Klosterglocken als bester Katastrophenschutz im High-Tech-Land Deutschland

Die Sturmglocken vom Kloster in Beyenburg in der Katastrophennacht sind ein Symbol für den ambivalenten Zustand unseres Landes: Zwischen großartigem Engagement und Irrwitz.

IMAGO / INSADCO

Das Dorf Beyenburg bei Wuppertal ist nah am Wasser gebaut, an Wupper und Beyenburger Stausee. Normalerweise ist das sehr idyllisch, bei Hochwasser aber eher höllisch.

In der Flutnacht am 14.7.2021 schweigen die Sirenen des Katastrophenschutzes; es schweigt auch der WDR zur sich anbahnenden Katastrophe. Nur Bruder Dirk vom Kloster läutet die Sturmglocken für Beyenburg. Katastrophenschutz wie vor 1.000 Jahren.

Doch immerhin: Einige Menschen werden hellwach durch die Sturmglocken, können sich selber mit sieben Sachen auf die Schnelle in Sicherheit bringen. Die Sturmglocken vom Kloster in Beyenburg sind für mich ein Symbol für unser Land:

Da sind viele tolle Menschen, die in der Not vorbildlich das tun, was in ihrer Macht steht. Und die dabei auf die Kraft bewährter Institutionen zurückgreifen. Vom Nachbarn, der dem behinderten Senior noch schnell das Auto in Sicherheit fährt, über die Bundeswehr bis hin zum beeindruckenden Einsatz der Kirchengemeinde, die den Helfern nicht nur von Feuerwehr und THW und Notfallseelsorge im Gemeindehaus Essen und sanitäre Einrichtungen und Schlafgelegenheiten anbietet. Was für eine beeindruckende Welle an Hilfs- und Spendenbereitschaft. Wie Bruder Dirk, der nah dran am Leben mit seinem Beitrag das tut, was in seiner Macht steht. Hut ab!

Doch auf der anderen Seite steht die Sturmglocke vom Kloster Beyenburg auch für die Schattenseite unseres Landes:

Wir wollen die Welt retten, und sind bei eigener Not auf mittelalterliche Sturmglocken angewiesen.
Wir wollen die „große Transformation“, und haben noch nicht einmal die kleine Information, wenn es drauf ankommt.
Wir sagen mit exakter Anmaßung das Wetter für das Jahr 2100 voraus, und können noch nicht einmal recht prognostizieren oder kommunizieren, dass in 24 Stunden eine Extremwetterlage bevorsteht, die unbedingt Evakuierungen nötig macht.

Viele Menschen allen Alters haben das mit ihrem Leben bezahlen müssen. Es ist so traurig.

Die Sturmglocken vom Kloster in Beyenburg in der Katastrophennacht sind für mich ein Symbol für den ambivalenten Zustand unseres Landes: Zwischen großartigem Engagement und Irrwitz.

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Kommentare ( 45 )

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Moses
2 Jahre her

Es ist eine schon alte Wahrheit, dass die, die Welt retten wollen, haben keine Lust, sich mit den tatsächlichen Problemen von den umgebenden Menschen zu beschäftigen.

StefanH
2 Jahre her

Das war zu meiner Kindheit und Jugend in Deutschland nicht anders. Da wurde monatlich ABC-Alarm geübt. Etc. Dazu noch alle Nasenlang ein Überschallknall von einem Starfighter, der mal wieder vorbeiflog und die Wände wackeln ließ. Hierzulande verlässt man sich auf elektronische Medien + Flurfunk, was allerdings bei einem gewissen – wenn auch kleinen – Bevölkerungsanteil immer noch nicht so ganz ankommt. Dahin müssen dann Polizei und Feuerwehr ausrücken, wenn es ernst wird. Ab Alarmstufe Gelb ist der Schulbesuch freiwillig, weswegen die Kids immer als erste gucken, gar nicht so schlechte Idee, hihi … Im Moment haben wir gerade Gelb. Wenn… Mehr

Kraichgau
2 Jahre her
Antworten an  StefanH

ich kann mich an die Starstürzer auch noch sehr eindrücklich erinnern 🙂 1982 ist einer in einem Nachbardorf runtergekommen…
stimmt,früher hiess es ABC-Alarm,aber mittlerweile ist es vorwiegend ein Test,ob die Infrastruktur noch funktioniert und auch ich bezweifle,ob die meisten die Bedeutung der Sirenensignale noch verstehen…
wir hier hatten auch satte vier Wochen Dauerregen wie in RLP und NRW,allerdings wurde,muss man erwaehnen,nach dem letzten fatalen Blitzhochwasser eines benachbarten Dorfbaches ein Auffangbecken angelegt,das so üb erdimensioniert ist,da müsste schon ein Monsun kommen,um es zu überfüllen

Delfina64
2 Jahre her

Schönes Wortspiel – die große Transformation wollen und noch nicht mal die kleine Information haben, wenn es drauf ankommt….

F.Peter
2 Jahre her

Von der Sorte Mensch „Bruder Dirk“ braucht dieses Land noch sehr viele mehr, auch die sogenannten christlichen Kirchen!
Was Bruder Dirk hier gezeigt hat, ist nichts weiter als gelebte Eigenverantwortung – und in diesem Fall auch Verantwortung für andere zu übernehmen!
Beides Eigenschaften, die in dieser Gesellschaft, insbesondere bei den sogenannten Eliten aller Coleur, abhanden gekommen sind!

Deutscher
2 Jahre her

Tja. Offenbar funktionieren Dinge um so besser, je weiter sie von staatlich-politischen Eingriffen weg sind. Heute mehr denn je.

Als Hausmeister einer Schule mit Schwimmbad musste ich folgende Lektion lernen:
Kam das Gesundheitsamt zur Kontrolle, musste man in der Schwimmhalle Plastiküberschuhe tragen, um eine Kontamination des Bodens durch Straßenschuhe zu vermeiden.
Kam dieser andere Verband (ich habe den Namen vergessen, aber es ging um Arbeitssicherheit an Schulen) zur Kontrolle, durfte man die Plastiküberschuhe nicht tragen, weil man sich beim Überziehen die Hände an den Straßenschuhen kontaminiert und damit dann die Türgriffe.

Last edited 2 Jahre her by Deutscher
Silverager
2 Jahre her

Sollten wir nicht überall in Gebieten, wo es zu Katastrophen kommen kann, Türme mit Sturmglocken aufstellen – mit einem Bruder als Wächter?
Die althergebrachten Dinge funktionieren offensichtlich hervorragend – im Gegensatz zum „modernen“ staatlichen Katastrophenschutz.

s.Braun
2 Jahre her

Man sollte sich doch lieber auf die altbewährte Sirene verlassen, anstatt auf “ Warn Apps “ ! Manchmal ist das „altbackene“ doch besser als das High Tec, vor Allem wenn es um Leib und Leben geht ! Zur Not gehen auch Glocken wie man sieht .

h.milde
2 Jahre her

Sehr geehrter Herr Pfarrer Zorn. Es ist schön, wenn es noch iwSdW, Gottesmänner und Frauen gibt, die noch in Gottes Sinn(?) aktiv sind. Im Gegensatz zu den staatskonkordanten Amts-GeschäftsKirchen, inklusive dem hauptamtierenden „Papst“ in Rom, die Menschrechtsverletzungen und NGO-Polit-Kriminaliät nicht nur schweigend billigen, sondern mM auch aktiv unterstützen.

santacroce
2 Jahre her

Der Fortschritt ist häufig gar keiner. Telefon funktionierte bei uns immer, auch bei Stromausfall, es gab eine eigene Niederspannungsstromversorgung. Heute habe ich eine Fritzbox und die funktioniert nur mit Strom, fällt dieser aus, ist alles tot. Mobiltelefon funktioniert, aber wenn die Sendemasten keinen Strom mehr haben, ist es auch tot. Sirenen hatten früher Handkurbel, funktionierten mit und ohne Strom, heute? Politiker hatten früher auch Hirn, aber was hier seit 16 Jahren abgeht, ist nur noch zum Verzweifeln… Und dann noch was, ist mir so am Rande aufgefallen, wer hat denn geholfen bei der Flutkatastrophe? Behörden? Organisationen mit direkter Zuständigkeit? Oder… Mehr

Auswanderer
2 Jahre her
Antworten an  santacroce

Die Hilfsorganisationen bestehen doch fast nur aus alten und jungen weissen m/w/d! Daher haben wir auch viel zu wenig Reserven in diesem bunten Land! Und der normale Michel, der vom Staat geknechtet wird fragt im Notfall auch nicht, wer hilft, der packt an!

Britsch
2 Jahre her

Auch hier fällt mir spontan ein, was wäre wenn der Strom für längere Zeit ausfällt.
Alles ist mit elektrischem Strom betrieben.
Das sollte man sich mal realistich überlegen.
Bei länger keinem Strom, wäöre da ein Überleben für uns in Deutschland überhaupt möglich?

F.Peter
2 Jahre her
Antworten an  Britsch

Ja, wenn die Glocken wie früher mit einem Seil bedient werden…….

Auswanderer
2 Jahre her
Antworten an  Britsch

Das werden wir in recht naher Zukunft erleben, wenn die linksgrünen die ersten Kohlekraftwerke abschalten. Ich hoffe nur, dass die Krankenhäuser genug Diesel gelagert haben für die Notstromaggregate!

josefine
2 Jahre her
Antworten an  Britsch

Nicht mal Kaffeekochen funktioniert ohne Strom.