Ein Gleichnis zum Niedergang des öffentlich-rechtlichen Rundfunks

Mit dem Stilmittel der Verfremdung führt Pfarrer Achijah Zorn eindrücklich und humorvoll vor Augen: Der ÖRR ist nicht mehr reformierbar.

Vor vielen Jahrzehnten einigten sich die Bewohner meiner Stadt, ein riesengroßes Schuhgeschäft einzurichten mit einem umfassenden Schuhangebot für jedermann. „Keine richtige Demokratie ohne das richtige Schuhwerk“, das war der Slogan. Die Menschen in der Stadt waren bereit, jeden Monat eine Zwangsgebühr von 18,36 Euro zur Aufrechterhaltung dieses reichhaltigen Schuhangebots zu bezahlen.

Jetzt hat es viel geregnet. Ein Weg auf meinem Waldspaziergang ist ziemlich matschig geworden.
Also bin ich in das Geschäft und wollte mir Gummistiefel kaufen. Die Verkäuferin schaut mich verächtlich an: „Wer braucht heute noch Gummistiefel? Nehmen Sie diese Stöckelschuhe, die passen ihnen ausgezeichnet und damit kommen Sie bei jedem gut an.“ Natürlich wechselte ich sofort den Verkäufer. Doch auch dort bekam ich eine Abfuhr: „Gummistiefel führen wir nicht, so einen rechten Kram. Das geht gar nicht. Nehmen Sie lieber Stöckelschuhe. Diese High-Heels für Männer sind im Angebot besonders günstig.“ So ging es weiter: „Gummistiefel führen wir nicht. Auch Bundeskanzler Scholz trägt nur sehr ungern Gummistiefel, wenn er Hochwassergebiete besucht.“

Schließlich landete ich beim Chef des Schuhgeschäfts, der mir ganz offen sagte: „Alle Mitarbeiter in diesem Haus hassen Gummistiefel. Gummistiefel sind populistisch und schlecht für die Menschheit.“ „Aber ich zahle jeden Monat 18,36 Euro, damit Sie ein umfassendes und ausgewogenes Schuhangebot für mich bereitstellen“, entgegnete ich. Doch der Chef ließ mich abblitzen: „Gummistiefel sind keine Schuhe, das sagt doch schon der Name. Gummistiefel sind außerhalb des Schuhspekturms. Wir wissen das. Wir kennen uns aus. Unabhängig und neutral. Wir sind die Faktenchecker.“

Sie können sich vorstellen, dass es mir nach dieser Begebenheit etwas schwerer fiel, jeden Monat meine 18,36 Euro zu bezahlen.

Da bekam ich Silvester 2023 einen Brief vom Clown des Schuhgeschäfts, Lars Böhmerwald. Der Inhalt war die Krönung der Kundenverachtung: „Frohes neues Jahr, liebe Faschotrolle, Stiefel-Schwachmatiker und Gummi-Erektionskünstler!“

Schon aus Gründen der Selbstachtung beschwerte ich mich wieder beim Chef des Schuhgeschäfts.
Doch der Chef antwortete lapidar: „Selbst schuld, wenn Sie sich von diesen Schimpfwörtern angesprochen fühlen. Dann muss ja was Wahres dran sein. Und außerdem ist das unser Grundgesetz: Wo das Böse unterwegs ist, das wir definieren, ist uns Guten alles erlaubt.“

Ich überlegte kurz, ob ich juristisch gegen Böhmerwald vorgehen soll. Aber der Rechtsweg hat den Haken, dass ich meine Rechtskosten selber zahlen muss, während das Schuhgeschäft großzügig alle Rechtskosten von Böhmerwald übernimmt. Auch was nettes, wenn man die Rechtskosten seiner Gegner mit den Zwangsgebühren selber bezahlen muss.

Sie können sich vorstellen, mit welcher Faust in der Tasche ich seit diesen Begebenheiten meine 18,36 Euro jeden Monat an das Schuhgeschäft abdrücke.

Ich bin froh, dass es seit einigen Jahren eine Pro-Gummistiefel-Gruppe in unserer Stadt gibt, die die Zwangsgebühren für das Schuhgeschäft abschaffen möchte. Das Motto lautet: „Für ein gesundes Selbstwertgefühl. Gegen zwangsfinanzierte Verachtung und Beschimpfung von Gummistiefel-Käufern!“ Klasse, wenn die Zivilgesellschaft gegen Machtmissbrauch aufsteht. Die Demokratie in meiner Stadt scheint zumindest in Ansätzen noch zu funktionieren.

Die Mitarbeiter des Schuhgeschäfts drehen natürlich am Rad, sowie sie etwas von der neuen Partei hören. Sie hetzen jetzt noch mehr gegen alles, was auch nur im Entferntesten an Gummistiefel erinnert. Irgendwie logisch: Frösche sind extrem befangen, wenn es um die Trockenlegung ihres Teiches geht. Sie proklamieren immer und überall: „Für einen freien Stöckelschuhverkauf. Gegen Faschos. Für die Demokratieabgabe.“ Wer die Sache durchschaut, findet solche Kampagnen lustiger als alles, was der Möchtegern-Schuhclown Böhmerwald macht.

Einige sagen, dass das Schuhgeschäft mit seinem Gebaren zum wichtigsten Wahlhelfer für die Gummistiefel-Gruppierung geworden ist.

P.S.: Anstoß für dieses Gleichnis gaben mir die Neujahrsgrüße von Jan Böhmermann auf X: „Frohes neues Jahr, liebe Faschotrolle, Elon-Cucks und Russlandfluffer.“ Ich wusste natürlich nicht, was Fluffer sind. Aber Google klärte mich auf. Der ÖRR, der Böhmernann höher dotiert als Deutschland den Bundeskanzler, ist – in Anlehnung an Jörg Thadeuszs Aussage zu Böhmermann – in der Gosse zuhause und unreformierbar.

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Kommentare ( 22 )

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BK
11 Monate her

Die Rundfunksteuer von 220,32 ist in der Einkommensteuererklärung anzugeben und steuerlich geltend zu machen. Selbst wenn man keinen Bankeinzug erteilt hat, wird abgebucht und kein Finanzamt ist in der Lage, den Steuerpflichtigen über die Möglichkeit einer Abbestellung zu informieren. In diesem Falle handelt es sich also um eine Steuer und nicht um einen Beitrag. Beiträge können nur von Vereinen erhoben werden. Dies setzt eine Mitgliedschaft voraus, die unter Einhaltung von Kündigungsfristen beendet werden kann.

Peisistratos
11 Monate her

Bis zur Lektüre dieses Beitrags wusste ich auch nicht, was „Fluffer“ so machen. Insofern ist der ÖRR seinem „Bildungsauftrag“ doch wieder vollumfänglich nachgekommen. Oder etwa nicht…? ¯\_(ツ)_/¯

Last edited 11 Monate her by Peisistratos
achijah
11 Monate her
Antworten an  Peisistratos

Ich bin sicher, dass Sie ohne Fluffer und ohne den Bildungsauftrag des ÖRR besser und gebildeter durchs Leben kommen 🙂

Lehrer sind auch nur Menschen
11 Monate her

Sie haben vergessen, dass das Schuhgeschäft die Zwangsgebühren noch ständig erhöhen will und der Stadtrat das unterstützt… Aber mal ehrlich, ich verstehe nicht, wieso all die Initiativen wie ausGEZahlt etc. zu nichts geführt haben… waren diese Initiativen am Ende unterwandert, um Protest zu sammeln und die Ausweglosigkeit des Widerstands gegen die Zwangsgebühren zu zeigen….

Biskaborn
11 Monate her

Wunderbares Gleichnis!

Manfred_Hbg
11 Monate her

Also ich weiß ja nicht wie es Ihnen beim lesen des Artikels ergangen ist, aber zumindest ich habe mich mehrmals gefragt, ob die Schilderung nun Satire oder ernsthaft gemeint ist?

Wenn ich das nächste mal einen Schuh-Laden betreten werde, dann werde ich mit Blick auf die Verkäufer auf jeden Fall ab sofort vorsicht und achtsam sein.

Manfred_Hbg
11 Monate her

Also ich weiß ja nicht wie es Ihnen beim lesen des Artikels ergangen ist, aber zumindest ich habe mich mehrmals gefragt, ob die Schilderung nun Satire oder ernsthaft gemeint ist?

Wenn ich das nävhste mal einen Schuh-Laden betreten werde, dann werde ich mit Blick auf die Verkäufer auf jeden Fall ab sofort vorsicht und achtsam sein.

ReneKall
11 Monate her

Sehr schönes Gleichnis und ja dieser Staatsfunk ist nicht reformierbar und muss weg.
Die haben sowas von Fracksausen vor den kommenden Wahlen. Falls die AfD in Thüringen wirklich die Regierung stellt und dann den Rundfunkstaarsvertrag kündigen sollte, kommt das ganze Konstrukt ins Wanken. Man kann sich also in den kommenden Monaten auf noch größere Hysterie einstellen.

Thorsten Lehr
11 Monate her

? Persönlich verweigere ich die sogenannte ˋDemokratieabgabe ´ seit 2015 und rege mich auch nicht mehr über den ÖRR auf. Es geht, man/inn muss nur wollen. ?

Freiheit fuer Argumente
11 Monate her

Das Gleichnis lässt sich auch auf Marktkontrolle der Kartellparteien im Allgemeinen lesen.

Zeigt wunderbar, welchen Schaden Monopole und Planwirtschaft anrichten.

Jeder Unternehmer, der sich nur ansatzweise so mit seinen Wetbewerbern abstimmen würde, wie die Kartellparteien es tun, um ihre Konkurrenz aus dem Markt zu drängen, würde auf Jahre hinter Gittern landen.

Manfred_Hbg
11 Monate her

Also ich weiß ja nicht wie es Ihnen beim lesen des Artikels ergangen ist, aber zumindest ich habe mich mehrmals gefragt, ob die Schilderung nun Satire oder ernsthaft gemeint ist?

Wenn ich das nävhste mal einen Schuh-Laden betreten werde, dann werde ich mit Blick auf die Verkäufer auf jeden Fall ab sofort vorsicht und achtsam sein.