Nach dem Treffen von Putin und Trump schrillen in Peking und Teheran die Alarmglocken. Nicht, weil eine Waffenruhe in der Ukraine erzielt werden könnte, sondern weil befürchtet wird, dass Putin dem US-Präsidenten in den Konflikten im Nahen Osten und im Pazifikraum hinter den Kulissen entgegenkommen könnte.
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Der Alaska-Gipfel zwischen Putin und Trump sowie der darauffolgende Ukraine-Gipfel mit Selenskyj im Weißen Haus und Teilnahme aus Europa sind vorbei. Inzwischen ist es ein offenes Geheimnis, das Friedensabkommen zwischen Putin und Selenskyj wird auf Gebietsabtretungen der Ukraine an Russland hinauslaufen. Ob es sich dabei letztlich um eine „faktische” oder eine juristische Anerkennung der russischen Kontrolle über die besetzten ukrainischen Gebiete handelt, ist zunächst einmal sekundär.
Der von Trump in Alaska freundlich empfangene Kremlchef soll demnach zu einem Einfrieren der Front in den Regionen Cherson und Saporischschja bereit sein, wenn Kiew im Gegenzug die gesamte Region Donezk Russland überlässt, also auch die Truppen aus dem noch nicht besetzten Teil abzieht und damit die für die Verteidigung des gesamten ukrainischen Ostens wichtigen Stellungen aufgibt. Im Gegenzug soll die Ukraine kleine Landstücke zurückerhalten, die Russland derzeit in den Gebieten Sumy und Charkiw besetzt hält. Zudem sollen die USA die Zugehörigkeit der Krim zu Russland anerkennen.
Trumps Bemühungen um Frieden in der Ukraine hängen auch mit der Erfüllung seiner Wahlversprechen zusammen. Geopolitisch verfolgt er damit jedoch auch das Kalkül, die US-Hegemonie vor dem Aufstieg neuer Rivalen zu sichern.
China und der Iran im Angstmodus
Die möglichen Zugeständnisse Trumps an Moskau sind nicht nur im Kontext der Friedensbestrebungen der US-Regierung zu verstehen. Trumps Strategie besteht nämlich auch darin, Moskau von dem Hauptrivalen der USA, China, abzukoppeln und Moskau zur Kooperation beim iranischen Atomprogramm zu bewegen.
Nicht wenige Beobachter glauben, hinter Trumps Annäherung an Moskau stehe eine Strategie, die als „Reverse Kissinger” bezeichnet wird, ein „umgekehrter Kissinger”. Damit wird auf den Vorstoß des US-amerikanischen Präsidenten Richard Nixon in den Hochzeiten des Kalten Krieges Bezug genommen, bei dem er versuchte, die beiden großen kommunistischen Mächte, die Sowjetunion und China, voneinander abzuspalten.
Trump will ein ähnliches strategisches Manöver vollziehen, diesmal nur anders herum: Er will Moskau von Peking abkoppeln, um sich nicht einer geeinten Front der beiden Mächte gegenübersehen zu müssen, einem feindseligen Machtblock, der sich im Zuge des Ukrainekriegs herausgebildet hat. Wenn das Hindernis Ukraine erst einmal aus dem Weg geräumt ist, könnte Trump sich umfassend mit Putin einlassen und damit das De-facto-Bündnis zwischen Russland und China lockern. Trump-Kritiker glauben jedoch, dass Russland wirtschaftlich und strategisch zu eng mit China verflochten sei, um sich von Peking abzuwenden.
Das Verhalten Russlands in den vergangenen Monaten macht jedoch deutlich, Moskau gestaltet seine Beziehungen zu seinen Partnern eher nach kurzfristigen Kosten-Nutzen-Kalkülen als nach langfristigen strategischen Plänen. Vor allem für die USA sollte Russlands schwindender Einfluss im Nahen Osten Anlass zu weiteren Überlegungen geben. Moskaus jüngste Rückschläge im Nahen Osten – die Niederlage seines Verbündeten Iran im Krieg gegen Israel sowie der Sturz seines Verbündeten Baschar al-Assad in Syrien – haben eine grundlegende Tatsache verdeutlicht, die durch das chinesisch-russische Gerede von einer „besonderen Beziehung“ verschleiert wurde: Russland ist ein Schönwetterfreund.
Im Falle eines Konflikts zwischen den USA und China – beispielsweise um Taiwan – kann Washington damit rechnen, dass Moskau sich zurückhält, so wie es dies bei seinem Partner Iran im Nahen Osten getan hat. Nachdem Russland im Jahr 2022 seine Militäroperation in der Ukraine gestartet hatte, stellte der Iran Tausende tödliche Shahed-Drohnen zur Unterstützung bereit. Später erlitt Moskau einen Reputationsschaden im Nahen Osten, als israelische und US-amerikanische Streitkräfte im Juni iranische Atomanlagen bombardierten.
Vor diesem Hintergrund hat Moskau gezeigt, dass es bei anderen geopolitischen Streitthemen ganz flexibel und pragmatisch ist, obwohl es in der Ukraine das Narrativ der sogenannten „Nazi-Bekämpfung“ vertritt. In Teheran befürchtet man, dass sich Putin und Trump darüber abgestimmt hätten, den Iran weiter zu isolieren und eine Null-Urananreicherung-Linie im Iran zu fordern.
Die USA möchten sich nach der Beilegung der Konflikte im Nahen Osten und in der Ukraine auf ihren Hauptrivalen im Pazifikraum fokussieren und erwarten von Moskau, dass es sich nicht in diese Region einmischt. Russland wiederum möchte vor allem bei seinen bilateralen Verhandlungen mit den USA die Anerkennung der Annexion der Krim durch Russland erreichen. Im Gegenzug wird Trump von Putin vermutlich die Nicht-Einmischung in die Taiwan-Krise fordern. Dabei bewegt sich Trump aber auf einem schmalen Grat zwischen Deeskalation und totaler Eskalation im Südchinesischen Meer.
Dem auf den Pazifik blickenden Trump sollte jedoch klar sein, dass Peking genau verfolgt, welche Zugeständnisse er Russland macht. Bekäme Moskau die Anerkennung der Besatzungsgebiete von den Amerikanern, könnte das China dazu verleiten, auch die Kosten und Risiken einer militärischen Lösung der Taiwan-Frage als nicht unerträglich hoch einzustufen.
Mögliche Abmachungen zwischen Putin und Trump stellen unter anderem Europa vor eine Herausforderung. Im ungünstigsten Fall könnte es dem Kreml gelingen, einen Ausgleich mit den USA zu finden, ohne die Partnerschaft mit China vollständig zu verlieren. Sollte sich der Kreml mit Washington beim iranischen Atomprogramm abstimmen, wird auch die EU bald zu den Verlierern im Nahen Osten gehören.





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Derweil arbeiten die Europäer unter deutscher Federführung durch das diplomatische Talent Sautter einen von ihnen akzeptablen Friedensplan aus, der mit seinen sieben Punkten nach Durchsicht der Russen entweder zu einem Lachanfall führt oder zu konsequenter Ablehnung, oder noch schlimmer eine harte Bekämpfung stattfindet, sollten sie einseitig ihre geistigen Ergüsse in die Tat umsetzen wollen, wo man den Russen um Einwilligung bitten muß, denn sonst wird daraus nichts werden, weil der nicht bereit ist sich von den Deutschen etwas diktieren zu lassen, was aus Siegersicht verständlich ist, aber nicht in die deutschen Köpfe will, daß wir den Krieg verloren haben und… Mehr
Zum ersten mal wirkt Trump auf mich alt und erschöpft. Laut Alex Jones hat er eine 7 Tage Woche und arbeitet bis zu 20 Stunden am Tag. Das mit 79.
Bin im etwa gleichen Alter und war Zeit meines Lebens ein erfolgreicher Hansdampf auf allen wichtigen Feldern und habe dann irgendwann mal um die achtundsechzig Lenze herum bemerkt, daß es so nicht weitergehen kann, weil die physischen Kräfte einfach nachgelassen haben, obwohl mir Ärzte nach meiner Geburt in der Zwischenzeit fremd waren. Dennoch war es dann mal an der Zeit den Stab anderen zu übergeben und man kann solche Naturwunder wie Trump nur beglückwünschen, denn die meisten die ich kenne haben sich bei der Arbeit nicht übernommen und sind trotzdem früher gestorben und da muß man sich die Frage stellen,… Mehr
Putin wird versuchen, die Balance zwischen Asien und Amerika zu halten. Seine schon lange zu beobachtende kluge Strategie beginnt sich mit der Amtszeit eines ebenfalls nicht auf den Kopf gefallenen amerikanischen Präsidenten sichtbar auszuzahlen. Für den ist es weitaus wichtiger den chinesischen globalen Einfluss endlich einzudämmen, als sich um ein Stück Erde in Europa zu balgen. Die dortigen dämliche Provinzfürsten erledigen den Untergang Europas auch ohne amerikanische Hilfe. Irgendwie erinnert mich die europäische Lage an die Zeit, als Napoleon komplett geschlagen aus Russland floh. Nur fehlt heute ein General York von Wartenburg, der ungeachtet der drohenden Anklage wegen Hochverrats die… Mehr
Früher orakelten die Kremlologen über Moskaus Absichten, heute muss das Orakel auch Trump und Peking einbeziehen.
Sinnvoller werden die Orakelsprüche trotzdem nicht.
Wer da glaubt, die Russen würden jetzt strategisch zuverlässig statt auf die Chinesen auf Trump setzen, der muss mehr vom Rauch, der unter dem Dreifuß ausströmt, einatmen
> die Niederlage seines Verbündeten Iran im Krieg gegen Israel Einzig in westlichen Mainstream-Medien. Sogar westliche Militärexperten und auch Trump sehen – hätte es länger als 12 Tage gedauert, wäre Israel Geschichte: https://tkp.at/2025/08/21/die-technologische-unterlegenheit-der-raketentechnologie-von-usa-und-israel/ > „… Auf dem anschließenden NATO-Gipfel kommentierte Präsident Donald Trump das Ausmaß der Angriffe mit den Worten: „Vor allem in den letzten Tagen wurde Israel wirklich hart getroffen. Diese ballistischen Raketen haben eine Menge Gebäude zerstört.“ …“ Ich würde westlichen Ländern von arroganter Hybris abraten. Die Ergebnisse dessen am Dnepr: https://tkp.at/2025/08/22/riesige-verluste-der-ukraine-plausibel-ganze-doerfer-ohne-maenner/ > „… Kürzlich machte die enorme Zahl von 1,7 Millionen Verlusten seit der Ausweitung des Krieges… Mehr
Wie Klaus von Dohnanyi gerade in der Welt sagte, weiß Trump wohl was er tut. Unser Problem ist das der Fritze leider gar nichts rafft, große Töne spuckt und das Land wieder einmal völlig unnötig in eine Verliererposition manövriert.
Hochverrat und „nichts raffen“ sind zwei unterschiedliche Dinge.
Der Hochverräter agiert erfolgreich und effizient, allerdings gegen sein eigenes Volk und für die Interessen der Feinde, denen er dient.
Wer nichts rafft will seinem Volk dienen, scheitert aber dabei da zu naiv und weltfremd. Das gibt es aber eher im Märchen (und in der Propaganda) als in der realen Politik.
> sondern weil befürchtet wird, dass Putin dem US-Präsidenten in den Konflikten im Nahen Osten und im Pazifikraum hinter den Kulissen entgegenkommen könnte
Westliches Wunschdenken – kürzlich brabbelten EUdSSR-Popanze was dem chinesischen Außenminister, was ihn besonders wütend machte – er sagte, China wird nicht helfen, Russland fertig zu machen, um demnächst dran zu sein. Den Russen ist die Problematik genauso bewusst.
Westliche Ungeheuerlichkeiten sind vorbei, damit muss man sich einfach abfinden.
>Dem auf den Pazifik blickenden Trump sollte jedoch klar sein, dass Peking genau verfolgt, welche Zugeständnisse er Russland macht. Bekäme Moskau die Anerkennung der Besatzungsgebiete von den Amerikanern, könnte das China dazu verleiten, auch die Kosten und Risiken einer militärischen Lösung der Taiwan-Frage als nicht unerträglich hoch einzustufen.< Was für eine lächerliche Argumentation! Wie geht es mit der Kosten-Nutzen-Analyse bezüglich der Eroberung Taiwans für China aus? Was wäre der Gewinn, der die (imensen) Kosten einer solchen Aktion aufwiegen könnte? Jetzt mal bitte keine Antworten mit dem Verweis auf Technologie und Chips – nach solch einem Kriege wäre jegliche wirtschaftlich Zusammenarbeit… Mehr
Wenn schon bei TE einer der Vollständigkeit halber den Antiamerikanismus zu bedienen hat, dann hole Tichy sich bitte Pispers: Der gibt zwar auch nur Stuss von sich, aber er tut es wenigstens noch mit Humor.
Wie meinen? Mit Ismen werfen und Tabu-Themen pflegen? 30 Semester Politologie studiert? Gibt es Anti-Westeuropäismus? https://uncutnews.ch/in-eigener-sache-und-pepe-escobar-marandi-nahost-brennt-der-kaukasus-eskaliert-ist-die-ukraine-als-nachstes-dran/ > „… Europas verzweifelte Lage … Die europäischen Führer, zusammen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, trafen sich kurz nach dem Alaska-Gipfel mit Trump in Washington. Die Bilder dieses Treffens, bei dem europäische Staatschefs wie „Schuljungen vor dem Direktor“ saßen, wie Marandi es beschreibt, illustrieren die Demütigung Europas. „Warum sollten Iran, Russland oder China die Europäer ernst nehmen, wenn sie sich so präsentieren?“, fragt Marandi. Die Europäer drängen auf einen Waffenstillstand, während Trump laut Escobar ein umfassendes Friedensabkommen bevorzugt: „Er schrieb auf Truth Social:… Mehr
In der Politik geht es nicht um Freundschaften, es geht um Interessen. Wohin es führt, wenn ein Land seine Interessen aufgibt, können Sie am besten in diesem Land beobachten. Für andere Machtinteressen sind wir zur Verfügungsmasse geworden.