Frankreich und Italien machen Deutschland dienstbar

Während die Ampel-Koalitionäre ein "souveräneres" Europa und ein diesem "dienendes" Deutschland wollen, schließen Frankreich und Italien ein Bündnis im Dienste ihrer eigenen Souveränität – und wohl auf Kosten der Deutschen, die das nicht mal zur Kenntnis nehmen.

IMAGO / Italy Photo Press
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Italiens Ministerpräsident Mario Draghi am 16.11.2021 in Rom

Nahezu unbemerkt von der deutschen Politik demonstrieren zwei bedeutende Mitglieder der Europäischen Union, Frankreich und Italien, ihre Souveränität. Sie unterzeichneten unter französischer Federführung am 26.11.21 im Quirinalpalast in Rom im Beisein des italienischen Staatspräsidenten einen Vertrag über politische und industrielle Zusammenarbeit.

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Die Gesten gegenseitiger Wertschätzung sind gewillkürt und stehen im Gegensatz zu den langjährigen Unstimmigkeiten zwischen Paris und Rom, insbesondere in den Zeiten der Lega-Regierung. Damals hatte die Sympathiebekundung des italienischen Außenministers für die Gelbwestenbewegung in Paris zu diplomatischen Verstimmungen geführt. Nun hat sich mit der Machtergreifung von Draghi alles geändert. Der Mann, der angeblich den Euro rettete beziehungsweise die EZB zu einem großen Umverteilungsinstrument zugunsten der Südstaaten ausbaute, wird von Frankreichs Staatspräsident Macron als idealer Partner dafür angesehen, nach dem Exit der Briten endgültig in der EU die Macht zu übernehmen.

Mrs. Inflation, mit bürgerlichem Namen Christine Lagarde, an der Spitze der EZB, Jens Weidmann endgültig auf dem Altenteil und in Brüssel eine Statthalterin französischer Interessen mit deutschem Pass namens Ursula von der Leyen – dies ist der Rahmen, in dem sich die französisch-italienische Annäherung vollzieht. Im Wesentlichen geht es darum, die starke Präsenz der französischen Unternehmen in Frankreich sowie die Zusammenarbeit in strategisch entscheidenden Sektoren wie der Schiffsindustrie, der Luft- und Raumfahrt-Industrie – natürlich unter französischer Führung – zu vertiefen und zu erweitern.

Groß ist der Respekt der Franzosen für ihre italienischen Nachbarn nie gewesen. Italien galt nicht nur aufgrund der Berlusconi-Eskapaden, sondern aufgrund der Zustände im Staatswesen den Pariser Machthabern als ein Land minderer Qualität, das von den französischen Eliten nie wirklich ernstgenommen wurde. Dementsprechend bestand in Rom und in weiten Teilen der florierenden italienischen Industrie Skepsis bis zu Abneigung gegenüber den chauvinistischen Eliten in Paris. 

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Doch nun scheint sich alles zum Guten gewendet zu haben. Denn man ist sich in Rom und Paris einig in dem Ziel, innerhalb der EU Deutschland in die Zange zu nehmen und daran zu hindern, sein faktisches Veto-Recht gegen eine weitere Nutzung der deutschen Bonität für europäische Schulden und eine Haftung der deutschen Volkswirtschaft für italo-französische Projekte zu überwinden. Das Zustandekommen dieser widernatürlichen Allianz, deren einziger gemeinsamer Nenner der Wunsch nach Einkesselung Deutschlands ist, spricht Bände. 

Macron sandte in das Verhandlungs-Team eine langjährige Vertraute, Sylvie Goulard, die nicht nur Italienisch spricht, sondern nur kurze Zeit als Verteidigungsminister amtieren konnte, um dann wegen nicht deklarierter Einkünfte zurücktreten zu müssen. Seitdem fristet sie als ehemalige Diplomatin ein wohlbezahltes Dasein als Vizegouverneurin der Bank von Frankreich. Ihre Kompetenz auf geldpolitischem Gebiet ist so gering, dass die Bank von Frankreich froh war, sie auf Geheiß des Staatspräsidenten in die Verhandlungskommission zum italienisch-französischen Freundschaftspakt entsenden zu können. Goulard meldete sich nach Abschluss des Vertrages sofort zu Wort, um lautstark darzulegen, dass sich dieses Abkommen natürlich nicht gegen Deutschland richte. Sie, die immer versucht hatte, in Deutschland zu antichambrieren, um Kollaborateure im deutschen Politik-Establishment zu identifizieren, die bereit waren, Deutschland im Verhältnis zu Frankreich zu einem Junior-Partner zu machen, dürfte einfach einzuordnen sein. Denn diese Madame Goulard, politisch auch als Kandidat für ein Kommissionsamt vom Europäischen Parlament abgelehnt und gescheitert, will nun der Öffentlichkeit glauben machen, dass sich dieser Pakt nicht gegen Deutschland richte. 

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Schon jetzt fällt dem europäisch gesinnten Beobachter auf, dass diese neue Achse Rom-Paris sich an den Bestimmungen der Europaverträge über eine verstärkte Zusammenarbeit überhaupt nicht stört und die Art. 20 EVU und 327 ff. AEUV so behandelt, als ob sie nicht das Papier wert wären, auf dem sie stehen. Diese Bestimmungen sehen nämlich vor, dass bei der Vereinbarung von verstärkter Zusammenarbeit zwischen Mitgliedstaaten der Europäischen Union die Europäische Kommission zu konsultieren ist, um sicherzustellen, dass sich nicht durch kleine Clubs von Mitgliedstaaten Politikbündnisse bilden, die die Integration der 27 Mitgliedsländer gefährden. Denn ein Europa der unterschiedlichen Geschwindigkeiten kann auch die Fliehkräfte der Gemeinschaft verstärken. 

Das ohnehin „souveränste“ Land der Europäischen Union mit einem ungebrochenen Selbstbewusstsein seiner Eliten kümmert sich natürlich um diese Bestimmungen nicht die Bohne. Und die deutsche Kommissionspräsidentin erwägt nicht mal, ein Verfahren einzuleiten, um überprüfen zu lassen, ob diese Bestimmungen über verstärkte Zusammenarbeit im Falle des französisch-italienischen Abkommens beachtet worden sind. 

Das Wundersamste an dem Schauspiel ist indessen die Blindheit des deutschen Politik-Establishments: Gewiss erwähnen einige deutsche Gazetten die Unterzeichnung des Kooperationsvertrages. Indessen verkennen sie genauso wie die Statisten des Bundestags die Realität: Hier versuchen zwei Männer, Macron und Draghi, Deutschland einzukesseln. Alles geschieht im Namen Europas. Doch die Deutschen nehmen nicht einmal Kenntnis davon.

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Kommentare ( 56 )

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Peter Gramm
2 Jahre her

das Photo spricht Bände. Die Oberinddianer von zwei Pleitestaaten sind sich einig. Deutschland muß dienstbar gemacht werden. Zuerst wurde die DM abgeschafft und jetzt soll die Wettbewerbsfähigkeit eingeswchränkt werden in dem eine Schuldenunion geschaffen wird mit unbegrenzter Haftung der deutschen Bankinstitute für die Schulden der Rotweinstaaten. Damit würden sich auch die noch vorhandenen Sparguthaben sich in Luft auflösen. Dazu, um dies zu erreichen haben die Franzmänner schon die strategisch wichtigen Positionen (EZB) mit ihresgleichen besetzt. Frau v.d.L. als Kommissionspräsidentin ist da auch (mangels fachlicher Qualifikation) keine große Unterstützung. Deutschland wird abgewickelt. Der deutsche Michel hat es leider noch nicht kapiert.… Mehr

RauerMan
2 Jahre her

Die Schwächung Ds durch die EU und einiger Mitgliedsländer ist doch bereits Usus. Beginnend mit Einführung des EURO und weiterer Verschuldungen bekannter Staaten zu 0%, und Nullzins für Private, 30%- Garantien,Schuldenübernahmen,z.B.Target- und ForderungsverzichteBestimmter und natürlich wieder Inanspruchnahmen von Target. Stimmrechte wie z,B.Zypern. Angefangen durch Mißachtung von Maastricht, Geldzuweisungen von Merkel für Alles und Jeden,ohne EZB-Eingrenzung, von oberstem dt.Gericht angeprangert, vom EuGH aber gedeckt, massivste Geldausweitung und damit hohe Inflation über lange Zeit, D wieder in Verantwortung durch 30%-Klausel und darüber hinaus, wer weiß was noch dazukommt ohne Kenntnis der Öffentlichkeit.GB hatte den Braten gerochen und die Konsequenzen gezogen. Nach einer… Mehr

DELO
2 Jahre her

Glaubt man allen Ernstes noch in dieser Bananenrepublik, daß Länder wie Frankreich und Großbritannien sich die nutzlose Mühe machen, mit einer hysterisch verrückt spielenden Klimanation, die allen Wohlstand mit voller Kraft abschaltet, Deutschland auch nur noch ansatzweise in politisch wichtige Dinge einzubeziehen? Da reicht doch schon dieses lächerliche Umweltministerium, welches in Frankreich die Atomkraftwerke abschalten will, um bei unseren Nachbarn als „völlig blöd“ dazustehen. Wir rasen auf dem Abstellgleis mit vollem Tempo auf den Prellbock zu und keiner merkt es.

Olaf W1
2 Jahre her

Ich verstehe die Kritik an der Kooperation jetzt nicht. Zunächst zeigt sie eindrücklich, was Synergien in Europa nutzen und erreichen können. Zum anderen zeigt diese Nachricht, wie abgemeldet Deutschland ist. Merkel & ihr Gesocks haben uns zum Goldesel für andere gemacht. Unsere Regierung stellt die Interessen von allem und jedem vor unsere. Hätte Deutschland nur ein wenig Rückgrat und den Mumm seine/unsere Interessen zu vertreten, wir könnten die halbe Welt nach unserer Pfeife tanzen lassen. Aber wir haben kein Selbstbewußtsein und die immer wieder offene Wunde der „deutschen Erbsünde“, die wir 1939 geerbt haben sollen und nie mehr los werden,… Mehr

EinBuerger
2 Jahre her

Für Frankreich war die EU immer ein Mittel, um mit ihr doch noch am Großmachtstatus festhalten zu können. Die Mittel Frankreichs reichen dafür nicht mehr aus. Die Mittel der EU zur Zeit schon noch.
Für Deutschland war die EU immer ein Mittel, um international nicht immer und überall als „Nazi“ beschimpft zu werden. Sich quasi hinter der EU zu verstecken und unsichtbar zu machen. „Wir sind Europäer, keine Deutschen.“
Für Italien war die EU immer ein Mittel, um an Geld zu kommen.

Alt-Uewi
2 Jahre her
Antworten an  EinBuerger

Das ist zwar holzschnittartig formuliert, im Kern aber leider was.

cmh ungefragt
2 Jahre her

Und wieder zeigt sich, dass der einzige der „europäischen Werte“, den man auch tatsächlich beobachten kann, der Vertragsbruch, der Rechtsbruch ist.

hert
2 Jahre her

Dieses Bündnis zwischen F und I über politische und industrielle Zusammenarbeit bestätigt zum wiederholten Mal, dass diese beiden Staaten großen Wert auf ihre Souveränität legen und die EU letztlich zu ihren Diensten nutzen. Das gilt in bes. Maße für Frankreich. D und F auf Augenhöhe, das war einmal mit Schmidt und Giscard d’Estaing. Danach ging es schrittweise abwärts für D! Und Deutschland? Nun, wir haben dienstbeflissene Lakaien in der Regierung seit Merkel, die dem Götzen EU aber auch das letzte Hemd opfern würden, nein, opfern! Erschwerend kommt hinzu, dass mit dieser Bundestagswahl zahlreiche Provinzpolitiker mit seichter Bildung, mangelhafter politischer Qualifikation,… Mehr

R.Baehr
2 Jahre her

Ob wirklich alles so schlecht war, damals vor ca. 85 Jahren? Da hätten es diesen beiden Länder niemals gewagt, Deutschland auch nur ansatzweise zum Trottel von diesem Kontinent zu erklären. Wie verkommen dieses Europa und die deutsche Oberversagerelite in Berlin bereits ist, kann man an diesem Artikel wieder einmal feststellen. Die in Berlin würde sogar die eigenen Eltern verleugnen, und sich tagtäglich demütigen lassen, weil wir eine Regierung haben, die mit Deutschland nichts anfangen kann und in so einem Land soll man sich noch wohlfühlen, wo die Herrschenden von Corona und Klima beherrscht sind und darüber den Verstand verloren haben.

November Man
2 Jahre her

Auch Frankreich und Italien kaufen in Deutschland mit dem EU-Target II-System ein, bezahlen nichts und lachen sich dabei einen Ast.
Als Target-2 wird das von der Europäischen Zentralbank zusammen mit den Notenbanken der Euro-Länder betriebene Abwicklungssystem für grenzüberschreitende Geldtransaktionen mit großen Beträgen bezeichnet. Täglich sind es im Schnitt 350000 Zahlungen im Wert von 1,7 Billionen Euro. Oder 90 Millionen Transaktionen im Wert von 440 Billionen Euro jährlich. Target ist damit ein Kernbestandteil des Euro-Systems.
Und die deutschen Steuerzahler des Exportweltmeisters dürfen die Rechnung bezahlen.
Dexit sofort! 

Babylon
2 Jahre her

Nun ja, Herr Scholz und die maßgebenden Akteure der zukünftigen Regierungspolitik sehen Deutschland eh in einer explizit „dienenden“ Position in Europa-Angelegenheiten. Das frisch getraute „Ehepaar“ Macron/Draghi wird bei der Auswahl und Einstellung von Hauspersonal den kommenden Butler schon augemacht haben, Herrn Scholz, der diese Rolle dankbar annehmen wird und mit seinem Sparbuch den Herrschaften zur Seite springt, wenn diese, was ja manxhmal vorkommen soll, in Verlegenheiten geraten. Herr Scholz als Herrschaftsbutler mit hanseatischen Manieren, wird dann allerdings zu schauen haben, ob er nicht mit der Zeit zum ördinären Hausknecht und Schuhputzer wird, wenn sich das Ehepaar endgültig etabliert und mit… Mehr