Bundestag: Faeser macht aus der Fragerunde eine Ausflüchte-Runde

Konkrete Antworten kann Nancy Faeser nicht geben, zeigt dafür aber umso eindrücklicher, dass sie lieber mit Ländern wie der Türkei zusammenarbeitet, anstatt umfassende Reformen im Bereich der Migrations- und Integrationspolitik anzugehen. Mangelnde Grenzsicherung und ineffiziente Abschiebepraxis bleiben bestehen.

IMAGO

Regierungsbefragungen sind kein großes Spektakel. Regierungspolitiker legen Pseudo- und Gefälligkeitsfragen aus, Oppositionspolitiker stellen präzise, auch bohrende Fragen, die „Regierenden“ antworten ausweichend und loben sich dafür auch noch. Das war am 9. Oktober nicht anders. Neben Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) sollte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) gegrillt werden, sie wurde auch gegrillt: von den CSU/CSU-Abgeordneten Alexander Throm und Mechthilde Wittmann, vor allem aber von den AfD-Abgeordneten Stephan Brandner, Martin Hess und Gottfried Curio. Aber Faeser gab sich teflonbeschichtet. Konkrete Antworten, präzise Perspektiven: Fehlanzeige! Das Ganze übrigens vor nahezu leeren Rängen. Nur rund zehn Prozent der Abgeordnetenplätze waren besetzt.

Nachfolgend geben wir ohne große weitere Kommentierung wörtlich zitierend die Antworten und Ausflüchte der Bundesinnenministerin zu zwei Problemkomplexen wieder.

Thema Abschiebungen

Stephan Brandner (AfD) fragte: „Frau Faeser, die Ausgangsfrage ging ja zu den 28 Afghanen, die mit großem Tamtam vor der Landtagswahl abgeschoben wurden. Jetzt gehen die Meinungen da auseinander: Wurden sie abgeschoben, sind sie freiwillig ausgereist? Es wurden 1 000 Euro Handgeld bezahlt; diese Menschen haben also noch 1 000 Euro auf die Hand bekommen. Das muss man sich mal vorstellen: … Das ist so, als wenn der Steuerzahler Geld dafür bekommen würde, dass er Steuern bezahlt. Völlig irrsinnig! Meine Frage geht dahin: Wer hat die Zahlung der 1 000 Euro veranlasst? Waren es freiwillige Ausreisen? … Und wurden die Geschädigten der Straftäter darüber informiert – es waren ja Vergewaltiger darunter, die sich schadensersatzpflichtig gemacht haben –, dass sie diese 1 000 Euro eventuell hätten pfänden können?“

Antwort Faeser (SPD): „Auch bei dieser Frage gehen Sie in einer populistischen Weise vor, die ich bei diesem Thema nicht für angemessen halte; das will ich zunächst einmal festhalten. Das suggeriert den Menschen etwas, was so nicht richtig ist … Es handelte sich um Abschiebungen im rechtlichen Sinne. Das haben wir gemeinsam mit den Ländern durchgesetzt. Und das sogenannte Handgeld wird aus Rechtssicherheitsgründen mitgegeben, damit dort keine Verarmung eintreten kann, was zu einer Aufhebung der Abschiebung führen könnte. Das dient lediglich der Rechtssicherheit und ist in Deutschland üblich.“

TE-Nachfrage: Reicht also Armut als Asylgrund?

Martin Hess (AfD) fragte Faeser: „Nach Zahlen aus Ihrem eigenen Haus sind 88 Prozent der antisemitischen Straftaten von Januar bis Anfang Oktober dieses Jahres auf die Phänomenbereiche ‚religiöse Ideologie‘, sprich Islamismus, und ‚ausländische Ideologie‘ zurückzuführen. 88 Prozent!“
Antwort Faeser: „Sie sollten bei der Thematisierung antisemitischer Straftaten aber dennoch nicht vergessen, dass nach wie vor eine große Anzahl dieser Taten auch von Rechtsextremisten mit deutscher Staatsangehörigkeit begangen wird.“

TE-Nachfrage: 12 Prozent sind eine große Zahl?

Mechthilde Wittmann (CDU/CSU) fragte: „Die Türkei gehört zu den drei zugangsstärksten Herkunftsländern für illegale Migration, gleichwohl die Gesamtschutzquote lediglich bei 9,6 Prozent liegt. Man muss wohl sehr stark von einer wirtschaftlich motivierten illegalen Zuwanderung ausgehen. Nun haben wir wiederum die Ankündigung eines großen Deals durch den Bundeskanzler vernommen, mit dem er 500 türkische Staatsbürger pro Woche in die Türkei zurückschicken kann; dies sei ihm zugesagt worden. Dies hat der türkische Premierminister sofort zurückgewiesen.“

Antwort Faeser: „Frau Kollegin Wittmann, wir arbeiten gerade daran, dass die ersten Flüge in die Türkei organisiert werden.“

Ansonsten flüchtet sich Faeser wiederholt ins Europäische Recht, ins Dublin-Abkommen und in die Genfer Flüchtlingskonvention.

Thema Wiedergutmachungseinbürgerung – Pass für Juden nach 5 bis 6 Jahren

Alexander Throm (CDU/CSU) fragte Faeser: „Sie haben einleitend gesagt, dass wir jüdisches Leben in Deutschland allumfassend schützen müssen … Ihr Amtsvorgänger, Horst Seehofer, hat für die Holocaustüberlebenden, denen die Staatsbürgerschaft entzogen wurde, sowie ihren Abkömmlingen entsprechend Artikel 116 Grundgesetz zwei umfangreiche Erlassregelungen für einen Anspruch auf eine sogenannte Wiedergutmachungseinbürgerung in Kraft gesetzt. Gerade in Zeiten wie diesen, in denen Israel und auch das Judentum großen Anfeindungen ausgesetzt sind, ist, glaube ich, unsere historische Verantwortung gerade gegenüber dieser Personengruppe besonders bedeutend. Wir hören jetzt aber, dass das Bundesverwaltungsamt (BVA) im Geschäftsbereich Ihres Hauses, das dafür zuständig ist, bis zu fünf Jahre braucht, um diese Wiedergutmachungseinbürgerungen durchzuführen, dass Termine erst in fünf Jahren vergeben werden. Das halten wir für inakzeptabel, gerade bei dieser Personengruppe, wo es sich teilweise um sehr betagte Personen handelt. Halten Sie das für akzeptabel, wie momentan Ihr Haus, Ihr Bundesverwaltungsamt mit dieser Personengruppe umgeht?“

Antwort Faeser: „Wir arbeiten bereits daran, dass das beim BVA schneller geht. Das BVA ist nicht nur für die Wiedergutmachungseinbürgerungen zuständig, sondern auch für die Einbürgerung von Menschen, die aus dem Ausland kommen; das ist eine Stelle. Wir arbeiten gerade daran, sie zu verstärken, damit wir deutlich schneller werden.“

Nachfrage Throm: „Sie haben als Ministerin mit Ihrer Regierung eine Turboeinbürgerung eingeführt, sodass jemand, der keinerlei Verbindung zu diesem Land hat, schon nach drei Jahren eingebürgert werden kann.“
Antwort Faeser: „Ich will noch mal sagen: Mir liegt das sehr am Herzen. Wir werden alles dafür tun, das zu beschleunigen.“

TE-Anmerkung: Im März 2024 postete die Bundesregierung Beispiel in arabischer Sprache in die Welt hinaus, wie man ganz schnell einen deutschen Pass gekommen könne. Bei Juden könnten es sechs Jahre (!) dauern.

Faesers „Meilensteine“

Da für die Öffentlichkeit doch noch etwas hängenbleiben sollte, ließ Faeser ihre ministerielle Propagandaabteilung eine Erklärung absetzen.

Dort lesen wir: „Anlässlich der Regierungsbefragung am 9. Oktober hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser zentrale Handlungsfelder ihres aktuellen innenpolitischen Handelns vorgestellt. Sie verwies auf das Sicherheitspaket, das sich derzeit im parlamentarischen Verfahren befindet, und betonte den Erfolg der Bundesregierung, die die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) vorangetrieben hatte. Die nötigen Rechtsanpassungen sollten dem Deutschen Bundestag noch in diesem Jahr vorgelegt werden.“

Dann der Gipfel: Das von der Bundesregierung geschnürte eingebrachte Sicherheitspaket sei ein „ein innenpolitischer Meilenstein – mit Verbesserungen im Waffenrecht, gerade was die Bedrohung durch mit Messern bewaffnete Täter angeht“, so Faeser. Das Sicherheitspaket sehe zudem vor, die Sicherheitsbehörden mit zusätzlichen Befugnissen auszustatten. Auch der Verfassungsschutz solle zusätzliche Möglichkeiten erhalten, um die Finanzströme von Terroristen besser nachvollziehen zu können. Wichtig sei auch die Prävention gegen Islamismus, betonte die Ministerin mit Verweis auf die kürzlich eingerichtete Taskforce.

Dazu Faesers Link auf die Migrationspartnerschaften, mit denen sie „dem Fachkräftemangel entgegenwirken und irreguläre Migration begrenzen“ will. Nur mal so als Ergänzung. Es handelt sich um die Länder Georgien, Ghana, Kenia, Kirgisistan, Kolumbien, Marokko, Moldau, Philippinen, Usbekistan. Noch Fragen?


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Kommentare ( 22 )

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22 Comments
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verblichene Rose
2 Monate her

Antwort Faeser: „Sie sollten bei der Thematisierung antisemitischer Straftaten aber dennoch nicht vergessen, dass nach wie vor eine große Anzahl dieser Taten auch von Rechtsextremisten mit deutscher Staatsangehörigkeit begangen wird.“

So etwas nennt man wohl Whataboutism!

Juergen P. Schneider
2 Monate her

Die Wahlergebnisse in den Ländern und Wahlprognosen für die nächste Bundestagswahl zeigen eindeutig, dass eine große Mehrheit im Land die Zustände für akzeptabel hält, die vom links-grünen Altparteienkartell in den letzten 15 Jahren geschaffen wurden. Die Meinungsumfragen, die große Unzufriedenheit in der Bürgerschaft vermuten lassen, sind letztlich irrelevant. Entscheidend ist das Wahlverhalten. Und hier zeigt sich, dass eine große Deppen-Mehrheit noch lange nicht genug hat von den desaströsen Zuständen im Land. Die Deutschen lieben offenkundig das Fiasko und wählen auch weiterhin diejenigen, die es herbeigeführt haben. Wie war nochmal das Sprichwort von dem langohrigen grauen Tier, das aufs gefrorene Wasser… Mehr

Teiresias
2 Monate her

Solange die Medien sie unter Schutz stellen, braucht die kein Teflon.
Ihr wird von wesentlicher Seite nichts entgegengeschleudert, was abperlen müsste.
Das zeigt, daß sie eine Funktion erfüllt, die mächtigen Interessen aus Übersee folgt – sonst wäre sie längst weg.
Ich halte Ideologen für machtpolitische Werkzeuge, die nach Nützlichkeit als U-Boot installiert werden.
Dahinter stehen ausgesprocen handfeste Interessen.

Martin Mueller
2 Monate her

Wenn ideologische Fanatiker in politische Ämter gelangen, geht es immer der Demokratie und der Meinungsfreiheit an den Kragen. Denn außer hohlen , verblendeten lebensfernen Phrasen haben diese Leute den Menschen nichts zu bieten. Darum demontieren sie den Rechtsstaat und justieren ihn nach ihren Vorstellungen. So soll letztlich jede öffentliche Kritik und unliebsame Opposition geächtet und kriminalisiert werden. Richtig gefährlich wird es, wenn diese Leute es schaffen, potenzielle Koalitionspartner in ihren Bann zu ziehen…So generieren sie die Gesinnungsdemokratie. In der SPD gäbe es Linksradikale, sagte Herr Maaßen in seiner Funktion als Chef des Verfassungsschutzes. Dafür wurde er geschasst. Heute wissen, er… Mehr

Habakuk06
2 Monate her

Also die Turboeinbürgerung liegt ihr sehr am Herzen. Das glaube ich gerne. Sie muss dafür sorgen, dass ihr Vorhaben beendet ist, wenn die Zeit kommt, dass Ampel nichts mehr zu sagen hat. Was für eine fiese, verachtenswerte Person. Was ich ihr wünsche, darf ich hier nicht schreiben,

Michael Palusch
2 Monate her

Und das sogenannte Handgeld wird aus Rechtssicherheitsgründen mitgegeben, damit dort keine Verarmung eintreten kann, was zu einer Aufhebung der Abschiebung führen könnte.

Was, wenn das Handgeld aufgebraucht ist und Verarmung droht?
Werden dem Abgeschobene dann aus „Rechtssicherheitsgründen“ unbürokratisch immer weiter 1.000€ überwiesen oder muss der dafür jedes Mal extra nach Deutschland kommen?

Wilhelm Roepke
2 Monate her

So ist das, wenn man eine Linksradikale zur Innenministerin macht.Ich meine das ganz wertneutral, eine demokratische Mehrheit im Lande wollte es so. Ich habe sie nicht gewählt.

Freiheit fuer Argumente
2 Monate her
Antworten an  Wilhelm Roepke

Ich würde davon ausgehen, dass die meisten FDP-Wähler ziemlich genau das Gegenteil wollten. Sie wurden betrogen, auch wenn man es hätte ahnen können.

Franz Grossmann
2 Monate her

Man sollte die Lady in ein entsprechendes Etablissement in AF oder Nordafrika entsenden.

Waldschrat
2 Monate her

Das diese Frau einerseits überfordert ist, andererseits aber auch gar ncht will, verdeutlichen die obigen Antworten. Man verliert sich, wie das allen Politikern der Ampel, aber auch von CDU/CSU eigen ist, in einstudierten Phrasen.

giesemann
2 Monate her

Man muss schon etwas tun, um sich den Riesenmarkt dort gewogen zu halten, pole position hin oder her. Bisschen Bestechung ist „hilfreich“, oder? Ich täte zwar gezielter bestechen, aber … . Jedenfalls käme mir die Kundschaft nicht scharenweise in den Laden, für lau.