Umstrittene Londoner Transgender-Klinik „Tavistock“ wird geschlossen

Die Londoner Tavistock Klinik, die bislang einzige Klinik in Großbritannien, in der Kinder und Jugendliche mit Geschlechtsidentitätsstörungen behandelt und einer geschlechtsangleichenden Therapie zugeführt werden, ist hochumstritten - Ex-Patienten und Angestellte erheben seit Jahren Vorwürfe. Jetzt schließt sie.

IMAGO / PA Images

Die Londoner Tavistock Klinik ist die bislang einzige Klinik in ganz Großbritannien, in der Kinder und Jugendliche mit Geschlechtsidentitätsstörungen behandelt und einer geschlechtsangleichenden Therapie zugeführt werden. Beim klinikeigenen „Gender Identity Development Service“ (GIDS) wurden so über die Jahre tausende Geschlechtsumwandlungen an Minderjährigen durchgeführt – mit wachsender Tendenz. Doch das blieb nicht ohne Folgen. 2019 meldeten sich mehrere Angestellte mit massiven Vorwürfen gegen die Klinik zu Wort: Sie warfen der Klinikleitung vor, dass Kinder und Jugendliche fehlbehandelt und viel zu schnell mit sogenannten Pubertätsblockern mediziert wurden und werden. Innerhalb von drei Jahren kündigten 35 Psychologen ihren Job, weil sie die Vorgänge nicht mehr mit ihrem Gewissen vereinbaren konnten. Und dann hagelte es auch noch eine Reihe von Klagen ehemaliger Patienten. Die Vorwürfe waren so massiv, dass der britischen „National Health Service“ (NHS) ein Gutachten durchführen ließ und nun entschied: die Klinik wird geschlossen.

Die Entscheidung die Transgender-Klinik dicht zu machen, beruhte wesentlich auf dem Ergebnis des Gutachtens, das die Kinderärztin und ehemalige Präsidentin des „Royal College of Pediatrics and Child Health“, Dr. Hilary Cass, im Auftrag des NHS verfasst hatte. Cass war im Rahmen ihrer Untersuchungen zu fatalen Einsichten gelangt: Die Klinik verfolge einen gänzlich gender-affirmativen Ansatz, der psychische Probleme als Grund für den Geschlechtsumwandlungs-Wunsch völlig außer Acht ließe. Man habe außerdem vorschnell und völlig unkritisch Pubertätsblocker an Minderjährige gegeben, ohne dass die Folgen der Medikamente ausreichend erforscht seien – die Beweise über Vorteile sind laut Cass völlig „unzureichend“, potentielle Nebenwirkungen dagegen gravierend. Insbesondere die Auswirkung auf die Hirnentwicklung der jungen Patienten müsse genauer untersucht werden. Ein weiterer von Cass angesprochener Punkt, der sie bedenklich stimmte, war die rapide ansteigende Anzahl von Überweisungen an den GIDS – im Jahr 2021/2022 waren es mehr als 5.000, im Gegensatz zu „nur“ 250 im Jahr 2011/2012. Unter den Betroffenen seien außerdem immer mehr junge Mädchen.

Das Phänomen was von Dr. Cass beschrieben wird, lässt sich – unabhängig von der Möglichkeit, dass die Klinik besonders schnell und unreflektiert Überweisungen ausstellte – allerdings nicht nur in Großbritannien, sondern in der ganzen westlichen Welt beobachten: Die Zahl der weiblichen Teenager, die in der Pubertät plötzlich ihr Geschlecht wechseln wollen, ist innerhalb weniger Jahre um 4.000 Prozent gestiegen. Viele dieser Minderjährigen werden dann, wie in der Tavistock-Klink, mit Pubertätsblockern und gegengeschlechtlichen Hormonen behandelt und zum Teil sogar operiert. Das heißt, dass den Mädchen – mit wachsender Zahl – bereits im Alter von 14, 15 oder 16 chirurgisch Brüste, Gebärmutter und Eierstöcke entfernt werden – auch in Deutschland.

Risiken des Selbstbestimmungsgesetzes
Wachsende Skepsis gegen Pubertätsblocker und Transgender-Operationen
Dabei leiden die meisten der Kinder und Jugendlichen wohl eigentlich an pubertätstypischen Rollenkonflikten, Depressionen, Körperbildstörungen oder sonstigen psychischen Leiden. Gerade in der Pubertät, wenn sich der Körper plötzlich verändert, schmerzt und ungleichmäßig wächst, geht es einigen Jugendlichen sehr schlecht – und das betrifft Mädchen im Besonderen, weil sie ihre erste Menstruation häufig als unangenehm, negativ oder sogar bedrohlich erleben und Schwierigkeiten haben, diese neue Situation zu bewältigen. Sich fühlen sich unwohl und unsicher mit ihrem sich verändernden Körper und der aufkeimenden Sexualität – und da kommt Social Media ins Spiel. Auf Plattformen wie Youtube, Instagram oder Facebook werden schon kleinen Kindern vermeintlich perfekte Menschen präsentiert, mit makelloser Haut, stählernem Körper und großem Busen. Dieses völlig falsche Bild, kann psychischen Druck und Selbstwertprobleme erzeugen. Probleme, für die Influencer nur einen Klick weiter schon die Lösung parat haben: Gegengeschlechtliche Hormone hier, ein paar Skalpellschnitte da, und schon sei man wieder glücklich.

Spätestens nach der geschlechtsangleichenden Behandlung wird dann aber für viele klar, dass die Flucht aus dem eigenen Geschlecht eben nicht die erhoffte Lösung aller Probleme ist. So ging es unter anderem auch der ehemaligen Tavistock-Patientin Keira Bell, die Bekanntheit erlangt hatte, weil sie nach ihrer Behandlung die Klinik verklagte. Bell wurde nicht nur mit nur 16 Jahren mit Pubertätsblockern und Hormonen behandelte, man entfernte ihr kurze Zeit später auch die Brüste. Gegenüber dem Nachrichtensender Sky News sagte Bell später: „Man hätte mir sagen sollen, ich soll warten“, eine intensive Psychotherapie wäre besser gewesen. Sie sei als 15-Jährige viel zu schnell in Richtung der „Geschlechts-Transition“ gedrängt worden.

Die inzwischen 23-Jährige hatte während ihres Gerichts-Prozesses außerdem angegeben, dass die Medikamente zur Geschlechtsumwandlung ihren Körper irreparabel geschädigt und sie vermutlich unfruchtbar gemacht haben – und dass sie als Teenager gar nicht in der Lage war, solche Risiken oder langfristigen Folgen zu bedenken. Bell gewann den Gerichtsprozess gegen die Klinik und bekam vom High Court Recht, dass Jugendliche „mit größter Wahrscheinlichkeit nicht in der Lage (seien), die Tragweite und Risiken der Einnahme von Pubertätsblockern zu erfassen und ihre Zustimmung dazu zu geben“. Das Urteil stellte fest, dass vor der Behandlung mit den wenig erforschten Medikamenten kurzzeitig die Genehmigung eines Gerichts einzuholen sei – aber es wurde in der zweiten Instanz wieder gekippt.

Bell gab damals an, in Berufung gehen zu wollen, doch der Antrag wurde abgelehnt. Selbst wenn sie dauerhaft Recht bekommen hätte, wäre aber eine bittere Erkenntnis geblieben: sich selbst kann sie nicht mehr helfen, denn der Schaden ist bereits angerichtet, er ist irreversibel. Und sie ist nicht der einzige Fall, in dem ein junger Mensch mit psychischen Problemen unhinterfragt in fatale Entscheidungen gedrängt wurde. Auch Ritchie Herron, ein junger Mann, der aus lauter Verzweiflung eine Frau werden wollte, wandte sich vor kurzem mit seiner Geschichte an die Öffentlichkeit. Er berichtete im Internet, dass er nach seinem Kampf gegen psychische Probleme – Depressionen, Angstzuständen und Zwangsstörungen – und nach Jahrzehnten der Unterdrückung seiner Homosexualität, gedacht habe, die einzige Lösung sei, eine Frau zu werden. In der Tavistock Klinik wurde seine psychische Krise nach eigenen Aussagen „nicht berücksichtigt“. Kein einziger Fachmann habe untersucht, ob ihn psychische Probleme zu der Annahme geführt haben könnten, dass er trans sei. Stattdessen wurde er sehr schnell dazu gebracht, „den größten Fehler seines Lebens“ zu begehen. Mit 26, volljährig aber in einem sehr „verletzlichen“ Zustand, entfernte man ihm den Penis und seine Hoden. Als Ritchie nach der Operation wieder zu sich kam, dachte er als erstes nur „Oh Gott, was habe ich getan?“ – er bereute seine Entscheidung zutiefst. Heute lebt er wieder als Mann. Dank der geschlechtsangleichenden Behandlung ist er mit 35 Jahren unfruchtbar, inkontinent und leidet unter anhaltenden, starken Schmerzen.

TRANSPOLITIK DER AMPEL
Skalpell unter dem Regenbogenmantel – Und wo bleibt das Kindeswohl?
Um Schicksale wie die von Keira Bell und Ritchie Herron zu verhindern, plädierte Hilary Cass dafür, die Tavistock Klinik zu schließen und damit das bestehende Modell eines einzigen Anbieters für geschlechtsspezifische Dienstleistungen in Großbritannien abzuschaffen, da es die „ganzheitlichen Bedürfnisse notleidender und gefährdeter Jugendlicher nicht erfüllt“. Laut Cass sollte die Klinik in Zukunft durch regionale Zentren mit einer „angemessenen multiprofessionellen Belegschaft“ ersetzt werden, damit ein integriertes Versorgungsmodell angeboten werden könne – die NHS folgte der Empfehlung und gab bekannt, bis zum nächsten Frühjahr zwei Kliniken für Kinder mit Geschlechtsdysphorie einführen zu wollen, in denen Ärzte aus unterschiedlichen Fachgebieten zusammenarbeiten. Außerdem wolle man klinische Studien in Partnerschaft mit dem National Institute for Health and Care Research starten, um die Wirkweise und Folgen von Pubertätsblockern genau zu untersuchen.

Ob das am Ende wirklich bedeutet, dass der Trans-Wunsch von Jugendlichen in England künftig kritischer hinterfragt, statt nur bestätigt wird, bleibt offen. Die Schließung der Tavistock Klinik ist aber zumindest ein Schritt in die richtige Richtung – und ein weiteres Zeichen dafür, dass geschlechtsangleichende Maßnahmen bei Kindern und Jugendlichen in unseren Nachbarländern inzwischen stärker hinterfragt werden. In Deutschland kann davon leider nicht dir Rede sein – im Gegenteil: Die Ampel treibt die Gefährdung psychisch angeschlagener Jugendlicher mit ihrem neuen Selbstbestimmungsgesetz noch weiter voran. Statt neue Hürden zu schaffen, um das Kindeswohl zu schützen, werden sukzessive auch noch die letzten Hindernisse, sein Geschlecht zu wechseln, abgeschafft.

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