Rund 800.000 bereits genehmigte Wohnungen konnten in Deutschland nicht gebaut werden, weil Bürokratie und explodierende Kosten den Bau verhindern. Jetzt kommt durch die größte Opposition im Bundestag heraus: Bund und Länder verfügen bestenfalls lückenhaft oder gar nicht über Daten zur Bautätigkeit und die damit verbundenen Probleme.
picture alliance / dts-Agentur | -
Die schwarz-rote Koalition von CDU-Kanzler Friedrich Merz beklagt gern die negative Sicht auf Deutschlands Lage, wo sich doch die Regierenden so viel Mühe mit ihren Vorhaben geben. Allerdings bleibt der versprochene Aufschwung durch einen vermeintlichen Politikwechsel bei Bürgern wie Wirtschaft komplett aus – die Opposition nennt das: gebrochene Wahlversprechen.
Es fällt Beobachtern in der Tat schwer, in der Regierungstätigkeit überhaupt positive Effekte zu finden, darüber kann auch das nach zweimonatigem Koalitionsstreit beschlossene Rentenpaket nicht hinwegtäuschen.
Ob in der Automobilwirtschaft, in der Chemie- und Stahlindustrie, im Energiesektor oder der Gesundheitsbranche – im Wohnungsbau sieht es ebenfalls finster aus, da helfen auch keine rosarote Brillen vor Politikeraugen.
Die unglaubliche Zahl von rund 800.000 nicht gebauten, aber bereits genehmigten Wohnungen in Deutschland, so der Stand für die Jahre 2024/2025, offenbart auch eine massive Krise in der Bauwirtschaft. Denn es wurden seit Jahrzehnten Schienen, Straßen und Brücken nicht nur nicht saniert, sondern durch die regierende Politik regelrecht dem Verfall freigegeben. Selbst das Wohnen zählt in Deutschland inzwischen zur Mangelwirtschaft, über die der Westen sich vor 35 Jahren zu Zeiten des Sozialismus im Osten lustig gemacht hatte – willkommen im Klub!
Es klingt schon wie Realsatire, wenn die unbekannte Bundesbauministerin Verena Hubertz (SPD) sich im Bundestag geradezu freut: „Der Bauüberhang ist eine tolle Reserve, denn wir haben über 800.000 Baugenehmigungen, wo in großen Teilen der Bau einfach noch nicht begonnen wurde.“ Warum wohl?
Viele Baugenehmigungen verfallen, weil extrem gestiegene Kosten, Bürokratie, Fachkräftemangel und Zinssteigerungen den Bau verhindern. Die Folge: Die Wohnungsnot verschärft sich, weil Deutschland im Bausektor voll im Stau steht. Es passiert nichts, wie fast überall, wenn Brücken einbrechen oder gesperrt werden müssen.
Die sogenannten „Bauüberhänge“ sind bereits genehmigte Projekte, die Bauherren nicht angehen können, weil die Baukosten explodieren, Finanzierungen platzen oder die Umweltbürokratie blockiert, obwohl eigentlich ein großer Bedarf an neuem Wohnraum besteht, wie der Städtetag stetig mahnt.
Ein Versuch zu bauen, ohne Daten, aber mit viel Bürokratie
Hinzu kommt: Die Regierenden versprechen seit Jahrzehnten, wie die jetzige schwarz-rote Koalition von CDU-Kanzler Merz, einen Bürokratieabbau, während sie gleichzeitig immer mehr Bürokratie aufbauen und neue Vorschriften erlassen.
Bürokratie ist der Feind der Bauwirtschaft. Denn viel zu lange Genehmigungsverfahren, hohe und immer neue Anforderungen bremsen den Baufortschritt. Steigende Zinsen erschweren die Finanzierung für Bauherren und Käufer. Fehlende Förderungen oder wankelmütige politische Entscheidungen verursachen Unsicherheit in der Baubranche.
Das Ergebnis: Es wird zwar viel geplant, aber nichts gebaut.
Die größte Opposition im Bundestag bleibt nicht unwissend und untätig, wie gern behauptet wird, sondern analysiert die Zustände des wirtschaftlichen Niedergangs und entwickelt Konzepte dagegen – auch das wird regelmäßig bestritten.
So kritisiert der niedersächsische Bundestagsabgeordnete Olaf Hilmer (AfD) mit einem Dossier, das Tichys Einblick exklusiv vorliegt, die Bundesregierung dafür, dass Deutschland bis heute nur über eine lückenhafte und unzureichende Datengrundlage zur realen Bauland- und Bautätigkeit verfügt. Es sei weder klar erfasst, wo tatsächlich gebaut werden könnte, noch, aus welchen Gründen Vorhaben scheitern oder wie viele Grundstücke trotz bestehendem Baurecht ungenutzt bleiben.
Zudem hätten sich laut Hilmers Datenanalyse die Baulandpreise seit 2015 nahezu verdoppelt. Baugenehmigungen seien 2024 um 17 Prozent gesunken, die Baukosten seit 2020 hingegen um 40 bis 50 Prozent je nach Lage gestiegen, allein 2025 um 3,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Das sind aber nur öffentlich greifbare Daten. Wohnungsbauexperte Hilmer hat hier jedoch gleich zehn strukturelle wie folgenreiche Lücken in der Bau- und Wohnpolitik aufgedeckt, weil keine Statistiken und Meldepflichten vorhanden seien. Wie viel real bebaubares Bauland ohne Blockaden tatsächlich nutzbar ist, darüber gebe es beispielsweise keine Statistik. Welche Baugebiete an Naturschutz oder Eigentum scheitern, dazu fehle eine lokale Erfassung.
Warum bleiben Flächen mit Baurecht leer: wegen Spekulation oder Kosten? Es gibt keine Erfassung, ebenso wie unklar bleibt, warum und wie viele genehmigte Vorhaben aufgegeben werden.
Auch zu steigenden Bürokratiekosten durch Auflagen oder Genehmigungen existiere keine Erhebung. Wie lange dauert in Deutschland ein Bauprozess vom Antrag bis zur Fertigstellung? Das wird nicht dokumentiert. Selbst zur Aufgabe aus wirtschaftlichen Gründen, also wie viele Projekte an Zinsen, Kosten oder Bürokratie scheitern, finden sich keine Daten.
Das Analyse-Dossier kommt zum Schluss: „Diese Lücken sind systemisch. Bund, Länder und Kommunen planen blind.“ Eine Verbesserung der Baulage brauche neue Gesetze und Digitalisierung.
Olaf Hilmer folgert daraus: „Deutschland kann seine Wohnungsnot nicht lösen, solange der Staat mit unvollständigen Daten arbeitet.“ Die verantwortliche Politik arbeite mit Datenlücken, die ein realistisches Bild der Lage verhindern. „Das ist ein strukturelles Versagen der Bundesregierung“, so Hilmer.
Sein Fazit ist klar: „Der Staat verfügt über Daten, aber nicht über die richtigen. Die entscheidenden Informationen fehlen. So entsteht keine verlässliche Wohnungsbaupolitik.“ Deswegen brauche Deutschland dringend ein vollständiges, überprüfbares Bild der Bautätigkeit und des Wohnbaupotentials. „Erst auf dieser Grundlage lassen sich politische Entscheidungen treffen, die den Bürgern wirklich helfen.“


Sie müssenangemeldet sein um einen Kommentar oder eine Antwort schreiben zu können
Bitte loggen Sie sich ein
In meiner derzeitigen Wohngemeinde steht vor zwei Grundstücken jeweils eine grosse Tafel mit der Ankündigung, hier entsteht ein Mehrfamilienhaus. Mehr tut sich seit der Aufstellung der Tafeln vor drei Jahren nicht.
Nein, DOCH! OH!
All das wird doch schon seit JAHREN hier im Kommentarbereich geschrieben! Unter den Bedingungen die in dieser Irrenanstalt herrschen baut KEIN Normalo!
Aber gut das gleiche gilt für alles andere auch das Land wird systematisch ZERSTÖRT!
Für mich hört sich das nach noch viel mehr Bürokratie an. Wer liefert, wer erfasst die Daten, wer pflegt die Datenbank, wer interpretiert das ganze. Und was soll das Alles kosten. Hundert neue Planstellen kommen da schnell zusammen. Und helfen wird das natürlich gar nichts, weil Energy Efficiency of Buildings Directive, 16 Landesbauordnungen und Gitarrenlehrer als Kreuzberger Bauverhinderungs Stadtrat verschwinden durch mehr Daten ja nicht.