Die Eagles gewinnen das Duell Olaf Scholz gegen Friedrich Merz

Gut zwölf Millionen Zuschauer haben das Kanzlerduell auf ARD und ZDF gesehen. Tja. Pech gehabt. Unser Hauptstadtkorrespondent hat sich verweigert – und hatte trotzdem einen tollen Fernsehabend. Oder deswegen.

IMAGO / UPI Photo

Zwei große Schlachten beherrschten ein spannendes Wochenende im deutschen Buntfernsehen. Die eine entschied sich in Australien. Dort gewann eine der Becker-Ex-Frauen das Dschungelcamp. Schön. Hat die auch mal was vom Leben. Die andere Entscheidung fiel in New Orleans. Die großen, die wunderbaren Eagles aus Philadelphia stoppten den Siegeszug von Patrick Mahomes und seinen Kansas City Chiefs. Der Autor möchte das in der Neutralität kommentieren, die sonst typisch für einen Mitarbeiter des öffentlich-rechtlichen Staatsfunks ist: Fly Eagles Fly.

Was für ein TV-Wochenende. Auch wenn es von schlechten Nachrichten begleitet war. Der Tatort lief dieses Mal in den Dritten und das ZDF ließ sein Geriatrie-Cinema ausfallen. Das beunruhigte tausende von Pflegekräften bundesweit. Was, wenn ihre Kundschaft aus dem sonntäglichen ZDF-Dämmer gerissen würde? Sie brauchen diese Dosis aus langsamen, nichts sagenden Bildern, belanglosen Dialogen und sich nicht weiterentwickelnder Handlung. Aber – nein, nein, das muss man anerkennen – da hat das ZDF geliefert, da hat das ZDF geliefert. „Das Kanzlerduell“ war auch nicht schlechter als diese Rosamunde-Lindström-Filme, die auf dem Sendeplatz sonst überflüssige Lebenszeit von der Uhr holen.

Aber muss man als politischer Beobachter das Duell nicht gesehen haben? Das fragen sich jetzt einige. Und darauf gibt es nur eine einzige angemessene Antwort: Bist du besoffen? Ok. Zwei mögliche Antworten: Wo warst du in den letzten drei Jahren? Das Kanzleramt hat dem Staatsfernsehen klare Vorgaben über den Ablauf des Duells gemacht – inklusive der Gästeliste, auf der Alice Weidel (AfD) fehlen musste. Drei Jahre hat Olaf Scholz (SPD) viel geredet, ohne etwas zu sagen. Und ausgerechnet in diesem durchgeskripteten Format soll er nun eine verblüffende Aussage machen?

Und dann Friedrich Merz. Nicht auszuschließen, dass der Spitzenkandidat der Union mal etwas Spannendes sagt. Aber das ist belanglos. Wenn Merz etwas von Bedeutung äußert, muss man als Journalist mit seinem Beitrag sehr schnell sein. Oder sich zwölf Stunden Zeit lassen. Denn dann kann man die Aussage und das Dementi von Merz gleich in einem Aufwasch abhandeln: Habe ich nicht so gemeint, devotes Gestammel von der demokratischen Mitte, alles Weitere erklärt mein Kommunikationsteam. Ja, genau die, die mich zur Merkel-Zeit noch öffentlich verballhornt haben. Aber ich bin Friedrich Merz, der Mann ohne Rückgrat. Wobei: keine Klagen. Die Merz-Dementis gehören zum Handwerk eines deutschen Journalisten, und die werden immer noch vergleichsweise gut bezahlt.

Und was für eine Nacht war das letztlich. Mahomes hat fast 300 Pässe ohne Interception angebracht. Dann wirft er ausgerechnet im Super Bowl den Ball in die Hände von Eagles-Cornerback Cooper DeJean. Der fängt, läuft in die Endzone und Touchdown für Philadelphia. Und das Irre daran: Das alles passierte am Geburtstag von Cooper DeJean. Das hat es im Super Bowl noch nie gegeben. Was für eine Geschichte.

In Deutschland twittern derweil SPD-Accounts, dass Olaf Scholz das Kanzlerduell gewonnen hat. CDU-Accounts, dass Friedrich Merz das Kanzlerduell gewonnen hat. Doch nicht alles ist traurig. Es gibt auch eine neutrale Aussage darüber, wer als Sieger hervorgegangen ist: Olaf Scholz. Das sagt ein Balkendiagramm des ZDF über eine Umfrage aus … Ein Balkendiagramm des ZDF … Das Staatsfernsehen kürt als neutrale Instanz einen Linken zum Sieger … Lustiger wird es heute nicht mehr.

Wer darüber nicht lacht, hat einen schlechten Humor. Der braucht miese Pointen, bei denen ihm ein Orchester mit einem Tusch vorgibt, wann er als guter Staatsbürger vergnügt zu kichern hat. Auch dafür gibt es einen Markt. Die Verleihung des Ordens wider den närrischen und so weiter. Diese Aachener Zombie-Veranstaltung, mit der die rheinische Hinterzimmer-Gesellschaft ans Licht gekrabbelt kommt und den windschiefsten ihrer Amigos feiert, weil er von gar köstlichem Humor sei. Das war an diesem Wochenende auch wieder. Einer von den hundert SPD-Vorsitzenden war dieses Mal dran. Wobei sich zeigte, dass Stalinismus nicht mal lustig wird, wenn er gesungen daherkommt.

Unterdessen: Oh America, the Beautiful. Da pfeift New Orleans Taylor Swift aus. Das war laut Stern die, die für Kamala Harris die Wahl gewinnen wird. Und das Stadion jubelt Donald Trump zu. Das war laut Stern der, der die Wahl verlieren wird. Nun haben die Zuschauer des Super Bowls Swift und Trump beide ausgepfiffen. Zumindest in der Version des Sterns. Comedy ist in Hamburg zuhause. Wahrscheinlich sitzt beim Stern schon jemand an Trumps Tagebuch, in dem er exklusiv erklärt, dass ihm die Pfiffe Blähungen gebracht haben.

— Benny Johnson (@bennyjohnson) February 9, 2025

Im Duell war Scholz ganz ordentlich, hat tapfer gekämpft und war natürlich besser als Merz – der Antichrist – aber ja, zugegeben… so irgendwie hat dem Kanzler der „Lucky Punch“ gefehlt. So urteilt der Stern. Und irgendwie hat man das Gefühl, das Duell gesehen zu haben, auch ohne seinen Abend damit verschwendet zu haben. Der gehörte dem Dschungelcamp und den großartigen Jungs aus Philadelphia. Denen sei gesagt – so neutral wie sonst nur ein Mitarbeiter des deutschen Staatsfernsehens sein kann: Fly Eagles Fly!

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