Die Schwierigkeiten der Linken mit ihren Klischees

Die Gründung eines jüdischen Arbeitskreises in der AfD sorgt für Protest. Der Fall zeigt exemplarisch, dass viele Linke nach wie vor liebgewonnenen Vorurteilen anhängen.

© Carsten Koall/Getty Images

Am vorvergangenen Sonntag gründeten sich die „Juden in der AfD“. In Wiesbaden trafen sich etwa 20 jüdischstämmige Parteimitglieder und gaben auf einer Pressekonferenz Auskunft über ihre Ziele. Vor allem geht es ihnen um Solidarität mit Israel, Kritik am Islam und um konservative Familienwerte. Die Medien berichteten überwiegend kritisch und mehr als 40 jüdische Organisationen, allen voran der Zentralrat, warnten vor diesem Schritt.

Braune Soße links angerührt
Antijudaismus hat Hochkonjunktur – im Islam und bei der politischen Linken
Dabei ließe sich doch eigentlich feststellen, dass die AfD nicht so antisemitisch ist, wie oft befürchtet. Stattdessen scheint vielen Beobachtern aufzustoßen, dass der Antisemitismusvorwurf gegen die Partei nun nicht mehr ganz so einfach von der Hand geht. Egal ob die AfD ihren jüdischen Mitgliedern die Gründung eines eigenen Arbeitskreises zugesteht oder sie allesamt aus der Partei ausschließen wollte: Das Medienecho wäre so oder so negativ.

Dass auch Juden rechts wählen können, gilt manchem als exotisch – widerspricht es doch liebgewonnenen Vorurteilen. In der AfD gibt es Antisemiten – zu viele um sie als Einzelfälle abtun zu können, doch zu wenige, um von einer insgesamt antisemitischen Partei zu sprechen. So ist ein Abwägen nach pro und contra möglich – zumal es im linken Spektrum Boykottforderungen gegen Israel und Sympathien für Hamas und Hisbollah gibt. Angesichts des immer weiter um sich greifenden Antisemitismus durch Einwanderer aus dem islamischen Kulturkreis haben viele Juden für sich eine Wahl getroffen. Zwar gibt es Politiker in der AfD, die Zweifel an der Aufrichtigkeit des Kampfs gegen den islamischen Antisemitismus aufkommen lassen – solange die etablierten Parteien das Thema komplett unter den Teppich kehren, fällt dies kaum ins Gewicht.

Maßlos
Die Sache mit dem importierten Antisemitismus
Immer wieder betonen die Medien, dass der rechte Antisemitismus den islamischen bei weitem überwiege. Über die methodischen Schwächen dieses statistischen Vergleichs klären sie jedoch nicht auf. Antisemitische Beleidigungen mit explizitem Bezug zum Nahostkonflikt fallen in den Bereich der politischen Kriminalität, antisemitische Körperverletzung wird als Körperverletzung, nicht als Antisemitismus registriert. Der jüdische Historiker Michael Wolffsohn betont: Antisemitismus gibt es auch unter Deutschen, antisemitische Gewalt geht jedoch meist auf den Islam zurück.

Wohl keinem Pauschalurteil über DIE Juden würden Linke zustimmen. Dem Pauschalurteil, dass DIE Juden brav links wählen, glaubt man hingegen zu gern. Wie sinnlos dieses Argument ist, zeigt der Blick nach Israel. In der Knesset sitzen Parteien von ganz links bis ganz rechts. In Israel gibt es eine Umweltschutzpartei, eine Rentnerpartei, eine Piratenpartei, eine religiöse Partei und in der Gestalt Avigdor Liebermans sogar einen ausgesprochenen Rechtsaußen.

Helds Ausblick 7-2018
Der neue Antisemitismus und seine Relativierer
Genauso weisen Linke Pauschalurteile über den Islam stets weit von sich. DEN Islam gäbe es ohnehin nicht. Außer natürlich, wenn DER Islam zu Deutschland gehört, oder wenn DER Islam friedlich ist. Auch in Nordrhein-Westfalen scheint es nur DEN Islam zu geben. Ali Ertan Toprak beklagte, dass alevitische Schüler einen von der staatsnahen türkischen Religionsbehöde DITIB ausgerichteten Islamunterricht besuchen mussten. In der Türkei droht den Aleviten die Zwangsassimilierung. Auch die CDU setzt auf DIE Migranten. Mehrere ihrer türkischstämmigen Kommunalpolitiker gehören gleichzeitig den nationalistischen Grauen Wölfen an – ob das kurdischstämmigen Wählern gefällt?

Ähnlich steht es um Homosexuelle. Dass die Nachwuchshoffnung der SPD, Kevin Kühnert, sich als schwul outete, wurde in der deutschen Medienöffentlichkeit zwar registriert, der Fall jedoch schnell zu den Akten gelegt. In den vergangenen Jahren kam aber kaum ein Portrait über CDU-Aufsteiger Jens Spahn ohne den Hinweis auf seine Homosexualität aus. Dieser (scheinbare) Widerspruch irritiert viele Journalisten noch immer.

#unteilbar
SPD, Linke, Grüne, Linksextremisten und Islamisten – alle für Toleranz?!
Homosexuelle neigten eher dem linken Spektrum zu, solange sie von rechts diskriminiert wurden. Die islamische Homophobie wirkt hier als Argument. Würden Linke wirklich an ihr Dogma glauben, laut dem sich Männer und Frauen, Heteros und Homos nicht unterscheiden, wären sie kaum erstaunt, dass Schwule genau so konservativ sein können wie Heterosexuelle.

Dass auch Juden feste nationale Überzeugungen vertreten, kann den Historiker nicht verwundern. Theodor Herzl, der Begründer des Zionismus, bewunderte das Kaiserreich und fremdelte zeitlebens mit dem Hebräischen. Die natürliche Amtssprache Israels war für ihn: Deutsch.


Lukas Mihr ist Historiker und freier Journalist.

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Kommentare ( 12 )

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12 Comments
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Freespeech
5 Jahre her

Juden in der AfD? Also das geht gar nicht!
Oder war´s umgekehrt?
In meinem Freundeskreis sind etliche AfD-Wähler und PI-Sympathisanten.
Viele haben Israel – auch schon mehrmals besucht.
Es sind Alle Juden, bzw. Israelfreunde, die sich nur noch wundern wenn man versucht die Dinge auf den Kopf zu stellen!
Bist du für Israel, verstellst du dich nur. Bist du gegen Israel: Wir haben es ja gewusst…
Einfach ausgedrückt, den Berufenen kann es keiner recht machen…

Renegade
5 Jahre her

Das gleiche gilt auch für die angebliche Fremdenfeindlichkeit der Rechten: In Chemnitz wurde auf Wunsch einer Angehörigen des Opfers die Fahne der Dominikanischen Republik auf der Bühne gezeigt, die bösen Nationalisten im Publikum klatschen tosenden Applaus (auf Youtube zu sehen). Ebenso war es mit der rumänischn Fahne auf einer Trauerdemo für Susanna. Diese Bilder wurden in unseren Qualitätsmedien natürlich nicht gezeigt, weil das so gar nicht ins Bild passt!

Kassandra
5 Jahre her

Vielleicht zur Erbauung doch noch mal das Video auf der Achse, weshalb Juden diese Partei ausgesucht haben:
https://www.achgut.com/artikel/juden_in_der_afd._jetzt_haben_wir_sie

Markus Gerle
5 Jahre her
Antworten an  Kassandra

Vielen Dank für den Link. Das Video der tapferen Orit auf der Jagd nach Nazis auf einer AfD-Veranstaltung in München kannte ich schon. War auch nicht schlecht. Kurioser finde ich aber noch die Meinung der Linken, dass Homosexuelle politisch automatisch links zu verorten seien. Dies deckt sich so gar nicht mit meiner Erfahrung. In meinem Umfeld sind alle offen Homosexuelle ausnahmslos konservativ (selbst die Frauen). Nach meiner Erfahrung repräsentiert gerade Jens Spahn den Typus selbstbewusst, homosexuell, erfolgreich und konservativ ziemlich gut. Da Herr Spahn nach meiner Beobachtung auch beim Typ selbstbewusst, heterosexuell, erfolgreich und konservativ ziemlich gut ankommt, sollte die… Mehr

Ralf Poehling
5 Jahre her

Zitat:“Zwar gibt es Politiker in der AfD, die Zweifel an der Aufrichtigkeit des Kampfs gegen den islamischen Antisemitismus aufkommen lassen – solange die etablierten Parteien das Thema komplett unter den Teppich kehren, fällt dies kaum ins Gewicht.“ Wenn man einmal begriffen hat, dass der importierte islamische Antisemitismus ohne den ewig währenden linken Antisemitismus, der sich hinter der berühmten „Israelkritik“ versteckt und mit unglaublichen Summen von „Entwicklungshilfe“ an islamische Extremisten hier und in Nahost überaus negativ auffällt, bei uns gar nicht existent wäre, löst sich dieser Gedanke von alleine auf. Israel hat derzeit das selbe Problem, wie die AFD. Um nicht… Mehr

Andreas aus E.
5 Jahre her

Warum sollte ein jüdischer Deutscher es auch klasse finden, wenn seine Wohngegend dank Zuzug unbegehbar wird?

Holger Baade R.E.D.
5 Jahre her

Die Gefahr für jüdische Mitglieder unserer Gesellschaft kam und kommt aus dem reaktionären linken Lager. Und das sind inzwischen sämtliche Systemparteien. Hitler kam übrigens aus dem Arbeiterlager, von den Gewerkschaften und insbesondere der SPD in hohem Maße gefördert und geschützt. Juden in Deutschland kommen überwiegend aus dem bürgerlichen Lager. Da ist es nahezu eine Selbstverständlichkeit sich in der einzigen Partei die ihnen Rückhalt und Sprachrohr bietet, zu engagieren. Nur mal so am Rande: Ich habe heute gelesen (weis leider nicht mehr wo, daher bleibe ich die Quelle schuldig), dass ein Afghane den Hitlergruß gezeigt hat. Die Polizei, die den Vorfall… Mehr

Kassandra
5 Jahre her
Antworten an  Holger Baade R.E.D.

Oktoberfest in München.
Aber auf dem Wasen soll auch einer gestanden haben.
Die Nationalität dort haben sie nicht beschrieben.

Otis.P. Driftwood
5 Jahre her

Linke sind außerstande zu begreifen, daß in diesem Universum ein Phänomen namens „Realität“ existiert. Wenn sie könnten, wären es keine Linken mehr.
Um der Utopie nahezukommen, muß zwangsläufig die Realität bekämpft werden. Das ist das große Dilemma der Linken. Aus diesem Grund zieht jede linke Politik, auch sozialdemokratische, Zwang, Unterdrückung und Gewalt nach sich.
Im übrigen ist jeder Antisemit bei der AfD einer zuviel, oder wie es Klonovsky so unnachahmlich ausdrückte, man werfe die V-Männer des Verfassungsschutzes aus der Partei und schon sei das Antisemitismusproblem gelöst.

cleverfrank
5 Jahre her

Jetzt wird noch ein erneutes Parteiausschlußverfahren gegen Herrn Gedeon durch die Parteispitze angestrebt. Gut So !

Überschrift welt-online: „Gögel:Parteiausschluss Gedeons nicht Sache der AfD“

Martin L
5 Jahre her

Das Schöne daran, links zu sein, liegt doch darin, dass die linken Medien schöne einfache Geschichte erzählen: Gut (natürlich links) gegen Böse (der Rest). Grimmsche Märchen reloaded. Das schafft für die Linken eine Heimat, die sie ansonsten ablehnen. Man selbst kann auf der Seite der Guten, also Linken sein. Auch dies ein enormer emotionaler Gewinn. Ab und zu kann man noch sein Sünden bekennen, weil man kein Elektroauto fährt, oder weil man keinen „Flüchtling“ aufgenommen hat. Aber man gehört ja zu den Guten, so erhält man auch dafür Absolution. Viele Menschen haben keinen Gott mehr, aber sie brauchen wenigstens einen… Mehr

Enrico Stiller
5 Jahre her

Na, man kann durchaus präzisieren, was Wolffsohn gesagt hat: Nämlich dass unter den ihm bekannten Juden konkret-aggressive Handlungen fast AUSSCHLIESSLICH von muslimischen Tätern ausgingen. Charakteristischerweise musste er dies in einer ausländischen Publikation, der NZZ, veröffentlichen. Hier hätte das wohl keiner gedruckt. Warum macht keiner mal das Experiment? Einige Juden mit Kippa mal in eine AfD-Versammlung schicken, und vergleichen mit dem, was passiert, wenn man Juden mit Kippa in ein muslimisches Viertel in Berlin schickt. Wäre aufschlussreich. – Aber bei unseren Linken verhält es sich ähnlich wie bei den Trobriand-Insulanern in Bronislav Malinowskis klassischer ethnologischer Untersuchung „The Sexual Life of the… Mehr