Italien will Bürgergeld abschaffen – Deutschland zahlt immer mehr davon an ausländische Bezieher

Der italienische Arbeitsminister denkt praktisch und will für eine bessere Durchblutung des italienischen Arbeitsmarktes sorgen. In Deutschland hat man ein etwas anderes Problem: Arbeit ist teuer. Die ungelernten Zuwanderer passen nicht zum hiesigen Arbeitsmarkt.

IMAGO / U. J. Alexander

Während in Deutschland immer weitere Kreise vom Bürgergeld profitieren, will die italienische Regierung unter Giorgia Meloni einen radikalen Schritt gehen. Arbeitslose Jugendliche und Migranten sollen keinen Anspruch mehr auf den sogenannten „reddito di cittadinanza“, das Äquivalent des deutschen Bürgergeld haben, sondern sich ihr Einkommen selbst verdienen – unter anderem auf den Obst- und Gemüsefeldern des Landes, die derzeit von Arbeitskräftemangel betroffen sind.

Landwirtschaftsminister Francesco Lollobrigida (Fratelli d’Italia und Großneffe der berühmten Schauspielerin Gina) sagte laut dem Corriere della sera auf der Veroneser Weinmesse „Vinitaly“: „Junge Italiener sollen wissen, dass es nicht unwürdig ist, in der Landwirtschaft zu arbeiten. Das sage ich denjenigen, die meinen, sie könnten auf der Couch sitzen und das Bürgergeld beziehen.“ Auf dem Land würden Arbeitskräfte gebraucht – ab Beginn des Frühlings bis zu 100.000 Arbeiter.

Ein Arbeitskräftemangel besteht daneben auch in der italienischen Gastronomie und dem Tourismus, wie der österreichische exxpress berichtet. Allein in diesem Bereich sind laut dem Branchenverband FIPE-Confcommercio 210.000 Stellen offen. Bei 30 Prozent der angebotenen Stellen sei es schwierig sein, angemessenes Personal zu finden. Das ist aber nur zum Teil so, weil die Bewerber ganz fehlen. Auch die Lebensläufe gefallen nicht immer oder seien unzulänglich.

Lollobrigida geriet ob seiner klaren Äußerungen zu Feldarbeit und Rückkehr aufs Land natürlich umgehend in die Kritik, blieb aber bei seiner Position: „Was die Äußerungen zum Bürgergeld betrifft, so muss ich mich nicht entschuldigen.“ Niemand könne oder solle gezwungen werden, sich für die verfügbaren Berufe zu entscheiden. „Aber ebenso wenig kann jemand verlangen, dass seine Entscheidung mit dem Recht auf eine Subventionierung auf dem Rücken derjenigen einhergeht, die sich entschlossen haben, im Einklang mit der italienischen Verfassung zum Wirtschaftswachstum dieser Nation beizutragen.“

Italien hat – wie andere europäische Länder auch – mit einer wachsenden Unlust auf Arbeit zu tun: 194.000 Menschen im Alter zwischen 15 und 64 Jahren sind nicht auf Arbeitssuche. Zurückgeführt wird dieses Phänomen zumindest teilweise auf die Corona-Zeit, aber natürlich auch auf die staatlichen Zahlungen wie das „reddito“, die auch ohne Bürojob oder körperliche Arbeit auf dem Konto eintrudeln.

Ausweitung der Bürgergeld-Zone?

Aus dem deutschen Kernland Hessen ist dagegen zu hören, dass inzwischen weitere Gruppen von Antragstellern in den Genuss von Bürgergeld komme. Wie die Junge Freiheit mit Berufung auf einen Insider berichtet, zahlen die hessischen Arbeitsagenturen inzwischen auch bei Drittstaatlern, die über die Ukraine nach Deutschland eingereist sind, umgehend Bürgergeld aus, sobald die Nicht-Ukrainer einen Antrag auf Aufenthaltserlaubnis gestellt haben und erkennungsdienstlich behandelt wurden. Die Migranten müssten demnach lediglich angeben, über die Ukraine eingereist zu sein, und hätten dann sofortigen Anspruch auf Bürgergeld. Eine Überprüfung dieser Angaben von seiten der Arbeitsagenturen, so die JF, gebe es nicht. Der Insider befürchtet angeblich, dass sich die Nachricht vom erleichterten Bürgergeldbezug auch bei den Schleppern herumspricht.

TE hat bei der Regionaldirektion Hessen der Bundesagentur für Arbeit nachgefragt, ob es eine solche Entscheidung und Weisung gibt. Doch eine definitive Antwort scheint den Verantwortlichen schwerzufallen. Klar ist, dass alle „Drittstaatsangehörige“, die vor dem 24. Februar 2022 in der Ukraine lebten, bereits heute Anspruch auf das deutsche Bürgergeld haben. Deren Zahl sei aber gering, so eine Sprecherin der Regionaldirektion gegenüber TE. Was dabei unklar bleibt, ist, ob sich ein Sogfaktor aus Entscheidungen zugunsten von Migranten oder Asylbewerbern ergibt, die heute noch behaupten, aus der Ukraine einzureisen.

Die Kategorie der Drittstaatler mit „Ukraine-Bezug“ sorgte schon 2022 für einiges Aufsehen: einerseits, weil einige Nicht-Ukrainer (etwa vermeintliche Studenten aus Subsahara-Afrika) in der Ukraine angaben, Schwierigkeiten bei der Ausreise gehabt zu haben, was zum Teil zu ausufernden Medienberichten führte; zum anderen, weil sich in Deutschland bald darauf die Erstaufnahmen mit Drittstaatlern füllten, die angeblich aus der Ukraine gekommen waren, das aber oft genug kaum nachweisen konnten. In den meisten Fällen dürfte es sich um Migranten von der Balkanroute gehandelt haben, denen findige Schlepper wie gewohnt falsche Papiere – nun eben aus der Ukraine – ausstellten. Angeblich gab es viele solcher gefälschten Papiere aus der für ihre Korruption und den Mädchenhandel seit langem bekannte Ukraine.

Es bleibt ein ungutes Gefühl. Denn natürlich ist die Flucht aus dem Kriegsland Ukraine noch immer aktuell. Was, wenn sich Schlepper und Schleuser erneut an dieses Fluchtgeschehen dranhängen? Dann drohte vielleicht wirklich, eine größere Nachahmerwelle, obwohl unklar bleibt, wie die deutschen Arbeitsagenturen konkret in solchen Fällen entscheiden. Die Statuszuweisung an die Asylbewerber (Migrant mit Ukraine-Bezug oder nicht) liegt dabei in jedem Fall bei den Ausländerbehörden.

Wachsende Zahl ausländischer Bürgergeldbezieher

Die Zahl der arbeitslosen Bezieher von Arbeitslosen- oder heute Bürgergeld, die aus den hauptsächlichen Asylherkunftsländern stammen, wächst jedenfalls beharrlich. In diesem März erreichten sie 36,5 Prozent, machten mehr als ein Drittel aller Arbeitslosen aus. Wo es 2020 „nur“ 124.432 syrische Hartz-IV-Bezieher gab, sind es heute laut der Statistik der Bundesagentur für Arbeit mehr als 139.000, bei jährlichen Zuwächsen in zweistelliger Prozenthöhe. Seit März 2022 sind 13,5 Prozent mehr Syrer in den Bürgergeldbezug gekommen, in absoluter Zahl 16.600.

Bei den Afghanen betrug der Anstieg im Vergleich zum Vorjahr sogar ein gutes Viertel (26,2 Prozent). Das bedeutet, knapp 10.000 Afghanen konnten sich binnen der letzten zwölf Monate den Bezug von Bürgergeld sichern. Inzwischen stellen sie fünf Prozent aller ausländischen Bürgergeldbezieher, die Syrer 14,7 Prozent. Angeführt wird die Liste derzeit von den Ukrainern mit einem Anteil von knapp 20 Prozent an allen ausländischen Arbeitslosen im Bürgergeldbezug (absolute Zahl: 187.824). Auch bei vielen anderen Nationalitäten sah es nicht besser aus. So gab es 7,3 Prozent mehr Marokkaner im Bürgergeldbezug (absolut heute: 8.547). Die Arbeitslosigkeit der meisten Menschen aus Asyl-Herkunftsländern ist deutlich, oft um zweistellige Prozentwerte, gestiegen (in Klammern die aktuelle Zahl aus dem März 2023):

Somalia: +18,5 Prozent (5.754)
Nigeria: +16,5 Prozent (5.035)
Tunesien: + 6 Prozent (3.466)
Algerien: +11 Prozent (2.283)
Ägypten: + 7,6 Prozent (2.210)
Kamerun: + 15 Prozent (1.442)
Guinea: + 16,5 Prozent (1.236)
Libyen: +18 Prozent (1.093)
Sudan: +17 Prozent (1.063)

Insgesamt gab es im März 2023 im Vergleich zum Vorjahr knapp zehn Prozent mehr Bürgergeldberechtigte als noch ein Jahr früher. Dagegen blieb die Zahl der Bürgergeldbezieher mit deutschem Pass seit März 2022 weitgehend stabil (+0,2 Prozent, ähnlich auch gegenüber dem März 2020), während die aller arbeitslosen Ausländer innerhalb einem Jahr um 32 Prozent wuchs. Heute profitieren 286.000 „Asiaten“ und 52.000 Afrikaner vom deutschen Bürgergeld. Ob sich diese hohe Zahl inzwischen auch einem erleichterten Zugang zum Bürgergeldsystem verdankt, bleibt unklar, auch weil jede Arbeitsagentur dazu eigene Weisungen verfassen kann. In Hessen gehören etwa nur zehn Arbeitsagenturen zur Regionaldirektion Hessen der Bundesagentur für Arbeit. Die anderen Arbeitsagenturen des Landes agieren selbständig.

In Deutschland geht es im Gegensatz zu Italien nicht darum, dass unzählige ungelernte Jobs für die Zuwanderer bereitstünden. Dieser Markt dürfte mehr oder weniger gesättigt sein. Daraus resultiert hierzulande die Alternativlosigkeit des „Hartzens“ für viele der neuen Zuwanderer.

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Kommentare ( 62 )

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Perlentaucher10
8 Monate her

Auf den Kanaren wird anders verfahren. Die Anspruchsteller kommen ins Binnenland, wo in Lagern über den Asylantrafg entschieden wird. Die Negativbeschiedenen werden gleich abgeschoben, die anderen aufs Festland verbracht, wo sie selber entscheiden können, wohin sie wollen. Wohin sie wollen, weiß jeder.

Vox populi
1 Jahr her

Diese vernünftige Politik verfolgt Portugal schon lange. Wer dort Asyl will, ist willkommen, bekommt aber eine Schaufel in die Hand gedrückt oder wird auf die heissen Avocadofelder im Alentejo geschickt. Zum Arbeiten versteht sich. Sonst gibt es keine Kohle. So einfach können Dinge sein. Logischerweise gibt es dadurch in Portugal auch keine kriminellen Asylforderer. Diese Karavane zieht weiter. Ja wohin wohl? Nicht umsonst gilt Portugal auch heute noch als eines der sichersten Länder der Welt. Dort wird niemand auf der Strasse geschlachtet, keine täglichen Messerattacken wie im Kalifat Deutschland.

Innere Unruhe
1 Jahr her

Wieso zahlt DE Bürgergeld an Ausländer.
Dieses Geld muss umbenannt werden, selbst wenn die Höhe unverändert bleibt.
Das würde eine Statistik ermöglichen. Wie viel zahlen wir nun an Ausländer?
Deutschland ist bekanntlich ein rassistisches und antisemitisches, diversitätsfeinliches Nest. Wo in der Welt gibt es so viele Beauftragte dazu?
Es wäre besser für die Sicherheit von (potentiellen) Rassismusopfern, Antisemitismusopfern, Opfern der Diversität- und Homofeindlichkeit DE zu verlassen.

na sowas
1 Jahr her

Wenn es in Deutschland, durch die miserable Innenpolitik, zu Krawallen kommt, soll keiner, aber absolut keiner, den dafür Verantwortlichen, zur Hilfe eilen. Diese Bagage soll sich selber helfen.

Schwabenwilli
1 Jahr her

Spätestens wenn die Polizei und daraufhin folgend in logischer Konsequenzen die eingesetzte Bundeswehr mit den zugewanderten Partypeople nicht mehr fertig werden, werden ausländische Kräfte in Deutschland, wieder mal, aufräumen was deutsche Politiker uns eingebrockt haben. Das daraufhin natürlich die Regeln der ausländischen Kräfte gelten werden braucht nicht extra zu erwähnt werden.
Und ich freue mich drauf, besonders auf die dann folgenden Rechtssprechungen.

Last edited 1 Jahr her by Schwabenwilli
Bo Joachim
1 Jahr her

Ich weiß nicht, woher die Zahlen kommen, aber bei der Arbeitsagentur sind 471.550 Männer und 474.710 Frauen im März als arbeitslose Ausländer erfasst. Es gibt 1.148.370 ausländische regelleistungsberechtigte Männer und 1.371.140 Frauen.
Quelle:
https://statistik.arbeitsagentur.de/DE/Navigation/Statistiken/Interaktive-Statistiken/Migration-Zuwanderung-Flucht/Migration-Zuwanderung-Flucht-Nav.html
Die Statistik der Arbeitslosen/Regelleistungsberechtigten mit Migrationshintergrund (viele wurden eingebürgert) wurde offensichtlich eingestellt.

Innere Unruhe
1 Jahr her
Antworten an  Bo Joachim

Das widerspricht aber dem Vorhaben, bunt sein zu wollen.
Es kann nicht sein, dass eine Kopftuchfrau bei der Bewerung um coole Stelle einen Migrantenbonus bekommt, in der Arbeitslosenstatistik aber als Deutsche geführt wird.

Metric
1 Jahr her

Der letzte Absatz irritiert. In der Realität werden in D händeringend niedrigqualifizierte Arbeitskräfte gesucht, im Einzelhandel, der Gastronomie, dem Transportgewerbe; wirklich an jeder Ecke. Es schließen bereits traditionsreiche Geschäfte einzig aus dem Grund, dass man zuwenige Verkäufer findet. Es würden oft ja bereits rudimentäre Deutschkenntnisse ausreichen. Aber warum für die Deutschen arbeiten, wenn die einen auch für Nichtstun bezahlen??

Schwabenwilli
1 Jahr her
Antworten an  Metric

Genau so schaut es aus in der Mentalität sehr vieler Zugewanderter. Warum für die deutschen arbeiten, wenn man die Deutschen für sich arbeiten lassen kann?

Innere Unruhe
1 Jahr her
Antworten an  Metric

Nun ja. So ein Migrant kommt, arbeitet eine Weile, bis sein Recht auf Sozialleistungen gesichert ist. Und dann?
Sorry, aber die Rechnung geht nicht auf. Der Lohn eines Zuwanderers muss die Sozialleistungen um so viel übersteigen, dass Bürgergeld für ihn unattraktiv ist.
Es hat nichts mit Qualifikation zu tun, sondern nur damit, dass es ihm wehtun soll, Sozialhilfeempfhänger zu werden.

Endlich Frei
1 Jahr her

Was mich so verwundert ist der Umstand, dass das Bundesverfassungsgericht beim offensichtlichen Asylmissbrauxh jahrelang seelenruhig zuschaut – nicht nur das – und dabei sogar noch mithilft

Lana S.
1 Jahr her
Antworten an  Endlich Frei

Das wundert Sie doch nicht wirklich, oder? 8 der 16 Bundesverfassungsrichter werden vom Bundestag gewählt (Danke an Merkel und ihren Anhängseln), die anderen 8 vom Bundesrat (Grüße an Rot-Grün). Wobei man wohl auch unterstellen kann, dass die meisten Abgeordneten gar nicht wissen, wen sie da wählen – Das müssen sie auch nicht, denn wen sie zu wählen haben, sagt ihnen ihre Parteiführung. Und da die Amtszeit 12 Jahre beträgt, weht da noch sehr lange der Wind der NeoSED durch die Gerichtssäle. Und falls es mal nicht so läuft, schmeißt man halt ein nettes Abendessen, um die Herrschaften wieder auf Kurs… Mehr

Lotus
1 Jahr her

Nancy Faeser gestern zum Thema Asyl/Masseneinwanderung/kommunale Überlastung: Mehr Geld für die Kommunen wird es vorerst nicht geben. Eine Obergrenze für Humanität – sprich: für die Anzahl der zu alimentierenden „Schutzsuchenden“ – auch nicht. Läuft also alles weiter wie bisher, die Kommunen müssen eben zusehen, wie sie klarkommen. Faeser und die Bundesregierung wollen es so.

Fui Fujicato
1 Jahr her

Den USA & deren Staatsbürgern, wäre das seit dem 2.Weltkrieg kontinuierlich andauernde Anzetteln von Aufständen & die Führung von Stellvertreterkriegen in aller Welt aus absolut eigennützigen Motiven schon längst vergangen, wenn sich alle hierdurch generierten Flüchtlinge & Asylanten aus aller Welt aus ihren Heimatländern nicht nach Europa, sondern in die USA aufgemacht, die USA überrannt & dort eine Alimentation auf Kosten des ohnehin maroden Sozialsystemes der USA mit Nachdruck gefordert hätten !!! Es ging allen angelsächsischen Staaten (USA, GB + ExGB-Staaten) de facto nämlich NIE um die Durchsetzung „westlicher Werte“, sondern nur um die Erhaltung einer absolut imperialistischen Weltherrschaft, der… Mehr