Erdogan plant türkische Schulen in Deutschland

Will die Bundesregierung die ersten drei Schulen unter türkischer Kontrolle genehmigen, um die drei deutschen Schulen in der Türkei nicht zu gefährden?

Steffi Loos/AFP/Getty Images

Gut, der Focus macht es dramatisch, wenn er aus eine Recherche der Süddeutschen zitiert und titelt: „Erdogan-Regierung will türkische Schulen in Deutschland gründen.“ Die Geschichte dahinter ist allerdings alles andere als das, wenn es hier wohl lediglich um eine Art Quid-pro-Quo-Geschichte geht, wenn die türkische Regierung sich sagt: Was Deutschland in der Türkei macht, soll für uns in Deutschland nur recht und billig sein.

Tatsächlich geht es in Verhandlungen zwischen den Regierungen und den zuständigen deutschen Bundesländern um drei Schulen, wohl in Berlin, Köln und Frankfurt, quasi als Ausgleich für ihre deutschen Pendants in Ankara, Istanbul und Izmir. Verhandelt werden muss, weil die Türkei in Deutschland kein Schulträger sein darf. Die deutschen Pendants wählen die „Botschaftschule“ als Schulform (Information Internetseite der Deutschen Schule im türkischen Izmir).

Pikant wird es, wenn diese Verhandlungen erst deshalb in Gang kamen, weil die Türkei laut Angaben der Süddeutschen vorübergehend die Deutsche Schule in Izmir geschlossen hatte mit der Begründung des türkischen Erziehungsministeriums, die rechtliche Grundlage sei nicht gegeben. Man kann es Erpressung nennen oder einen direkten Hinweis auf Gleichbehandlung, jedenfalls hat sich die Bundesregierung relativ schnell zu Verhandlungen über eine gleiche Anzahl türkischer Schulen bereit erklärt und in Izmir sollen sich daraufhin die Schultore wieder geöffnet haben.

Das Auswärtige Amt teilte der Süddeutschen mit, das Abkommen ziele darauf ab, „die Rechtsgrundlage für die deutschen Auslandsschulen in Ankara, Istanbul und Izmir abzusichern.“ Der Einsatz eines Druckmittels wird also – ob nun zu Recht oder nicht – sogar offiziell bestätigt. Es liegt Deutschland demnach viel daran, diese Schulen weiter zu unterhalten, unabhängig von der politischen Situation in der Türkei – oder gerade deshalb?

Die entscheidende Frage ist allerdings, inwieweit sich Deutschland mit dieser Schule ein trojanisches Pferd ins Haus holt. Zunächst einmal muss theoretisch auch an diesen Schulen unterrichtet werden, was als Lerninhalt im jeweiligen Bundesland vorgegeben wird. Alleine die Lehrmethoden und das eingestellte Personal sind Sache der Schule. Hinzu kommt, dass diese Schulen auf staatliche finanzielle Unterstützung hoffen können, wenn ihr Einsatz die deutsche Schulpflicht erfüllt.

Die Kritik ist klar: Solche Modelle klingen nicht sehr integrationsfähig, wenn dort vornehmlich türkischstämmige bzw. türkische Kinder unterrichtet werden. Andererseits garantieren solche Schulen die Anbindung von Kindern von Türken, die hier nur vorübergehend tätig sind, an ihre türkische Kultur. Im Falle einer Rückkehr der Eltern in die Türkei wird es diesen Kindern deutlich leichter fallen, sich in ihre Herkunftsheimat zu reintegrieren, als solchen, die in deutschen Schulen auf deutsch unterrichtet wurden.

Hier stellt sich sogar die Frage, warum dieses Modell nicht schon bei den ersten Gastabeiterkindern angedacht und eingeführt wurde, wenn es doch selbstverständlich war, dass die religiösen Angelegenheiten in Deutschland von Anfang an unter der Oberaufsicht der türkischen Regierung lag, namentlich organisiert von Vereinen wie DITIB.

Jetzt war die deutsche Schulausbildung immer vorbildlich auf der Welt. Anzunehmen ist also, dass es türkischen Eltern ab Anfang der 1960er Jahre sogar sehr recht war – unabhängig vom Integrationsgedanken – dass ihre Kinder in den Genuss deutscher Schulausbildungen kamen. Viele der ungelernten Arbeitskräfte aus Anatolien werden sich an ihre eigene Schulzeit erinnert haben, so sie überhaupt eine besuchen konnten und sahen durchaus den Vorteil, den deutsche Schulen ihren Sprösslingen bieten konnte.

Hinzu kommt, was man nicht vergessen darf: Längst werden türkische oder türkischstämmige Kinder in Deutschland zu hunderttausenden in unter Oberaufsicht der Türkei stehenden so genannten Koranschulen religiös unterrichtet auf deutschem Boden. Die Welt schrieb im Oktober 2019 über Modellversuche eines Islamunterrichts unter deutscher Kontrolle: „Die Bilanz: Es herrscht Ernüchterung über die anhaltende Ditib-Nähe und Zweifel am Integrationswillen der Schüler.“ Weiter heißt es da: „Alle Modellversuche, die zwischen 2018 und 2020 auslaufen, dürfen aus rechtlichen Gründen nicht verlängert werden. Auch in Hessen steht der IRU (Red.: Islamischer Religionsunterricht) wegen der Abhängigkeit der Ditib von Ankara auf der Kippe.“

Und nun will die Bundesregierung die ersten drei Schulen unter türkischer Kontrolle genehmigen, um die drei deutschen Schulen in der Türkei nicht zu gefährden? Was ist so wichtig an diesen Schulen, dass die Bundesregierung es zulässt, dass diese Schulen zum Faustpfand der Regierung Erdogan werden?

Schauen wir uns einmal beispielhaft die deutsche Schule in Izmir an. Aktuell wird auf der Internetseite der Schule nach Lehrkräften für die Sekundarstufe 1, die Sekundarstufe 2 und die Grundschule gesucht. Die Schule plant also langfristig. Unter dem Schulabzeichen eines stilisierten Olivenbaumes findet sich das Leitbild der Schule. Interessant ist schon das Zustandekommen dieses Leitbildes, wenn es da in wundervollem Stuhlkreisdeutsch heißt: „Mit Hilfe einer Redaktionsgruppe mündete in drei Input-Phasen da Feedback aus allen schulischen Gremien (Kollegium, Eltern- und Schülerschaft Schulträger) schließlich in einem Vorschlagtext, der so von allen Gremien einstimmig angenommen wurde.“ Besser kann man wohl kaum abbilden, was den Unterschied macht.

Im Leitbild selbst wird die Erziehung zur Selbstständigkeit betont, zu respektvollen und verantwortungsbewussten Persönlichkeiten. Gerhard Schröders „fördern fordern“ hat hier Einzug gehalten und die Schule hat es sich zum Ziel gesetzt, ihre Schüler vielfältig „auf das Leben in einer globalisierten Welt“ vorzubereiten. Die Schule versteht sich selbst als „lernende Schule, die eine Evaluations- und Feedbackkultur pflegt.“

Die Schule zeigt auf der Internetseite Fotos ihrer Einrichtung, die auch als luxuriöse Clubanlage durchgehen könnte samt Palmen am gepflegtem englischem Rasen und großartigem Swimmingpool. „Ihrer rechtlichen Natur nach“, heißt es dort weiter, „ist die Deutsche Schule Izmir eine deutsche Botschaftsschule, die durch die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch den Bundesminister des Auswärtigen (…) offiziell anerkannt ist.“ Zuständig ist hier also Heiko Maas. TE telefoniert direkt mit der Schule in Izmir, der Direktor befindet sich allerdings zur Fortbildung im Ausland, seine Vertreterin gäbe gerade Unterricht und unsere Gesprächspartnerin sei „nicht befugt.“

Wenn sich Deutschland nun also Sorgen macht, dass die Türkei hierzulande türkische Schulen eröffnet, dann ist die Antwort darauf ganz einfach: Wenn Deutschland das nicht will, muss es eben riskieren, dass die deutschen Schulen in Izmir und anderswo in der Türkei geschlossen werden. Die Bundesregierung muss jetzt klar abwägen, ob so eine türkische Schule in Deutschland Risiken birgt. Wird das bejaht, dann darf man vor allem eines nicht: wieder in dieser neuerlichen Angelegenheit erpressen lassen. Dann muss man eben riskieren, dass Deutsche Schulen geschlossen werden.

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Kommentare ( 33 )

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Mike
4 Jahre her

Dreimal darf man raten, wer den Vorzug erhält: Das deutsche Volk und sein Anspruch auf Sicherheit? Oder die Wellness von regierungstreuen Botschaftssprösslingen?

giesemann
4 Jahre her

Einer meiner Studenten um 1980 hat an der deutschen Schule in Thessaloniki sein Abi genacht, hat dann in München Chemie studiert und ist seit langem Chemieprofessor in Bonn. Ich sehe nicht das geringste Problem, er war einer der besten Studenten dort. Mit Türken sollte das auch klappen, warum nicht in einer türkischen Schule hier? Sobald sie aber die kriminellen Passagen des Koran benutzen, um zu Mord und Totschlage gegen die Deutschen auf zu rufen, dann ist der Staatsanwalt gefragt. Nur: Die Koranschulen hier und dort tun ja genau das, unter unseren Augen („Kasernen und Speere“). Hier liegt der Hase im… Mehr

Britsch
4 Jahre her

Wie lautet der Spruch?
Wo ein Türke ist, da ist Türkei / Türkisches Hoheitsgebiet.
So oder so ähnlich wurde das doch schon festgestellt / bestimmt

Gabriele Kremmel
4 Jahre her

Natürlich plant Erdogan Schulen in Deutschland.
Die Siedler sind ja schon da, jetzt geht es darum, die Infrastruktur aufzubauen.
Deutschland war für Erdogan nie etwas anderes als ein zu kolonialisierendes Territorium.
Läuft für ihn.

Oleron
4 Jahre her

Gleich bei mir um die Ecke in Stuttgart Bad Cannstatt gibt es seit Jahren eine türkische Privatschule, welche natürlich auch Nichttürken offensteht….aber ehrlich gesagt, welche deutsche Eltern bringen ihr Kind in diese Schule. Steuermittel werden natürlich abgegriffen. Die Schule hatte einen derartigen Erfolg in der türkischen Community, dass man nur wenige Jahre nach deren Eröffnung einen grossen Neubau in einer anderen Problemzone dieses Stadtteils bauen konnte. Das ehemalige Schulgebäude wurde mit 5 Mio € saniert und beherbergt derzeit vorübergehend eine Kinderkrippe, aber nur solange, bis deren Neubau einige Strassen weiter fertig gestellt ist. Was danach mit den Räumen geschieht…ich kanns… Mehr

Genco Steins
4 Jahre her

Schulen, wo in jedem Klassenzimmer der Führer des Landes milde von der Tafel herunter lächelt. PS: Es gibt doch bereits seit Jahren türkische Schulen in Deutschland – von der Gülen-Bewegung.

Amerikaner
4 Jahre her

Es passt einfach. Wir schalten Atom- und Kohlekraftwerke ab, wofür dann kurz hinter der Grenze neue gebaut werden. Der deutsche Staat will dafür nicht mehr zuständig sein. Erdogan will türkische Schulen in Deutschland betreiben. Der deutsche Staat will auch dafür nicht mehr zuständig sein. Dazu passt auch, immer wieder von einer europäischen Armee zu reden. Das ist auch so ein Thema, womit sich in Deutschland als Politiker nicht glänzen lässt. Da zieht man sich auch lieber zurück. Und demnächst vielleicht auslagerung der Polizei und Justiz an Private oder das Ausland? Die heutige Politik will nur noch für sog. soziale Wohltaten… Mehr

Paul Pimmel - der Herr des Kosmos
4 Jahre her

Millimeter um Millimeter rückt Deutschland in den Orient…

giesemann
4 Jahre her

Scheint eher, der rückt uns auf die Pelle. Wir sind eben attraktiv für die, sollten wir nutzen. Eine türkische Schule, die sich den deutschen Rechtsvorschriften beugen muss, die nicht Gewalt und Sonstwas androhen und lehren darf – das hat was, wirkt zivilisierend. Muss man aber auch durchsetzen, auch gegebenenfalls straffrechtlich. Koranschulen hier, ohne dass der Staatsanwalt ständig vorbei schaut, sind eine Gefahr, daher aufpassen wie der Teufel. Wer die einfach machen lässt, wird die Folgen schon sehen.

non sequitur
4 Jahre her

Milli? Eher wohl Kilo.

Sani58
4 Jahre her

….bitte zwischen Rhein – und Saale, Gera ( Fluss durch Erfurt) und Elbe.
Es wird wohl regionale Unterschiede geben.

Sani58
4 Jahre her

Türkische Schulen, Ausbildung von Imamen in Deutschland, ungebremste Einwanderung und Duldung mit entsprechender Versorgung aus islamisch geprägten Ländern, Großfamilien, Klans, in sich geschlossene Communities, Kirchen und Politiker die dies befördern, Politiker aus diesem Kulturkreis in allerlei Parteien, Politiker und Bürger die dies negieren oder wegschauen, …..wer immer noch glaubt in 20 Jahren gäbe es noch ein säkulares Deutschland oder ein christlich geprägtes oder eins mit dem jetzigen Lebensstandard……sollte noch einmal in sich gehen.