen Lesern wählen lassen. Und dann bitte nicht vergessen die „Ehren-Margot“ für jahrzehntelange Mitarbeit an die Nappo-Rauten-Werberin zu vergeben. Die tauchte gestern ja auch in ihrem Spielzimmer auf.
 

Cimice
6 Tage her

Merz wurde gestern nur Kanzler mit den Stimmen der SED-Nachfolgepartei DIE LINKE. Dafür musste Merz den SED’lern mindestens zwei Versprechen abgeben, das war gestern meine Behauptung: 1. Unvereinbarkeitsbeschluss aufheben 2. AfD Verbot einleiten. Und was erfahren wir heute? 1. „… zu dieser gilt bei der CDU aber eigentlich ein Unvereinbarkeitsbeschluss. Für dessen Abschaffung zeigte sich am Mittwoch bereits Kanzleramtschef Thorsten Frei (CDU) offen.“ 2. „Die Hochstufung der AfD „verändert auch meinen Blick auf diese Partei“, erklärte Merz im ARD-„Brennpunkt“ nun. Das entsprechende Gutachten des Verfassungsschutzes müsse jetzt „sorgfältig ausgewertet“ werden, führte der Bundeskanzler aus … und erklärte mit Blick auf… Mehr

Reinhard Schroeter
6 Tage her

Die SED hat ès geschafft,
Die Bolschewistin in Personalunion mit IM Erika wird sich die Hände reiben, sie hat ihren Auftrag mit Bravur erfüllt.
Ihr Dank gebührt dem Wähler von jenseits der Elbe. Ohne diesen hätte eine , von der wir 89 glaubten, sie für immer vom Hof gejagt zu haben, das Kanzleramt niemals von innen gesehen.

ketzerlehrling
6 Tage her

Egal, der Zweck heiligt die MIttel. Rote Linien waren gestern, persönliche Einschränkungen auch.

ketzerlehrling
6 Tage her

Er bedient sich irgendwann deren Methoden.

Siggi
6 Tage her

Ab jetzt wedelt der Schwanz mit dem Hund. Die SPD sill sich den Linken annähern. Jeder weiß, was das bedeutet.

hanussen
6 Tage her

Das hätte sich Adenauer und Brand nicht in den schlimmsten träumen vorstellen können,das ein CDU Politiker sich mit denn stimmen der Mauermörderpartei zum Kanzler wählen lest.

flo
6 Tage her

„Friedrich Merz verdankt seine Wahl der SED.“ Zum Dank ist Thorsten Frei jetzt offen für eine Zusammenarbeit mit der Linken? – die das System in Richtung („demokratischer“) Sozialismus transformieren will, den Kapitalismus abschaffen, Klassenkämpfe kennt, usw.
Tagesschau: „Wir werden gemeinsam darüber zu sprechen haben“, sagte Frei in der Sendung „Frühstart“ von RTL und ntv. Der Beschluss des CDU-Bundesparteitags könne zwar nicht mit einem Federstrich außer Kraft gesetzt werden. „Aber mit Sicherheit sind wir in einer Situation, wo wir die eine oder andere Frage neu bewerten müssen.“