Das Zündeln um die Entsendung von Bodentruppen geht weiter

Hat sich Olaf Scholz verplappert und Wladimir Putin damit einen Vorwand geliefert, den Krieg eskalieren zu lassen? Darum entzündet sich ein Spiel von Aussagen und Dementis. Der Einsatz dabei: Frieden in Europa.

IMAGO - Collage: TE

Olaf Scholz (SPD) ist Kriegsdienstverweigerer. Er hat erst einen Titel getragen, der einem militärischen nahekommt: Er war Gerd Schröders (SPD) Generalsekretär. Als solcher hat er einen der größten Erfolge des Putin nahen Kanzlers aus nächster Nähe erleben können: dessen Verweigerung, sich am Krieg der USA im Irak zu beteiligen. Die rettete Schröder 2002 die Wiederwahl und blieb vielen seiner Anhänger positiv im Gedächtnis.

Im laufenden Krieg gegen Putins Russland versucht sich Scholz nun in der Rolle Schröders. Also in der Rolle des Mannes, der eine Eskalation des Krieges verhindert haben will. Dann könnte Schröders Generalsekretär sich, so sein Kalkül, 2025 als der Mann inszenieren, der Schlimmeres verhindert hat. Das führt zu Ärger mit den Koalitionspartnern FDP sowie Grüne, und was für Scholz noch schlimmer ist: mit den wichtigsten Bündnispartnern Frankreich, Großbritannien und USA.

Britische Medien, darunter der Telegraph und der Independent, berichten über einen schwerwiegenden Vorwurf. Sie schreiben, Scholz habe am Montag gesagt, dass er den Taurus-Marschflugkörper auch deshalb nicht an die Ukraine liefern wolle, weil er nicht wolle, dass sich die Bundeswehr an der Zielprogrammierung der Flugkörper beteiligten – wie das die britische und die französische Armee bereits täten.

Eskalation des Krieges droht
Macron will Bodentruppen in die Ukraine schicken – Scholz nicht mal Raketen
Als Kronzeugen zitieren die britischen Medien den ehemaligen Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU). Der soll gesagt haben, das Statement des Kanzlers über die britische und französische Beteiligung am Ukraine-Krieg soll unverantwortlich gewesen sein.

Spannend: Röttgen hat in der Tat dem Focus ein Interview zu den Kriegen in Israel und der Ukraine gegeben. Der Focus überschreibt das Interview mit dem Titel: „,Geheime Staatsaktion‘: CDU-Mann attackiert Scholz mit pikantem Vorwurf“. Doch im eigentlichen Wortlaut des Interviews findet sich der vom Independent formulierte und vom Focus angedeutete Vorwurf nicht.

Hat Röttgen es seinem Parteivorsitzenden Friedrich Merz gleichgetan und sich im Zurückrudern geübt? Eine Anfrage an das Büro Röttgen wurde bisher nicht beantwortet. Die Aussagen Röttgens, die im Raum stehen, wären ein Spiel mit dem Feuer. Hat Scholz tatsächlich von einer Beteiligung Frankreichs und Großbritanniens am laufenden Krieg gesprochen, könnte er, der eigentlich deeskalieren will, zur Eskalation entscheidend beitragen. Dann wären Frankreich und Großbritannien Kriegsparteien und könnten von Russland auch als solche wahrgenommen werden – mit allen entsprechenden Folgen. Der englische Premierminister Rishi Sunak (Konservative) hat bisher nur eingeräumt, dass es eine kleine Zahl britischer Soldaten in der Ukraine gebe, die seien aber nicht am Kampfgeschehen beteiligt, sondern bildeten nur ukrainische Soldaten aus.

Der französische Präsident Emmanuel Macron hat diese Woche einen Tabubruch begangen. Er hat kein Mittel ausgeschlossen, das dazu führen könne, den Krieg gegen Russland zu gewinnen. Dabei nannte Macron auch ausdrücklich Bodentruppen. Würden Nato-Staaten diese in die Ukraine zum offenen Krieg gegen Russland schicken, wäre die darauffolgende Eskalation nur noch schwer zu begrenzen. Dann wäre viel mehr verloren als nur die Wahlaussichten Scholz’ 2025.

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Kommentare ( 123 )

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Voltaire
1 Monat her

Die Vorwürfe an Scholz sind lächerlich. Als ob die Russen bisher ernsthaft davon ausgegangen wären, daß die Ukrainer selbst die Raketensysteme aus dem Ausland hätten bedienen können.

ralf12
1 Monat her

Sorry, wenn ich das hier lese: „Im laufenden Krieg gegen Putins Russland versucht sich Scholz nun….“ Hat das Lehnchen also doch Recht und wir befinden uns im Krieg gegen Russland? Solche Worte finde ich unverantwortlich. Putin hatn gerade in einer Rede vor dem Förderationsrat folgendes gesagt: „Für den Westen scheint die Gefahr eines Atomkrieges bloß ein Zeichentrickfilm zu sein“ und weiter „Es ist äußerst wichtig, die Gruppen in der westlich strategischen Richtung zu stärken, um die Bedrohungen zu neutralisieren, die von der erneuten NATO Osterweiterung ausgehen, der Aufnahme Schwedens und Finlamds in das Bündnis“ Wenn ich richtig mitgezählt habe, ist… Mehr

HansKarl70
1 Monat her

Ganz realistisch gesehen werden wir durch die Ukraine nur Kosten haben und das bei den Schulden und nicht kurzfristig oder gar nicht einbringbaren Forderungen die sowieso schon gegen Deutschland existieren. Wir sind für Generationen schon pleite.

Alf
1 Monat her

Es gibt auch noch positive Nachrichten. Hier ein Beispiel: „Ich entsende keine Soldaten in die Ukraine“: Was an diesem Scholz-Satz so anmaßend ist. Der CDU Abgeordneten Matthias Hauer hat die richtige Antwort: „Der Bundeskanzler kann gar keine Soldaten unserer Bundeswehr (nicht)entsenden – auch wenn es das hier suggeriert. Olaf Scholz bleibt ein außenpolitischer Irrläufer“.Ob Irrläufer oder Trickser: Kein deutscher Kanzler kann unsere Soldaten in einen Kriegseinsatz schicken. Die Bundeswehr ist eine Parlamentsarmee. Den Marschbefehl kann deshalb nur der Bundestag geben, aber kein sich noch so mächtig aufspielender Regierungschef.Ebenso wenig kann Scholz für die Nato sprechen, auch wenn er so tut,… Mehr

babylon
1 Monat her
Antworten an  Alf

Die Bundesregierung kann einen Einsatz der Bundeswehr beschließen, der Bundestag muß zustimmen, damit dieser Einsatz erfolgen kann oder er lehnt eben ab, dann erfolgt der Einsatz nicht. „Von sich aus“ also ohne Regierung kann der Bundestag Einsätze nicht beschließen,wenn vorher die Regierung diese Einsätze nicht zur Abstimmung dem Parlament vorlegt. Insofern hat der Satz von Scholz schon seine Berechtigung Die Bundeswehr ist eine Parlamentsarmee aber nur insofern, was Zustimmung und Ablehnung von Einsätzen angeht, nicht was den Beschluß zum Einsatz als solchem angeht. Das ist immer noch Sache des obersten Dienstherrn der Armee also des Verteidigungsministers und damit der Regierung.

Alf
1 Monat her
Antworten an  babylon

Vorlagen von Mitgliedern des Bundestages müssen von einer Fraktion oder von fünf vom Hundert der Mitglieder des Bundestages unterzeichnet sein, es sei denn, daß die Geschäftsordnung etwas anderes vorschreibt oder zuläßt. Von Regierung und Verteidigungsminister steht da nichts.

Kassandra
1 Monat her
Antworten an  Alf

Wie oft und zu welchen Themen ist ihnen seit Merkel bereits gelungen, das Parlament zu übergehen? Und wenn sie das wollen, packen sie mehrere Themen zur Abstimmung zusammen, so dass auch solches „durchrutschen“ kann.
Zumal man sich wundert, wen die Parteien da zum Teil als „Parlamentarier“ aufstellten und dort in den Bundestag einziehen ließen.

Wilhelm Rommel
1 Monat her

Das Ganze erinnert mich – unter freilich anderen Konstellationen, aber unter Ablauf vergleichbarer Mechanismen – an jene politischen Ränkespiele, wie sie Christopher Clark in seinen „Schlafwandlern“ so trefflich beschrieben hat: Zunächst einmal ein von keineswegs lauteren Interessen geleitetes ‚Stökern‘ (um einen gelegentlich von Otto v. Bismarck genutzten Begriff des Niederdeutschen für ‚reizen‘ oder auch ‚aufstacheln‘ zu verwenden). Will sagen: Europäische Großmäuler und Säbelrassler in F, GB und D werden – aus unterschiedlichen Gründen – mal wieder zu Kriegspredigern und glauben allen Ernstes, den Kreml-Chef beeindrucken zu können. Im Hintergrund reiben sich derweil jene milliardenschweren ‚Freunde‘ die Hände, denen der so… Mehr

FraeuleinBea
1 Monat her

Wie die WeltWoche berichtet, hat ausgerechnet die New York Times, die gewiss kein Freund Russlands ist, unlängst ebenfalls in einem Artikel eine Art von Geheimnisverrat begangen, indem dort unmissverständlich mit der Mär vom unprovozierten, brutalen russischen Angriffskrieg aufräumt wird: 《Die New York Times enthüllte in einer ihrer jüngsten Ausgaben, der amerikanische Geheimdienst CIA betreibe seit rund zehn Jahren insgesamt zwölf geheime Kommandobunker in der Ukraine, unweit der russischen Grenze. Ziel sei es gewesen, von Anfang an, Kriegshandlungen auf russisches Territorium anzustrengen, Drohnen- und Raketenangriffe. Ausserdem seien in diesen geheimen Installationen ukrainische Spezialkommandos trainiert worden. Das Blatt zitiert einen ukrainischen Geheimdienstmann,… Mehr

Kassandra
1 Monat her
Antworten an  FraeuleinBea

Das war, als sie begannen, die russisch-stämmigen in der Ostukraine zu verfolgen und Merkel Minsk I wie II mit Russland ratifizierte – was sie inzwischen als „Finte“ offen legte, um die Ukraine kriegsbereit zu machen.
So unlauter handeln Regierungen im Westen.
Vor der Welt haben sie doch damit schon lange ihr Gesicht verloren – und jetzt geben uns die Ampler halt den Rest.

caesar4441
1 Monat her
Antworten an  Kassandra

„..und jetzt geben uns die Ampler halt den Rest.“
Das ist nicht ganz richtig.Die Kriegstreiber Röttgen, Merz sind in der Opposition.

Britsch
1 Monat her

Wenn ich mich recht entsinne war es Stoltenberg der in etwa gesagt hat „wir der westen haben Rußland schon einmal klein bekommen, wir weden es wieder schaffen.
Sagt für mich zumindest viel aus
Ob dies wohl veröffentlicht wird und auch stehen bleibt?

FraeuleinBea
1 Monat her

Wie die WeltWoche berichtet, hat ausgerechnet die New York Times, die gewiss kein Freund Russlands ist, unlängst ebenfalls in einem Artikel eine Art von Geheimnisverrat begangen, indem dort unmissverständlich mit der Mär vom unprovozierten, brutalen russischen Angriffskrieg aufräumt wird: 《Die New York Times enthüllte in einer ihrer jüngsten Ausgaben, der amerikanische Geheimdienst CIA betreibe seit rund zehn Jahren insgesamt zwölf geheime Kommandobunker in der Ukraine, unweit der russischen Grenze. Ziel sei es gewesen, von Anfang an, Kriegshandlungen auf russisches Territorium anzustrengen, Drohnen- und Raketenangriffe. Ausserdem seien in diesen geheimen Installationen ukrainische Spezialkommandos trainiert worden. Das Blatt zitiert einen ukrainischen Geheimdienstmann,… Mehr

Nibelung
1 Monat her

Für einen Judaßlohn will man auch was von transatlantischer Seite haben und selbst wenn man sich wegen der Gefahrenlage nicht an verfänglichem beteiligen will. Dazu muß man nur dumm genug sein um bei extrem gefährlicher Lage noch weiter im Muntionslager zu zündeln und deshalb sind diese Parteien alle unwählbar geworden und wer trotzdem noch sein Kreuzchen für sie macht, belegt doch damit, welche tiefe Unkenntnis in ihm sitzt und das nützen diese Brüder und Schwestern schamlos aus und lassen uns im Ernstfall über die Klinge springen, was mit christlicher Nächtstenliebe nicht mehr annähernd was zu tun hat. Das wäre alle… Mehr

NickiNeuland
1 Monat her

Was Scholz zu sagen hat, wird weder Frankreich noch Großbritannien und schon gar nicht Putin interssieren. Oder glauben Sie, die Russen wissen nicht, wer in der Ukraine kämpft? Und wenn Scholz nicht spurt, dann wird er, zusammen mit seiner Kriegsministerin und dem restlichen Trümmerhaufen, von den USA neu gebrieft. Dann läuft der wieder wie geschmiert…