Verteidigungsministerium bestätigt Echtheit – Abgehörtes Telefonat wieder eine Steilvorlage für Putin

Der Mitschnitt, dessen Authentizität mittlerweile bestätigt wurde, bringt den Kanzler in die Bredouille. Er hatte TAURUS-Lieferungen an die Ukraine mit der Begründung abgelehnt, es brauche deutsche Soldaten in der Ukraine, um die Marschflugkörper abzufeuern. Die Generäle im Mitschnitt gehen hingegen davon aus, dass die Ukraine diese auch alleine bedienen könnte.

IMAGO / Political-Moments
Das Verteidigungsministerium hat die Echtheit des Mitschnitts bestätigt
Vor wenigen Tagen gab es ein Telefonat zwischen vier hochrangigen Offizieren der Bundesluftwaffe zur Frage der Lieferung und der Einsatzbereitschaft deutscher Marschflugkörper TAURUS an die Ukraine bzw. in der Ukraine. Details zu TAURUS (Target Adaptive Unitary and Dispenser Robotic Ubiquit System) siehe hier.

Das Vierer-Gespräch, das 38 Minuten dauerte, wurde geleitet vom obersten Luftwaffenchef, Generalleutnant Ingo Gerhartz. Beteiligt des Weiteren waren Brigadegeneral Frank Gräfe sowie die Oberstleutnante Fenske und Florstedt. Das zweifach Pikante: Das Vierer-Gespräch fand über die leicht anzapfbare Plattform WebEx statt. Und noch pikanter. Brigadegeneral Gräfe war aus einem Hotel (Gräfe: „mit schönem Panormablick“) in Singapur zugeschaltet.

Ein gefundenes Fressen also für russische Abhör- und Propaganda-Aktionen. Und so kam es denn auch. Das russische Staatsfernsehen weidete sich genüsslich im abgehörten Gespräch. Zumal, nachdem Kanzler Scholz bis zuletzt herumgeschwurbelt hatte, ob Deutschland TAURUS an die Ukraine liefere, um dann – nicht in der angesetzten Debatte im Bundestag, sondern in einem Presseinterview – zu sagen: NEIN!

Nun ist zwar heutzutage mittels ChatGPT und KI so ziemlich alles manipulierbar. Dieses jetzt bekannt gewordene und weltweit verbreitete Gespräch wirkt aber so authentisch, dass es kein „fake“ der Russen sein kann. Das Verteidigungsministerium hat den russischen Mitschnitt mittlerweile auch bestätigt.

Lassen wir die politische Brisanz (Welche Köpfe müssen jetzt rollen?) beiseite (siehe dazu auch) und widmen wir uns den Kernaussagen des 38-Minuten-Gesprächs, das die ersten acht Minuten erst einmal belanglos dahinplätscherte.

  • Bei der Entscheidung des Kanzlers, der Bundesregierung und des Bundestags, keine TAURUS-Marschflugkörper an die Ukraine zu liefern, sei viel Blödsinn im Spiel.
  • TAURUS sei in der Lage, die Kertsch-Brücke (ca. 19 Kilometer lang, 9 Kilometer über Wasser) zwischen dem russischen Festland und der Krim zu zerstören. Indem man mit TAURUS Löcher in die Pfeiler schieße. Die Brücke sei jedoch so groß wie ein Flugplatz. Also man brauche „zehn oder zwanzig Flugkörper“. Die Brücke war schon attackiert worden: im Oktober 2022 und im Juli 2023. Als Ziele kämen auch Munitionsdepots der Russen in Frage.
  • Generalleutnant Gerhartz meint mit Blick auf die deutsche Öffentlichkeit und Politik: „Da hat man eben Angst, dass da der direkte Link der Streitkräfte in die Ukraine geht.“ Wenn man eine direkte Linie nicht zur Bundeswehr, sondern nur zum Industriehersteller MDBA in Schrobenhausen herstellen könne, sei es „weniger schlimm“.
  • Die deutschen Hoheitsabzeichen an TAURUS müssten vorher entfernt werden.
  • Das Schnittstellenproblem (d.h. das Andocken von TAURUS an ein Trägerflugzeug) sei kein Problem. Die Engländer hatten dafür Leute vor Ort, die aufgrund ihrer Erfahrungen mit dem britischen System „Storm Shadow“ hätten. Ukrainische Flugzeuge seien schon entsprechend verkabelt, das lasse sich auch auf TAURUS übertragen.
  • Im Übrigen gebe es in der Ukraine auch viele US-Amerikaner: Wörtlich: „Wir wissen ja auch, dass da viele Leute mit amerikanischem Akzent in Zivilklamotten rumrennen.“
  • Die Ausbildung ukrainischen Personals für TAURUS lasse sich machen. Das könne die Industrie übernehmen.
  • Für einen Ersteinsatz von TAURUS könne die Bundeswehr die Daten zur Verfügung stellen. Danach könnten die Daten-Files über Polen in die Ukraine geschafft werden.
  • Deutschland könne aus Büchel 50 Flugköper zur Verfügung stellen, vielleicht auch weitere 50. Aber dann sei „Ende Gelände“.
Mitschnitt bringt Scholz in die Bredouille

Dazu passt: Gerade erst hatte es in Großbritannien Verärgerung gegeben über eine Äußerung von Kanzler Olaf Scholz. Scholz hatte gesagt: „Was an Zielsteuerung und an Begleitung der Zielsteuerung vonseiten der Briten und Franzosen gemacht wird, kann in Deutschland nicht gemacht werden.“

Dieser Satz wurde als Hinweis verstanden, Franzosen und Briten würden die Steuerung ihrer an die Ukraine gelieferten Marschflugkörper Storm Shadow und Scalp mit eigenen Kräften unterstützen. Ein Sprecher des britischen Premierministers Rishi Sunak dementierte das umgehend: „Der Einsatz des Langstreckenraketensystems Storm Shadow durch die Ukraine und der Prozess der Zielauswahl sind Sache der ukrainischen Streitkräfte.“

Dennoch bringt das Ganze nun Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in die Bredouille. Dieser hatte TAURUS-Lieferungen an die Ukraine mit der Begründung abgelehnt, es brauche deutsche Soldaten in der Ukraine, um die Marschflugkörper abzufeuern. Die Generäle in dem Mitschnitt gehen hingegen davon aus, dass die Ukraine diese auch alleine bedienen könnte.

Der verteidigungspolitische Sprecher der Union, Florian Hahn (CSU), forderte nun, dass Scholz sich im Verteidigungsausschuss des Bundestags erklärt. Aus seiner Sicht untermauere das aufgezeichnete Luftwaffen-Gespräch, dass ein Einsatz von TAURUS durch die Ukrainer auch ohne Bundeswehr-Personal vor Ort möglich sei. „Daher ist es kaum vorstellbar, dass Scholz von dieser militärischen Einschätzung nichts wusste.“


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Kommentare ( 144 )

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Rob Roy
1 Monat her

Es ist ist die Planung eines Angriffs, nicht eines Angriffkrieges. Solche taktischen Überlegungen sind Teil einer Verteidigungsstrategie und legitim, um eine Invasion aufzuhalten. Allerdings wüsste ich nicht, das wir im V-Fall stehen und Kriegspartei sind. Man könnte das Ganze als Militärhilfe auslegen, doch insgesamt befindet man sich in einer gefährlichen Grauzone. Solche Planspiele dürften nur unter extrem diskreten Umständen geführt werden. Über ungeschützte Leitungen fröhlich darüber plaudern, ist ein absolutes Tabu. Neben diesem dienstlichen Versagen, ist auch der Ton der beteiligten Offiziere fragwürdig. Ein Teil ist Militärsprech („Brücke rausnehmen“), aber flapsige Bemerkungen, wie man den Minister (gemeint ist Pistorius). der… Mehr

Last edited 1 Monat her by Rob Roy
fatherted
1 Monat her

Also beraten Deutsche „Generäle“ telefonisch über einen möglichen Angriff auf russische Infrastruktur die größtenteils von russischen Zivilisten bzw. (in ukrainischen Augen) von ukrainischen Zivilisten genutzt wird. Sie gehen sogar davon aus, dass dieses als Terroranschlag gewertet werden könnte….bzw. das man „zufällig“ auch andere zivile Infrastruktur treffen könnte, das eine „zu große“ Deutsche Beteiligung als Kriegsgrund/Eintritt gewertet werden könnte. Die Frage stellt sich dem Bürger: Will man von Seiten der BW oder der Regierung/Parlament einen Krieg provozieren? Ich mache mir da keine großen Illusionen über „Abhörsicherheit“ der Deutschen Telefon-Infrastruktur…da man bei der BW wohl auch auf „IP“ umgestellt hat….kann da wohl… Mehr

Der Ketzer
1 Monat her

§ 80 StGB ist am seit 01.01.2017 weggefallen (https://lexetius.com/StGB/80,2). Es gilt jetzt 80a, der nur noch 3 Monate bis 5 Jahre vorsieht (https://lexetius.com/StGB/80a,1).
Minsk II war ja eigentlich schon die Vorbereitung des Angriffskrieges > https://tkp.at/2023/01/02/nach-merkel-auch-hollande-minsk-abkommen-sollte-ukraine-nur-zeit-verschaffen/

Hannibal ante portas
1 Monat her

Nach reiflicher Überlegung und zwei Tagen des „Sackenlassens“: diese Geschichte stinkt förmlich zum Himmel! Die (vermeintliche) Informationsdichte, die hier weiter gegeben wurde, ist atemberaubend. Fehlte nur noch der PIN für Bidens Atomköfferchen, dann wäre die NATO komplett transparent für „den Russen“. So offen würde man noch nicht einmal im (vermeintlich) abhörsicheren Luftwaffenhauptquartier schwadronieren. Allein schon wegen der Einschätzung unserer Freunde jenseits des kleinen und großen Wassers. Und ich lege nochmal einen drauf: die Russen wissen auch ganz genau, dass dies ein Fake ist: die haben mit Sicherheit schon sehr oft Kommunikation zwischen unserem Generalstab und „Außenposten“ mitgeschnitten und wissen ganz… Mehr

Mikmi
1 Monat her

Wenn ein Tesla Fahrer sein Fahrzeug auf Autopilot stellt, einen Unfall baut und er dann sagt, ich bin hier das Opfer?
Erst einmal keine Konsequenzen für diese Elitesoldaten, im Ernst?
Was denn, eine Therapiesitzung beim Urologen? Oder Kuscheln mit Lamas.

Je me souviens
1 Monat her

Um was geht es hier eigentlich, bzw. um was müsste es gehen? Dem pol. Binnengegner sein Unvermögen vor dessen Füße zu werfen und damit sich selbst ins rechte Licht zu bringen, oder eine drohende Eskalation mit vorhersehbaren Folgen unter allen Umstände zu vermeiden? Die Selbstgerechtigkeit der vier Herren der Luftwaffe, deren einzige Bedenken sich darauf zu beschränken scheinen, dass „das Ding auf ’nen Kindergarten drauffallen könnte“, ist kein Merkmal, das den Eindruck fördert, dass sie wissen, was sie tun. Es ging in dem Gespräch ja nicht mehr um ein Ob, sondern um das Wie, also allein um die Strategie, wie… Mehr

Lore
1 Monat her

Warum muß ich nun wieder an Assange denken…Nicht der Inhalt, der öffentlich wurde, ist verdammenswert, sondern die, die es ans Licht gebracht haben werden verteufelt

Alf
1 Monat her

„Wer bei mir Führung bestellt, bekommt sie auch“ Mangelnde Führung „Farblos und unbeeindruckend“: Britischer „Economist“ seziert Olaf Scholz„Warum Olaf Scholz nicht Angela Merkel ist – Deutschland ist unfähig und unwillig, Europa zu führen“…Henry Kissinger: In Europa wisse man einfach nicht, wen man anrufen solle. Der „Economist“ spitzt zu: „Eine Google-Suche verrät, dass der Führer Deutschlands ein Mann namens Olaf Scholz ist, aber wer das nicht weiß, dem sei verziehen, so farblos und unbeeindruckend ist er.“…Scholz hinterlasse durch seine Abwesenheit ein führerloses Europa…https://www.wiwo.de/politik/europa/mangelnde-fuehrung-farblos-und-unbeeindruckend-britischer-economist-seziert-olaf-scholz/29603446.html Da muß man niemand anrufen: Eine Regierung, die gegen das eigene Land und das eigene Volk handelt, wird… Mehr

Ulrich
1 Monat her

In Russland werden die Stimmen lauter, den 2+4-Vertrag zwischen den beiden deutschen Staaten und den alliierten Siegermächten zu kündigen, weil sich das aktuelle Deutschland entgegen den Vertragsklauseln auf eine kriegerische Handlung gegenüber Russland vorbereitet. Da sind natürlich die „Gedankenspiele“ derLuftwaffenführung Wasser auf die Mühlen. Ich weiß auch nicht, was so eine Vertragskündigung letztendlich völkerrechtlich bedeutet. Vielleicht weiß Annalena Rat. Ob es ein gutes Gefühl ist, wieder „Feindstaat“ zu sein, auch wenn sich die Amerikaner und die Russen nach der Präsidentenwahl bezüglich der Ukraine einigen sollten. Unsere Industrie ist ja schon auf dem Weg in die USA, dann taugt dieses Land… Mehr

TschuessDeutschland
1 Monat her
Antworten an  Ulrich

„kriegerische Handlung gegenüber Russland“
Die Ukraine hat nach dem russischen Überfall gemäß internationalem Recht das Recht, sich zu verteidigen. Das beinhaltet auch den Angriff auf militärische Ziele in Rußland. Die Kertsch-Brücke, die von Rußland für den Nachschub auf die Krim genutzt wird ist zweifelsfrei ein solches.
Wer von einem „Angriffskrieg des Westens“ schwadroniert verbreitet russische Propaganda. Angegriffen hat Rußland.

Ulrich
1 Monat her
Antworten an  TschuessDeutschland

Irgendwie begreifen Sie es nicht! Russland hat uns nicht angegriffen. Es geht nicht darum, wie sich die Ukraine in diesem Krieg verhält. Es geht um die Beteiligung Deutschlands in einem Krieg gegen Russland. Die Rakete bleibt eine deutsche, auch wenn das Hoheitszeichen überpinselt wird und die Schulung ukrainischer Soldaten ist nicht über ein „Wochenendkurs“ realisierbar.

Siggi
1 Monat her

In dieser Regierung kann jeder machen, was er will. Konsequenzen sind ausgeschlossen.

Oblongfitzoblong
1 Monat her
Antworten an  Siggi

Sie haben vollkommen recht. Das kann aber nur so sein, weil in Deutschland eine völlig regierungstreue MSM-Welt herrscht. Bei auch nur in Andeutungen kritischen MSM würde es Rücktritte regnen.