Umweltschädlich bei unerheblichem Energiegewinn – Israel erwägt fünfjähriges Windrad-Moratorium

Die israelische Umweltministerin Tamar Zandberg plädiert für eine Überprüfung der 2016 auf den Golanhöhen errichteten Windräder. Die Vogelsterblichkeit hat sich seitdem drastisch erhöht. Die Region liegt in der Luftschneise Hunderter Millionen Zugvögel.

IMAGO / blickwinkel
Symbolbild

Das grundsätzlich innovations- und technologiefreundliche Israel – Beiname „Start-up-Nation“ – erwägt ein fünfjähriges Moratorium für den Bau von geplanten 200 Windrädern. Wenn es nach der Umweltministerin Tamar Zandberg geht, werden die sieben jetzt genehmigten Windräder die letzten sein, die bis 2027 aufgestellt werden. Begründung: Sie töten Vögel und sind ein unerheblicher Energiegewinn für Israel.

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Die 46-jährige „Tami“, wie sie von Freunden und politischen Gegnern genannt wird, profilierte sich vor einer Dekade in einer sozialen Protestbewegung, schaffte es an die Spitze der linken Meretz-Partei, errang einen Sitz im Parlament und ist im Kabinett Bennett, jetzt Kabinett Lapid, seit gut einem Jahr Ministerin für Umweltschutz. Ein Amt, das es in Israel seit 1988 bereits gibt.

In einem Schreiben an ihre Kabinettskolleginnen zuständig für Energie und Inneres plädiert sie für eine mindestens fünfjährige Überprüfung der über 30 bestehenden Windräder, die allesamt im Norden Israels auf den windreichen Golan-Höhen errichtet wurden. Diese Region liegt aber auch in der Luftschneise Hunderter Millionen Zugvögel, die jährlich vom Norden nach Eurasien/Afrika und zurück fliegen. Die Betreiber-Firma „Enlight“-erneuerbare Energie plant jetzt 11 und langfristig insgesamt 200 Windräder mit einer Höhe von 200 Metern – höher als die meisten Wolkenkratzer, die in Tel Aviv stehen.

Die Golanhöhen gelten international als umstrittene Gebiete. Israel hat das 1.800 Quadratkilometer große Gebirgsplateau 1981 annektiert, nachdem es 1967 und 1973 militärische Angriffe Syriens mit Hunderten von Panzern abwehren konnte. Die Windräder sollen mehrheitlich im „Tal der Tränen“ aufgestellt werden. Der sinnträchtige Ortsbegriff stammt aus dem Yom Kippur-Krieg. Tausende Soldaten auf beiden Seiten mussten dort innerhalb von wenigen Tagen im Oktober 1973 ihr Leben lassen. Das Gebiet ist bis heute dünn besiedelt und wird von Israel für viele umwelttechnische Versuche genutzt.

Einfluss von Windkraftanlagen aufs Klima
Das ABC von Energiewende und Grünsprech 105 – „Terrestrial Stilling“
Zandberg zweifelt nicht am Nutzen der erneuerbaren Energie, misst aber dem Wert der Natur und dem des fliegenden Gefieders mindestens die gleiche Bedeutung zu. Die riesigen Windräder haben einen überdimensionalen Einfluss auf die Natur, heißt es in dem Schreiben der Umweltministerin: Infrarote Geräusche (infrared noise), die das menschliche Gehör nicht wahrnimmt, und blitzendes Licht, während sich die Windräder drehen, gehören ebenso dazu wie die mechanische Gewalt der turbinen-angetriebenen Flügelräder.

Die seit 2016 auf den Golanhöhen stehenden Windräder haben die Vogelsterblichkeit drastisch erhöht. Einer Studie zufolge sind allein innerhalb eines Jahres (Mai 2020 bis Mai 2021) an einem Standort mit 14 Windrädern 17 Schlangenadler, 147 Schwarmilane, 47 Störche, 278 Turteltauben tot aufgefunden worden. Die Liste beinhaltet auch 5.655 Fledermäuse. Die vernichtenden Auswirkungen auf Insekten sind ebenfalls verheerend.

Der Energiegewinn wird von der Umweltministerin als „unbedeutend“ bezeichnet, während der Schaden an der Natur sehr groß sei. Israel hat sich dennoch zum Ziel gesetzt, 730 Megawatt Strom bis 2030 mit Hilfe der Windrad-Technologie zu produzieren. Der „unbedeutende Energiegewinn“ steht in Relation zu den neuentdeckten Gasfeldern, die vor der Küste lagern. Schätzungen der IBI Investment House liegen tief unter der Meeresoberfläche 900 Milliarden Kubikmeter Gas. Israels jährlicher Bedarf liegt bei 13 bis14 Milliarden Kubikmeter. Der Judenstaat kann deshalb inzwischen Gas nach Jordanien und Ägypten exportieren. Kairo hat aktuellen Pressemeldungen zufolge zugesagt, über eigene Gas-Verflüssigungsanlagen (LNG) schon bald Energie an Deutschland zu liefern.

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Kommentare ( 18 )

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Waldorf
1 Jahr her

Auch bei uns ist seit vielen Jahren klar, dass „erneuerbare Energien“ keinen wesentlichen Beitrag zu unserer Energieversorgung bringen, überwiegend nur Nachteile gebracht haben. Auf der Habenseite haben Wind und Solar die Abwesenheit von Emissionen, sie „rauchen nicht“ Welche Energie verwendet werden mußte, WKA und PVAs herzustellen, nach Deutschland zu bringen, aufzustellen und zu bewirtschaften, wird rglm schöngeredet oder ganz verschwiegen. Jedenfalls wachsen sie nicht an Bäumen und stellen sich auch nicht von Wunderhand in die Natur. Manko ist und bleibt die fehlende Speichertechnik im Großmaßstab, aus den volatilen EE einen stetigen Stromfluss zu machen, sie Grundlastfahig zu machen. früher brauchten… Mehr

Niklas
1 Jahr her

Bei uns ist es längst durch, dass sich alles, ALLES dem sogenannten „Klimaschutz“ zu beugen hat! Tiere des Waldes, die vor gelben Bulldozern fliehen, war in meiner Kindheit DAS Bild für Umweltzerstörung – jetzt sitzen am Steuer der Baumaschinen Grüne und kreischen „Windmühlen, Windmühlen, Windmühlen!!!“, während sie sich durch Wald und Flur fräsen, um schlussendlich tausende Tonnen Stahlbeton im Boden zu versenken und hässliche Vogelhäcksler zu errichten.

Ralf Poehling
1 Jahr her

Regenerative Energien haben einen enormen Flächenverbrauch.
Deutschland ist aber eins der am dichtesten besiedelten Länder der Welt.
In Israel dürfte es ähnlich eng sein, also muss man mit dem Platz haushalten.
Bei ungenutzten Flächen, wie z.B. Dächern, kann man Solarpanels verbauen, ohne weitere Fläche zu verbrauchen. Bei Windrädern klappt das aber nicht.
Den geringsten Flächenverbrauch hat die Atomkraft.

Brandini
1 Jahr her

Vor nicht langer Zeit haben deutsche Firmen in Aegypten Anlagen zur Energieerzeugung/Raffinerien gebaut, heute verkaufen die Aegypter Energie nach Deutschland.
Die, die nicht ueber die Deutschen lachen, nutzen die Dummheit aus und machen ein Geschaeft daraus.

Iso
1 Jahr her

Technologisch kommt das Windrad kurz nach der Steinzeit und Faustkeil. Schon der Flächenverbrauch für die „alternativen Energien“ ist völliger Wahnsinn. Letztlich führt kein Weg an Atomkraft vorbei, aber erkläre das mal einem 50-jährigen, der in seiner Kindheit noch Tschernobyl miterlebt hat. Der ist heute noch traumatisiert und hält die 4 Jahreszeiten für die apokalyptischen Reiter. Pest, Krieg, Teuerung und Tod. So redet er dann auch. 🙂

Alexis de Tocqueville
1 Jahr her
Antworten an  Iso

Als 43jähriger habe ich Tschernobyl auch bewusst miterlebt. Kann mich dran erinnern. Ich durfte danach keine Pilze sammeln, aber das war vorher auch schon so. Meine Eltern verstanden nichts von Pilzen und hielten auch nicht viel von der Idee, dass ich irgendwelche selbstgesammelten Pilze esse. Ich hatte übrigens auch nie Interessse daran. Insofern hält sich mein Trauma in Grenzen.
Spaß beiseite: Traumatisiert von Tschernobyl waren sicher die Menschen in Tschernobyl. Die Leute hier haben gewiss kein Trauma erlitten. Die haben bloß einen an der Klatsche und Tschernobyl ist eine der zahllosen Ausreden dafür.

Last edited 1 Jahr her by Alexis de Tocqueville
Innere Unruhe
1 Jahr her

In der Tat. In der Ukraine und ander ExSoviet-Ländern stehen die KKWs nach wie vor.

Heiner
1 Jahr her
Antworten an  Iso

Er ist nicht traumatisiert sondern propagandisiert. Tschernobyl war DIE Gelegenheit für all jene, die den Unterschied zwischen einer Kernwaffenexplosion (Hiroshima/Nagasaki – überirdisch mit geradliniger Ausbreitung der Gammastrahlung und Druckwelle nach allen Seiten) mit einer Havarie im Atommeiler (unterirdisch, Druck und Gamma nur nach oben in die Luft) nicht verstanden und sie gleichsetzten, um die Strahlenangst auszunutzen. Das Problem sind die Betastrahler (übrigens das einzige, was im Rahmen der Abwehr von ABC-Waffen durch FFP2 Masken zurückgehalten wird!) Wie heute werden die wirklichen Todesraten Tschernobyls unter den Teppich gekehrt, weil nicht grünmedienkonform. Arte brachte die sehr gute Dokumentation „Uran und Mensch –… Mehr

Brotfresser
1 Jahr her
Antworten an  Heiner

In dieser Aufzählung darf Frieder Wagners Film „Todesstaub“ nicht fehlen! Mit Geldern der öffentlich-rechtlichen finanziert hat er die Auswirkungen der panzerbrechenden, aus abgereichertem Uran hergestellten Munition beschrieben, die die Amis in den Irak-Kriegen verwendet haben („depleted uranium“, wenn ich es richtig erinnere…). Das ganze Leid der Zivilbevölkerung, die schrecklichen Missgeburten usw. hat der Wagner so gut dokumentiert, dass der Film einmal gesendet und dann im Giftschrank deponiert wurde! Schließlich kritisierte er ja massiv unseren guten „Uncle Sam“ – das ging ja gar nicht! Im nahen Osten ist die Strahlenbelastung durch diese Uranmunition wesentlich schlimmer als die Folgen von Fukushima, Tschernobyl… Mehr

Schwabenwilli
1 Jahr her
Antworten an  Brotfresser

Atomkraft bzw die heutigen Atomkraftwerke sollten auch eine Übergangstechnologie sein Punkt ich bin auch kein Freund von AKWs und dem anfallenden radioaktiven Abfall. Im Grunde genommen hilft nur eines, weniger Energieverbrauch durch weniger Bevölkerung auf diesem Planeten.

Exilant99
1 Jahr her

Ja so ist das. Die erneuerbaren Energien sind auch nicht ohne Folgeschäden für die Umwelt. Windräder sind nach ihrer Lebenszeit Sondermüll. Bei Solar sieht’s noch schlimmer aus. Jüngst gab’s einen brisanten Artikel in den USA über die Solarwirtschaft in Kalifornien. Statistisch die meistens Solardächer der Welt. Die Panels sind Sondermüll die auf riesigen Müllhalden liegen. Die Solarpanels enthalten viele hochgiftige Stoffe die dort mittlerweile ins Grundwasser gelangen und die örtliche Wasserversorgung verseuchen. Und das bei einer Lebenszeit von 30 Jahren, da muss man sicher fragen ob diese Solarzellen überhaupt irgendeinen Mehrwert bringen gegenüber fossilen Energieträgern. Aber das ist alles egal.… Mehr

Last edited 1 Jahr her by Exilant99
Waldorf
1 Jahr her
Antworten an  Exilant99

Das Thema „Grüner Sondermüll“ wird gar nicht gerne thematisiert… EE-Schrott aus Windmühlen und PVAs ist nicht gut recycelbar, derzeit faktisch gar nicht. Gleiches gilt für Hausdämmungen, die überwiegend aus Schaumstoffen bzw Styropor bestehen, oft gegen Schimmel und Feuer chemisch behandelt. Und für die Grünen Lieblinge „Akkus“ aus eAutos, eBikes, Scooter/Roller gilt das gleiche. Lipo/Life-Zellen sind ebenfalls Sondermüll und derzeit eher nur theoretisch recyclebar. Nachhaltig ist an diesen Sondermüllbergen schlicht gar nichts, der Energiebedarf zur/bei Entsorgung, soweit derzeit überhaupt möglich, taucht in keiner mir bekannten „Ökobilanz“ auf. Transparente Ökobilanzen bei der jeweiligen Herstellung der „Neuware“ sind (wenn überhaupt) eher schwer denn… Mehr

Lehrer sind auch nur Menschen
1 Jahr her

die Vögel im Besten Deutschland aller Zeiten sind natürlich schlauer und fliegen um die Windmühlen drum herum… vielleicht ein Exportschlager wer wie unsere Vögel besser trainiert… ist es nicht verwunderlich, wieso all diese Artenschutz-Umwelt-Organisationen keine eigenen Studien dazu anstellen? warum es den Begriff Landschaftsschutz in Deutschland nicht mehr gibt…. dieses Land ist bereits so tief in der DDR-Scheiße angekommen, dass man wohl nur noch warten muss bis Habeck und Co eine neue Mauer baut…

Schwabenwilli
1 Jahr her

Die Mauer im Kopf von Habeck existiert ja schon lange.

Barnaby
1 Jahr her

„die mechanische Gewalt der turbinen-angetriebenen Flügelräder.“

Wenn das in Israel so funktioniert, dann dürften die dortigen Windräder ja ohnehin völlig nutzlos sein.

Alexis de Tocqueville
1 Jahr her
Antworten an  Barnaby

Hier funktioniert es auch so.
In der Hälfte der Zeit dreht das Rad die Turbine, sonst dreht eben die Turbine das Rad.
Denn drehen muss es sich, sonst gehts ruckzuck kaputt.

Last edited 1 Jahr her by Alexis de Tocqueville
Barnaby
1 Jahr her

Im Ernst? Ich bin auf diesem Gebiet völliger Laie, aber ich habe mir das so vorgestellt, das die Flügel des Windrades über die Nabe eine Turbine bzw. einen Generator antreiben und somit Energie in Form von elektrischem Strom erzeugt wird. Bei Flaute habe ich auch schon sehr oft still stehende Windräder beobachtet.
Wie Sie das beschreiben, wären die Dinger ja dann die Hälfte der Zeit Stromverbraucher?

tane
1 Jahr her
Antworten an  Barnaby

Diese mechanische Gewalt nennt man Drehmoment, multipliziert mit der Drehzahl ergibt das Leistung. Leistung über eine Zeitspanne ergibt Energie. Wo unser Wohlstand und Komfort überall von Energie abhängt, lernt die Bevölkerung zunehmend. Am Ende gewinnt die Realität. Politik der letzten 17 Jahre vor Augen führen – es wird geliefert wie bestellt.