Rafael Grossi (IAEA): Klimaziele ohne Atomkraft nicht erreichbar

Ein Drittel der »sauberen« Energie (Grossi) weltweit stammt aus nuklearen Quellen, die eine stabile Stromversorgung böten im Gegensatz zu Strom aus Sonne, Wind und Wasser, die nur stark schwankende Energien liefern.

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Rafael Mariano Grossi, director general of the International Atomic Energy Agency (IAEA)

»Atomkraft ist Teil der Lösung.« Das sagt Rafael Grossi, Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) in Wien. Praktisch ausgeschlossen sei das Erreichen der globalen Klimaziele ohne Atomkraft: »Jeder Weg zur Erreichung der im Pariser Abkommen festgelegten 2-Grad-Schwelle ist ohne Atomkraft nahezu unmöglich, wenn nicht unmöglich.«

Grossi nimmt am Weltgesundheitsgipfel 2020, der bis Dienstag in Berlin stattfindet, teil und wollte vor seiner Fahrt noch einmal deutlich machen, wie allein Deutschland mit seiner Politik des Atomstopps weltweit steht.

Der deutsche Atomausstieg sei in Konsequenz und Tempo weltweit praktisch einzigartig und ein Sonderweg. In einem Gespräch mit der Deutschen Presseagentur (dpa) in Wien betonte er, dass der Ausstieg aus der Kernenergie zwar politisch legitim sei, den Deutschland beschlossen habe. Jedoch sei er nicht mit Verweis auf das Klima und das Pariser Zwei-Grad-Ziel wissenschaftlich begründbar: »Die wissenschaftliche Tatsache ist, dass Atomkraftwerke einen extrem geringen Kohlendioxid-Ausstoß verursachen.«

Der Argentinier Grossi ist seit knapp einem Jahr im Amt des Generaldirektors der 1957 gegründeten wissenschaftlich-technischen Organisation zur Förderung der Kernenergie für Frieden, Gesundheit und Wohlstand. Die hat die Aufgabe, weltweit die zivilen Atomprogramme zu überwachen und zu kontrollieren, wie weit der Iran den Atomdeal einhält. Er bekräftigte bereits bei seinem Amtsantritt, wie entscheidend die Nutzung der Kernenergie sei. Weltweit sind laut IAEA 440 Kernkraftwerke in Betrieb und mehr als 50 weitere werden gerade gebaut – die meisten davon in Asien, den USA und Südamerika. Ein Drittel der »sauberen« Energie (Grossi) stammt aus nuklearen Quellen, die eine stabile Stromversorgung böten im Gegensatz zu Strom aus Sonne, Wind und Wasser, die nur stark schwankende Energien liefern.

Grossi verweist regelmäßig auf den weltweiten Ausbau der Atomkraft. Kein Land der Welt folgt Deutschland auf seinem Weg, radikal seine sichere Energieversorgung zu zerstören, Kraftwerke zu kappen und Atomkraftwerke in die Luft zu sprengen. Die 30.000 Windräder in der Landschaft liefern bei Flaute keinen Strom. Da hilft auch keine Verdoppelung der Anzahl.

Ungewöhnlich ist auch die Hoffnung eines Noch-Industrielandes, dass in sonnen- und windarmen Zeiten die Nachbarländer über genügend Strom verfügen, den sie nach Deutschland liefern könnten.

Gefordert ist die IAEA gerade in der Frage, wohin mit den Abwässern des bei einem Tsunami zerstörten Kernkraftwerks Fukushima Daiichi. Dort lagern in rund 1.000 Tanks mehr als 1,23 Millionen Tonnen Abwässer, die für die Kühlung der immer noch Wärme abgebenden Reaktoren benutzt wurden. Betreiber Tepco schätzt, dass spätestens in zwei Jahren der Platz für neue Tanks ausgeht. Seit längerem wird in Japan diskutiert, was mit den kontaminierten Wassermassen geschehen soll: in den Pazifischen Ozean einzuleiten oder neue Lager zu bauen.

Ein IAEA-Expertengremium hatte am Anfang dieses Jahres eine Einleitung der Fukushima-Abwässer ins Meer als weitgehend unbedenklich eingestuft. Das Wasser aus dem Reaktor durchläuft bereits aufwändige Filterstufen, in denen hochradioaktive Isotope zurückgehalten werden. Übrig bleiben Abwässer mit geringeren radioaktiven Inhalten. Mit entsprechenden Sicherheitsstandards, mit regelmäßigen Sicherheitsüberprüfungen und einem umfangreichen Monitoring-Programm sei das laut IAEA unproblematisch. Das kontaminierte Wasser würde sich sehr schnell in den gewaltigen Wassermengen des Pazifiks, die von Natur aus bereits beträchtliche Radioaktivitätsmengen enthalten, verdünnen und kein Risiko für die Umwelt darstellen.


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Kommentare ( 41 )

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41 Comments
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horrex
3 Jahre her

Das einzig Tröstliche ist, dass J E D E R Irrweg ein Ende hat.
Ob Atomausstieg oder die Immigration „Hochqualifizierter“, EU oder das ganze andere wahnsinns Tralala. Die Frage ist nur, zu welchen Kosten bzw wann!!! –
„Oma“ hätte gesagt: Der Krug geht zum Brunnen bis er bricht.
Abder wer kennt schon noch solch uralte Weisheiten?!?!?!
Will sie noch hören!

Schwabenwilli
3 Jahre her

Von Anfang an war klar das eine (noch) ständig steigende Weltbevölkerung mit dem gigantischen Landschaftsverbrauch sogenannter Alternativen Energien Kollidieren wird.

Eberhard
3 Jahre her

…Kein Land der Welt folgt Deutschland auf seinem Weg… Dieser Weg war nur für Merkel und ebenfalls ihrem alternativlosen Beipack notwendig. Schon gar nicht nicht für Deutschland oder die Welt. Notwendig, um trotz einer aus ideologischen Gründen künstlich erzeugte Risikoangst durch Linksgrüne und entsprechendem Medieneinfluss, doch noch eine Wahl zu gewinnen. Er wurde zum Billionen Grab und wird uns noch bis in die ferne Zukunft schaden. Mit noch gar nicht absehbaren finanziellen Belastungen, mit schwindenden kaum auf zu holenden Wissenschaftseinfluss und Wissensverlust, dazu uns große wirtschaftliche Nachteile und letztendlich diverse soziale Verwerfungen bescheren. Er bedeutet eine Sackgasse die wir nur… Mehr

November Man
3 Jahre her

Die Atommüll-Frage ist gelöst. Bereits seit dem 31. Oktober 2016 läuft Block 4 des russischen Kernkraftwerk Beloyarsk im kommerziellen Leistungsbetrieb. Es handelt sich um einen sogenannten Schnellen Reaktor vom Typ BN-800 mit einigen Eigenschaften, die ihn vom Gros der sonst üblichen Leichtwasserreaktoren abheben. Für das amerikanische Kraftwerkstechnikfachmagazins „POWER Magazine“ waren diese Besonderheiten jüngst Grund genug, der noch jungen Anlage die Auszeichnung „Top Plant“ zu vreleihen. Ein wesentlicher Punkt, der zu dieser Entscheidung führte, ist die Fähigkeit des BN-800, nicht nur Uran, sondern auch Plutonium und die übrigen Transurane als Brennstoff zu nutzen. Diese hochradioaktiven und langlebigen Stoffe fallen beim Betrieb… Mehr

Lili Moon
3 Jahre her
Antworten an  November Man

… genau …
auch interessant: http://www.dual-fluid-reaktor.com ….
Und irgendwann finden kluge Menschen sicher heraus, wie die Restenergie komplett aus den Brennstäben gezogen werden kann…
Ich hoffe nur, die verbuddeln aktuell den „Atommüll“ nicht allzu tief – demnächst wird es ein Riesengeschäft, den wieder auszubuddeln …

Deutscher
3 Jahre her

Von mir aus kann man gleich mit Berlin anfangen, es in Wald umzuwandeln. Obwohl – dann kommen die ganzen Bekloppten womöglich noch hierher in den Süden, das will ich dann lieber doch nicht….

Eberhard
3 Jahre her
Antworten an  Deutscher

Wenn die alle zurückgehen, wo sie herkamen, kann es Berlin nur gut tun.

Lizzard04
3 Jahre her

Egal wie unvernünftig oder gar idiotisch die Entscheidungen waren, ob beim Atomausstieg, der „Griechenlandrettung“, der Massenmigration in das deutsche Sozialsystem (die Reihe kann beliebig fortgeführt werden) usw., Merkel in ihrer Alterssturheit wird daran festhalten bis zum jüngsten Gericht. Und keine Stimme der Vernunft, schon gar nicht innerhalb ihrer Partei, wird sie umstimmen. Vermutlich weiß die große Zerstörerin sogar, was sie anrichtet. Aber ausschließlich dem eigenen Machterhalt verpflichtet, sind ihr die Folgen schnurz egal, solange sie dem medialen Mainstream folgt bleibt sie ja quasi unantastbar. Z. Z. würden (angeblich) wieder unfassbare 37 Prozent beim Kanzlerinnenwahlverein ihr Kreuz machen. Für Deutschland anno… Mehr

Deutscher
3 Jahre her

Da die FFF-Generation heute schon so gescheit ist, dass sie das Weltklima noch vor den Grundrechenarten verstanden hat, wird sie in 50 Jahren sicher in der Lage sein, die Atommüllfrage zu lösen – wenn sie nicht sogar das Perpetuum mobile erfindet.

Last edited 3 Jahre her by Deutscher
Askold Morgenschein
3 Jahre her
Antworten an  Deutscher

Die “Atommüllfrage” stellt sich überhaupt nicht mehr. Die Technik ist doch tatsächlich ein kleines Stück weitergekommen in dem letzten paar Dekaden, mittlerweile kann so gut wie jedes bisschen “Atommüll” wiederverwendet werden, bis hin zu fast totaler Effizienz.

Der Witz ist ja, das alle gängigen „Argumente“ gegen Atomkraft sich auf 60er Jahre Sowjet-Technologie berufen, oder auf völlig irrationale Angst vor dem, was man nicht versteht.

Enrico
3 Jahre her
Antworten an  Deutscher

Hahaha. Die FFF-Generation denkt bei MINT einzig an Pfefferminzbonbons. Das wird leider nix. Die Atommüllfrage wird bei den Atommeilern der allerallerneuesten Generation insoweit behandelt, daß der angefallene Atommüll weiterverwendet und regeneriert und aufbereitet werden soll und somit die Frage nach Endlagern (nicht Zwischenlagern) obsolet wird (In technische Details muß ich mich da aber auch noch einlesen). Was aber wichtig ist: Dieses Land, Deutschland, hat mit dieser Technologie nichts mehr zu tun, da „wir“ beim Ausstieg aus der Atomkraft gleichzeitig auch den Skill und die Forschung zur Weiterentwicklung von Atomkraftanlagen über Bord geworfen haben. Den Wenigsten ist diese verheerende Nebenwirkung klar.… Mehr

Deutscher
3 Jahre her
Antworten an  Enrico

Zahlen tun immer nur die, die das Geld erwirtschaften – die anderen haben ja keins.

kasimir
3 Jahre her
Antworten an  Deutscher

: Die Atomkraftwerke der „Neuen Generation“ haben das Problem des Atommülls garnicht mehr. Der Müll fliesst gleich wieder in die Produktion. Atommüll ist also auch kein Argument mehr. Das haben also andere kluge Köpfe bereits vor „FFF“ erfolgreich gelöst…
Deutschland ist bereits heutzutage das Land mit den zweithöchsten Stromkosten in Europa. Selbst in Österreich ist es billiger (okay, Österreich hat auch noch die Wasserkraft). Die Windkraftanlagen rechnen sich also nicht und immer auch die Nachbarn angewiesen zu sein, macht ein Land auch nicht gerade stabiler…

Dietmar Deibele
3 Jahre her

Unsere Physikerin hat entschieden! Aus dem Bauch heraus, oder doch nur heuchlerisch, populistisch?
Und die Lemminge sind ihr gefolgt!

Deutscher
3 Jahre her
Antworten an  Dietmar Deibele

Physikerin? Die hat doch noch nie als solche gearbeitet.

Dietmar Deibele
3 Jahre her
Antworten an  Deutscher

Genau das ist das Paradoxon, ein Physiker sollte etwas von der Materie verstehen, was hier absolut nicht zu erkennen ist!

E. Thielsch
3 Jahre her

Das Abwasser von Fukushima ist mit radioaktivem Tritium kontaminiert. Ich hab mir mal den Spaß gemacht, dazu ezwas auszurechnen: Pro Liter hat das Wasser maximal 60 kBq (Kilobequerel). Nun habe ich einen Militärkompass (Stoker & Yale M1), der eine Nachtbeleuchtung mit Tritium hat. Die Strahlung (die nicht nach aussen dringt, Tritium ist ein Beta-Strahler) beträgt 120 Millicurie. Nun ist ein Curie aber eine sehr große Einheit: 37 Gigabequerel (Eine Zahl mit 10 Nullen). Um es kurz zu machen: Um nur einen einzigen Kompass mit Tritium zu beleuchten, würden 75 Kubikmeter oder 75.000 Liter dieses ‚gefährlichen‘ Fulkushima-Wassers benötigt, die Gesamtmenge aller… Mehr

Epouvantail du Neckar
3 Jahre her
Antworten an  E. Thielsch

Hallo, da erkennt man den alten Strahlenschützer. Danke.

Klaus H. Richardt
3 Jahre her

Niemand bei den selbst ernannten ‚demokratischen‘ Altparteien will es wahrhaben. Der Wind bläst nun mal nicht stetig und die Sonne scheint nicht in der Nacht, was der VGB und andere bereits jahrelang predigen.
Deshalb ist die Kernkraft in Deutschland unverzichtbar und muss erhalten werden. Wer das ganze in Zahlen nachlesen will:https://tredition.de/autoren/klaus-hellmuth-richardt-33043/damit-die-lichter-weiter-brennen-hardcover-137617/

Enrico
3 Jahre her
Antworten an  Klaus H. Richardt

Sie sagen es, und was wirklich schlimm ist, weil bornierter geht es nicht:
10 000 WKA sind nicht in der Lage eine notwendige Grundlast abzusichern. Und eine (noch fiktive) Million WKA aber immer noch nicht…
Es ist nur noch zum Davonlaufen.