Die lauten und die stummen Jugendlichen

Die Medien werden beherrscht von den Klima-Protesten einiger Tausend Schüler. Sie werden gehört. Aber immer mehr Jugendliche schweigen – aus Angst, wegen kritischer Meinungen als „rechts“ abgestempelt zu werden. Eine aktuelle Umfrage.

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Symbolbild

Nach einer Erhebung des Forsa-Instituts findet etwa jeder zweite Jugendliche und junge Erwachsene (16 bis 25 Jahre), man könne in Deutschland zu Themen wie Zuwanderung oder Islam bestimmte Meinungen nicht offen vertreten, ohne als rechts oder rechtsradikal abgestempelt zu werden. Die Befragung wurde im Auftrag der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung durchgeführt.

Schweigespirale

Es bestätigt sich in Deutschland heute die Theorie der renommierten Meinungsforscherin Elisabeth Noelle-Neumann über die „Schweigespirale“: Menschen, die wegen eines einseitigen Medientenors befürchten, mit ihren Meinungen im Abseits zu stehen, schweigen. Menschen, die sich in Übereinstimmung mit der Mehrheit sehen und durch Medien und Politik in diesem Glauben bestärkt werden, äußern ihre Meinung laut und freimütig.

Die Schüler, die der bekennenden Klima-Panikerin Greta Thunberg zujubeln, erhalten täglich Bestätigung: Bundeskanzlerin Angela Merkel persönlich lobt sie in höchsten Tönen. Die Spitzenkandidatin der SPD im Europawahlkampf ist begeistert. Die Grünen und die Linken ermutigen sie. In ARD-tagesthemen und ZDF-heute werden sie als Vorbilder dargestellt. Schulschwänzen ist gut, denn es dient der Rettung des Planeten. Als ich Schüler (und weit links) war, wurden wir nicht von Medien, Kanzler und Eltern ermutigt, sondern bekamen kräftig Gegenwind. Das ist heute anders.

Gedankenexperiment

Es ist scheinheilig, wenn Parteien und Medien am Schülerprotest abstrakt das „politische Interesse“ und das „Engagement für eigene Meinungen“ preisen.

Gedankenexperiment: Wie würde die Reaktion ausfallen, wenn sich die Schülerproteste zum Beispiel gegen Autohass und Ökohysterie richteten oder gar für eine Erleichterung von Abschiebungen stark machen würden? Würden sie dann auch für ihr gesellschaftliches Engagement und für ihr politisches Interesse gelobt und beim Schulschwänzen ermutigt?

Heute fürchtet jeder zweite Jugendliche – wie die Umfrage der Naumann-Stiftung zeigt -, sich kritisch zur Zuwanderung oder zum Islam zu äußern. Alles „Rechte“, alles AfD-Anhänger? Bestimmt nicht. Bei den letzten Bundestagswahlen war die AfD bei Jugendlichen Wählern unter 30 Jahren mit elf Prozent unterrepräsentiert. Die etwa 50 Prozent der jungen Leute, die laut Forsa-Umfrage beklagen, dass man sich zu manchen Themen nicht frei äußern darf, ohne als „rechts“ stigmatisiert zu werden, sind selbst also überwiegend nicht rechts. Sie machen sich Sorgen um ein liberales, demokratisches Grundrecht. Sie sorgen sich um die geistige Freiheit. Eigentlich ein gutes Thema für eine liberale Partei.

Nischenthema?

Als ich vergangenes Jahr mit führenden Personen der FDP diskutierte und dafür plädierte, neben dem Thema „wirtschaftliche Freiheit“ auch dem Thema „geistige Freiheit – gegen politische Korrektheit“ einen größeren Stellenwert einzuräumen, wurde mir erklärt, das sei ein „Nischenthema“, das nur „neurechte Zirkel“ interessiere. Das hielt ich für einen Irrtum. Jetzt gibt mir die Umfrage der Naumann-Stiftung Recht.

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Kommentare ( 116 )

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nielsd
5 Jahre her

Die FDP ist heute so freiheitlich wie die SED demokratisch. Sie hat auch“dazugelernt“, wie das Mut dem neuen Parteienkartell und Macht + Posten so funktioniert. Sie ist längst regimekompatibel.

Echte FDGO hat hierzulande keine politische Mehrheit, schon weil der deutsche Parlamentarismus die das Staatswesen gerade vom Gegenteil dessen lebt, was westlich-freiheutliche Erstweltländer einst erfolgreich machte. Es waren jedenfalls nicht die massiven Kredite, mit denen sich Papa Sozialstaat für Wahlgeschenke verschulden konnte.

josefine
5 Jahre her

Ich fand Lindners bzw. die Entscheidung der FDP, nicht in die Regierung einzutreten, für richtig, und die Partei fand mein ausdrückliches Lob wegen dieser Entscheidung, da ich auf eine konstruktive Opposition gehofft hatte. Doch vergebens! Der Wähler merkt, dass Lindner gar nicht opponieren will, höchstens mal so ein klein wenig, in Wirklichkeit will er sich aber den Weg in eine neue Regierung nicht verbauen. Man muss lange suchen, um herauszufinden, weshalb man die FDP wählen soll, sie wird sich als Mehrheitsbeschaffer anbieten und ihre Ideale und Ziele vergessen. Der Fehler, nicht ins Warme gekommen zu sein, wird ihnen nicht wieder… Mehr

imapact
5 Jahre her

Es ist natürlich ein durchschaubarer Witz, wenn die Schulschwänzer nun als mutige Revoluzzer dargestellt werden, die gegen die Autoritäten aufstehen. Das Ganze erinnert mehr an den Aufmarsch einer willigen Parteijugend, wie man sie aus totalitären Systemen kennt. Was nicht ist, kann ja noch werden. Ich könnte mir durchaus vorstellen, daß viele Jugendliche sich irgendwann gegen die Gutmenschenideologie ihrer linksgrünen Eltern und Lehrer erheben. Barley und Konsorten scheinen zu glauben, daß die Herabsetzung des Wahlalters ausschließlich den Linksparteien zugute käme. Die intelligenteren, nicht so gehirngewaschenen unter den Jugendlichen werden vielleicht bald begreifen, welche Auswirkungen die Flutung Deutschlands mit kulturfremden Sozialhilfeempfängern für… Mehr

Sani58
5 Jahre her
Antworten an  imapact

Es sind ja nicht nur die Lehrer, die ihre Schüler beeinflussen, die entsprechenden Eltern haben ein Wörtchen mit zu reden. Wenn Schüler also begeistert demonstrieren, kann man durchaus auch auf deren Elternhaus schließen. Man könnte meinen die FDJ und die Jungen Pioniere marschieren auf zum 7. Oktober (Tag der Republik in der DDR). Was hier abläuft, genau so die Ausführungen der VW-Managerin Frau Werner „„In ostdeutschen Betrieben wird die AfD zunehmend zum Problem“ (die Welt berichtete) ist blanke DDR2.0 Wenn ich dann noch im Cicero lese: „Ingrid König leitet eine Grundschule in Frankfurt. Von ihren 275 Schülern haben nur 9… Mehr

MartinLa
5 Jahre her
Antworten an  imapact

Ich bin skeptisch ob der Kritikfähigkeit der heutigen Jugend. Auch in der DDR bewegten sich die Jugendproteste auf sehr moderaten Rahmen. Viel mehr könnte ich mir vorstellen, dass eine Klimaschutz-Uniform – um ein Zeichen zu setzen – guten Zuspruch erfahren könnte.

Achso
5 Jahre her

Herr Zitelmann, ich weiß nicht wieso Sie behaupten, man hätte früher seine Meinung gegen LINKS frei nheraussagen können.
Ich habe nicht vergessen wie die Linken an den Hochschulen ihre Deutungshoheit verteidigten – mit Gewalt ! Ein falsches Wort z.B. gegen Mao und schon gab es „aufs Maul“
Und Dutschke, Fischer und Co kannte nur die Gewalt gegen anders denkende.
Ach ja, und die Medien wie z.B. Spiegel und Stern waren auf deren Seite !Damals schon.
Nee ,nee linke Gewalt ist nichts neues !

Gerro Medicus
5 Jahre her

Die Überschrift zu Ihrem Artikel könnte auch lauten: Die schlauen und die dummen Jugendlichen.

Gerro Medicus
5 Jahre her

Meines Erachtens nach offenbart sich in dem Verhalten der jugendlichen Protestler das ganze Elend unseres Bildungswesens. Ohne auch nur die geringste Ahnung von naturwissenschaftlichen Zusammenhängen wird nach Bauchgefühl herumgeplärrt, ohne Sinn und Verstand. Da dies jedoch der politischen Destruktionsagenda der Kanzlerin entgegenkommt, bestärkt sie dies. Mit ihrem seinerzeit geäußerten Satz „Für die Bundesregierung kann ich sagen, dass wir Recht und Gesetz einhalten wollen werden und da, wo immer das notwendig ist, auch tun.“ ist ihr Handeln hinreichend erklärt! Schulpflicht? Nicht notwendig, auf Einhaltung zu bestehen, Schülerdemo für die eigenen Ziele ist wichtiger! Hetze gegen die Elterngeneration? Warum dagegen vorgehen, ist… Mehr

Albert Pflueger
5 Jahre her

Wenn da der Wecker klingelt, wird entschlossen auf die Schlummertaste gedrückt- weiterschlafen! Schließlich will man ausgeruht sein, für die Postenjagd, falls es für Grün-Schwarz nicht reicht beim nächsten Mal und die SPD die 5% Hürde nicht schafft.

Thomas Hellerberger
5 Jahre her

Lieber Herr Zitelmann, es ist ja gerade der fundamentale Unterschied zwischen Ihrer (oder meiner) Generation, daß sich heute Junge eben NICHT gegen die Alten, ihre Eltern oder Großeltern erheben, gegen sie opponieren, protestieren. Sie protestieren nicht GEGEN etwas, sie fordern ängstlich, das alles so bleiben soll, wie es bei ihren Eltern war. Welch ein Unterschied. Sie replizieren nur getreulich, was ihnen die 40-, 50-, 60jährigen der heutigen Zeit vorerzählen. Sie replizieren deren wohlstandsmüde, technikfeindliche, romantische Grundeinstellung. Sie replizieren die ängstlich-internalisierende Weltsicht einer vergreisenden Altengesellschaft. Sie übernehmen getreulich die Einstellung, die Welt in „natürliche“ (also gute) Dinge einzuteilen, also etwa Windkraft,… Mehr

Gernoht
5 Jahre her

Das waren und sind reine Opportunisten, die für einige Ministerposten immer bereit waren, alle Prinzipien aufzugeben. Die Partei kann man vergessen.

Wolkendimmer
5 Jahre her

Nur mal angenommen Hans-Olaf Henkel und ein paar andere hätte die AfD nicht ins Leben gerufen. Was wäre, wenn wir keine AfD hätten, sondern weiterhin die etablierten Altparteien? Wenn man sich diese Frage stellt, kommt man recht schnell auf die Idee dass das Linksgrüne dann ja überhaupt keinen Gegner zum ablenken und drauf dreschen hätte. Im Grunde braucht der Neosozialismus (meinetwegen DDR 2.0) die AfD. Ansonsten würden die Menschen klar erkennen das der Faschismus wieder zurück ist. Merkel will den Neosozialismus mit globalistischem Antlitz. Merkel hat es geschafft in den letzten fünf Jahren die überlebenden „DDR-Frontleute“ (um es einmal freundlich… Mehr