CDU: Es rächt sich

Wie ist Söders demoskopisches Hoch zu erklären? Die Leute vergessen. Die Leute verwechseln Kraftmeierei mit Stärke. Angenommen, er würde sich als Kanzlerkandidat der Union durchsetzen, dann gibt es zwei Szenarien.

Nun geht es auch für die letzte sogenannte Volkspartei dahin. Daran können weder Laschet noch Söder etwas ändern.

I.

Wo soll man anfangen? Es rächt sich, dass die CDU schon unter Kohl verlernt hat, was innerparteiliche Demokratie ist. Es rächt sich der Primat der Geschlossenheit. Es rächt sich die bedingungslose Unterwerfung unter den Willen der Kanzlerin. Es rächt sich, dass die diese Partei nach wie vor bestimmende Frau wie eine Monarchin selbst bestimmen durfte, ob und wann sie ihre Ämter abzugeben gedenkt. Es rächt sich, dass kein CDU-Kandidat mit Kanzlerbonus in den Wahlkampf ziehen kann. Es rächt sich, dass beide Unionsparteien bis heute kein Wahlprogramm haben. Sonst wüsste man, welcher Kandidat besser zum Programm passt. Statt dessen wird ein Programm gesucht, das zu einem Kandidaten passt, hinter dem nur die halbe Partei steht. Es rächt sich, dass sich die Frau ganz oben mit Kriechern und Versagern umgeben hat, und es deshalb an überzeugenden Kandidaten mangelt. Es rächt sich auch, dass die Partei es aus Rücksicht auf die da oben keinem und keiner erlaubte, aus dem Chor der Ja-Sager herauszuragen. Es rächt sich, dass ein Mann zum CDU-Vorsitzenden gewählt wurde, der keine Ambitionen zeigt, sich notwendigerweise auch gegen die eine dort zu profilieren. Er hat wohl geglaubt, wer der CDU vorsitzt, würde automatisch Kanzler. Man mag von Friedrich Merz halten, was man mag, aber dieses Theater hätte es mit ihm nicht gebeten. Auch das rächt sich jetzt. Es rächt sich, dass das verheerende Corona-Regime der Regierung die Chancen jedes Kandidaten ruiniert. Und vor allem rächt sich, dass diese Partei sich nur hinter einer einzigen Aussage versammeln kann: Sechzehn Jahre unter IHR seien ein Erfolg. Wer in diesen Selbstbetrug nicht einstimmt, wird ausgegrenzt. Und so rächst sich auch, dass SIE vor vier Jahren zum vierten Mal Kanzlerin werden durfte, ohne sich jemals für eines der von ihr angerichteten Desaster verantworten zu müssen. An der Regierung geblieben zu sein, ist ja schön und gut für die, deren Job daran hängt. Aber jetzt rächt sich, dass niemand hinterfragen wollte, was aus der Macht gemacht und welche Bilanz für das Land gezogen worden ist. Und so rächt sich in der Corona-Krise erst recht, dass diese eine Frau dort oben alles beherrscht, nur nicht ihren Job.

II.

Wie ist Söders demoskopisches Hoch zu erklären? Die Leute vergessen. Die Leute verwechseln Kraftmeierei mit Stärke. Angenommen, er würde sich als Kanzlerkandidat der Union (kurz: Kakadu) durchsetzen, dann gibt es zwei Szenarien. Das erste: Im Wahlkampf lähmt die Covid-19-Politik noch immer das Leben. Dann sollte sich der harte Hund besser nicht mehr auf der Straße blicken lassen, denn dann hätte er die unfassbare Geduld und die verzweifelte Hoffnung der Leute missbraucht. Das zweite: Covid-19 hat sich verzogen. Dann kommt es nur noch darauf an, die gewaltigen, heute noch unübersehbaren Flurschäden der Lockdowns zu mildern. Dann wird das vergessliche Volk die kollektive Angstpsychose leugnen, auf der Söder an die Spitze gesurft ist. Man wird ihn als einen von denen ausbuhen, die das Land nach Kräften ruiniert haben. So oder so wird man den Kandidaten Söder mit den Sprüchen seiner Vergangenheit konfrontieren und sie in Beziehung setzen zur wirklichen Leistung, die so furchtbar glänzend nicht gewesen ist, eher bloß furchtbar, weil man die Verheerungen seiner Härte für Bildung, Kultur und Mittelstand in Rechnung stellen muss. Man wird ihm sein Spruchbeuteldeutsch um die Ohren hauen und seinen Mangel an Selbstzweifel. Dem Alleinherrscher wird man in Berlin das Alleinherrschen schnell austreiben, das nur in Bayern funktioniert hat, weil die CSU ein noch lächerlicherer Verein geworden ist als die CDU. Und die Luft wird schnell aus dem Heißluftballon weichen, als der er aufgestiegen ist.

III.

Falls Söder sich durchsetzt, ist Laschet als CDU-Vorsitzender nicht mehr halb so viel wert. Dann ist er nur noch der Hund, mit dem der Schwanz wedelt, und dafür auch noch geprügelt wird. Und genau deshalb ist Laschet Favorit. Wer ihn auch noch als Kakadu verhindert, vernichtet das restliche Ansehen des CDU-Vorsitzenden, und damit der CDU. Wer dagegen Söder verhindert, minimiert den Schaden, den das Duell angerichtet hat. Bleibt Laschet übrig, zieht er gleichwohl beschädigt in den Kampf, noch ehe der richtig beginnt. Falls er bei der Wahl mit einem blauen Auge davon kommt, worauf man keine Wette eingehen möchte, wird er auch als Regierungschef einer geschwächten CDU geschwächt sein. Man kann es drehen und wenden wie man will: Unabhängig davon, ob sie am Ende den Kanzler stellt, hat die Union schon verloren. Die missglückte Wahl des Kakadu, auch sie wird sich rächen.

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Kommentare ( 148 )

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Entenhuegel
3 Jahre her

Gut gebrüllt, Löwe! Es bleibt dabei, die Union muss erst durch ein noch viel tieferes Jammertal, damit sich etwas wirklich Relevantes ändert. Vor allem muss der tiefgreifende, totalitäre Top-Down-Ansatz, der unter Kohl kultiviert und unter Merkel perfektioniert wurde, vollkommen ausgemerzt werden und die Macht der Basis gegeben werden. Ansonsten bleibt die Union die Fraktion, bei denen die Unfähigen, Abhängigen, Rücksichtslosen und Korrupten hoch kommen – und sich dem links-grünen Zeitgeist unterwerfen.

Davon abgesehen braucht es dringend eine Begrenzung der Amtszeiten des Kanzlers auf zwei.

Lothar Finger
3 Jahre her

Sehr geehrter Herr Herles, immer habe ich Ihre Kommentare genossen, trafen diese doch immer wieder den Kern des Problems. Nur heute – mit Verlaub – Sie sind zu spät! Am kommenden Mittwoch wird der jämmerliche Rest des von uns noch vermuteten Grundgesetzes endgültig geschleift! Da hilft kein rummachen mehr! Ob die CDU Fehler gemacht hat oder nicht, mag eine historisch interessante Betrachtung sein – aber jetzt und hier brennt uns der Stuhl! Und wir können nichts daran tun. Machthaber und Gewalttäter ziehen am gleichen Strick und der liegt um unseren Hals. Nicht, das ich Sie auf der falschen Seite wähne… Mehr

Walter Eiden
3 Jahre her

Ein recht widerspruechlicher und deshalb nicht ganz gelungener Beitrag. Richtig ist, dass Frau Merkel trotz ihrer in Teilen völlig misslungenen und oftmals um 180 Grad gewendeten Politik, ihrer Reden und Aussagen auf Grundschulniveau, ihrem offen nach aussen getragenen und sich in … äussernden Deutschlandhass immer noch Kanzlerin ist. Der Grund dafuer liegt einzig und allein in der „Verarbeitung“ der Medien mit diesen Untauglichkeitskriterien. Und genau aufgrund der „Medienverarbeitung“ mit diversen Politikern werden Totalausfälle wie Habeck, Baerbock, Söder, Laschet und Scholz als Kanzlerkanditaten gehandelt. Und egal wer von denen es wird, solange er oder sie die „richtige“ Politik macht wird dies… Mehr

Der-Michel
3 Jahre her

Bei dieser Aussage:
„Man mag von Friedrich Merz halten, was man mag, aber dieses Theater hätte es mit ihm nicht gebeten.“
widerspreche ich. Zu oft wurde Merz widerspruchslos eingetütet und an seinen Platz verwiesen. Nie hat er sich wirklich gegen Merkel gewehrt. Nie!

josefine
3 Jahre her

Egal nun, ob Laschet oder Söder, mit keinem wird es eine Glanzzeit für unser Land werden, dafür sind sie noch zu sehr von Frau Merkel beeinflusst, dafür sind die finanziellen Spielräume sehr eng gesteckt, und – last not least- wird es nicht leicht werden, mit den Grünen bürgerfreundliche Politik ohne Bevormundung und Zwang zu installieren.
Ich erwarte mir von der neuen Legislaturperiode nichts Gutes.
Doch, eins wird besser: Frau Merkel kommandiert nicht weiter.

Der-Michel
3 Jahre her
Antworten an  josefine

„Doch, eins wird besser: Frau Merkel kommandiert nicht weiter.“

Darauf würde ich nicht wetten.

Angelina
3 Jahre her
Antworten an  Der-Michel

Ich auch nicht. Ich habe sogar auf das Gegenteil gewettet.

Farbauti
3 Jahre her

Die derzeitigen angeblichen Linken sind Antideutsche und Antifa, gesponsert von Leuten wie Esken, dem Volk verkauft als Kampf gegen Rechtsextreme. Die intelektuelle Linke ist nicht medial präsent, zumindest nicht im mainstream. Grüne gab es in den 80ern, danach waren die dunkelrot mit Kommunisten wie Fischer und Trittin. Was also meinen Sie mit links-grün? Unter den Linken haben es langsam einige satt und es hat sich eine „Freie Linke“ gebildet, die mit den SEDlern und den Durchgedrehten nix mehr zu tun hat. Das sieht für mich endlich mal nach einer gesunden Entwicklung aus. Sie gehen mit ihrer Meinung ein hohes Risiko… Mehr

Michael Palusch
3 Jahre her

Oh, Herr Herles, Sie sind beim verfassen Ihrer gelungenen Abrechnung mit der Merkel-CDU ja ganz schön in Rage geraten! Die bei Ihnen völlig ungewohnten Schreibfehler sind dafür Beleg. Aber diese seien Ihnen nachgesehen, denn wer kann schon bei diesem Thema und dem ganzen Theater drumherum, seinen Blutdruck im noch gesunden Bereich halten. „dass diese eine Frau dort oben alles beherrscht, nur nicht ihren Job.“ Das würde ich so nicht sagen. Der Job um den es A.M. immer ging, ist A.M.. Ich glaube, alle die meinen A.M. wäre uneitel, hat diese Frau überhaupt nicht verstanden. Merkels Eitelkeit äußert sich nicht in… Mehr

Farbauti
3 Jahre her

Egal ob Söder, Laschet, Scholz oder Baerbock. Sie alle brauchen eine schlüssige, nachhaltige Erklärung für die Mangelwirtschaft und Verarmung der Bevölkerung die folgen wird. Das bescheuertste Narrativ wird das Duo Söder- Baerbock entwerfen. Laschet muslimert weiter in nrw und Scholz gibt seine bei Cum Ex und Wirecard ergatterten Mio. am Ruhesitz im Ausland aus. Jeder bekommt seine Wünsche erfüllt und das Volk lechzt ja schließlich nach Askese. Alles wird gut.

Deutscher
3 Jahre her

Is doch wurscht, wer KK der Union wird.

Wichtig allein: Eine möglichst starke Opposition!

Korner
3 Jahre her

Merkels grösste Angst ist doch, dass jemand anderes als ihre Vertrauten an die Informationen der letzten 16 Jahre kommen und ihr Komplettversagen offenlegen. Was Merkel veranstaltet hat und zu wessen Gunsten, davon hätte nicht einmal Kohl zu träumen gewagt. Deshalb werden ja nun auch alle Kräfte mobilisiert, um genau das zu verhindern. Sogar die abservierte Schawan wurde gebeten, Ihren unnützen Senf dazuzugeben. Das ist doch Verzweiflung pur. Söder wartet doch nur darauf, Merkel die Schmach des Kotau heimzuzahlen. Sollten durch diese Machenschaften die Grünen gewinnen, was Merkel sich wohl wünscht, kann man all das kommende Elend denen leicht in die… Mehr