Der Papst und die weiße Fahne

Die linken – und linkskatholischen – Pazifisten, die sonst immer schnell Kontaktschuld gegenüber rechtem Gedankengut anzeigen, wollen nicht wahrhaben, dass sie mit Appeasement in die Nähe des rechten Antiamerikanismus wandeln.

Jetzt wissen wir, weshalb die Gewänder des Papstes weiß sind: Er ist eine personifizierte weiße Fahne. Er empfiehlt der Ukraine, sie mutig zu schwenken, und winkt damit nach allen Seiten: Schöne Grüße an Despot Putin, brüderliche Grüße an die linken Pazifisten, aber auch an die rechten Verächter der westlichen Wertegemeinschaft.

I.

In Rom galt noch nie das Recht auf freie Meinung. Außer für einen. Diese Regel gehört zweifellos abgeschafft. Warum dann aber das Geschrei über die jüngsten Äußerungen des Pontifex? Weil da eben nicht ein Herr Bergoglio durch die Weltgeschichte schwadroniert, sondern Papst Franziskus. Ein Mann, der nicht wegen seiner scharfen politischen Analysen Papst geworden ist, sondern dafür, gläubigen Katholiken spirituellen Halt zu geben. Doch von dieser Aufgabe hat sich die katholische Kirche verabschiedet. Die Formulierung des Papstes sei unglücklich und löse „Irritationen aus, die wir nachvollziehen können“, mäkeln ausgerechnet die deutschen Bischöfe (wie inzwischen gewohnt) am Papst herum, die vor dem Zeitgeist selbst schon länger mit der weißen Fahne herumwedeln.

II.

Der Papst hat leicht lachen, ist sein Reich doch nicht von dieser Welt (was es ein Jahrtausend lang für seine Vorgänger durchaus war). Die Kirche hat das Freiheitsbedürfnis der Menschen so oft verraten, dass es auf die Ukraine auch nicht mehr ankommt. Der Papst ist weder unfehlbar (außer seit 1870 in einigen theologischen Angelegenheiten), noch hat er Soldaten (abgesehen von seiner Operettengarde). Aber sein Einfluss als politischer Influencer sollte nicht unterschätzt werden. Er gehört zu jenen, die sich zu fast allem zu Wort melden, wenn auch nicht zu Fragen der Religion, wo es längst überfällig wäre. Etwa zur Unterdrückung der Frau im Islam, oder zu dem Amtsbruder, dem früheren Ex-KGB-Agenten, der als Kyrill I. die russisch-orthodoxe Kirche als Putins Staatskirche führt.

III.

Ob sich der Papst wirklich nur etwas unglücklich ausgedrückt hat, wage ich zu bezweifeln. Der Sinn seiner Äußerungen ist auch ohne weiße Fahne gut zu erkennen. Sie entspricht dem, was auch immer mehr Deutsche und Europäer denken. Sie würden, um im Bild zu bleiben, schnell die Fahne wechseln, falls Putin sein Kriegsziel erreicht. Abschied vom atlantischen Bündnis, hin zur „Finnlandisierung“ Europas um des lieben Friedens willen: Solche Gedanken sind populär. Nur Finnland selbst will nicht mehr finnlandisiert sein und ist der Nato beigetreten. Die Finnen spüren die Bedrohung durch den imperialistischen Nachbarn intensiver als die traditionell träumerisch pazifistischen Deutschen.

IV.

Die Verharmlosung Russlands entspringt auch dem tief sitzenden Misstrauen gegenüber den USA. Antiamerikanismus vereint Linke und Rechte in Deutschland. Die ganz Rechten verübeln der USA ja sogar die Bonner Republik und deren Westbindung – zweifellos ein Akt der Befreiung von unseligen Traditionen. Von einem Verfassungsstaat, der dem Wohl des Individuums zu dienen hat, halten sie auch nichts. Sie sind auch prorussisch, weil sie das westliche Lebensmodell verachten. Das verbindet sie mit dem Herz-Jesu-Kommunisten in Rom, dessen Antiamerikanismus auch seiner lateinamerikanischen Herkunft zu verdanken ist. Ein starker Anführer übt immer eine hohe Attraktivität auf die Rechten aus, auch wenn er Putin heißt. Deshalb sind sie ja auch ziemlich blauäugige Trump-Adoranten. Dessen Isolationismus gefällt, weil er das westliche Bündnis schwächt.

V.

Die linken – und linkskatholischen – Pazifisten, die sonst immer schnell Kontaktschuld gegenüber rechtem Gedankengut anzeigen, wollen nicht wahrhaben, dass sie mit Appeasement in die Nähe des rechten Antiamerikanismus wandeln. Sie verurteilen Krieg prinzipiell, sprechen den Angegriffenen nur bedingtes Recht auf Verteidigung zu: Wem die individuelle Freiheit nichts bedeutet, kann auch nicht begreifen, dass sie verteidigt werden muss. Pursuit of Happiness, wie sie in der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung steht, ist nichts, was sie auch nur im Entferntesten entzücken könnte.

Die Illusion vom ewigen Frieden führte dazu, dass nach dem Ende des Kalten Kriegs Deutschland die Friedensdividende kassierte, das Geld in den Ausbau des Sozialstaats und die Willkommenskultur steckte, und nun mehr oder weniger wehrlos dasteht. Die Angst vor Krieg ist bei den Deutschen noch immer vielfach stärker als die Angst vor dem Verlust der Freiheit.


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Kommentare ( 141 )

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Kuno.2
6 Monate her

Die Kirche hatte in den letzten Jahrhunderten immer schon die weiße Fahne gehisst; denn die Kirche war schon immer abhängig vom Geld des Staates. Hitler war das auch klar und deshalb schloss er mit den Kirchenoberen das Reichskonkordat, worin er der Kirche weiterhin Geld und alle bisherigen Freiheiten zusicherte. Einzige Bedingung: die Kirche durfte sich nicht in die Politik einmischen. Genau das hatte dann auch funktioniert.

LiKoDe
6 Monate her

„Der Frieden ist nicht alles, aber alles ist ohne den Frieden nichts.“   Willy Brandt, 3. November 1981

Anstelle weiterzuverhandeln, haben die Kreise um Herrn Selenskyj sich im März 2022 zur Kriegsführung bis zum letzten Ukrainer überreden lassen. Denn im angloamerikanischen Kulturkreis wird nur ein Siegfrieden einer Seite akzeptiert.

Auch Papst Franziskus versucht, diesen Teufelskreis aufzulösen und zu beenden.

ISC
6 Monate her

Man kann ja über den Papst lästern, warum nicht. Aber die Augen davor fest zu zumachen, daß seit 2 Jahren auf beiden Seiten 100.000 sende junger Männer verheizt werden, das erfordert schon Hartnäckigkeit. Aus seinem sicheren Fernsehsessel heraus Prinzipienreiterei zu veranstalten und dem Stellvertreterkrieg das Wort zu reden, obwohl die Ukraine keine Chance hat diesen Waffengang zu gewinnen, das ist schon menschenverachtend gegenüber denjenigen, die da täglich auf dem Schlachtfeld verbluten.

Monostatos
6 Monate her

Der Autor lebt nach wie vor in der nostalgischen Welt der Bonner Republik, in welcher GUT= NATO und BÖSE = SOWJETUNION & WARSCHAUER PAKT klar definiert waren. Dass sich etwas geändert haben könnte, ist ihm nicht zu vermitteln, weswegen er notorisch unerwünschte Meinungen zensiert. Gleichzeitig hält er sich für einen Liberalen und plädiert für Anarchismus. Wie vermessen! Liberales Handeln ist ohne Courage und Mut zur offenen Auseinandersetzung unmöglich. Zensur von anderen, nicht erwünschten Meiningen ist das exakte Gegenteil und ein beredter Ausweis von Schwäche – auch des Charakters.

Nun ja
6 Monate her

Einen Krieg, wie in der Ukraine kann man nur erfolgreich zu einem Ende bringen, wenn man die Mittel dafür hat. Die Ukraine besitzt diese Mittel nicht (mehr) und der Westen ist viel zu sehr damit beschäftigt, sich selbst seiner industriellen Basis zu berauben, um daran etwas ändern zu können. Man muss gar nicht über die Ursachen des Konflikts diskutieren, um zu der Erkenntnis zu gelangen, dass man einen längst verlorenen Krieg beenden muss, da jedes weitere Opfer umsonst und vergeblich wäre. Daher liegt der Pabst richtig, während diejenigen im Westen, die immer noch nicht verstanden haben, dass wir nicht mehr… Mehr

Haba Orwell
6 Monate her
Antworten an  Nun ja

Man muss immer fragen, wofür eigentlich gekämpft wird. Derselbe Macron, der heute alle an die Ostfront treiben will, trieb auf G7-Treffen vor ein paar Jahren alle gemeinsam mit Merkel an die Klimagemurkse-Front – ich habe Videos davon gesehen. Wenn man schon über „Mut“ redet – haben genug Leute im Westen den Mut, sich gegen den CO2-Schwindel zu stellen, um den sich immer noch die komplette westliche Politik dreht? Gegen die dadurch gerechtfertigte Verarmung? 60% klagen nur, man „dürfe nicht“ offen reden – und der in der restlichen Welt belächelte Unfug lebt im vermeintlich prächtigen Westen weiter. Dennoch möchte der Goldene… Mehr

Memphrite
6 Monate her

Der Jesus wär laut Hr. Herles auch ein Putin-Freund wenn es Frieden fordern würde. Aber Hr. Herles ist doch bestimmt Christ, oder? So wie seine Kollegen im Geiste bei der CDU.
Was genau ist „Antiamerikanismus“? Gibt es auch einen „Anti-Frankismus“ oder „Anti-Germanismus?
Die USA sind die Nation die überall Demokratie und Frieden bringt? Vor allem in den letzten 30 Jahren.
Es wäre schön wenn all die „USA-Freunde“ in ihr geliebtes Land ziehen würden, dort wo Milch und Honig fließt.

Axel Fachtan
6 Monate her

Der Papst hat leicht lachen Soso, der Papst lacht angesichts von Hunderttausenden Toten Verhandlungen zu fordern. Während die „Erleuchteten“ weitere Hunderttausende tote Ukrainer und Russen an der Front fordern, um die Grenzen von 1991 wirksam zu schützen. Bisschen Statistik in Sachen Militär hier. „Vergleicht man die Militärstärke der Ukraine mit der von Russland, so zeigt sich eine klare Überlegenheit auf Seiten Russlands. Im Jahr 2024 (Daten abgerufen am 22. Februar 2024) betrug die Truppenstärke Russlands rund 1,32 Millionen aktive Kräfte, die Ukraine verfügte nach der Mobilisierung über rund 900.000 aktive Soldat:innen. Auch hinsichtlich der Ausstattung mit Militärfahrzeugen wie Panzern, Raketenwerfern… Mehr

Kassandra
6 Monate her
Antworten an  Axel Fachtan

Alleine wenn man betrachtet, dass der Einzug der Millionen so gut wie still und heimlich von statten geht während für die Grenzverteidigung der Ukraine laut getrommelt wird müsste man doch ins Grübeln kommen.
Zumal Putin immer noch dort im Donbass steht – wir aber die Belagerung des gesamten Landes bereits täglich vor Augen haben.

Lesterkwelle
6 Monate her

Angst vor Verlust der Freiheit? Die eigene Regierung plus EU arbeitet berets eifrig daran, uns Buergern die Freiheiten zu nehmen, die unser GG uns garantiert. Dazu bedarf es keines Putin.

Kassandra
6 Monate her

Hier liest man These und Antithese bei denen die kommentieren – und nichts wird zu einer Synthese führen können, da die vorhandenen Informationen auf allen Seiten verschieden sind und auf keiner der Realität entsprechen müssen.
Weshalb also diesen Luftballon weiter füllen, da doch auch bei diesem Thema von uns hier nichts an der Vorgehensweise der wohl alles Beherrschenden geändert werden kann?
Schade um die, die von solchen weiter in Tod und Verderben geschickt werden um der Macht und um des Geldes willen – wie wir hier auch.

Kassandra
6 Monate her
Antworten an  Kassandra

Vielleicht noch etwas zu chinesischen Theorem oder Listen, worüber wir im ganzen Westen so gut wie gar keine Ahnung haben: Moulüe oder Supraplanung ist gemäß Harro von Senger, der das untersuchte, das Ergebnis von Geisteskraft, strategemischer Weisheit und praktischer Intelligenz. In einer Konfrontation wird der Gegner systematisch dazu gebracht, sich aufgelöst, hilflos oder fassungslos wiederzufinden, sodass er sein Potenzial verliert. „Es geht also darum, sich selbst in eine überlegene und das Gegenüber in eine unterlegene Lage zu manövrieren und es dazu zu verleiten, in die von der eigenen Seite gewünschte Richtung zu agieren.“ https://www.springerprofessional.de/unternehmensstrategie/leadership/die-listenblindheit-deutscher-manager/20051482 . Mit den Deutschen insgesamt scheinen sie… Mehr

AHMED
6 Monate her

Im Gegensatz zu Wolfgang Herles denke ich, dass man zum Ukraine-Krieg KEINE pragmatisch vernünftige Haltung entwickeln kann, wenn man – in nostalgischer Verkennung des heutigen „Westens“ – die Fahne der „westlichen Wertegemeinschaft“ (Herles) hochhält und Selenkyjs außenpolitischen Voluntarismus verteidigt. Welche Fahne symbolisiert denn heute die „westliche Wertegemeinschaft“? Es ist die links-identitäre Regenbogen- und Trans:*/-Fahne, die Fahne des längst ins Irrationale abgedrifteten „westlichen“ Individualismus, dessen Verfechter und Ideologen heute den demokratischen Rechtsstaat demontieren. Herles hängt aber nicht nur in Sachen „westliche Werte“ der Realität hinterher, sondern auch in puncto Außen- und Geopolitik der Ukraine. Denn zuerst einmal hätte ein pragmatisch-vernünftiger Westen… Mehr

Kassandra
6 Monate her
Antworten an  AHMED

Wenn man, wie Habeck, aber wohl vordem auch schon Merkel, denn sie hat Minsk eingefädelt damit „man“ Zeit bekam, die Ukraine aufzurüsten, fossile Geschäftsmodelle vernichten wollte, könnte man schon auf den Gedanken kommen, sich wie den Westen von Energie wie Bodenschätzen selbst abzuschneiden, um im Mangel zu landen.
Ob die Agenda 2030 der UN solches auch zugrunde legt – wer kann das schon wissen?

giesemann
6 Monate her
Antworten an  Kassandra

MUSS ich das verstehen, @Kassandra? Gehört das nicht zum UN-Migrationspakt? Haben doch alle unterschrieben, oder?  Wer hätte DAS gedacht! Der Nachschub ist schier unerschöpflich, dank Hyperfertilie und Kinderehen bei unseren Freunden aus Allahs Gefilden. Sagst du was, dann verurteilt dich der Deutsche: AG München, Urteil v. 04.09.2018 – 824 Cs 112 Js 101229/18 (2) – Bürgerservice. Offenbar will er es so. Seit Hadschi Mohammed Kaiser Wilhelms Zeiten, Dschihad für das Reich. Wie Deutschland im Ersten Weltkrieg den Islamismus befeuerte – Thomas Schmid – von mir aus, ich kann jederzeit weg hier. Brauche mich auch nicht so begeistern wie weiland die alten Deutschen, Islam im… Mehr

giesemann
6 Monate her
Antworten an  AHMED

Wenn ich das lese, @Achmed, dann will ich ganz „westlicher Individualist“ sein, mit Ihnen nichts zu tun haben. Suhlen Sie sich doch im Kollektiven, mich graust das nur noch.