Statt sich selbst renoviert die EU ihre Ratsgebäude – für mehr als eine Milliarde Euro

Die EU-Spitze saniert das Justus-Lipsius-Gebäude in Brüssel, ein Angriffsschutz kommt dazu - kann das in Krisenzeiten nicht günstiger erledigt werden?

picture alliance / photothek | Felix Zahn
Innenaufnahme des Justus-Lipsius-Hauses (Europa Gebaeude) zum Sonnenaufgang in Brüssel. 13.07.2020. - Fotografiert im Auftrag des Auswärtigen Amts.

Die EU plant eine der teuersten Gebäuderenovierungen ihrer Geschichte: Das erst 30 Jahre alte Justus-Lipsius-Gebäude, der Hauptsitz des Rates der Europäischen Union im Herzen des Brüsseler EU-Viertels, soll umfassend modernisiert werden. Die veranschlagten Kosten liegen laut internen Projektunterlagen bei mindestens 803 Millionen Euro. Sollte ein Teil davon über Kredite finanziert werden, steigen die Gesamtausgaben durch Zinsen auf weit über 1,1 Milliarden Euro.

Das Gebäude, das erst 1995 eröffnet worden ist, gilt somit keineswegs als historischer Altbau. Dennoch wird es als „sanierungsbedürftig“ eingestuft – vor allem, weil es den eigenen klimapolitischen Vorgaben nicht mehr entspricht. Die EU verpflichtet sich in ihrer Gebäuderichtlinie, die energetisch schlechtesten 16 Prozent der von ihr genutzten Immobilien bis 2030 umfassend zu renovieren. Ob dies aus technischer Sicht zwingend notwendig ist oder vor allem politischem Symbolhandeln entspringt, darüber wird nun gestritten.

„Schutz vor Angriffsszenarien“ geplant

Hinzu kommen sicherheitspolitische Vorgaben. In den Ratsunterlagen ist von „verstärktem Schutz gegen Explosions- und Angriffsszenarien“ die Rede. Brüssel gilt spätestens seit den Terroranschlägen 2016 als ein sensibler Ort politischer Infrastruktur, weshalb Schutzmaßnahmen heute weit über die Statik hinausgehen.
Während der Arbeiten soll der Ratsbetrieb weiterlaufen, was die Kosten zusätzlich erhöht. Vermutlich müssen Räumlichkeiten in Brüssel angemietet werden, um Konferenzen, Staatsbesuche und Medienzentren während der Bauzeit aufrechtzuerhalten.

Der Rat nutzt derzeit drei Standorte: das Justus-Lipsius-Gebäude, das neuere Europa-Gebäude und das Lex-Gebäude. Mittelfristig ist geplant, auf zwei Standorte zu reduzieren. Der Verkauf des Lex-Gebäudes könnte etwa 65 Millionen Euro einbringen – ein Betrag, der angesichts der Gesamtkosten bestenfalls als symbolischer Beitrag zur Finanzierung gilt.

Noch ist unklar, wie das Projekt bezahlt werden soll. Zur Wahl stehen eine deutliche Erhöhung des Ratsbudgets oder eine Kreditaufnahme, die den Haushalt über viele Jahre binden würde. In beiden Fällen zahlen letztlich die Mitgliedstaaten – und damit die europäischen Steuerzahler. Kritiker sprechen bereits von einem „Luxusumbau in Zeiten wirtschaftlicher Schwäche“. Denn viele EU-Länder fahren Sparprogramme, während gleichzeitig die Industriekonjunktur in mehreren Staaten schwächelt.

Unterstützer argumentieren hingegen, die EU müsse mit gutem Beispiel vorangehen – energieeffiziente Gebäude, moderne Sicherheit, weniger Fragmentierung der Standorte. Doch die Frage, die im Raum steht, ist eine grundsätzliche: Wie viel Symbolpolitik kann sich die EU leisten, während sie von Bürgern verlangt, den Gürtel enger zu schnallen?

Eine endgültige Entscheidung wird frühestens Ende 2025 erwartet. Der Bau soll 2029 beginnen und 2036 abgeschlossen sein.

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Kommentare ( 12 )

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CasusKnaxus
1 Monat her

Die EU Politkommissarin und ihrem Politbüro wird immer wieder wat Neues einfallen, Geld zu verprassen. Vom Stamme Nimm und gerne das Geld der Anderen. What s the News?!

Peter Buchmeier
1 Monat her

Und dann pendelt diese Resterampe immer noch zwischen Brüssel und Strassburg hin und her!
Dieser Wahnsinn hört nie auf. Der ständige Beweis irrsinniger Prioritätensetzung der Berliner- und Brüsseler Politiker manifestiert sich in deren Selbstherrlichkeit und kompletten politischem Versagen.
Absolute Realitätsverweigerung und der Souverän schaut dumm aus der Wäsche. Diese lausigen Volksvertreter sollen froh sein ein warmes Dach über dem Kopf zu haben und überhöhte Diäten zu kassieren, ohne auch nur geringste Qualifikationen fürs regieren zu haben.
Hört endlich auf Geld zu verschleudern und macht wozu ihr gewählt wurdet: „Zum Wohle des Volkes“

verblichene Rose
1 Monat her

Klingt alles nach einer Melange aus Wolfsschanze, Führerbunker und Obersalzberg.

Reinhard Peda
1 Monat her

„Die EU-Spitze saniert das Justus-Lipsius-Gebäude in Brüssel, ein Angriffsschutz kommt dazu – kann das in Krisenzeiten nicht günstiger erledigt werden?“
Angriffschutz passt, im ernstfall werden sie ausgehungert.

Schwabenwilli
1 Monat her

„Statt sich selbst renoviert die EU ihre Ratsgebäude – für mehr als eine Milliarde Euro“

Wenn sie einmal aufmerksam durch Deutschland fahren werden Ihnen jede Menge alter Burgen und Schlösser auffallen. Einstmals erstellt von einer Kaste von Menschen welches sich durch Epigenermächtigung ganz oben hingestellt hat. Das erstellen dieser Prachtbauten hat oftmals ganze Ländereien in den finanziellen Ruin gestürzt, bestes Beispiel Schloss Neuschwanstein. Parallelen zu unserer heutigen Politkaste sind unübersehbar. Tröstlich, der alte Adel ist verschwunden.

Mausi
1 Monat her

Und das ist nur eine Immobilie. Unvorstellbar, was für Gelder in alle Immobilien in den EU-Staaten fließen müssten, um sie dem Klima anzupassen.
Und 2036 können sie wieder anfangen, weil sich die Vorschriften geändert haben. Und auch zwischendrin müssen die Pläne an die laufenden Veränderungen angepasst werden.

Last edited 1 Monat her by Mausi
Der Person
1 Monat her

1 Milliarde, das ist ja gar nix. Das ist nur das Äquivalent zu 100 bis 200 Kindergärten oder 30 bis 100 neuen Schulen oder 25 bis 100 neuen Autobahnbrücken oder 4 MINT-Universitäten oder …

verblichene Rose
1 Monat her
Antworten an  Der Person

Oder etwa ein Tag Rundumversorgung nicht geladener Gäste.

Rob Roy
1 Monat her

Wurden die Aufträge an Firmen und Handwerker auch per inzwischen gelöschter SMS erteilt?

Mausi
1 Monat her
Antworten an  Rob Roy

Es wurden die billigsten Angebote angenommen. Demgemäß werden die Kosten explodieren. Aber anders als bei Stuttgart21 werden die Zusatzkosten nicht von der EU getragen. Denn die hat keine Einnahman, die auf einer Gegenleistung beruhen. Die EU könnte natürlich auf die Vergütungen der gewählten Mitarbeiter zugreifen. Da es aber keine Beweislastumkehr gibt, nach der diese Leute nachweisen müssen, für ihre Vergütungen sinnvoll gearbeitet zu haben, wird der Steuerzahler den Rest übernehmen.

Last edited 1 Monat her by Mausi
Karl Renschu
1 Monat her

’36 fertig sein zu wollen ist sportlich, wenn man ’30 das Ziel erreicht haben will.

Vorschlag zur Güte: Einfach eine grüne Wiese schaffen, die zieht CO2 und den Apparat radikal verschlanken. Was von euch wichtig ist, passt in meinen Keller. Auch wenn ich ihn nicht ausräume.

Haba Orwell
1 Monat her

> Vermutlich müssen Räumlichkeiten in Brüssel angemietet werden, um Konferenzen, Staatsbesuche und Medienzentren während der Bauzeit aufrechtzuerhalten. So wie das mit den Chinesen läuft, kommt bestenfalls der Kanalisation-Direktor von Ding-Dong, Frau Von Der zu besuchen: https://anti-spiegel.ru/2025/wenn-der-schwanz-mit-dem-hund-wedeln-will/ > „… Dass die chinesische Regierung die deutsche Regierung nicht mehr ernst nimmt, wissen wir spätestens seit der peinlichen Chinareise von Kanzler Scholz, bei der er im April 2024 am Flughafen in China nicht einmal von einem stellvertretenden Minister, sondern nur von einem stellvertretenden Bürgermeister begrüßt wurde. Oder auch von Habecks Chinareise vom Juni 2024, als die Chinesen die Gesprächstermine mit ihm erst nach… Mehr