Die GröKaZ sägt den Ast ab, auf dem Deutschland sitzt

Föderalismus: Klingt das nicht nach Durcheinander, Uneinheitlichkeit, Verwaltungschaos? Der Deutsche, je nördlicher, östlicher, linker, staatsversessener, liebt die Ordnung. Im Gleichschritt marsch, wohin auch immer. Am liebsten zentral und von oben gesteuert.

Die größtmögliche Koalition aller Zeiten, Parteien, Bund und Länder, hat jetzt mit 13 Grundgesetzänderungen auf einen Schlag die bisherige Finanzverfassung Deutschlands zerstört. Wahrlich eine diabolische Zahl. Eine Unglückszahl. Den medial verblödeten und anästhesierten Wählern ist das so wurscht wie nur sonst was. Sie haben keine Ahnung vom fundamentalen Wert des Föderalismus für dieses Land. Nur eine Minderheit interessiert sich dafür. Föderalismus: Klingt das nicht nach Durcheinander, Uneinheitlichkeit, Verwaltungschaos? Der Deutsche, je nördlicher, östlicher, linker,  staatsversessener, liebt die Ordnung. Im Gleichschritt marsch, wohin auch immer. Am liebsten zentral und von oben gesteuert.

I.

Was macht dieses Deutschland besonders? Was prägt das Land stärker, als es Bismarck und Hitler und Merkel zusammen prägen konnten? Was macht seine Identität aus – mehr noch als die „preußischen“ Sekundärtugenden, die protestantische Staatsverherrlichung und der linksgrüne Weltverbesserungswahn (gehört doch alles zur Leitkultur, oder?)? Was ist älter als der Nationalstaat, mit dem die Deutschen nach 1871 mit Karacho in zwei Weltkriege und zwei Diktaturen brausten? Bayern ist seit mehr als 1.000 Jahren ein Territorialstaat. Auch aus dieser Kraft heraus (und nicht, weil die CSU das schöne Bayern erfunden hätte) lebt es sich in Bayern besser. Es gab und gibt erfolgreichere Länder. Nicht nur, aber auch, weil sie besser verwaltet und besser regiert werden. Weil die Freiheit des Wettbewerbs um die besten Lösungen auch unter Ländern nicht verboten war. Es sind Vielfalt und Unterschiedlichkeit, es ist die kulturelle, historische, politische Ausprägung seiner Länder. Warum sind wir – formal ist es noch so – eine Bundesrepublik? Weil wir uns Unterschiede gönnen. Weil die Schulen in Bayern anders, vielleicht sogar besser sein dürfen als in Berlin. Weil Baden-Württemberg sich nicht vom Failed-State Berlin abkassieren lassen muss. Weil die Dinge möglichst dort geregelt werden, wo die Leute einander besser verstehen.

II.

Moment! Aber so war es doch gar nicht mehr! Wurden nicht Bayern, Baden-Württemberg und Hessen als letzte „Geberländer“ schamlos abkassiert? Wurde nicht unter der Flagge des deutschen Gleichheitswahn umverteilt? Ja. Jetzt ist damit Schluss. Aber zu welchem Preis? Der Bund bezahlt, subventioniert, schafft Regeln, kastriert die Länder, die sich gern vom Bund kastrieren ließen. Denn alle kriegen mehr. Aber die Zentrale darf sich auch weit mehr als bisher einmischen, sogar in die Schulpolitik, die Kulturautonomie, dem letzten starken Faustpfand der Länder in einem zunehmend zu Tode verwalteten Superstaat. Die Geberländer haben sich ebenso bestechen lassen wie die Nehmerländer. Selbst Seehofer, der Merkeladjutant, immer dann, wenn es darauf ankommt. Es ist eine Schande.  Aber Schämen kennt der nicht. Nun sind die Aufgaben zwischen Bund, Ländern und Gemeinden nicht mehr klar aufgeteilt, überall mischt der Bund mit. Wer zahlt schafft an. Das ist jetzt der zentrale Satz des deutschen Föderalismus.

III.

Das Ende des Finanzföderalismus ist auch eine Spätfolge der „Wiedervereinigung“. Mit den armen „neuen“ Bundesländern war klar, dass der Finanzausgleich nicht mehr funktionieren konnte. Trotzdem hielt man daran fest. Unter dem heiligen Begriff „Solidarität“ als Zwang – bis hin zum ewigen „Solidaritätszuschlag“ wurde der Föderalismus finanziell entkernt. Eine falsche, viel zu rasche, nur auf „Angleichung der Lebensverhältnisse“ ausgerichtete Einheit-über-alles-Politik hat den Föderalismus unterminiert und ruiniert. Nationalstaat über alles – jetzt haben wir den Salat.

IV.

Östlicher, protestantischer, linker und zentralistischer ist die Berliner Republik geworden. Das steht jetzt auch in der Verfassung. Ihr Fundament, der deutsche Föderalismus, aber bröckelt. „Das werden die Länder noch bereuen“, leitartikelt die FAZ. Spätestens, wenn links-grüne Schulreformer von Berlin aus das Bildungsniveau weiter ruinieren werden. Hauptsache, sie zahlen dafür.

V.

Was für ein Irrsinn, starrt man nicht bloß auf Deutschland. Die EU muss reformiert, endlich zukunftsfähig gemacht werden. Auf die Regionen wird es deshalb viel stärker ankommen als auf die Nationalstaaten, die gemeinsam den Brüsseler Zentralismus-Wahn betreiben. Überall in Europa melden sich die Regionen stärker zu Wort. Nur Deutschland, das von seinen Ländern getragen wird,  schlägt den falschen Weg ein und zentralisiert.

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Kommentare ( 20 )

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pcn
6 Jahre her

Wieso leider? Frau Wagenknecht hat sich eben nicht genein mit denen gemacht, die es gut verdtehen, die Demokratie zu einer „Erdogan-Autokratie“ zu machen; denn nichts anderes macht das Merkel-Regime derzeit. Und der bürgerlichen Mitte zumal ist es wichtiger den nächsten Urlaub zu planen, oder zu gucken, dass Merkels Politik ja keine Auswirkungen auf ihren Kontostand hat. So meine Erfahrung um Umgang mit diesen Mitbürgern. Nichts sehen, nichts hören wollen, und schon gar nicht den Denkapparat einschalten müssen. Wäre ja auch zu viel verlangt

Leitwolf
6 Jahre her
Antworten an  pcn

Leider, weil einen der Inhalt schon traurig machen kann. 😉

kvogeler
6 Jahre her

Anders herum macht es Sinn:
Wo Vernunft nicht mehrheitsfähig ist,
regiert legal und legitimiert die Unvernunft.

Die „Deutschland verrecke“- Mentalität in Berlin ist legal gewählt worden.
Wir wollen das so und aus dem Grund bekommen wir es auch so.
Uns geht es zu gut. Wir verspielen grade die Demokratie und das Deutschland, das wir kennen.
Ich hoffe, die wahlentscheidende Mehrheit kommt nicht erst 5 nach 12 wieder zur Vernunft.

rolf
6 Jahre her

darf ich ergänzen…Opportunismus und die Trägheit der Masse sind für mich die alles überragenden Faktoren.
Im Übrigen, dass sind die wahren Faktoren aus denen Nazis geschnitzt werden…es ist ja auch so kuschelig im Strom der linksgrünen Lebensweisheiten.

Hartmut Runge
6 Jahre her

Wenn Herr Herles hier so vehement auch das Versagen der Medien konstatiert, sollte er sich doch fragen, ob er nicht maßgeblich Mit-Verantwortung dafür trägt, dass die Medien heute sind, was sie sind. Offensichtlich ist, dass der Neoliberalismus der Neunziger genau das opportunistische Medienvolk hervorgebracht hat, dass Herles jetzt beklagt. Offensichtlich ist auch, dass der neoliberale Effektivitätswahn die Qualtätsmedien in angepasste Massenware verwandelt hat.

Herr Herles, es wird Zeit, sich zu seiner Vaterschaft zu bekennen oder, wie Goethe schon sagte: “Man könnte erzogene Kinder gebären, wenn die Eltern erzogen wären.“

syrus becker
6 Jahre her

ARTIKEL 20. GG mal nicht friedlich auslegen

Schwabenwilli
6 Jahre her

„Und die Presse schweigt dazu. Allerdings aus meiner Sicht auch deswegen, da die meisten Journalisten (inzwischen von der Ausbildung her Politikwissenschaftler) die komplexen juristischen und wirtschaftlichen Zusammenhang der Vertragserke überhaupt nicht verstehen.“

Kann man immer wieder in diversen Online Zeitungen sehen, in denen Kommentare Freigeschaltet sind, da haben manche Kommentatoren mehr Ahnung als der dafür bezahlte Schreiber.

SBgB
6 Jahre her

Tja. Da kommt dann eben in fünf oder sechs Jahren die Rechnung für die arbeitende Bevölkerung (und damit meine ich nicht Politiker). Siehe Brennelementesteuer.

Leitwolf
6 Jahre her

Was Sie sagen stimmt natürlich. Ich habe das aber auch eher auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur europäischen Integration bezogen. Das Bundesverfassungsgericht hat in diversen Urteilen (Solange I und II, Maastricht, Lissabon, jüngst ESM) klargestellt, dass eine weitere dauerhafte Abgabe von Hoheitsrechten an die EU nicht mehr in Betracht kommt, ohne gegen Art. 20 und 79 III GG zu verstoßen. Der einzige Weg zu einer noch stärker vertieften Union ginge über die Abschaffung des Grundgesetzes und der Verabschiedung einer neuen Verfassung. An der Stelle kommt Art. 146 GG ins Spiel, der jedoch – wie Sie auch zutreffend geschrieben haben –… Mehr

T. Pohl
6 Jahre her

Lieber Herr Moderator, sie haben mein Zitat von Shc ausge-********, das sich aus dem parent-child-Verhältnis meines Posts eindeutig ergibt. Höchst bedenklich und ungewöhnlich und m.E. nicht juristisch in Ordnung. Siehe §51, Uhrg. Sollten Sie mal mit Ihrer Aufsicht/Ihrem Arbeitgeber diskutieren.

Kopfbrettbohrer
6 Jahre her

Ganz meine Meinung. Und wer sich die Geschichte Preussens anschaut, wird wesentlich mehr entdecken als Pickelhauben und angeblichen Militarismus: Einen erstaunlich modernen, fortschrittlichen und aufgeklärten Staat, der in vielen Bereichen vorbildgebend war. Angefangen bei Friedrich dem Großen und den preußischen Reformern wie dem Freiherrn vom Stein. Das preußische Geistes- und Kulturleben war ebenfalls in allen Bereichen vorne mit dabei. Die Vernichtung Preussens nach 1945 war eine Amputation ohnegleichen, wenn auch rheinische Erzkatholiken wie Konrad Adenauer dem in bester Rheinbundtradition keine Träne nachgeweint haben.