In der Urheberrechtsaffäre um Kulturstaatsminister Wolfram Weimer gewinnt die Verteidigungslinie des Ministers Konturen. Weimer flüchtet sich in die Opferrolle, schiebt interne Verantwortung vor und lässt einen Komplott von Rechtsaußen kommunizieren.
picture alliance/dpa | Michael Kappeler
Wolfram Weimer ist ein Kind der Medien. Der Gründer des Cicero und ehemalige Chefredakteur von Die Welt und Focus hatte ein klares Ziel vor Augen: den Aufbau einer konservativen, wirtschaftsliberalen Gegenöffentlichkeit. Er wollte, wie er selbst betonte, „unabhängigen, wertebasierten Qualitätsjournalismus“ anbieten – als Gegengewicht zu einem eher links geprägten Gesellschaftsbild.
Medienhaus Weimer
Zu diesem Zweck gründete er 2012 gemeinsam mit seiner Frau Christiane Götz-Weimer die „Weimer Media Group“ mit Sitz am Tegernsee. Unter ihrem Dach vereint das Unternehmen heute unter anderem die Online-Plattformen „The European, Markt und Mittelstand, Börse am Sonntag und den WirtschaftsKurier“.
Doch hat es nun den Anschein, als handele es sich bei diesem Konstrukt um ein Potemkinsches Dorf: brüchige Fassaden, dahinter wenig, aber nicht selten unberechtigt erworbene Substanz – Staffage für schlechtes Kino.
Weimer dürfte im Laufe der Jahre jene Erfahrungen gemacht haben, die heute viele Medienanbieter in der digitalen Welt erleben. Es ist schwierig, allein über Klickzahlen verlässliche Werbeerlöse zu generieren und damit ein größeres Medienhaus zu finanzieren. Genau darin dürfte das grundlegende Problem und Weimers Verhängnis gelegen haben.
Urheberrechtsaffäre zieht Kreise
Um diesem fragilen Gebilde Glanz zu verleihen und Abos zu generieren, scheint es vor allem beim The European gängige Praxis gewesen zu sein, auf prominente Autorennamen ohne deren Urheberrechte erworben zu haben, zurückzugreifen.
Texte von prominenten Größen wie Brad Pitt, Papst Franziskus, Alexander Dobrindt wurden ebenso publiziert wie über 100 Texte von, und das ist angesichts des politischen Klimas im Land besonders pikant, AfD-Chefin Alice Weidel.
Die Weimer Media Group übernahm diese Texte, die inzwischen gelöscht wurden, ohne die Urheberrechte zu beachten, ohne Honorare zu zahlen – und nutzte sie als mediales Aushängeschild, als eine Art Reputationskatalysator für die eigenen Markenauftritte.
In der Medienwelt ist ein großer Name der Attraktor schlechthin. Prominenz ist die Währung, auf der Reichweite, Glaubwürdigkeit und Geschäftserfolg aufsetzen.
Events als Cash-Cow
Parallel zum Mediengeschäft inszeniert die Firma jährlich ein vielfältiges Event-Portfolio: den Ludwig-Erhard-Gipfel am Tegernsee, die Markengala in Frankfurt mit dem Mittelstandspreis der Medien, die IPO-Night, die Markt- und Mittelstand-Future Days sowie den Frankfurt Finance and Future Summit. Hier treffen sich Entscheidungsträger aus Politik, Wirtschaft und Medien – großes Hallo, elegantes Networking bei Häppchen und wohlgesetzten Vorträgen.
Ökonomisch sind diese Veranstaltungen erfahrungsgemäß ein lukratives Geschäft: Eintrittspreise, Sponsoring, exklusive Zugänge – hier fließt das Geld, das im Medienalltag nicht verdient wird. Vor diesem Hintergrund muss man die Medienplattformen der Gruppe weniger als klassische publizistische Projekte begreifen, sondern als strategisch platzierte Anzeigenflächen für ein florierendes Veranstaltungsbusiness. Dann ergibt das ganze Konstrukt einen Sinn.
Ein Auszug aus dem Partner- und Sponsorenprogramm des diesjährigen Ludwig-Erhard-Gipfels der Weimer Media Group zeigt das „Who is who“ der Wirtschaft: Darunter finden sich die Namen von: Audi, AVIA, British American Tobacco, die Krypto-App Bitpanda, EY, Roland Berger, Morgan Stanley, J.P. Morgan, die Warburg Bank, Alix Partners sowie Google und McDonald’s. https://ludwig-erhard-gipfel.de/
Gut vernetzt, mit einer breiten medialen Berichterstattung, handelt es sich bei diesem Event wohl um das Herzstück des Geschäftsmodells der Gruppe.
Kampf gegen Rechts
Die schlechte Presse Weimers der letzten Tage dürfte manchem der Firmenchefs und Mediapartner Kopfzerbrechen bereiten. Denn der Skandal gewinnt nun auch medial spürbar an Schärfe. Und der Minister findet sich inzwischen in einer bemerkenswerten Allianz wieder. Ausgerechnet Omid Nouripour, Bundestagsvizepräsident der Grünen, schlägt in eine ähnliche Kerbe wie ein Sprecher der Weimer Media Group: Beide machen eine gezielte Medienkampagne von „Rechtsaußen“ für den wachsenden Druck auf den Kulturstaatsminister verantwortlich.
Nouripour erklärte gegenüber dem Stern, die Regierung von Donald Trump verteidige mit aller Macht die Interessen amerikanischer Digitalplattformen und gehe deshalb so entschieden gegen die Regulierungsbestrebungen der Europäische Kommission vor. Damit stellte er sich demonstrativ hinter Weimers Äußerungen während dessen Rede auf der Frankfurter Buchmesse in der vergangenen Woche.
Dort hatte der Minister mit Blick auf das Geschäftsgebaren der US-Konzerne von „geistigem Vampirismus“ und „digitaler Kolonisierung“ gesprochen.
Zynisch und verwerflich
Diese Firmen würden systematisch darauf hinarbeiten, das kreative Potenzial kluger Köpfe auszuschöpfen und ihre Ideen zu vereinnahmen, referierte Weimer. Welch bitterböse Ironie, dass er damit genau die vermeintliche Geschäftspraxis seiner eigenen Mediengruppe im Falle des The European beschrieb.
Es ist schändlich. Ein Kulturstaatsminister, der genau jene Kulturschaffenden, deren Schutz in seiner ministeriellen Verantwortung liegt, völlig ignoriert und deren Rechte er eigentlich verteidigen müsste.
Weimer vergaß bei seiner Rede zudem, dass es ausgerechnet Plattformen wie „X“ von Elon Musk oder Telegram sind, die Millionen Menschen heute überhaupt erst einen Raum für freie Meinungsäußerung bieten – jenen Raum, den Regulatoren in Brüssel und Berlin, zu denen er als Regierungsmitglied nun selbst gehört, mit Zensurgesetzen wie dem Digital Services Act und immer weiter ausgreifenden Eingriffen bis in private Chatverläufe am liebsten unterbinden würden.
Nouripour legte nach: Alice Weidel stelle sich mit ihren Positionen an die Seite der Trump-Geldgeber und handle damit „gegen deutsche Interessen“. Eine Argumentation, die zwar reichlich wirr anmutet und für den Kern des Falles Weimer aber auch kaum von Relevanz ist.
Schuld sind andere
Immer deutlicher zeigt sich Weimers zweigleisige Verteidigungsstrategie: Die interne Verantwortung wird wie ein heißer Kartoffel weitergereicht – erst auf seine Frau, dann auf Ansgar Graw, seit September 2025 Herausgeber von The European. .
Ob diese Masche den zunehmenden Druck überdauern kann, bleibt fraglich. Immerhin war Weimer selbst bis Mai Geschäftsführer – und übergab sein Amt anschließend seiner Frau.
Auf der zweiten Ebene der Verteidigungsstellung Weimers erleben wir den Versuch der Konstruktion eines koordinierten Angriffs „von Rechtsaußen“. Diese Taktik folgt einem inzwischen altbekannten Drehbuch, das reflexhaft abgespult wird, sobald sich Politiker mit ernsthafter Kritik konfrontiert sehen. Es sind Nebelkerzen, deren Wirkung immer rascher verpufft und gerade in diesem Falle einen bizarren Eindruck hinterlassen.
So gerinnt jede sachliche Kritik, ob am wirtschaftspolitischen Kurs, an der Klimawende, aber erst recht am Migrationschaos, durch einen plumpen, medialen Spin zur Kritik von rechts. Damit wird sie nivelliert, quasi substanzlos. Dass ein Minister, wie Wolfram Weimer, diesen Kreuzbuben der maximalen Immunisierung ausspielt, dies vor dem Hintergrund des streitbaren Urheberrechtsproblems, ist charakterlos.
Schweigen ist verräterisch
Das persönliche Schweigen des Ministers in dieser Affäre spricht Bände. Es verrät, dass ihm die Sprengkraft der Vorwürfe nur allzu sehr bewusst ist. Denn jedes falsche Wort, jeder falsche Schritt könnte nun schwerwiegende juristische und wirtschaftliche Folgen nach sich ziehen. Schließlich steht der sich Tag für Tag verdichtende Verdacht massenhafter Urheberrechtsverletzungen im Raum.
Und doch haftet diesem Schweigen ein bitterer Beigeschmack an. Allzu oft haben wir erlebt, wie Politiker in persönlichen Krisen versuchen, Fakten zu verschleiern, die Öffentlichkeit häppchenweise mit einer medialen Salami-Taktik zu füttern – in der Hoffnung, sich am Ende doch noch herauszuwinden.
Gerade darin liegt die bittere Ironie: Ausgerechnet der Kulturstaatsminister, der oberste politische Hüter des Urheberrechts, dessen Einsatz für die Rechte der Kultur- und Kreativwirtschaft die einzige Existenzberechtigung dieses politischen Amts darstellt, steht nun selbst am Pranger – und verweigert beharrlich jede Erklärung.

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Am Ende ist rausgekommen, dass ich mich für den „The European“ wieder mehr interssiere. Er ist im Vergleich mit vielem anderen inhaltsstark und vor allem ziemlich frei von effekthascherischen „Meinungen“ mit Skandalcharakter, mit denen man meint, den Affen füttern zu können. Man hat ja auch seine Kriterien, was ein Qualitätsmedium ist.
Im übrigen empfehle ich die 5-teilige Video-Serie „Die dunklen Urspünge des Kommunismus“ von Epoch Times, beginnend mit der ersten Folge:
https://www.epochtimes.de/epoch-tv/dokumentation/die-dunklen-urspruenge-des-kommunismus-krieg-gegen-den-menschlichen-geist-a3593002.html
Bei der Wahl eines Abos habe ich mich gegen Cicero und für CATO entschieden. Weimer ist nur ein angepasster Systemling. Nebenbei auch schon im Presseclub zu begutachten, von so einem kommt nix, das Substanz und Bedeutung hat.
Der Lackmustest für all diese pseudokonservativen, meist unionsnahen, Organisationen und Personen wie European, Cicero, FAZ, Weimer, Fleischhauer usw. ist im Endeffekt die Politik die sie propagieren. Solange sie für Energiewende, nur notdürftig und für Unbedarfte als marktwirtschaftlich geframte aber in Wahrheit sozialistische Wirtschaftspolitik, Massenmigration, EU-Zentralismus usw. trommeln, entlarven sie sich selbst durch ihre Taten. An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen, steht schon in der Bibel.
Ach ja? Und wenn Weimer dann nur einmal den Mund deutlich aufmacht wie jetzt gegen den Kreativklau von großen Digitalkonzernen, dann hängt ihm die Meute sofort an den Schlagadern.
Mir sagt das etwas darüber, wie Leute unzufrieden sind, wenn sie bekommen, wonach sie verlangt haben. Wie Kinder, die sich etwas Bestimmtes zu essen wünschen, aber dann mit verzogener Miene stehen lassen, wenn es auf dem Tisch steht.
Auf apollo news gibt’s dazu ein gutes Gespräch mit Stefan Weber. Einen Freiheitshelden gibt Weimer nicht ab.
Auf n-tv (Webseite) gibt es ein interessantes Doppelinterview mit Weimer und Nathanael Liminski, die als die „zwei mächtigsten Medienpoltiker des Landes“ anmoderiert werden:
https://www.n-tv.de/politik/Wolfram-Weimer-und-Nathanael-Liminski-im-Interview-Es-droht-das-finale-Auspressen-unserer-Medienlandschaft-article26108152.html
Die Verteidigungslinie des European kann man auch im Original lesen: https://www.theeuropean.de/gesellschaft-kultur/stellungnahme-des-verlags-zur-kritik-der-afd-am-the-european Was hier semantisch als „Weimer flüchtet sich in die Opferrolle“ geframt wird, kann man teils als durchaus plausibel überzeugende Rechtfertigung, teils als Gegenangriff lesen – während im rechten und „liberal-konservativen“ Spektrum plagiierte und bestohlene Opfer mit aller verbaler Macht insinnuiert wurden, die gar keine waren. Plagiiert wurde sowieso nicht. Keiner der Politiker hat sich jahrelang beschwert, dass er/sie unter Originalnamen veröffentlicht wurde. Und auch jetzt gibt es nur von Frau Weidel eine „Prüfung“. Aber damit wird es wohl auch versickern. Wer für nur für fünf Pfennig den Kopf einschaltet, würde… Mehr
Wer sich ständig mit verschränkten Armen gekünstelt ablichten lässt, hat nicht nur ein Persönlichkeitsdefizit, meinte neulich einer irgendwo…
Der Punkt an der Sache ist doch, sind die Textübernahmen von Reden und Presseerklärungen diverser Autoren juristisch angreifbar oder handelt es sich um Allgemeingut das ohne Genehmigung verwertet werden kann.
Dazu sollte sich mal ein Jurist bei TE äußern.
Lesen Sie dazu bei Dr. Stefan Weber: https://plagiatsgutachten.com/blog/
Der ist Experte.
Immer schön vom Inhalt, also dem eigenen Dreck ablenken und den Blick auf solche richten, die den Skandal hochkochen.
Weshalb steht eigentlich Alexander Wallasch nicht am Pranger – denn der brachte doch den Stein ins Rollen?
Da hat man sich wirklich einer heiklen Quelle angeschlossen, die man drei Mal auf Wort und Komma prüfen sollte (Wahrheit oder erratisch emotionalisierte Meinung), bevor man etwas adaptiert.
Herr Weimer ist jedenfalls ein politischer Seiteneinsteiger, der vor seiner politischen Karriere tatsächlich selbst unternehmerisch tätig war. Respekt!
Jetzt hat man Herrn Weimar bei Fehlverhalten erwischt. Ich will das Fehlverahlten nicht kleinreden. Aber hätte man das Fehlverhalten auch bemerkt und hätte man es so skandalträchtig aufblasen können, wäre er nie in die Politik gegangen? Vermutlich nicht.
Herr Weimer wird JEDEM Unternehmer eine Warnung sein, NIEMALS in die Politik zu gehen. Das ist schlimm. Denn wir brauchen wieder Menschen mit Erfahrung in der wirklichen Welt, die bereit sind, Lebensstandard und Lebensqualität zu vermindern, um sich für die öffentliche Sache einzusetzen.
Köstlich, einfach nur köstlich. Dass nun auch der „Spiegel“ den Skandal aufgreift, könnte die Sache nun zuungunsten des aufgeblasenen Pseudo-Konservativen Weimer entscheiden: Durch die Intervention des „Spiegel“ bricht das Weimer-Narrativ der „Kampagne von Rechtsaußen“ in sich zusammen, bevor sie richtig Fuß fassen konnte. Dieses Narrativ war geradezu bemitleidenswert simpel gestrickt: Der innere Feind namens AfD im Bund mit den äußeren Feinden Trump und Putin sollen sich verschworen haben, den tapferen Merz-Mitstreiter Wolfram Weimer zu Fall zu bringen. Das ist geradezu lächerlich simpel – wie aus dem Handbuch totalitärer Propaganda: gerade so, als habe man das Narrativ direkt von Josef Stalin… Mehr
Herr Weimer wird nun wohl wie Omid Nouripour aufgrund von Nicht-Leistung Bundestagsvizepräsident der Weimerer Republik werden. Damit hätte er sein Ziel erreicht: Immunität gegen Strafverfolgung.
Bitte doch mal erkläre, worin juristisch genau die Urheberrechtsverletzung liegen soll. So mit Paragraphen und so…