Der Spekulant als Motor des Fortschritts

Lassen Sie uns nicht die Spekulation verteufeln. Lassen Sie uns stattdessen deren offensichtliche Exzesse begrenzen und ansonsten die Spekulation ihre Arbeit machen. Damit die Mittel und Energien der Welt auf Fortschritt und Innovation gerichtet werden.

Sie sind ein „Spekulant“? Sie kaufen Dinge, nur um Sie später zu einem höheren Preis weiter zu verkaufen?

Dann sind Sie „böse“ und „zerstörerisch“ und alles andere als „nachhaltig“. Sie sind sozusagen eine „Zecke“ am „politisch korrekten Volkskörper“. So wie ich. 😉

Ihnen dürfte nun schnell klar sein, dass dieser Artikel damit nicht endet und obige Zeilen eher eine sarkastische Provokation sind, denn es gibt genügend Menschen, die so denken. Es ist eben eine der fatalen Lebenslügen unserer Gesellschaft, dass Spekulation per se etwas Böses und Zerstörerisches sei. Und dass diese unbedingt eingegrenzt, reguliert und verhindert werden muss.

Gegen diesen Konsens etwas zu sagen oder zu schreiben, hat schon fast den Charakter einer Gotteslästerung. Man kommt sozusagen wie Galileo Galilei vor die gesellschaftliche Inquisition und muss öffentlich Abbitte leisten, wenn man sich nicht Beschimpfungen und Schlimmerem aussetzen will.

Leider kann ich nicht anders und muss um der Wahrheit willen einfach rufen: „Und die Spekulation ist doch wichtig!“. Im Mittelalter war der Konsens auch mal, dass alte, weise Kräuterfrauen „Hexen“ seien, die man verbrennen müsste. Der gesellschaftliche Konsens hat also nicht immer Recht. 😉

Erschwert wird eine sinnvolle Argumentation leider durch das Gebaren, das manchmal durch testosteron-gesteuerte „Jünglinge“ in den Handelsräumen grosser Finanzinstitutionen dieser Welt an den Tag gelegt wird. Aber alles Gute, kennt auch seine Auswüchse, die mit dem ursprünglichen Kerngedanken nichts mehr zu tun haben und diesen verzerren. Ein Widerspruch zur Regel ist die exzessive Ausnahme eben nicht.

Die Spekulation und die schöpferische Zerstörung

Tatsache ist aber, dass die Spekulation per se eine der wichtigsten zivilisatorischen Errungenschaften ist, ohne die unsere moderne Gesellschaft nicht existieren könnte. Warum das so ist, werde ich hier ausführen.

Und nur, weil es übertriebene Auswüchse gibt, ist nicht Spekulation per se schlecht. Spekulation ist die Wette auf einen Gewinn in der Zukunft, die man mit Risiko in der Gegenwart eingeht. Der Unterschied zwischen einer Investition und einer Spekulation ist eben, dass man bei der Investition schon weiß, was man kauft, weil es schon existiert oder es zumindest absehbar ist. Spekuliert wird dagegen auf die (noch völlig offene) Zukunft.

Auch Elon Musks Tesla oder SpaceX ist Spekulation pur und zwar im besten Sinne. Und wenn ein grosser Konzern Millionen in ein aussichtsreiches Medikament investiert, ist auch das Spekulation – hohes Risiko, keinerlei Gewissheit über den Ausgang, inklusive einer grossen Chance des Scheiterns. Aber auch unermesslicher Gewinn und eine Veränderung der Welt, wenn es gelingt.

Und ohne den „Spekulanten“, der auf Leute wie Elon Musk setzt und ihnen damit Kapital und Rückenwind verschafft, könnten diese nie erfolgreich sein. Und dafür braucht es zwingend einen Markt für Unternehmensbeteiligungen, auch „Börse“ genannt.

Es sind eben die Kräfte der Schöpferischen Zerstörung im Schumpeterschen Sinne, die den Fortschritt bringen. Erst durch die Kraft der Zerstörung kommt oft der Wandel, auf dem Besseres gedeihen kann. Ohne die Zerstörung, beginnt die Welt langsam wie in Bernstein zu erstarren.

Was konservativ mit konservieren zu tun hat

Und da sind wir auch bei einem sehr wichtigen Punkt. Denn hinter der Ablehnung der Spekulation, steht oft eine weit tiefer gehende, soziokulturelle Denkstruktur bei den Menschen. Es ist kein Zufall, dass sich Menschen, die die Welt und Natur fast ausschließlich statisch im Sinne des Wortes „bewahren“ betrachten, besonders oft kritisch zur Spekulation äußern und diese vehement ablehnen. Und zwar der Kirchenmann auf der Kanzel ebenso, wie der Öko-Aktivist mit dem Megaphon in der Hand, obwohl die beiden sonst in der Regel nicht viel gemein haben.

Der Begriff des konservativen Denkens ist dafür genau zutreffend. Wer primär bewahren will und erhalten und Veränderung vermeidet, denkt konservativ. Er ist es aber nicht notwendigerweise im politischen Sinne, denkt aber so im eigentlichen Sinn des Wortes. Er/Sie „konserviert“ die Gegenwart. Um das vom politischen Begriff „konservativ“ abzugrenzen, nennt man diese Denkstrukturen auch „strukturkonservativ“.

Besonders witzig ist in diesem Zusammenhang, dass dieses strukturkonservative Gedankengut gerade auch im „linken“ politischen Umfeld zu finden ist. Dort wo man schnell bei der Hand ist, jeden fußlahmen Wirtschafts-Dinosaurier mit Steuergeld zu „retten“ und gerne alte, unwirtschaftliche Strukturen um jeden Preis erhält. Strukturkonservatives Denken, findet sich eben in allen politischen Lagern.

Dahinter steht eine Lebensphilosophie, die die Welt eher statisch bewahren will und den Wandel eher als Bedrohung empfindet. Das ist auch verständlich und will ich gar nicht kritisieren, wir Menschen sind ja auch wie Nussschalen auf dem großen welligen Ozean des Lebens und unser Leben ist in weiten Teilen davon geprägt, diese Unsicherheiten irgendwie beherrschbar zu machen. Es ist unser Überlebenswille, der uns von einer Welt wie einem Schrebergarten träumen lässt, in der alles seinen Platz hat, schön anzuschauen ist und keine Überraschungen drohen. Genau das ist „strukturkonservativ“ und menschlich sehr verständlich.
Und es ist ja auch vieles „bewahrenswert“ und ich bin der Letzte, der das nicht so sieht. Nur weil etwas „neu“ ist, ist es nicht besser. Nur vergisst eine zu einseitige Sicht auf das „Bewahren“, dass die Welt auch den Wandel braucht, um voran zu schreiten.

Dummerweise ist es genau dieser gefürchtete Wandel und die permanente, damit einhergehende Zerstörung, die wesentlich daran mitwirkt hat, dass diese herrliche und bewundernswerte Natur um uns herum, überhaupt erst hervorgebracht wurde! Und ohne die schöpferische Zerstörung, wäre die Menschheit auch nicht existent und die Welt noch von Dinosauriern bevölkert.

Nur gut, dass damals niemand da war, der die Dinosaurier vor dem Aussterben geschützt hat, ich würde heute hier wohl nicht schreiben. Nein genau genommen, wäre das Leben noch nicht einmal aus dem Urmeer gekrochen. Wozu denn auch, ist doch unter Wasser auch schön? Muss man denn alles machen, nur weil man es machen kann? 😉

Schöpferische Zerstörung am Werk

Ich hatte in diesem Zusammenhang ein eindrückliches Erlebnis vor gut 30 Jahren. Ich war im Raum Tübingen vor dem Albtrauf und in der Nähe im Raum Mössingen, kam auf einer Breite von ca. einem Kilometer der Albtrauf in Form eines Bergrutsches herunter. Alle Bäume vernichtet und alles nur Staub und Dreck und Steine. Lesen Sie hier vom Bergrutsch bei Mössingen.

Es war damals die Zeit der Panik vor dem „Sauren Regen“ und dem „Waldsterben“ und entsprechend waren die Reaktionen. Untergangsszenarien wurden alarmistisch gemalt, nach denen bald die ganze Schwäbische Alb so aussehen würde, wenn wir jetzt nicht dringend „einhalten würden“ usw. usw.

Die Jahre vergingen und die Natur ergriff wieder Besitz von der Brachfläche. Und bald danach kamen Naturfreunde dort vorbei und stellten das einzige ausseralpine Vorkommen von dieser Pflanze und jenem Insekt dort fest. Und der Bergrutsch wurde 1988 Naturschutzgebiet. Und ist ein Kleinod der Natur geworden, über den ich mich lange gefreut habe, da Natur für mich etwas Wildes, Bewegtes und Lebendes ist und eben kein gepflegter Garten, der immerdar gleichbleibt.

Was hatte der Bergsturz also bewirkt? Er hat eine künstliche Monokultur hinweggefegt und damit erst den Boden für all die seltenen Arten geschaffen, die dort dann siedeln konnten. Die Vernichtung hat also erst den Fortschritt bewirkt. Schöpferische Zerstörung im besten Schumpeterschen Sinne.

Mittlerweile sind viele dieser seltenen Arten übrigens wieder verschwunden und ich frage Sie: Warum wohl? Wegen der Zerstörung wohl nicht, oder?
Ich könnte endlos solche Beispiele bringen und am Ende ist die Botschaft gleich: die Natur ist kein Schrebergarten im Bernsteinglas, in dem alles seinen festen Platz hat und auf keinen Fall verändert werden darf.

Die Natur und die Welt ist gewaltig, brutal, immer im Wandel und voller Überraschungen und Wunder. Sie kann die ganze Menschheit in genau 5 Minuten von jetzt vernichten, weil genau dann uns ein Gammablitz von einer Supernova in unserer näheren Sternumgebung erreicht, der derzeit schon unwiderruflich mit Lichtgeschwindigkeit unterwegs ist und daher keine Vorwarnzeit hat. Sie kann aus der Antarktis einen Tropenwald machen und in Italien eine Eiswüste erzeugen, weil sie beliebt am kommenden Sonntag den 11.09. die Erdachse zu kippen, wie sie es schon oft so gerne gemacht hat.

Und am Ende schafft die Natur so den Raum, auf dem sich Neues entwickeln kann. Ohne diese Mechanismen wäre die Menschheit nicht existent und das Leben wäre nicht einmal aus den Ozeanen gekrochen. Und es gäbe für „Baumwächter“ nichts zu bewachen. Das ist die Natur. Ihre Vielfalt und grandiose Schönheit entsteht aus dem Wandel und der schöpferischen Zerstörung. Stillstand ist dagegen völlig „unnatürlich“.

Ohne Markt keine Arbeitsteilung und ohne Arbeitsteilung keine Zivilisation

Und was hat das mit der Spekulation zu tun? Ganz viel. Denn die Spekulation ist nichts weiter als die zivilisatorische Triebfeder dieses wichtigen Prinzips der schöpferischen Zerstörung, mit dem sich der Fortschritt Bahn bricht. Denn nach der natürlichen Evolution, hat mit dem Auftreten des Menschen auch eine gesellschaftliche und wissenschaftliche Evolution begonnen, die letztlich zu unserer mehr oder weniger „modernen“ Zivilisation geführt hat. Und die Triebfeder dieser zivilisatorischen Entwicklung waren unter anderem entscheidende Erfindungen wie das Geld, der Markt und das alles angetrieben von der schöpferischen Kraft dessen, was man „Spekulation“ nennt. Dem gestalterischen Versuch nämlich, sich in der Zukunft einen Vorteil zu verschaffen, in dem man in der Gegenwart Risiken eingeht.

Denn bitte bedenken Sie. Eine der wichtigsten Grundlagen unserer zivilisatorischen Entwicklung und der Entstehung von Musik, Theater, Wissenschaft usw. usw. ist die Arbeitsteilung. Erst die Arbeitsteilung hat ermöglicht, dass die Menschen über den täglichen Lebenskampf um Nahrung und Wasser hinausschauen konnten und Zeit und Muße für Kultur und Wissenschaft fanden. Denn erst die Arbeitsteilung ermöglicht uns, uns so zu spezialisieren, dass wir in dem was wir tun, immer besser werden und die Erfindung der Schrift hat dann ermöglicht, das Wissen weiterzugeben.

Wie kann aber die Arbeitsteilung gelingen, wenn der mittelalterliche Bauer, der nun dummerweise seine Ernte wegen der Jahreszeiten im Herbst einfahren muss, seine Rüben nicht gegen eine Wertaufbewahrung eintauschen kann, so dass er damit erst im Frühjahr zum Schneider gehen und sich eine neue Jacke kaufen kann? Diese Wertaufbewahrung ist das Geld. Eine der wichtigsten zivilisatorischen Erfindungen überhaupt.

Aber das Geld alleine reicht nicht. Denn um Geld zu bekommen, muss der Bauer einen Käufer finden und es reicht einfach nicht, immer nur die 2 oder 3 Nachbarn in der Umgebung abzuklappern, die haben vielleicht schon selber Rüben. Also braucht es den Markt, eine weitere entscheidende zivilisatorische Errungenschaft. Denn am Markt werden Käufer und Verkäufer zusammengeführt und so entsteht im freien Spiel von Angebot und Nachfrage ein Preis. Genau der Preis der Rüben im Verhältnis zur Jacke des Schneiders. Und genau deshalb war der Marktplatz der Mittelpunkt der mittelalterlichen Stadt! Das Mittelalter hat den Sinn und die Bedeutung des Marktes besser verstanden, als einige politische Vertreter der Gegenwart. 😉

Ohne den Markt also keine funktionierende Arbeitsteilung. Und ohne Arbeitsteilung keine Zivilisation. Der Markt ist zwingend notwendig. Man kann versuchen diesen Mechanismus durch zentral festgelegte Preise zu ersetzen: das hatten wir schon und nannte man dann Kommunismus bzw. Sozialismus. Der Versuch musste zwangsläufig scheitern, denn Rüben sind in einem schlechten Jahr halt mehr wert als bei guter Ernte. Und wenn man diese Anpassung nicht zulässt, funktioniert die Arbeitsteilung am Ende nicht mehr, weil die Anreize fehlen.

Spekulation als zivilisatorische Triebfeder des Fortschritts

Und hier kommt auch die Spekulation als Triebfeder ins Spiel. Denn der Bauer, der die Marktpreise für Rüben kennt, sinniert nach Möglichkeiten, mehr Geld dafür zu erzielen. Damit er nicht nur sich, sondern auch allen Kindern diese tolle Jacke vom Schneider kaufen kann. Da er den Marktpreis für Rüben nicht steigern kann, muss er sich also um mehr Ernte – um mehr Umsatz – kümmern. Und hat da so eine vage Idee, von einem „Eisendings“, das man von seinem Esel ziehen lässt, um damit schneller den Acker umzupflügen.

Nun geht der Bauer ins Risiko. Er gibt Geld aus und investiert Zeit, die er eigentlich nicht hat und die ihm bei der Ernte fehlt. Er riskiert für diese Idee sogar, dass seine Familie im Winter nicht genug zum Essen hat, weil er die Ackerarbeit vernachlässigt. Er schert also sozusagen aus dem Gleichmaß der Masse aus. Er geht ins Risiko und „spekuliert“. Und er hat Erfolg. Und erfindet den „Pflug“. Und macht in Folge die höchsten Rübenumsätze des Marktes.

Und andere machen es ihm nach. Und so entsteht ein Überangebot an Rüben, das die Preise fallen lässt und allen Bürgern im Ort mehr Geld und Zeit für andere Dinge lässt. Und den Hunger im Nachbarort verringert, wo der Boden nicht so für Rüben geeignet ist. Die Spekulation des Bauers hat die Welt verändert. Getrieben war sie vom simplen Wunsch „mehr Geld“ zu haben. Und möglich war dieses Streben nur, weil da ein Markt war, der den höheren Output an Rüben dann auch aufnehmen konnte.

Das ist der Sinn der Spekulation und dieses Streben nach „mehr“, diese Wette auf eine Zukunft, führt am Ende zum Fortschritt, auch wenn es ebenso gerne mal in Sackgassen führt. In diesem Sinne hat Michael Douglas als „Gordon Gekko“ also Recht: „Greed is good“ – Gier ist gut!

Der Unterschied zwischen wichtiger Spekulation und Exzessen

Am Beispiel des Bauern kann man auch wunderschön klarmachen, wie verzerrt unsere gesellschaftliche Diskussion zum Thema schon geworden ist. Nehmen wir das leidige Thema der „Spekulation“ mit Agrarerzeugnissen. Machen Sie mal eine Umfrage auf der Strasse und sie bekommen eine 99% Mehrheit für die Aussage: „Das tut man nicht!“

Und nun vergleichen Sie diese instinktive Reaktion, mal mit der obigen Geschichte des Bauers. Es passiert eben schon seit Tausenden von Jahren, das Reis und Getreide und Mais auf Märkten gehandelt werden und so der Preis entsteht. Und damit spekuliert wird. Und auch, dass diese Agrargüter „im Voraus“ verkauft werden, um sich zum Beispiel schon heute den Preis für den Winter zu sichern, ist eine ganz alte Geschichte. Und dass diese Geschäfte mit realen Gütern dann in formalen Konstrukten (Optionen) gebündelt werden, ist nicht nur legitim, sondern auch volkswirtschaftlich sinnvoll.

Spekulation mit Agrarerzeugnissen war nie ein Problem, im Gegenteil, es ist volkswirtschaftlich absolut unverzichtbar, dass die Preise in Jahren schlechter Ernten höher sind, als in guten Jahren und Bauern ihre Güter im Voraus verkaufen und sich so garantierte Abnehmer sichern können! Und auf dem besagten Markt des Mittelalters im Mittelpunkt der Ansiedlung, war der Handel mit Agrargütern die Hauptbeschäftigung.

Das Problem ist in meinen Augen ein ganz Anderes. Wir haben zugelassen, dass man Rohstoffe handeln kann, ohne auch nur im entferntesten die damit eingegangene Lieferverpflichtung erfüllen zu können! Das ist das gleiche Problem, wie wenn Grossbanken an der Comex vielfach höhere Volumen von Gold kaufen und verkaufen, als überhaupt existent sind. Es ist das gleiche Problem, wie ein -> ungedeckter Leerverkauf <- [http://www.mr-market.de/grundlagen-des-shortens-wat-en-dampfmaschin/] (nicht ein Leerverkauf, der ist sinnvoll!) wo Aktien verkauft werden, auf die die Verkäufer gar keinen Zugriff haben und nicht mal sicher wissen, ob Sie Zugang bekommen werden.

Das alles ist in seinem volkswirtschaftlichen Sinn für mich eher fraglich. In einem idealen Markt wäre es zwar immer noch kein Problem, aber den idealen Markt gibt es nicht und wenn Marktteilnehmer mit zu grosser finanzieller Feuerkraft Güter handeln können, die gar nicht existieren und aus heisser Luft „geschöpft“ sind, werden dadurch die realen Preise aus Angebot und Nachfrage gestört und die volkswirtschaftlich wichtige Preisfindung des Marktes verzerrt, statt gefördert.
Statt das zu differenzieren und den Kern des Übels zu erkennen, wird das aber alles mit der gesellschaftlich wichtigen Spekulation pauschal in einen Topf geworfen und so das Kind gleich mit dem Bade ausgeschüttet.

Die Spekulation auf steigende oder fallende Preise aber, ist gesellschaftlich extrem wichtig, sie ist die Triebfeder des Fortschritts. Auch bei Nahrungsmitteln. Wer aber Spekulation ohne die Gefahr zulässt, die dahinter stehenden Verpflichtungen auch einlösen zu müssen, muss sich nicht wundern, wenn das System aus dem Ruder läuft. Da liegt für mich das Problem!

Lassen Sie es mich etwas plakativ formulieren:
Spekulation ist gut! Spekulation mit heisser Luft nicht.

Denn zwischen denen, die den Markt völlig ohne Grenzen laufen lassen wollen und denen, die die Marktkräfte hassen und bekämpfen, gibt es noch eine wichtige Mittelposition. Man nannte das mal „soziale Marktwirtschaft“ und „Ordnungspolitik“, lang lang ist es her. Heute wäre Korporatismus wohl dagegen eine zutreffendere Beschreibung der politisch-wirtschaftlichen Realität in Deutschland.

Der Versuch, sich in der Zukunft im Wertaufbewahrungsmittel „Geld“ einen Vorteil zu verschaffen, in dem man in der Gegenwart Risiken eingeht, ist auf jeden Fall eine wichtige Triebfeder des Fortschritts.

Und niemand weiss bei einer Innovation vorher, ob sie die Welt positiv verändert oder sinnlos ist. Ebenso wenig lässt sich das für die Spekulation sagen. Wenn man die Spekulation nicht mehr zulässt, verhindert man auch all die positiven Veränderungen, die sie bewirkt. Eine Welt ohne Spekulation ist eine Welt ohne Innovation, eine Welt in Bernstein erstarrt.

Ich will darin nicht leben. Es wäre die Hölle. Lassen Sie uns also nicht die Spekulation verteufeln. Lassen Sie uns stattdessen deren offensichtliche Exzesse begrenzen und ansonsten die Spekulation ihre Arbeit machen. Damit die Mittel und Energien der Welt auf Fortschritt und Innovation gerichtet werden. Und sich so am Ende „das Bessere“ durchsetzt. Was immer das ist. Wie in der Natur. Auch die Säugetiere haben sich mal gegen die Dinosaurier durchgesetzt. Unser Schaden war es nicht.

Ihr Michael Schulte (Hari)

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