Pilotenausbildung für Ukraine lief längst vor der offiziellen Zusage der Kampfjets

Ein Dokument aus dem März 2023, das dem Autor und der TE-Redaktion vorliegt, zeigt, dass die F-16-Schulung ukrainischer Piloten lange vor der Ankündigung Präsident Bidens begann. Von Torsten A. Kurschus

IMAGO / AFLO
Bisher war wiederholt berichtet worden, dass jenseits der Frage, weniger ob, sondern wann moderne westliche Kampfflugzeuge an die Ukraine geliefert werden, die Ausbildung von ukrainischen Piloten für solche Kampfjets bis zu einem Jahr dauern würde. Das sieht nun in einem US-Dokument aus dem März 2023, das dem Autor und der TE-Redaktion vorliegt, ganz anders aus.

Danach überraschte es im US-Airforce Hauptquartier, dass die beiden ersten, 26 und 28 Jahre alten ukrainischen Piloten, die bisher die russischen Fightjets MIG-29 und Suchoi 27 geflogen hatten, innerhalb von nur einer Woche imstande waren, die hochkomplexe Technik der F-16 ad hoc nicht nur zuverlässig zu beherrschen, sondern auch mit taktischen fliegerischen Leistungen überraschen konnten.

In der Regel benötigt der Piloten-Nachwuchs in den USA und europäischen Partnerländern bei entsprechender Vorbildung 1.500 Ausbildungsstunden. Davon sind mindestens 150 Stunden in der Luft vorgesehen. Das sind allein mindestens zwei bis drei Monate Flugtraining.

Die F-16 ist ein einstrahliger Allwetter-Mehrzweck-Abfangjäger, welcher der SU-27, die als Pendant für den Vorgänger F-15 entwickelt wurde, weit überlegen ist. Die SU-27 ist gegenwärtig das Rückgrat der russischen Jäger-Flotte. Die F-16, die außer in Deutschland in mehreren Nato-Staaten geflogen wird, sollte ohnehin etwa im Jahr 2025 sukzessive durch die F-35 Lightning II in mehreren Versionen ersetzt werden.

Deshalb macht es Sinn, schnell die „alten“ F-16 an die Ukraine abzugeben, statt diese mit einem Wartungsaufwand von mehreren 100 Millionen einzumotten. Bei General Dynamics, dem Hersteller dürften die Sektkorken knallen, denn auch Deutschland kommt mit der multinationalen Nachrüstung und Weiterentwicklung des Eurofighters nicht mehr voran und bestellt selbst für 10 Milliarden den Tarnkappenbomber F-35.

Grund sind europäische Grabenkämpfe, vor allem zwischen Frankreich und Deutschland, sowie die noch nicht gelungene Einbindung Schwedens in Nato-Verteidigungsprojekte. Nur das hätte die notwendige Handlungsmacht eines Verteidigungsbündnisses für die Entwicklung eines eigenen neuen Mehrzweck-Kampfflugzeuges bilden können, nachdem schon der letztlich exzellente Eurofighter vor 30 Jahren ein schwierige und teure Geburt war.

Ein alter DDR-Kampfpilot sagte uns vor 30 Jahren – wer eine MIG-21 fliegen kann, kann alles fliegen. Das scheint sich jetzt als Übertrag von der MIG-29 auf die F-16 zu bewahrheiten. Dass die Ukraine in deutlichem Ausmaß nicht nur die F-16 erhalten wird, gilt als längst ausgemacht.

Mit diesen Waffenlieferungen und der laufenden Ausbildung ist die Ukraine de facto Nato-Partner. Auch wenn die Politiker beim „Europagipfel“ in Moldau und Nato-Außenministertreffen in Oslo davon nichts verlauten ließen.

Torsten A. Kurschus

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Kommentare ( 31 )

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oHenri
3 Monate her

„Die Ukraine ist de facto bereits in der Nato“ Nein. Die Ukaine ist Leibeigene der NATO – nur deshalb konnte die NATO (und ihr wahnsinniger Vasall Selensky) hunderttausende ukrainische Soldaten in den sicheren Tod senden; Ein Vollmitglied der NATO liesse sich nicht derart verheitzen. Ob sich denn der Einsatz der Ukraine langfristig lohnt, darf bezweifelt werden. Bereits sind 20% Fläche dauerhaft verloren, und so wie es aussieht, werden es am Ende 30% oder 40% sein. Die restlichen – sagen wir 60% – sind dann entvölkert, zerstört, und niemand, weder die USA noch die EU, und schon gar nicht die Ukraine… Mehr

Timur Andre
3 Monate her

Geopolitik: Ausgangsszenario, die USA wissen, der Dollar ist so nicht mehr zu halten. Das gesamte Finanzsystem ist zu hoch verschuldet, gerade bei westlichen Finanzinstituten, und das Spiel FIAT, Geld geschöpft aus dem Nichts, ist bald vorbei. Was macht man? Man (hauptsächlich die USA) bekommen neues Anlagevermögen (Rohstoffe etc.), die sie verwerten und beleihen können. Dann rollt der Ball weiter? Wo sind solche Vermögen: aus Ukraine/Russland etc. Gleichzeitig bereitet man Plan B vor, falls es nicht klappt einen eigenen Wirtschaft und Finanzraum, ohne den großen Konkurrenten. On shoring, man holt es sich aus Europa, insbesondere Deutschland. Man schwächt den stärksten Wirtschaftskonkurrenten… Mehr

Last edited 3 Monate her by Timur Andre
Holger Wegner
3 Monate her

Haisenko (anderwelt), selbst Pilot, meint, dass das Umschulen von Russentechnik mit verkehrten Horizonten auf Amiflugzeuge kaum so einfach ist, weil die Urreflexe falschrum sind

the NSA
3 Monate her

Der Artikel stellt vieles inkorrekt dar: 1. Es wird praktisch keine Fights zw. F-16 und SU-27 geben, weil, die SU-35 die F-16 angreifen werden. RU hat heute mehr 35 als 27 im operativ, vorallem an der Front. 2. Der Einsatz von F-16 wird keine strategische Aenderung der Situation bewirken. 3. Worueber all die Amateurscribenten in den MSN am meisten fabulieren, ist, der Kampf zw. F-16 vs. SU-35. Man sieht an deren Artikeln (ich nenne keine Ukr-Fans mit Namen), dass sie weder Erfahrung auf dem Felde haben, noch techn. Wissen. 4. Ich nenne kurz einige Fakten zur F-16   a) Sensoren:   i) die… Mehr

what be must must be
3 Monate her

Komplex, komplex das Ganze. Ich merke mir einfach den Leitsatz der Amerikaner: „China ist der Feind; auf den Pazifik kommt es an; Europa ist ein Museum“.

Roland Mueller
3 Monate her

Die ukrainische Armee hat bis heute über 400 Kampfflugzeuge verloren. Nicht durch Luftkämpfe mit russischen Jägern, sondern durch russische Flugabwehrraketen. Das gleiche Schicksal wird auch die F-16 oder was auch immer aus dem Wertewesten geliefert wird, ereilen.

Klaus D
3 Monate her

Die Ukraine ist de facto bereits in der Nato…..und das ist auch gut so! Was wäre denn die alternative zum „westlichen bündnis“? Sicher sind die USA nicht perfekt als „führer“ aber immer noch besser als das was in russland oder china passiert. Wir sollten uns im klaren sein das wir in einer zeit leben wo es um die globale macht geht.

Thomas
3 Monate her
Antworten an  Klaus D

Das ist die grosse Frage der Zukunft:
Bleibt Europa bei den USA. Setzt es weiterhin auf die Pax Americana?
Oder setzt es auf die neu entstehende multipolare Weltordnung, Brics, und geht den USA von der Fahne, versucht eigenständig zu werden. Mit allen damit verbundenen Risiken (in den Sog Russlands und/oder Chinas zu geraten) und Kosten (Verteidigung)?
Sehr schwierige Frage, die kaum im Bewusstsein ist und bisher kaum diskutiert wird.

Last edited 3 Monate her by Thomas
Klaus D
3 Monate her
Antworten an  Thomas

Das ist unlogisch denn ES kann nur einen geben! Die EU ist viel zu schwach und würde dann einem anderen gehorchen = russland china indien. Wollen sie (wir) das wirklich?

Landgraf Hermann
3 Monate her
Antworten an  Thomas

Was wird sein? Ich sage, Europa ist schon Besatzungsgebiet der USA, so, wie es seit 1945 Deutschland noch heute ist.

Klaus D
3 Monate her
Antworten an  Landgraf Hermann

Und wenn nicht wäre der russe noch heute hier! Wollen sie leben wie einst in der DDR?

Landgraf Hermann
3 Monate her

Viel menschenverachtender, als für eigene Interessen Geld und Material und Waffen zur Verfügung zu stellen, mit denen andere sich dann umbringen dürfen, geht eigentlich kaum, oder?

Thomas
3 Monate her

Nato ist heute genausowenig eine Einheit wie die EU. Innere Bruchlinien und divergente Interessen ihrer Mitglieder sind klar zu erkennen. Die Erdogan Türkei ist mit ihrer neutralen Haltung zu Russland der grösste Wackelkandidat. Zukunftsweisend ist auch der von den USA unterstützte Versuch Polens mit dem Intermarum einen Sperr Riegel von Finnland bis zum Schwarzen Meer zu errichten um Westeuropa/Deutschland und Russland/Eurasien/China endgültig zu trennen. Deswegen musste Nordstream weg. Mit diesen Bemühungen werden wichtige Energie- und Handelsinteressen Frankreichs und Deutschlands tangiert. M.E. sollte die Nato aufgelöst werden, weil sie mehr Gefahr als Schutz für Europa darstellt. Deutschland/Europa muss sich selbst schützen… Mehr

what be must must be
3 Monate her
Antworten an  Thomas

„Deutschland/Europa muss sich selbst schützen können.“ – Das war ja wohl ein Schuß in den Ofen. Ich lach mich tot. Womit denn? Mit für Schwangere umgebauten Panzern?! Vor einem Jahr hatte die Bundeswehr noch 50 einsatzbereite Panzer und 20 einsatzbereite Kampfjets. Die Zerstörung der Bundeswehr war von Merkel geplant und ist nun vollendet. Die Abhängigkeit von den USA ist grösser denn je. Dazu kommen ständige Auseinandersetzungen mit den Franzosen, die bei jeder Zusammenarbeit Deutschland/Frankreich der Hauptprofiteur sind. Airbus ist da nur ein Beispiel von vielen.

Johann P.
3 Monate her

„Die Ukraine ist de facto bereits in der Nato“ – und die Nato führt de facto bereits einen (Stellvertreter-)Krieg gegen Rußland, so sieht es aus! Solange der hinfällige Biden und seine Gefolgsleute in Nato und EU am Zündeln sind, kann es jederzeit zum großen Knall kommen. Aber anscheinend ist der Tanz auf dem Vulkan mal wieder in Mode und wenn es dem Esel zu wohl wird, geht er aufs Eis…