Nach dem Willkommen

Am 3. Adventssonntag bringt die WeLT AM SONNTAG ein Ensemble von Beiträgen rund ums Thema der Erfahrungen mit Migranten. Die Zusammenstellung ist auf Deeskalation gestimmt, Schönfärberei ist es nicht, ein paar kritischere Stimmen wären gut gewesen.

Zur Familie im Südwesten zählen drei Kinder. Die Eltern sind Sozialarbeiter. Als zusätzliche Familienmitglieder haben sie regelmäßig Austauschschüler bei sich aufgenommen, nun zwei 17-jährige Iraker. Wie es aussieht, werden sie auf Dauer bleiben. Über den Mord in Freiburg haben sie alle miteinander gesprochen, auch darüber dass der mutmaßliche Täter in einer Pflegefamilie lebt. Wie die Jungs damit umgehen, wissen sie wohl selbst noch nicht.

Wir erfahren: „Etwa 70.000 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge wie die beiden Jesiden aus dem nordirakischen Sindschar leben derzeit in Deutschland. Die meisten … sind in betreuten Wohngruppen untergebracht, unter der Obhut der Jugendämter. Für einige Tausend wurden Pflegefamilien … gefunden.“ Wie die von der WamS portraitierte: Eltern und Kinder machen in der Geschichte den Eindruck, wenn es irgendwo funktionieren kann, dann hier bei Leuten mit einer realen Sicht auf die Umstände. Der Großfamilie wünsche ich allen Erfolg.

Am dritten Adventssonntag bietet die WeLT AM SONNTAG auf den vorderen Seiten ein Ensemble von Beiträgen rund ums Thema der Erfahrungen mit Migranten. Die Zusammenstellung ist auf Deeskalation gestimmt, Schönfärberei ist es nicht, aber ein paar wirklich kritische Stimmen hätten der Ausgabe gut gestanden.

In „Die Schlepper als Helfer“ wird klar: Brutale Geschäftemacherei addiert sich mit ideeller „Fluchthilfe“ zu dem von Frontex festgestelltem Ergebnis, dass derzeit übers Mittelmeer vier mal so viele kommen wie im gleichen Zeitraum 2015.

Unter „Freiburgs langer SCHATTEN – Der Mord war ein Einzelfall. Trotzdem wirft er Fragen auf – nach dem Frauenbild muslimischer Flüchtlinge und einer angemessenen Reaktion der Politik bringt die WamS drei Stimmen.

Lamya Kaddor sagt: „Ob man alle Flüchtlinge aus der arabischen Welt überzeugen kann, ihr Frauenbild zu ändern, kann niemand sagen … die Gesellschaft sollte ihnen ein bisschen Zeit zum Verändern einräumen – aber nur, solange dadurch niemand zu Schaden kommt.“

Thomas Vitzthum zieht wohl ein verfrühtes Resümee: „Noch immer reicht ein einziger Vorfall, um die Debatte über die Asylpolitik wieder zu befeuern … Alles ist in diesem Zusammenhang dann politisch. Nicht nur der Einwurf der AfD, Merkel trage eine Mitschuld am Tod der Studentin, sondern selbst das Schweigen eines CDU-Parteitags.“

Torsten Krauel trägt bei: „Die Warnung vor einem Generalverdacht ist keine Floskel. Sie ist ein Kern des Rechtsstaates, in dem Gerichte jedes Tatmotiv einzeln bewerten. Wie Warnung wäre wirkungsvoller, wenn die Politik sich mit Äußerungen zurückhielte, die einem Generalverdacht gegen ‚rechts‘ nahekommen.“ Einverstanden, Herr Krauel.

Etwas weiter hinten plädiert Krauel für mehr Video-Überwachung im öffentlichen Raum. Ohne sie wäre der beschuldigte Migrant in Freiburg nicht gefunden worden, argumentiert er und zählt weitere Fälle auf. Auf den ersten Blick ist das schnell plausibel. Nur – was wird das für eine Gesellschaft, in der die Obrigkeit alles und jeden und immer überwacht?

Unter „Hatte MARX doch recht?“ formuliert Thomas Straubhaar einen Wunsch: „Globalisierung und Digitalisierung verlangen nach einer klugen, nachhaltigen Verteilungspolitik mit Maß und Mitte gegen die Polarisierung. Die soziale Marktwirtschaft hat einer gespaltenen demoralisierten deutschen Nachkriegsgesellschaft im Westen schon einmal eine attraktive Alternative zum marxistischen Modell des Ostens geboten. Sie hat Freiheit und Gerechtigkeit, marktwirtschaftliche Effizienz und sozialen Ausgleich harmonisch versöhnt. Mit Erfolg, wie sich zeigte. Gleiches müsste nun mit einer gleichermaßen auf ökonomischen Wohlstand wie faire Verteilung ausgerichteten sozialen Marktwirtschaft des 21. Jahrhunderts wieder geschehen im vereinten Deutschland.“

Diesem frühen Feiertagswunsch schließe ich mich gerne an. Sie doch auch – oder?

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